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Photo: Dirk Vorderstraße from Flickr (CC BY 2.0)

Es tut sich was im Umfeld von ARD und ZDF. Mit Rainer Robra hat zum ersten Mal ein zuständiger Minister einer Landesregierung grundsätzliche Strukturveränderungen der öffentlich-rechtlichen Sender eingefordert. CDU-Mann Robra, der Kulturminister und Chef der Staatskanzlei in Sachsen-Anhalt, schlägt vor, lediglich das ZDF als bundesweites Angebot zu behalten und die ARD-Anstalten auf die Regionalberichterstattung zu reduzieren. Das bundesweite Angebot der ARD könne mittelfristig entfallen.

Robra lehnt mögliche Beitragssteigerungen in der Zukunft kategorisch ab und will die Verbreitung von textlichen Inhalten durch ARD und ZDF generell untersagen. Das ist zwar insgesamt nicht besonders revolutionär, da er das derzeitige Rundbeitragssystem nicht grundsätzlich infrage stellt, aber da Rundfunkstaatsverträge praktisch nur einhellig mit allen 16 Bundesländern verabschiedbar sind, bewirken die Aussagen des Ministers ein kleines Erdbeben in Mainz, Köln und anderswo.

Auch die Tagesschau sei dann obsolet, so Robra. Und ein ARD-Hauptstadtstudio bräuchte es dann ebenfalls nicht mehr. Schon wehrt sich Tagesschau-Chef Kai Gniffke gegen die eigene Abwicklung. „Wenn man die Tagesschau zur Disposition stellt, dann wird dieses Lagerfeuer erloschen sein und es wird sich nicht wieder entzünden lassen“, so der Interessensvertreter. Der Vorschlag Robras ist unabhängig davon, ob man die zwangsbeitragsfinanzierte Lagerfeuerromantik jeden Tag um 20 Uhr braucht, um „relevante Fragen des Zeitgeschehens“ persönlich zu verstehen, selbst für notorische Befürworter des derzeitigen Rundfunksystems überlegenswert. Zwangsläufig gibt es Doppelstrukturen: Das Kanzlerduell, die Neujahrsansprache des Bundespräsidenten, Wahlberichterstattung und vieles mehr findet in beiden Sendergruppen oft sogar gleichzeitig statt. Zu den Olympischen Spielen, zu Fußball-Europa- und Weltmeisterschaften reisen die beiden Sendergruppen jeweils mit Hundertschaften an, um letztlich den gleichen Job zu machen. Bei den ARD-Anstalten machen dies und anderes über 20.000 Mitarbeiter, beim ZDF immerhin knapp 4.000.

ARD und ZDF sind selbst nicht in der Lage zu wirklichen Reformen. Ihr kürzlich mit viel Tamtam vorgestelltes Reformkonzept soll durch Synergien mittelfristig 1,2 Milliarden Euro einsparen. Auf den ersten Blick hörte es sich gewaltig an. Doch schon der zweite Blick relativiert dies. Denn dieses Sparvolumen sollte innerhalb von 8 Jahren erzielt werden. Bei möglichen Beitragseinnahmen von mindestens 64 Milliarden Euro sind das gerade einmal 1,9 Prozent. Die zusätzlichen Werbeeinnahmen in dieser Zeit sind dabei nicht einmal berücksichtigt. Die Vorschläge sind im besten Sinne „Fakenews“, da sie einen Spar- und Reformwillen vorgaukeln, der gar nicht vorhanden ist.

Doch entscheidend ist die Absage an die textliche Ausweitung der Berichterstattung. Genau diese wollen ARD und ZDF, um mit der Veränderung der Mediennutzung mithalten zu können. Doch hier greifen sie massiv in vorhandene und gut funktionierende Märkte ein und zerstören diese. Wer mit Milliarden-Beitragseinnahmen im Rücken im Internet Angebote anbieten kann, verdrängt jedes neue und vorhandene kommerzielle Angebot. Dadurch entsteht nicht mehr, sondern weniger Vielfalt. Die rote Linie, die Robra eingezogen hat, ist daher von großer Bedeutung. Sachsen-Anhalt ist für alle Bundesländer federführend für die Neufassung der Regeln zu diesen Telemedien. Sachsen-Anhalt warb lange mit dem Slogan: „Willkommen im Land der Frühaufsteher“. Vielleicht ist das auch Inspiration für ganz Deutschland – wer weiß?

Erstmals veröffentlicht auf Tichys Einblick.

Photo: Jakob Munk-Stander from Flickr (CC BY 2.0)

Eines ist heute schon klar: Der Rundfunkbeitrag wird nicht so bleiben wie bisher. Inzwischen sind die Einschläge zu häufig und zu nah, als dass ARD und ZDF so unbeschwert weiterwursteln können wie in den letzten Jahrzehnten. Das wohl Dramatischste ist, dass sich seit kurzem das Bundesverfassungsgericht wieder grundsätzlich mit dem Rundfunkbeitrag beschäftigt. Mit einem Katalog an Fragen hat sich der Erste Senat in Karlsruhe an die Staatskanzleien der Länder gewandt. Dies alles mit einer kurzen Frist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat jüngst den Rundfunkbeitrag in Teilen für verfassungswidrig erklärt: Die Erhebung des zusätzlichen Rundfunkbeitrags für Hotel- und Gästezimmer sowie Ferienwohnungen sei nur in denjenigen Fällen mit dem Grundgesetz vereinbar, in denen der Betriebsstätteninhaber durch die Bereitstellung von Empfangsgeräten oder eines Internetzugangs die Möglichkeit eröffnet, das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot in den genannten Räumlichkeiten zu nutzen, so die Leipziger Richter.

Das ist ein Novum, denn bislang galt, dass unabhängig vom Empfang oder dem Vorhandensein eines Rundfunkgerätes der Zwangsbeitrag entrichtet werden musste. Seit das alte Gebührenmodell, dass nur Besitzer eines Geräts bezahlen mussten, 2013 durch ein Beitragsmodell für alle ersetzt wurde, hat dies ARD und ZDF einen enormen Zuwachs an Einnahmen beschert. Zuletzt auf über 8 Milliarden Euro.

ARD und ZDF haben bereits auf die wachsende Kritik reagiert. Der Rundfunkkommission der Länder haben die Spitzen der Sender jetzt ein Reformpaket überreicht, das die ARD-Vorsitzende als „größten Reformprozess in der ARD-Geschichte“ angepriesen hat. Zwischen 2021 und 2028 wollen beide Sendergruppen 1,2 Milliarden Euro einsparen. Doppelstrukturen sollen abgeschafft, die IT vereinheitlicht und Kapazitäten gebündelt werden. Alles sicherlich sinnvolle Dinge, um die angestrebte Beitragsstabilität zu erreichen. Michael Hanfeld hat dieser Tage in der FAZ die Zahlen ins rechte Licht gerückt und den Finger in die sorgsam verborgene Wunde gelegt, indem er das Einsparvolumen über acht Jahre mit dem zu erwarteten Beitragsaufkommen vergleicht.

Den Einsparungen von 1,2 Milliarden stünden im gleichen Zeitraum mindestens 64 Milliarden Euro Beitragseinnahmen entgegen. Es sind also gerade einmal 1,9 Prozent im Verhältnis zu den Beitragseinnahmen, die eingespart werden – und das über 8 Jahre! Er verweist auch darauf, dass die Altersvorsorge bei ARD und ZDF immer noch weit über vergleichbaren Absicherungen im Öffentlichen Dienst hinausgehen und daran auch das Reformpaket nicht grundsätzlich etwas ändere. ARD und ZDF geht es um ein „Weiter so“. Sie wollen ihre Dominanz nicht freiwillig aufgeben. Das ist nicht verwunderlich. Wer einen Sumpf trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen.

Die Rundfunkordnung wird sich ändern müssen, ansonsten gehen immer mehr Beitragszahler auf die Barrikaden. Heute sind 10 Prozent der Beitragskonten bei ARD und ZDF im Mahnstatus. Über 21 Millionen Mahnungen wurden in einem Jahr vom sogenannten Beitragsservice versandt. Fast 900.000 Vollstreckungsersuchen pro Jahr werden von ARD und ZDF erwirkt. Wer so viel Widerstand bei seinen Zwangskunden erfährt, kann nicht so weitermachen wie bisher. Und er kann und darf sich nicht mit Reförmchen begnügen, insbesondere dann, wenn sich das Nutzerverhalten grundlegend verändert.

ARD und ZDF dürfen sich vor allem nicht einfach neue Geschäftsfelder erschaffen, als ob sie niemandem Rechenschaft schuldig wären. Ihr Vordringen im Netz ist so ein unlauterer Wettbewerb, um Amazon Prime, Netflix und Co. unfaire Konkurrenz zu machen. Auch das kostet das Geld des Beitragszahlers. Und wieso überhaupt wollen die Sender jetzt auch noch textliche Inhalte anbieten? Fehlt es dazu an Angeboten im Markt? Oder schaffen es nicht Medien wie die FAZ oder auch Tichys Einblick, sich ohne staatliche Subvention am Markt zu behaupten? Darauf müssen die Staatskanzleien der Länder eine Antwort finden, wenn sie dem Verfassungsgericht zur Zukunft des Rundfunkbeitrages antworten. Eine Rundfunkordnung kann nur dann dauerhaft Bestand haben, wenn sie allgemeine Akzeptanz entfaltet, ansonsten geht sie in der Praxis unter.

Erstmals erschienen auf Tichys Einblick.

Photo: Nicholas Boos from Flickr (CC BY-ND 2.0)

Bislang war der Widerstand der Zeitungsverlage gegen die Ausweitung von ARD und ZDF im Netz sehr verhalten. Jetzt hat Springer-Vorstand Matthias Döpfner die Zurückhaltung aufgegeben. Das ist bemerkenswert, denn Döpfner ist auch Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, und vertritt damit die geballte Zeitungsbranche in Deutschland. Diese hat es ohnehin schwer. Sinkende Auflagen machen den Verlagen zu schaffen. Gleichzeitig treffen sie auf einen Wettbewerber, der vom Staat privilegiert wird. Diese Wettbewerbsverzerrung ist enorm. Das Beitragsaufkommen, das die Beitragszahler an ARD und ZDF abliefern müssen, liegt derzeit bei rund 8 Milliarden Euro. Deutschland leistet sich den teuersten öffentlichen Rundfunk der Welt mit über 20 Fernsehprogrammen und über 60 Radioprogramme. Das geht längst weit über die Grundversorgung hinaus, obwohl schon länger die Akzeptanz der Zuschauer dramatisch sinkt. Sie werden weniger und immer älter. Jüngere Zuschauer wandern zu Streaming-Diensten wie Netflix und Amazon Prime ab oder informieren sich im Internet und schauen Youtube-Videos.

Für die Zeitungsverlage ist die Lage besonders schwierig. Denn sie müssen nicht nur das veränderte Nutzerverhalten durch die Digitalisierung bewältigen, sondern auch den durch Zwangsbeiträge finanzierten öffentlich-rechtlichen Sendern Paroli bieten. Neue Geschäftsmodelle zu etablieren, ist für die Verlage teuer, aufwendig und risikoreich. Deshalb ist es mitunter ein existenzielles Problem, dass die ARD mit ihrer kostenlosen Tagesschau-App das Geschäftsmodell vieler Medienhäuser untergräbt.

In Deutschland habe rund ein Drittel der Verlage ein Bezahlangebot im Internet, so Döpfner. In Amerika seien es zwei Drittel. Döpfner begründet diese Diskrepanz damit, dass die Zwangsbeiträge für ARD und ZDF von monatlich 17,50 Euro das Medienbudget vieler Haushalte verschlinge, und deshalb kein Geld mehr für ein Zeitungsabo oder für andere bezahlte Inhalte übrig sei. Otto-Normal-Verbraucher kann das Geld eben nur einmal ausgeben.

Diese Entwicklung, dass ARD und ZDF sich immer mehr im Internet tummeln und textliche Angebote präsentieren, ändere sich nicht, weil aus der Politik kein Gegenwind komme. Kaum ein Politiker wage es, sich mit den Öffentlich-Rechtlichen anzulegen, weil man auf deren Wohlwollen angewiesen sei. Das mag der Hauptgrund sein. Doch auch bei den Journalisten bei Zeitungen und im privatfinanzierten Fernsehen ist dieser Widerstand nur unzureichend ausgeprägt. Wahrscheinlich denken auch Journalisten daran, dass sie irgendwann einmal die Möglichkeit erhalten, die Seiten zu wechseln und zu den Öffentlich-Rechtlichen zu gehen. Das Auskommen von Journalisten bei ARD und ZDF sind attraktiv und auch die wachsenden Pensionslasten bei den Öffentlich-Rechtlichen sprechen für diese These.

War im Nachkriegsdeutschland der öffentlich-rechtliche Rundfunk zunächst eine Möglichkeit, um Meinungsvielfalt und Grundlagen für den demokratischen Rechtsstaat aufzubauen und durchzusetzen, so ist heute der wachsende Einfluss der öffentlichen Sender und ihre Verbreitung im Internet mit textlichen Inhalten eine Gefahr für ebendiese Meinungsvielfalt und damit für die Demokratie in unserem Land. Denn wenn ARD und ZDF mit ihren Beitragsmilliarden jede Marktentwicklung, jedes Geschäftsmodell und jede Idee sofort adaptieren können, und dies ohne Risiko für die Öffentlich-Rechtlichen möglich ist, dann hat kein privates Angebot dagegen eine Chance.

In seiner Rede verwendete Döpfner auch die Drohkulisse von nordkoreanischen Verhältnissen. Nach empörten Reaktionen seitens der Öffentlichen erklärte der Zeitungsverlegerverband  dazu: „Sollte sich hingegen ein Szenario durchsetzen, in dem es nur noch öffentlich-rechtliche Sender im Netz, aber keine privaten Verlage mehr gebe, dann wäre dieses Szenario, in dem es „nur Staatsfernsehen und Staatspresse im Netz“ geben würde, „eher etwas nach dem Geschmack von Nordkorea“. Das ist, betonte der Verband, kein Vergleich der ARD mit Nordkorea, sondern – im Gegenteil – der Appell, ein solches Szenario zu vermeiden.“

Photo: globochem3x1minus1 from Flickr (CC BY 2.0)

Schauen Sie Fernsehen oder streamen Sie schon? Was, Sie schauen noch Fernsehen, dann gehören Sie zu einer aussterbenden Spezies. Das durchschnittliche Zuschaueralter bei ARD und ZDF liegt bei rund 60 Jahren. Der Marktanteil der Öffentlich-Rechtlichen bei Zuschauern unter 30 liegt nur noch bei 15 Prozent im Vergleich zu den privaten Sendern. Mehr als drei Viertel aller Internetnutzer in Deutschland über 14 Jahre schauen Videos per Stream. Am beliebtesten sind Videoportale wie Youtube, Clipfish oder Vimeo. Sechs von zehn Internetnutzern sehen sich dort kostenlos Videos an. Bezahlte Streaming-Dienste wie Netflix, Maxdome oder Amazon Prime nutzen inzwischen 24 Millionen in Deutschland. Wahrscheinlich wird in fünf Jahren niemand mehr am Sonntagabend um 20 Uhr die Tagesschau und um 20.15 Uhr den Tatort schauen, sondern sich seinen Fernsehabend individuell zusammenstellen.

Da ist es nicht verwunderlich, dass ARD und ZDF um junge Zuschauer buhlen und ihr Angebot erweitern. Die Mediatheken beider Sendergruppen werden massiv ausgebaut. Mit einem Budget von 45 Millionen Euro haben die Öffentlich-Rechtlichen jetzt ein exklusives Online-Jugendangebot geschaffen, das Youtube-Videos produziert und ins Netz stellt.

Auf den Spuren von Netflix ist auch das ZDF im Umgang mit seiner Mediathek. Bislang konnte man verpasste Sendungen dort für eine gewisse Zeit wiederfinden. Jetzt präsentiert das ZDF beliebte Serien vorab in der Mediathek und erst dann im normalen Fernsehprogramm. Die beiden neuen ZDF-Serien „Das Pupertier“ und „Zarah“ zum Beispiel werden ab dem 24. August in die Mediathek gestellt. Der offizielle Start der Serien im linearen Programm ist dagegen erst am 7. September.

Die Öffentlich-Rechtlichen befinden sich hier in einer Grauzone. Immerhin stehen sie im Wettbewerb mit privat finanzierten Angeboten. ARD und ZDF können hier aber mit vollen Taschen hantieren. Ihre Beitragseinnahmen betragen rund acht Milliarden Euro. Deutschland hat damit den teuersten öffentlichen Rundfunk der Welt. Er stammt aus einer analogen Welt des letzten Jahrhunderts, in der Rundfunklizenzen knapp waren. In einer digitalen Welt sind Rundfunklizenzen nicht mehr knapp, sondern nahezu beliebig vorhanden. Zur Pluralität braucht es eigentlich keine 23 öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme und 63 öffentlich-rechtliche Radioprogramme.

Die öffentlich-rechtlichen Sender haben zunehmend ein Akzeptanzproblem gegenüber den Beitragszahlern. Rund zehn Prozent der Beitragskonten beim „Beitragsservice von ARD und ZDF“ befinden sich im Mahnstatus. Monatlich werden fast 60 000 Vollstreckungsersuchen gegen säumige Beitragszahler eingeleitet. Das Akzeptanzproblem erstreckt sich aber auch auf die beitragszahlenden Zuschauer. Sie wenden sich zunehmend von ARD und ZDF ab und schauen lieber private Sender wie RTL, Pro 7 und Sat1 und gleichzeitig wechseln viele zu den Streaming-Diensten von Netflix und Co.

Das ist der Grund, wieso die zwangsbeitragsfinanzierten Sender ARD und ZDF sich jetzt in Bereichen breitmachen, in denen eigentlich eine ausreichende Versorgung vorhanden ist. Und nicht nur die Mediathek und die Youtube-Kanäle werden umfangreich bespielt, auch die Online-Seiten werden zunehmend zu umfangreichen Online-Portalen ausgebaut und mit textlichen Inhalten gefüllt. Diese Entwicklung kann den Zeitungsverlagen nicht gefallen, die sich rein über Werbung finanzieren müssen.

Der Bedarf einer öffentlich-rechtlichen Grundversorgung ist hier vielfach nicht vorhanden. Diese Angebote sind ja auch nicht durch die öffentlich-rechtlichen Sender angestoßen worden, sondern sie drängen sich jetzt mit ihren Beitragsmilliarden in einen funktionierenden Markt und zerstören ihn damit.
Verändert sich das Nutzerverhalten, führt der technische Fortschritt zu einem immer größeren Angebot und trägt dieses neue Angebot zu einer viel größeren Vielfalt bei, dann muss sich eine einmal vom Staat initiierte Rundfunkordnung auch selbst hinterfragen. Sie muss das zwangsfinanzierte System zurückfahren und einhegen. Die Antwort der Politik kann dann nicht einfach sein, wir erhöhen die Zwangsbeiträge aller, damit ARD und ZDF überleben können. Nach dem Motto: Koste es, was es wolle.

Erstmals erschienen in der Fuldaer Zeitung am 5. August 2017.

Photo: Yacine Petitprez from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Über den Einfluss der Regierungen auf die Medien hierzulande wird selten berichtet. Das liegt vielleicht auch daran, dass beide sich brauchen und daher ungern grundsätzlich kritisieren. Im Medienwald bildet die FAZ eine rühmliche Ausnahme. Sie widmet fast täglich eine ganze Seite dem Thema. Erst kürzlich hat sie den Interessenkonflikt der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Malu Dreyer thematisiert. Dreyer ist in Personalunion Verwaltungsratsvorsitzende des ZDF, Chefin der Rundfunkkommission der Länder und als Ministerpräsidentin für das Landesrundfunkrecht in Rheinland-Pfalz zuständig. Sie hat damit maßgeblichen Einfluss auf die Kontrolle der privaten Medienkonkurrenz, die Finanzausstattung der Öffentlich-Rechtlichen und den Rahmen dessen, was ARD und ZDF auch an Online-Angeboten anbieten dürfen. Das ist schon allerhand. Es verwundert daher nicht, dass Dreyer offen für neue Online- und Streaming-Angebote von ARD und ZDF ist. Wenn sich das Nutzerverhalten ändert, dann müssen sich halt auch die Angebote verändern – koste es was es wolle.

Aber nicht nur zwischen privaten und öffentlichen Medienanbietern sondern auch untereinander findet so eine Wettbewerbsverzerrung statt. So betreiben WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung ein Recherchenetzwerk, dessen vertragliche Inhalte und finanzielle Möglichkeiten dem Beitragszahler verschlossen bleiben, das aber dennoch von ihm mitfinanziert wird. Davon profitiert der private Zeitungsverlag Süddeutsche Zeitung einseitig. Diese Quersubventionierung mit Rundfunkbeitragsmitteln ist ein grobes Foul der Münchner.

Zu der Strategie der Öffentlich-Rechtlichen, stärker in das Online-Geschäft einzusteigen, gehört auch eine jüngst veröffentlichte Studie der Unternehmensberatung Goldmedia im Auftrag der ARD. Sie untersucht die „Wettbewerbssituation im Online-Informationsmarkt in Deutschland“. Dazu wurden 1604 Personen befragt. Die Studie kommt zum Schluss, dass die Mehrheit der Nutzer sich täglich von Online-Nachrichten informieren und Social Media Plattformen einen relevanten Zugangs- und Verbreitungsweg darstellen. Dabei entsprächen textliche Darstellungen von Nachrichten und Informationen den Präferenzen der Nutzer von Online-Nachrichten. Und gerade hier seien ARD und ZDF mit einer geringen Reichweite (9,5 % und 8 %) besonders schlecht. Der Anteil der Pressemedien liege dagegen mit 52,8 Prozent weit darüber. Daher kommt die Studie auch zum Ergebnis, dass es „ein deutliches kommunikatives Bedürfnis der Nutzer von ARD-Angeboten, welches explizit einen Abruf journalistischer Texte beinhaltet“ zeige. Der Anteil der Öffentlich-Rechtlichen am Online-Informationsmarkt sei gering, daher ließe sich auch eine verschärfte Wettbewerbssituation zwischen Pressemedien und Online-Angeboten der ARD nicht feststellen, so die Studie lapidar. Auch hier ist es die FAZ, die die Studie schon von ihrer Methodologie her kritisiert. Für die Reichweite von Medien gebe es anerkannte Reichweitemessungen (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern IVW) und die ARD würde selbst ihre Onlinebesucherzahlen (Visits) veröffentlichen. Danach kämen beide unter die Top Ten der Online-Informationsmarkt und seien eben nicht unter „ferner liefen“ wie es die Studie behauptet.

Das Fazit der Studie wird Malu Dreyer dennoch freuen, sie hat es ja indirekt auch in Auftrag gegeben. Laut Rundfunk-Staatsvertrag müssen die Online-Angebote der Öffentlichen einen Sendebezug haben. Das schränkt das Angebot für die Öffentlich-Rechtlichen ein. Diese Restriktion soll fallen. Sie käme jedoch einem Dammbruch gleich. Fällt der Sendebezug bei den Online-Angeboten dann würden sich nicht nur die Öffentlich-Rechtlichen ungehemmt in diesen Markt drängen, sondern der Beitragszahler müsste dieses Engagement auch noch bezahlen. Schon heute hat Deutschland den teuersten öffentlichen Rundfunk der Welt. Rund 8 Milliarden Euro Beitragseinnahmen werden pro Jahr ausgegeben. Ein Hineindrängen in den Online-Markt würde den Wettbewerb im Medienmarkt zerstören. Die Vielfalt, die Deutschland bei den Verlagen noch hat, würde durch staatliche Einflussnahme beseitigt. Rufe, wie jüngst von Pro Sieben/Sat 1 nach einem Anteil an den Rundfunkbeiträgen für die privaten Anbieter, würden dann lauter. Am Ende hingen alle Medien am Tropf der Staatskanzleien der Länder. Das Gegenteil wäre richtig. Verändert sich das Verhalten der Nutzer, dann ist das Angebot der Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr zeitgemäß und muss zurückgeführt werden. Die Beitragszahler müssen dadurch entlastet und nicht weiter belastet werden. Denn am Ende gilt, der Wettbewerb zeigt am besten, welche Pläne falsch sind.