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Photo: Stop TTIP (CC BY-SA 2.0)

Als 2014 die Energiewende stockt, weil keiner einen Strommast im Garten haben will, schreibt das Wirtschaftsministerium einen „Bürgerdialog Stromnetz“ aus, der Abhilfe schaffen soll. Gesprächstherapie als Schmiermittel für das Jahrhundertprojekt. Den Zuschlag bekommen die Hirschen Group, IKU GmbH und die DUH Umweltschutz-Service GmbH. 2,8 Millionen Euro pro Jahr. So viel fließt laut einer Sprecherin der DUH in das Projekt.

Im gleichen Jahr holt sich der neue Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel einen Staatssekretär: Rainer Baake. Was war dessen vorherige Aufgabe, von 2006 bis 2012? Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und zugleich Geschäftsführer der DUH Umweltschutz-Service GmbH. Und davor war er von 1998 bis 2005 Staatssekretär im Umweltministerium, dem Hauptauftraggeber der DUH Umweltschutz-Service GmbH. 8,35 Millionen Euro flossen zwischen 2003 und 2018, wie die Bundesregierung in einer Antwort auf die Kleine Anfrage eines Abgeordneten mitteilte, also rund 550.000 Euro pro Jahr.

Wenn Stephan G. Richter in einem WELT -Beitrag die ungebührliche Nähe von Politik und Industrie beschreibt, um auf die Notwendigkeit von NGOs, namentlich der DUH, als Korrektiv hinzuweisen, ist das nur ein Teil der Wahrheit. Es ist zwar gut, dass eine wachsame Öffentlichkeit genauer hinschaut, wenn Politik und Großkonzerne zu stark miteinander klüngeln – ob es da um Bankenrettung geht, Dieselskandale oder die Träume von einer neuen Industriepolitik, denen sich der Wirtschafts- und der Finanzminister derzeit hingeben. Doch ähnliche Verhaltensregeln müssen auch für Organisationen des politischen Aktivismus gelten.

NGOs sind als Konzept eine äußerst sinnvolle Einrichtung. Sie sind ein unverzichtbares Element von Zivilgesellschaften. Die Mächtigen in Ländern wie Russland oder Ungarn haben das erkannt und arbeiten deshalb mit allen Mitteln daran, solche Organisationen aus dem Weg zu räumen. So lassen sie die lebenswichtigen Adern einer offenen Gesellschaft ausbluten. Gerade weil NGOs eine derart zentrale Bedeutung zukommt, ist es freilich unerlässlich, dass sie verantwortungsvoll mit dem in sie gesetzten Vertrauen umgehen.

Zu diesem Vertrauen gehört ganz zentral die Unabhängigkeit. Ob Bund der Steuerzahler oder Attac – NGOs beanspruchen für sich, oft zu Recht, unabhängige Institutionen zu sein. Das heißt: nicht von einzelnen Interessenvertretern finanziert und niemandem verpflichtet. Wie viele Verpflichtungen gehen aber Organisationen wie die DUH oder Oxfam ein, die sich zu erheblichen Teilen aus staatlichen Aufträgen finanzieren? Sichern sie sich im Gegenzug politischen Einfluss, indem sie sich zu unverzichtbaren Partnern staatlicher Stellen machen?

Zum Vertrauen gehört auch Glaubwürdigkeit, ganz besonders in den Fällen, wo NGOs lautstark mit Forderungen an die Öffentlichkeit treten. NGOs, die selber etwas verändern, etwa bei Flüchtlingshilfe, Strandreinigung oder Altenbetreuung, haben kein Problem, ihre Glaubwürdigkeit zu beweisen.

Etwas anders sieht der Fall bei einer Organisation wie Oxfam aus. Während diese regelmäßig die wachsende Ungleichheit beklagt, hat sie offenbar keine Schwierigkeiten damit, solche Ungleichheiten in den eigenen Reihen zu unterstützen: Die Geschäftsführerin bekommt stolze 105.134 Euro im Jahr (in der Sprache von Oxfam: dreimal so viel wie der durchschnittliche deutsche Arbeitnehmer oder 20-mal so viel wie das Arbeitslosengeld II).

Ein Grund dafür, dass Menschen den NGOs so viel Vertrauen entgegenbringen, ist die Vorstellung, dass sich hier jemand für das Gute einsetzt. Das mag auch oft der Fall sein, und es wäre sehr unfair, den Menschen, die sich dort engagieren, von vornherein abzusprechen, dass sie guten Willens sind. Das Problem ist allerdings, dass manche NGOs dazu neigen, den eigenen guten Willen schon für einen Ausweis exklusiver Gutheit zu halten.

Mit anderen Worten: Da sie das Gute wollen, müssen sie auch die Guten sein – und die anderen logischerweise die Bösen. Doch so einfach ist die Welt nicht. Es gibt kaum einen Industriemanager, der die Umwelt zerstören oder fettleibige Kinder produzieren will. Die wenigsten Bauern haben Freude an Tierquälerei. Und kaum ein Reicher möchte gerne, dass andere Menschen arm sind.

Umwelt- und Naturschutz, Fairness und ein besseres Leben für jeden sind Ziele, die fast alle Menschen unterschreiben würden. Sicherlich, manch einer ist nicht achtsam genug, nicht bereit, den eigenen Vorteil für andere hintanzustellen. Wir sind keine Engel. Aber eben auch keine Teufel. Und auch wer sich ganz Anliegen verschrieben hat, die man gemeinhin als „gut“ auffasst, ist dadurch noch kein Engel. Dabei spielt eine wichtige Rolle, dass die Maxime „Der Zweck heiligt die Mittel“ leider oft zu unbedachten Folgen führt, die alles andere als gut sind.

Was passiert etwa, wenn eine Bevölkerung, die durch Dauerberieselung bei Themen wie Gentechnik, Freihandelsabkommen oder Vermögensverteilung in einem beständigen Panikmodus ist, plötzlich mit Themen wie „Überfremdung“ oder „Kontrollverlust“ konfrontiert wird? Bereitet nicht die apokalyptische Form der Kommunikation mancher NGOs den Boden für die Verschwörungstheoretiker, Rassisten und Hassprediger hierzulande?

Es gibt genug Herausforderungen in unserer Welt, die darauf warten, dass Menschen sich ihrer annehmen. Und in sehr vielen Fällen sind NGOs dafür die besseren Akteure als der Staat: Sie reagieren schneller, sind flexibler, haben mehr Spielraum, sind nicht Wahlzyklen ausgesetzt, verfügen über Expertise und werden oft von passionierten Idealisten getragen statt von Bürokraten. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit sollte jedoch eines stehen – und nur das eine: eine wirkliche Veränderung und Verbesserung der Zustände.

Man muss sich hüten vor den Dynamiken, die ein solches Engagement auch mit sich bringen kann: dass man vor allem daran arbeitet, als diejenigen dazustehen, die die Guten sind. Dass Geld-Einwerben zum Selbstzweck wird. Dass Strukturen verknöchern und Hierarchien sich verstetigen. Dass man alles andere ausblendet, was nicht unmittelbar mit dem eigenen Ziel zu tun hat. Und dass man die Verantwortung vergisst, die man für die ganze Gesellschaft und vielleicht sogar für die ganze Welt hat.

Was wir dringend brauchen, ist ein Ethos der NGOs. Das muss man nicht formelhaft runterschreiben und abarbeiten wie einen Verhaltens-Kodex in Unternehmen. Es geht mehr um eine Mentalitätsänderung. Im Herzen dieses Ethos muss die Überzeugung stehen, dass die allermeisten Menschen das Gute wollen. Man kann und muss in der Sache, also der Frage, wie man das Gute erreicht, vortrefflich streiten.

Aber am Ende ist der respektvolle Umgang miteinander eine sehr viel bessere Ausgangsbasis, um wirklich eine Verbesserung zu erreichen, als Panikmache, Freund-Feind-Denken und Aggressivität. Zu diesem Kodex muss auch gehören, dass NGOs nicht der Versuchung erliegen, sich staatlicher Zwangsmittel oder Gelder zu bedienen, sondern auf Überzeugungskraft und Engagement setzen, wie es übrigens Organisationen wie Campact, Attac, Greenpeace oder Foodwatch durchaus tun, auch wenn sie beim Thema übertriebener Panikmache und Aggressivität vielleicht noch nachsitzen müssen.

Dieses Land braucht eine offene Debatte über die Rolle von NGOs. Sie dürfen weder zu Organisationen werden, die an den Organen der freiheitlich-demokratischen Entscheidungsfindung vorbei Sonderinteressen durchsetzen. Noch darf unsere Gesellschaft es durchgehen lassen, wenn sie den Diskurs im Land aufheizen und langfristig vergiften. Stattdessen brauchen wir einen fairen und zivilisierten Wettbewerb der Ideen – und dazu gehören ohne Zweifel starke und unabhängige NGOs.

Erstmals erschienen in der Welt vom 19.2.2019, Seite 2, und online bei welt.de.

Photo: Athena Iluz from flickr (CC BY 2.0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues.

Je dichter eine Region besiedelt ist, desto attraktiver kann der öffentliche Nahverkehr relativ zur Nutzung des eigenen Pkw jedoch ausgestaltet sein. Leben in einem Gebiet viele Menschen übereinander, kann der öffentliche Nahverkehr bei niedrigen Fahrpreisen kostendeckend betrieben werden. Zugleich ist er für die potentiellen Nutzer attraktiv, weil die nächste Haltestelle unweit ihrer Wohnung zu finden ist und die Wartezeiten an der Haltestelle aufgrund der hohen Frequenz der Fahrten kurz sind.

Autofahren hat in den letzten Jahren an Prestige eingebüßt. Dennoch wird weiterhin der weitaus größte Teil aller Personenkilometer im Auto zurückgelegt – 2016 knapp 80 %. Trotz der Aufarbeitung des Dieselskandals, der Diskussionen um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in ausgewählten Städten und der Betonung der Umweltfreundlichkeit des öffentlichen Verkehrs bleibt das Auto also das mit großem Abstand meistgenutzte Verkehrsmittel. Voraussichtlich wird sich daran so schnell auch nichts ändern. Außerhalb dicht besiedelter Städte ist das Auto dem öffentlichen Verkehr aus der Perspektive der meisten Nutzer haushoch überlegen. Wem daran liegt, dass sich mehr Menschen für den emissionsarmen öffentlichen Nahverkehr entscheiden, sollte sich für eine dichtere Besiedlung der Städte einsetzen.

Personenverkehr in Deutschland 1999 – 2016

Im motorisierten Verkehr wurden laut Daten des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur 2016 mehr Personenkilometer zurückgelegt als in den Jahren zuvor, nämlich etwas über 1.200 Milliarden.

Bei der Betrachtung des motorisierten Verkehrs werden üblicherweise individueller Verkehr und öffentlicher Verkehr unterschieden. Wege, die zu Fuß oder auf dem Fahrrad zurückgelegt werden, sind nicht dem motorisierten Verkehr zuzuordnen, und machen gemeinsam etwa 6 % aller Personenkilometer aus.

Der motorisierte Individualverkehr umfasst individuell genutzte Autos und Zweiräder und zeichnet seit 1999 für etwa 80 % der gesamten Personenkilometer im motorisierten Verkehr verantwortlich. Zum öffentlichen Verkehr sind zu zählen staatlich und privat betriebene Eisenbahnen, Flugzeuge, Omnibusse sowie Straßen- und U-Bahnen. Sie vereinen die übrigen etwa 20 % auf sich. Etwas weniger als die Hälfte davon entfällt über den betrachteten Zeitraum auf den öffentlichen Personennahverkehr, der den Nahverkehr von Eisenbahnen, Omnibussen und Straßen- sowie U-Bahnen umfasst. 2016 machte er 47 % des öffentlichen Verkehrs aus.

Der Luftverkehr und der Eisenbahnverkehr konnten ihre Anteile an den gesamten zurückgelegten Personenkilometern in den letzten Jahren ausbauen. Die auf den öffentlichen Straßenpersonenverkehr und den motorisierten Individualverkehr entfallenen Anteile gingen etwas zurück.

Öffentlicher Nahverkehr: Eine Frage des Preises?

Gerade der öffentliche Nahverkehr erhält regelmäßig viel Aufmerksamkeit. So wurde Anfang dieses Jahres diskutiert, alle Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr gratis zu transportieren, um die Luftverschmutzung zu reduzieren. Dabei konnte der Eindruck entstehen, der in Geldeinheiten zu entrichtende Preis sei vornehmlich verantwortlich dafür, dass nicht deutlich mehr Wege im öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt werden. Dass eine Reduzierung des zu zahlenden Preises zu etwas mehr Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs führen würde, steht außer Frage. Dass der Effekt bedeutend wäre, ist jedoch fraglich.

Neben dem Preis blicken die Nutzer von Verkehrsmitteln auf eine Reihe weiterer Charakeristika. Die Vorzüge des motorisierten Individualverkehrs stecken bereits in seinem sperrigen Namen. Erstens, ganz individuell kann der Verkehrsteilnehmer Route und Zeitplan auf seine Bedürfnisse abstimmen. Zweitens, der Verkehrsteilnehmer muss keine Zeit darauf verwenden, sich zur nächsten Haltestelle zu bewegen, zu warten, umzusteigen und schließlich sein Ziel zu Fuß anzusteuern. Zeitaufwendig sind am öffentlichen Nahverkehr nicht die Fahrt selbst, sondern die Phasen, in denen es nicht voran geht, sowie die letzten Strecken an Start und Ziel. Drittens, im eigenen Auto kann man sich seine Mitfahrer selbst aussuchen.

Hohe Bevölkerungsdichte, attraktiver öffentlicher Nahverkehr

Je dichter eine Region besiedelt ist, desto attraktiver kann der öffentliche Nahverkehr relativ zur Nutzung des eigenen Pkw jedoch ausgestaltet sein. Leben in einem Gebiet viele Menschen übereinander, kann der öffentliche Nahverkehr bei niedrigen Fahrpreisen kostendeckend betrieben werden. Zugleich ist er für die potentiellen Nutzer attraktiv, weil die nächste Haltestelle unweit ihrer Wohnung zu finden ist und die Wartezeiten an der Haltestelle aufgrund der hohen Frequenz der Fahrten kurz sind. Ermöglicht wird die attraktive Kombination aus niedrigem Preis und schnellem Service durch die hohe Anzahl potentieller Kunden pro Fläche. Es ist keine Überraschung, dass Stadtmenschen den öffentlichen Nahverkehr besonders häufig nutzen. Beispielsweise entfielen 2013 in deutschen Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern mehr als ein Drittel der Wege im motorisierten Verkehr auf den öffentlichen Verkehr.

Anders sieht es in dünn besiedelten Gebieten aus. Wird der öffentliche Nahverkehr hier kostendeckend bereitgestellt, ist der Preis relativ hoch und der Service langsam – die durchschnittlichen Wege zu den Haltestellen sind weit, die Frequenz der Fahrten niedrig und die Wartezeiten an den Haltestellen entsprechend lang. Je mehr das der Fall ist, desto attraktiver und effizienter ist das Auto als alternatives Verkehrsmittel. Wäre – finanziert durch Subventionen – in dünn besiedelten Gebieten das Haltestellennetz so eng und die Frequenz der Fahrten so hoch wie in einer dicht besiedelten Großstadt, würden die häufig leer umherfahrenden Fahrzeuge deutlich auf den verschwenderischen Einsatz von Ressourcen im ländlichen öffentlichen Nahverkehr hinweisen.

Dicht besiedelte Städte: Gut für Mensch und Umwelt

Eine rege Bauaktivität in den Städten hilft also nicht nur, den starken Mietpreisanstieg der letzten Jahre zu dämpfen, sondern ist auch einer dichteren Bebauung von Städten zuträglich, die wiederum den verkehrsbedingten Eimmissionsaustoß einzuschränken hilft. In dicht besiedelten Städten entscheiden sich Menschen häufiger für den emissionsarmen öffentlichen Nahverkehr oder verzichten als Fußgänger und Fahrradfahrer ganz auf motorisierte Verkehrsmittel, wenn sie sich zur Arbeit begeben, Freizeitaktivitäten nachgehen, ihre Kinder in die Kita bringen oder Einkäufe erledigen. Eine Wohnungspolitik, die insbesondere in Städten dem Neubau von Wohnungen keine Steine in den Weg legt, ist also auch verkehrs- und umweltpolitisch wünschenswert.

Erstmals erschienen bei IREF

Dieses Interview erschien in der Hessisch Niedersächsischen Allgemeinen am 7.2.2019. Das Interview führte Martina Hummel.

NGOs genießen allgemein ein hohes Vertrauen. Das Prometheus-Institut kritisiert sie. Warum?

NGO steht für Nicht-Regierungs-Organisation und damit für eine gewisse Staatsferne. Vielfach werden sie aber vom Staat direkt oder mittelbar finanziert. Das halten wir für problematisch. Wer unabhängig sein will, sollte sich unabhängig finanzieren. Es hat ein Geschmäckle, wenn Kampagnen mit Staatsgeld gemacht werden.

Was heißt staatlich finanziert konkret?

Es ist Geld vom Staat. Beispiel Deutsche Umwelthilfe: Sie nimmt an Programmen des Staates teil, der diese finanziert. Das gilt auch für andere NGOs. Diese Art der Finanzierung halten wir bei Nicht-Regierungs-Organisationen für problematisch.

Richtet sich ihre Kritik einzig gegen die Art der Finanzierung?

Das Problem ist, dass sie sich als unabhängig verkaufen, sie aber abhängig von den staatlichen Zuwendungen sind, um ihren Apparat zu finanzieren. Dabei ist uns aufgefallen, dass sie das machen, was sie selbst kritisieren und eine Sprache verwenden, in der eine Verrohung stattfindet, Katastrophen heraufbeschworen werden und Verschwörungstheorien die Runde machen. Ihre Sprache erinnert an Pegida, nur von der anderen Seite her. Dafür tragen die NGOs eine Mitverantwortung.

Sie haben ngo.observer gestartet. Es ist eine Art Wikipedia der Organisationen. Wer füttert die Seiten mit Informationen?

Wir füllen dieses Wiki und nutzen dafür allgemein öffentlich zugängliche Informationen. Entweder von der Internetseite der jeweiligen Organisation oder aus den Geschäftsberichten, Tageszeitungen und so weiter. Die Quellen sind entsprechend gekennzeichnet. Wir setzen auf eine möglichst objektive Information, damit sich jeder ein eigenes Bild machen kann.

NGOs haben in der Vergangenheit an Einfluss gewonnen. Wie wurden sie so mächtig?

Ich glaube, dass sie sehr geschickt sind, öffentliches Geld zu akquirieren. Beispiel Umwelthilfe: Laut EU-Transparenzregister stand ihr im Jahr 2016 ein Gesamtbudget von 8 115 669 Euro zur Verfügung. Davon kamen 1 450 353 Euro – also 17,9 Prozent – aus öffentlichen Geldern. Diese Summe setzt sich zusammen aus 333 729 Euro, also 23 Prozent aus Fördermitteln der EU, aus 1 026 536 Euro und damit 70,8 Prozent aus Bundesmitteln und 90 088 Euro, also 6,2 Prozent, aus Landes- und Kommunalmitteln.

Die Verbandsklage ist sicherlich das schärfste Schwert der NGOs.

In Teilen schon, deshalb muss man schauen, ob man das Verbandsklagerecht in der bestehenden Form aufrecht erhält oder einschränkt. Pauschal kann man dies nicht für alle NGOs entscheiden, das muss im Einzelfall geprüft werden.

Also sind NGOs professionelle Unternehmen?

Absolut. Meist haben sie sehr wenige Mitglieder und ein Geschäftsmodell, das sie konsequent umsetzen. So agiert die Umwelthilfe schon fast wie ein Abmahnverein, der die Programme des Staates nutzt und Unternehmen und Händler abmahnt.

Was hat die Allgemeinheit davon? Schließlich sind NGOs meist gemeinnützig.

Das ist eine ganz andere Frage. Was ist an der Tierschutzorganisation Peta gemeinnützig, wenn Mitglieder von ihnen zu Straftaten aufrufen? Das müssen die Finanzämter klären, denn die Gemeinnützigkeit sollte sich auf dem Boden unserer demokratischen Rechtsordnung abspielen.

Wie bringt man die NGOs wieder zurück aufs Gleis?

Wir brauchen eine vernünftige, sachliche Aufklärung über NGOs. Daran fehlt es meiner Meinung. Sie sind keine armen Organisationen, sondern sie verwalten zum Teil Millionen, mit denen sie eine gewisse Macht ausüben können. Deshalb müssen wir informieren und eine gesellschaftliche Gegenbewegung organisieren, die das Ganze relativiert. So verstehen wir unseren Auftrag.

Auch das Prometheus-Institut ist eine gemeinnützige Organisation. Wie finanzieren Sie sich?

Wir finanzieren uns über private Zuwendungen. Wir haben einen Etat zwischen 100 000 und 150 000 Euro. Wir bekommen keine staatlichen Zuwendungen. Wie sind zu zweit und beschäftigen Praktikanten.

Photo: Kristopher Roller from Unsplash (CC 0)

Unsere Zivilisation lebt davon, dass es sehr viele Menschen gibt, die diese Welt zu einem besseren Ort machen wollen. Manche wählen dazu freilich Mittel, die mehr dem eigenen Ruhm nutzen als der Lösung. Das schlimmste unter diesen Mittel ist die Panik.

Panik entmenschlicht

„Ich will eure Hoffnung nicht. Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre.“ – Mit dieser Aussage hat die junge Schwedin Greta Thunberg hochemotionale Debatten in der halben Welt angefacht. Greta hat Respekt verdient: sie setzt sich mit Leidenschaft und Engagement für eine Sache ein. Man wünscht sich, dass viele junge Menschen so viel Enthusiasmus mitbrächten. Irritierend ist freilich ihre Wortwahl. In was für einer Welt leben wir, dass 16jährige von Panik getrieben sind? Die Jugend sollte voller Optimismus und Hoffnung sein – gerade Menschen wie Greta, die etwas bewegen und verbessern wollen. Hoffnung bedeutet ja mitnichten, dass man blauäugig oder ignorant durch die Welt geht. Auch Menschen, die in Extremsituationen das Richtige getan haben, wie Sophie Scholl, Nelson Mandela oder Andrei Sacharow waren angetrieben von einer optimistischen Perspektive, die ihnen selbst in dunkelsten Stunden leuchtete.

Hoffnung kann geradezu das Überlebenselixier in ausweglosen Situationen sein. Panik hingegen hat in der Regel eher den gegenteiligen Effekt. Das letzte Mal, dass Panik dem Menschen weitergeholfen hat, war vermutlich, als er vor 20.000 Jahren vor dem Säbelzahntiger auf einen Baum flüchtete. Ansonsten führt Panik nur zu Kurzschlussreaktionen und Irrationalität und schwächt darüber hinaus unser Mitgefühl für andere Menschen, weil wir nur noch auf unser eigenes nacktes Überleben konzentriert sind. Panik entmenschlicht uns. Dagegen hat das Gefühl der Hoffnung, das unsere Vorfahren langsam entwickelt haben, ihnen überhaupt erst die Fähigkeit gegeben, so etwas wie Menschenwürde und Zivilisation hervorzubringen. Noch einmal: Was für eine schreckliche Gesellschaft bringt junge Menschen dazu, Panik als wünschenswerten Zustand zu betrachten?

Profite durch Panik

Viele Faktoren tragen zu dieser wirklich beklagenswerten Entwicklung bei. Ein wichtiger Faktor ist dabei eine bestimmte Gruppe an Menschen, die Effekthascherei und Panikmache zu einem Geschäftsmodell gemacht haben. Sie ziehen Profite daraus, dass sie eine Stimmung des Weltuntergangs verbreiten. Dabei müssen diese Profite durchaus nicht monetärer Natur sein. Manche profitieren auf dem Gebiet der Eitelkeit, weil sie als Untergangspropheten von Medien und Öffentlichkeit Aufmerksamkeit erfahren. Andere ziehen daraus die persönliche Befriedigung, dass ein Thema, das ihnen so wichtig ist, dass sie sich ganz und gar damit identifizieren, jetzt die halbe Welt beschäftigt. Klar ist auf jeden Fall: egal, ob man amerikanischer Präsident oder Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ist, je lauter man krakelt und je düsterer man die Zukunft malt, desto mehr Aufmerksamkeit bekommt man.

Liest man etwa den jüngsten Jahresbericht der DUH, dann kann man dort erstaunt feststellen, dass nicht mehr nur die Reichsbürger die Souveränität der Bundesrepublik anzweifeln. Da bemerkt doch deren Geschäftsführer Jürgen Resch tatsächlich: „Die Bunderegierung wird sich dann bewegen, wenn die Automobilindustrie es ihr erlaubt. Die Regierung ist in diesem Punkt nicht mehr souverän, die Automobilindustrie bestimmt die Politik in diesem Bereich.“ Und fügt dann noch hinzu, dass die DUH mittlerweile eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung von Rechtstaatlichkeit und Demokratie übernehmen muss: „Durch unseren Kampf für die ‚Saubere Luft‘ findet über die europäischen Instanzen eine Reparatur unserer Rechtsordnung statt, die wesentlich für die Fernsteuerung der Regierungspolitiker durch Industriekonzerne verantwortlich ist. Wir kämpfen zunehmend nicht nur für den Fischotter, Abfallvermeidung oder saubere Luft, sondern für den Erhalt einer funktionierenden Demokratie.“

Muss man sich wundern, wenn Menschen zunehmend verunsichert werden? Die Zahl der apokalyptischen Szenarien, die inzwischen von unterschiedlichsten Akteuren an die Wand gemalt werden, wird immer schwindelerregender. Kurz zusammengefasst könnte man sagen: In spätestens 20 Jahren werden die Polkappen komplett abgeschmolzen sein, 116 Millionen Afrikaner vor unseren Haustüren stehen, drei Menschen soviel besitzen wie der Rest der Welt zusammen, 85 Prozent der Arbeit durch Maschinen und KI ersetzt worden sein, die Familie in den meisten Ländern per Gesetz abgeschafft und die Menschheit kurz vor der Ausrottung durch Genmais stehen.

Ins Gelingen verliebt statt ins Scheitern

Nun sind viele dieser Fragen durchaus mit Herausforderungen verbunden: Ob Digitalisierung; Klimawandel oder Migration – selbstverständlich ist ein „Augen zu und weiter so“ immer die falsche Lösung. Das Problem mit der Panikmache ist jedoch, dass sie uns lähmt, in blinden Aktionismus treibt und rationale und effektive Lösungen in der Regel eher verhindert. Was jetzt gefragt ist, sind kühle Köpfe und engagierte Streiter. Aber an der Wurzel dieses Engagements muss Hoffnung stehen und nicht Panik. Es mag etwas sonderbar erscheinen, wenn ausgerechnet an dieser Stelle einer der wichtigsten Vordenker des Neomarxismus zitiert wird, doch was Ernst Bloch in den 50er Jahren im Vorwort zu seinem Buch „Prinzip Hoffnung“ schrieb, verdient es auch heute noch, zitiert zu werden:

„Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen. Seine Arbeit entsagt nicht, sie ist ins Gelingen verliebt statt ins Scheitern. Hoffen, über dem Fürchten gelegen, ist weder passiv wie dieses, noch gar in ein Nichts gesperrt. Der Affekt des Hoffens geht aus sich heraus, macht die Menschen weit, statt sie zu verengen.“

Ins Gelingen verliebt zu sein – was für eine schöne Perspektive! Jeder einzelne von uns tut gut daran, dieser Maxime zu folgen, gerade weil wir Menschen ja immer wieder vor großen Herausforderungen stehen. Es bleibt Greta zu wünschen, dass sie sich nicht weiter von der Angst verengen lässt, sondern von der Hoffnung weiten lässt. Und möge das uns allen so gehen, all den verunsicherten Mitmenschen um uns herum. Darum ist es so wichtig, dass wir uns nicht irre machen lassen von denen, die dem Prinzip Panik huldigen. Denn gerade weil sie sich von der Angst ernähren, werden sie immer weiter dieses Prinzip leben. Damit versagen sie sich nicht nur den Optimismus, den der Aufbau einer besseren Welt braucht. Sie versagen sich auch die Freude beim Blick auf all die vielen, vielen Dinge in unserer Welt, die schön, gut – ja: besser sind!

Heute startet die neue Initiative von Prometheus, die unter dem Namen „NGO Observer“ einen kritischen Blick auf einige NGOs wirft, auf deren Arbeitsmethoden und Finanzströme. Unter https://ngo.observer/ finden sie relevante Informationen zu Organisationen wie der Deutschen Umwelthilfe, Campact oder Attac, aber auch weniger bekannten und doch sehr einflussreichen Spielern. Die WirtschaftsWoche hat darüber ausführlich berichtet und ein Interview mit Clemens Schneider geführt. Bereits im letzten November war im Wirtschaftsteil der FAZ der von unserem Kuratoriumsmitglied Prof. Dr. Christian Hoffmann und Clemens Schneider verfasste Gastbeitrag „NGOs: Lauter weiße Ritter?“ erschienen.

Dieses Interview erschien erstmals auf der Website der Wirtschaftswoche am 31.1.2019. Es wurde parallel zu einem Bericht über Kritik an NGOs geführt, der auch in der Print-Ausgabe vom 1.2.2019 erschienen ist. Das Interview führte Volker ter Haseborg.

Herr Schneider, Ihr Prometheus-Institut hat gerade eine Art NGO-Watch gestartet. Unter ngo.observer listen Sie auf, wieviel Geld etwa die Deutsche Umwelthilfe, der BUND oder Peta einnehmen und welche Kritik es an diesen Organisationen gibt. Warum tun Sie das?

NGOs genießen großes Vertrauen in der Bevölkerung, haben einen Nimbus als selbstlose und konstruktive Helfer. Allerdings haben wir eine Verschärfung des Diskurses in Deutschland festgestellt: Die Art und Weise, wie einige NGOs kommunizieren, ist nicht mehr angemessen.

Haben Sie Beispiele für diesen Vorwurf?

Bei einer Demo, organisiert von der linken NGO Campact, wurden Transparente mit der Aufschrift „Freihandel tötet“ hochgehalten, Campact hat das Freihandelsabkommen Ceta als „Angriff auf die Demokratie“ bezeichnet. Ein Mitarbeiter der Tierschutzorganisatgion Peta sprach sogar mal von einem „Al Quaida für Tiere“. Im Jahresbericht der Deutschen Umwelthilfe stand, Kanzlerin Merkel sei ferngesteuert von der deutschen Autoindustrie. Das ist Pegida-Rhetorik – nur von der anderen Seite.

Die Deutsche Umwelthilfe scheint so eine Art Lieblingsgegner zu sein. Warum?

Die DUH kritisiert den Staat – und bekommt gleichzeitig Geld von ihm. Sie hat zwischen 2011 und 2015 fast die Hälfte ihres Budgets aus Fördermitteln und durch das staatlicherseits gewährte Verbandsklagerecht erhalten. Und seit fünf Jahren übernimmt eine Tochter-GmbH der DUH bezahlte Aufträge im Dienst des Wirtschaftsministeriums beim Energiewende-Dialog. Der ehemalige Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Energie, Rainer Baake, war von 2006 bis 2012 DUH-Geschäftsführer. Das hat schon ein Geschmäckle. Er stellt sich die Frage, wie viel „N“ eigentlich noch in dieser NGO steckt.

Auch die Verbandsklagen, die die DUH anstrengt, kritisieren Sie.

Verstöße gegen Auflagen und Regulierungen sollten von staatlichen Stellen geahndet werden. Das ist eine der Kernaufgaben des Staates. Und wenn er da nicht mehr nachkommt, sollte man vielleicht darüber reden, ob es nicht zu viele gibt. Mit dem Verbandsklagerecht gliedert der Staat seine Aufsichtspflichten an NGOs aus und nennt das Mitwirkung. Eigentlich ungewöhnlich, wie beliebt dieses Instrument gerade bei den Organisationen ist, die sonst immer gegen Privatisierung sind, zumal diese Aktivitäten für die Verbände durchaus auch recht profitabel sind.

Welche Organisationen sind Ihnen noch aufgefallen?

Besonders spannend war für mich der Verein Sozialer Wettbewerb, der kaum öffentlich in Erscheinung tritt, aber massiv Einfluss nimmt. Der ist etwa dafür verantwortlich, dass man die Bezeichnungen Soja-Milch und Tofu-Käse nicht mehr verwenden darf. Aufschlussreich war auch zu sehen, wie Oxfam den Anteil staatlicher Finanzierung an seinem Budget von 6,3 Prozent im Jahr 2004 über 24,8 im Jahr 2012 auf 68,9 Prozent im Jahr 2017/18 hochgeschraubt hat.

Bislang haben Sie dreizehn Organisationen auf Ihrer Seite. War’s das?

Nein, die Liste soll stetig wachsen. Jeder ist aufgerufen, neues Material einzusenden. Das wird zunächst von uns sehr genau geprüft und dann veröffentlicht.

Warum haben Sie das Projekt nicht als Kollaborativ-Projekt bei Wikipedia gestartet?

Bei Wikipedia kann jeder etwas reinrühren, das ist nicht der richtige Platz. Wir wollen der Ort dieser Debatte sein. Dabei ist uns ganz wichtig, dass wir nur mit objektiven Fakten arbeiten und keinen Verschwörungstheorien Raum bieten, wie das zum Beispiel bei dem Projekt Lobbypedia geschieht.

Vom Prometheus-Institut, dessen Managing Director Sie sind, haben die wenigsten bislang gehört. Erklären Sie doch mal, was Sie so machen.

Wir sind ein Thinktank, wie man sie vor allem im angelsächsischen Raum kennt. Wir glauben: Politische Veränderung kommt dadurch zustande, das Politiker auf Druck von außen reagieren, auf die öffentliche Meinung, die von Medien und eben auch Think Tanks wesentlich geprägt wird. .Ein Beispiel dafür ist die sehr erfolgreiche Lobbyarbeit von Umweltverbänden auf dem Weg zur Energiewende. Wir wollen das gleiche für den liberalen Bereich machen. Es geht uns darum, Werte wie Freiheit, Selbstverantwortung, Unternehmergeist wieder stärker in unserer Gesellschaft zu verankern.

Wo wir gerade beim Thema Transparenz sind. Wie hoch ist eigentlich Ihr Budget?

Darüber schweigen wir. Nur so viel: Wir finanzieren uns fast ausschließlich durch Spenden von Privatleuten. Und zum Angeben taugen die Zahlen nicht.