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Photo: David van der Mark from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Fasten ist beliebt. Für die einen hat es religiöse Gründe, daher kommt das Fasten in unterschiedlicher Form in allen Weltreligionen vor. Christen, Juden und Muslime tun es. Für die anderen hat es nichts mit Religion zu tun, sondern ist die Verklausulierung einer Diät. Etwas weniger Wein und Kohlehydrate und schon sind nach sechs Wochen die Kilos weg. Eine neue Kategorie des Fastens haben jetzt SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks und die Grünen vorgeschlagen: Auto-Fasten.

Hendricks Umweltbundesamt sekundiert, zwischen Aschermittwoch und Ostern sollten Autofahrer ihren Wagen möglichst die vollen 40 Tage lang stehen lassen und stattdessen auf andere Verkehrsmittel umsteigen. Der Vorstoß der Paternalisten und Maternalisten passt zum beliebten Bashing gegen den Individualverkehr. Jüngst haben die Grünen vorgeschlagen, ab 2030 Diesel- und Benzinmotoren generell zu verbieten. Parteichefin Simone Peters meinte dazu, der Verbrennungsmotor sei ein Auslaufmodell. Fritz Kuhn, grüner Oberbürgermeister in der Autohauptstadt Stuttgart, will bereits jetzt Dieselfahrzeuge aus der Innenstadt verdrängen. Schöne Grüße an die Daimler-Arbeiter in Stuttgart-Degerloch.

Es braucht keinen Donald Trump, der durch Abschottung und Zölle den Welthandel vor die Wand fährt. Es reichen schon eine deutsche Umweltministerin und grüne Gesellschaftsklempner, um die heimische Autoindustrie und ihre Millionen Arbeitsplätze infrage zu stellen. Das ist beileibe nicht witzig. Diese Umerziehungversuche sind eine ernste Gefahr für unseren Wohlstand und sogar unsere freiheitliche Wirtschaftsverfassung.

Wer mit dem Ordnungsrecht ganze Industrien vernichten will, greift tief in unsere Gesellschaftsordnung ein. Diese beruht, bei allen Einschränkungen und Restriktionen, auf Vertragsfreiheit und Marktwirtschaft. Jeder Eingriff des Staates muss daher verhältnismäßig sein. Gesetze sollten nicht in den Einzelfall eingreifen, sondern abstrakt, allgemein und für alle gleich sein.

Diese Paternalisten tragen auch zur Entwicklung dessen bei, was sie eigentlich bekämpfen – Ungleichheit. Diese ist durch die Regierung verursacht. Wer kann sich denn ein Elektroauto oder generell ein neues, dann schadstoffärmeres Auto leisten? Sind es die Verkäuferin oder der kleine Angestellte, die gerade über die Runden kommen? Die ihr zehn Jahre altes Auto so lange weiterfahren, bis es nicht mehr geht. Die darauf angewiesen sind, aus der Peripherie, wo sie sich eine günstige Wohnung leisten können, in das Ballungszentrum zu kommen, um dort zu arbeiten? Wohl kaum. Diese Markteingriffe der Regierung und der Grünen tun Wohlhabenden nicht besonders weh. Sie belasten den unteren Teil und die Mitte der Gesellschaft. Wo ist denn der Anspruch dieser Parteien, auch die Schwachen mitzunehmen und die Mitte der Gesellschaft am Wohlstand teilhaben zu lassen? Chancen werden dadurch nicht geschaffen, sondern zerstört.

Wer glaubt, das sei gerecht, hat sich über den Gerechtigkeitsbegriff nie wirklich Gedanken gemacht. Gerechtigkeit erfordert, dass die Bedingungen im Leben der Menschen, die von der Regierung bestimmt werden, für alle gleich sind. Die Konsequenz bedeutet, dass das Ergebnis zwangsläufig ungleich ist, da die Startbedingungen und Entwicklung jedes Einzelnen anders sind. Das gefällt den Sozialisten in allen Parteien nicht. Ihr Bestreben ist es deshalb zeitlebens, den Wohlfahrtsstaat als umfassende Umververteilungsmaschinerie auszubauen. Wenn die Regierung oder andere staatliche Vertreter jedoch Einzelne bevorzugen, sogar diejenigen, die wohlhabender als andere sind, dann führt diese zu einer Ungleichheit die größer ist, als wenn die Regierung nicht eingegriffen hätte. Sie erreichen das Gegenteil dessen, was sie eigentlich apostrophieren.

Vielleicht ist es der Wunsch nach einer besseren Welt, die Hendricks und andere antreibt. Das sei ihnen zugestanden. Doch wer eine bessere Welt in ferner Zukunft dadurch verspricht, dass es erstmal allen schlechter gehen muss, bevor es möglicherweise besser wird, verachtet letztlich den Einzelnen und seine Wünsche und Lebensziele. Es ist ein Konstruktivismus, der nur den großen Staat, die große Regierung und die großen Gesellschaftsziele kennt, aber den Einzelnen ganz klein werden lässt.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

Photo: Wikimedia Commons (CC 0)

Viele unterstellen der Marktwirtschaft, sie sei inhärent unmoralisch, ihr ginge jede Moral ab. In ihr würde es nur um Gewinnstreben zu Lasten der Umwelt, der Arbeitsplätze oder der Gesundheit gehen. Deshalb brauche es eine höhere Instanz, die (moralische) Standards für alle festlegt. Das ist eine der häufigsten Begründungen für den „Primat der Politik“ und die politische Intervention der Regierung und des Parlaments. Ihre moralischen Maßstäbe sollen von allen akzeptiert werden. Diese moralische Überlegenheit führt leicht zur Überheblichkeit über andere – über Bürger im eigenen Land, aber auch in anderen Ländern.

Die Bundeskanzlerin hat vor der Industrie- und Handelskammer Köln einen Einblick in ihr moralisches Weltbild gegeben. Zwar sprach sie sich in ihrer Rede im Allgemeinen für ein „Konzept der Offenheit“, ein „Prinzip des Sich-Auseinandersetzens mit den Wettbewerbern“ aus, doch im Konkreten sieht sie ihre Rolle und die Rolle des Staates ganz anders.

Für sie ist die Europäische Union kein offenes Konzept, sondern ein abgeschotteter Raum. Wer Waren in diesen Wirtschaftsraum liefern will, muss auch die Personenfreizügigkeit im eigenen Land akzeptieren. Es gilt das Prinzip: alles oder nichts. Ihre große Sorge ist, “wenn sich plötzlich herausstellt, dass man den vollständigen Zugang zum EU-Binnenmarkt auch bekommen kann, wenn man sich nur bestimmte Dinge aussucht, dann wird der Binnenmarkt, …, als solcher sehr schnell in Gefahr geraten, weil sich jedes Land dann seine Rosinen herauspickt.“ Warum sollte ein Markt in Gefahr geraten, weil Unternehmen ungehindert Waren dorthin liefern können? Andersherum wird ein Schuh daraus. Abgeschottete Märkte verlieren die Akzeptanz der Bürger, weil diese nicht alle Waren und Dienstleistungen erhalten oder nur zu einem erhöhten Preis.

Angela Merkel macht letztlich einen ähnlichen Fehler wie Donald Trump. Es tun sich Parallelen auf zu Trumps Verständnis von Wirtschaftspolitik: Er unterstellt den Autoherstellern in Japan und Deutschland auch Rosinenpicken. Wer einfach den US-Markt mit Produkten beliefern will, ohne dass er in den USA Arbeitsplätze schafft, soll bald Strafzölle bezahlen müssen. Mit nichts Anderem droht die EU und indirekt jetzt auch Angela Merkel den Briten. Sie sollen einen Strafzoll, die EU nennt diesen „Beitrag zur Finanzierung des Binnenmarktes“, bezahlen müssen, damit die britischen Unternehmen Zugang zum EU-Binnenmarkt bekommen. Das erinnert einen an die Willkürabgaben der niedergehenden Ostblockstaaten, die an der eigenen Grenze von jedem Einreisenden eine „Infrastrukturabgabe“ verlangten, deren Sinn schon damals als ein reines Abkassieren empfunden wurde.

Merkel beklagt in ihrer Kölner Rede auch, dass es in der Vergangenheit bei der Aushandlung von Freihandelsabkommen zu häufig nur um den Abbau von Zöllen ging. Sie habe es als Umweltministerin bedauert, dass zu wenig darauf geschaut wurde, „ob auch in anderen Ländern nachhaltige Landwirtschaft betrieben wird“. Sie spricht sich dafür aus, dass sich die Regierung mit Gewerkschaften, Unternehmern und Nicht-Regierungsorganisationen über nicht-tarifäre Handelshemmnisse im Bereich Soziales, Verbraucherschutz und Umweltschutz besser abstimmen müsse. Konkret sagte die Kanzlerin: „Wenn hochentwickelte Länder wie die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada und wir in Europa gemeinsame Standards entwickeln, wird es der Rest der Welt schwer haben, unter diesen Standards zu bleiben.“

Das ist eine sehr gefährliche Sichtweise. Wenn man diesen Gedanken Merkels zu Ende denkt, dann wird bald Bedingung für den Zugang zum EU-Binnenmarkt sein, dass die Mindestlöhne der EU auch in China bezahlt werden müssen. Und dann werden demnächst die Luftreinhaltungsstandards der EU auch in Indien oder Afrika gelten müssen, damit deren Unternehmen Waren nach Europa liefern dürfen. Entwicklungsländer würden dann dauerhaft von einem wirtschaftlichen Aufstieg abgeschnitten. Diese Handelshemmnisse würde Afrika und andere Regionen dieser Welt in ihrem Entwicklungsstand konservieren. Deren gerade beginnender Aufschwung würde abrupt beendet. Soviel zur Moral …

In der Kölner Rede Merkels kommt ein Mangel an Verständnis der Marktwirtschaft zum Ausdruck. Dabei ist die Marktwirtschaft als Ordnungsprinzip bestechend. Sie lässt es nicht zu, dass moralische Maßstäbe von anderen festgelegt werden als vom Konsumenten selbst. Der Konsument entscheidet in einer Marktwirtschaft, welche individuellen Präferenzen er wie gewichtet und welche Anforderungen er an ein Produkt oder eine Dienstleistung stellt. Für den einen ist es wichtig, dass Bekleidung in China nach bestimmten Umweltstandards und Arbeitsbedingungen hergestellt wird. Für den anderen ist es vielleicht entscheidend, dass die Ware im eigenen Land hergestellt wird. Wiederum einem anderen ist die Herkunft völlig egal, weil er sich nicht mehr leisten kann. Kaufentscheidungen und deren Gründe sind immer individuell. Ihnen mit staatlicher Zwangsgewalt einen moralischen Überbau zu geben, seien es Arbeitsplätze in den USA oder die dauerhafte Existenz der EU, ist mindestens gefährlich, wenn nicht sogar brandgefährlich, weil das zwangsläufig zu Gegenreaktionen führt, die sich immer weiter hochschaukeln. Dieser Protektionismus ist die moderne Form des Imperialismus. Der Unterschied ist lediglich, dass er im Gewand der – höheren – Moral daherkommt.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

Photo: ActuaLitté from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Heute wird die „Internationale Grüne Woche“ in Berlin eröffnet. Greenpeace hat vor einigen Tagen schon den Aufschlag gemacht und ein „Kursbuch Agrarwende 2050“ vorgeschlagen. Darin fordern sie nichts anderes als die postume Umsetzung des Morgenthau-Plans vom August 1944. Damals wollte der amerikanische Finanzminister Henry Morgenthaus Deutschland nach Kriegsende zu einem Agrarstaat machen.

In einer „großen Ernährungswende“ setzten sie auf eine Umwandlung Deutschlands zum autarken Agrarstaat bis 2050. Voraussetzung dafür sei, dass sich 30 Prozent der Bevölkerung vegetarisch oder vegan, 45 Prozent flexitarisch und 25 Prozent fleischbetont, ernähren würden. Heute ernähren sich wenige Prozent der Bevölkerung vegan oder vegetarisch. Umsetzen wollen es die „Aktivisten“ durch die „konsequente Nutzung und Umsetzung des bestehenden und einzuführenden Ordnungsrechts.“ Solche Planungshorizonte hat sich nicht mal die untergegangene Sowjetunion getraut. Damals hatte man schon große Mühe, den Fünfjahresplan einzuhalten. Doch wenn erst einmal ein neu einzuführendes Ordnungsrechts kommt, gelingt dies vielleicht dennoch. Auch in Goerge Orwells „1984“ schaffte das die Innere Partei. Sie führte als Neusprech den „Doppeldenk“ ein. Die Bürger wurden so lange manipuliert, bis sie Lügen für Wahrheit hielten. Wenn dann die Schokoladenration in Ozeanien auf 25 Gramm „heraufgesetzt“ wurde, obwohl sie eigentlich herabgesetzt wurde, wurden alle Dokumente der Vergangenheit, die das Gegenteil beweisen konnten, vernichtet oder umgeschrieben.

Was ist falsch am Vorschlag einer „großen Ernährungswende“? Es ist ihr konstruktivistischer Ansatz. Er basiert auf der Fiktion, dass alle relevanten Tatsachen irgendeinem einzelnen Geist bekannt seien und dass es möglich sei, aus diesem Wissen die Einzelheiten einer erstrebenswerten Gesellschaftsordnung abzuleiten. Ob durch den Umbau der Landwirtschaft in Deutschland das Klima der Welt gerettet werden kann, darf berechtigt bezweifelt werden. In Deutschland werden lediglich 2 Prozent des weltweiten CO²-Ausstoßes emittiert. Glaubt man an den menschgemachten Klimawandel, dann ist es fast irrelevant, wie stark in Deutschland die CO²-Emissionen reduziert werden. Länder wie China, USA oder Russland sind hier entscheidend. Ob die „biologische Vielfalt“ nicht einfacher durch andere Maßnahmen erreicht werden kann, bleibt ebenfalls offen.

Und ob es besser ist, wenn die Futtermittel zu 100 Prozent aus heimischem Anbau stammen, ist ebenfalls fraglich. Die Verfechter der „großen Ernährungswende“ unterliegen einer Planungsillusion, die bestenfalls naiv ist, denn wir leben nicht auf einer einsamen Insel, sondern mitten in Europa. Die Ernährung vieler Menschen, der Anbau, die Produktion und der Verkauf von Nahrungsmitteln ist derart komplex, dass dies niemals zentral von einem großen Ernährungsplaner im Rahmen einer „großen Ernährungswende“ vorgedacht werden kann. Greenpeace und andere blenden viel zu viele Daten und Einflussfaktoren einfach aus, die sie nicht kennen, oder nicht kennen wollen, um das Modell so anschaulich und so leicht verständlich zu machen. Damit beginnt der Orwellsche Doppeldenk.

Was Greenpeace aber erreicht, ist, dass die Politik darauf reagiert. Nicht in einem großen Plan, sondern in kleinen Schritten. Ernährungsminister Christian Schmidt ist so einer. Er will jetzt ein Label „Tierwohl“ einführen. Was für die Tiere gut ist, entscheidet hier die Politik, nicht der Konsument. Dieser wird an die Hand genommen, weil er über Jahre zu einem unwissenden „Fleischfresser“ degeneriert ist. Er muss sich von jetzt an um nichts mehr kümmern, sondern andere übernehmen für ihn die Arbeit. Ein anderer Fall ist die Kennzeichnungsorgie der Politik. Schmidt schlägt aktuell vor, dass der Gesetzgeber die Kennzeichnung dessen, was Fleisch oder Wurst ist, regeln muss. Vegetarische Wurst oder Schnitzel, darf nicht Wurst oder Schnitzel heißen, sondern „vegetarische Brotauflage“ oder „panierte Bratlinge“.  Muss das die Politik regeln, ist das ein ernsthaftes Problem? Muss nicht der Konsument durch seine Kaufentscheidungen die Hersteller dazu bringen, Vertrauen beim Kunden zu schaffen?

Es ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers, 30-Jahrespläne aufzustellen oder Bürger zu informieren, wie ein Tier vor seiner Schlachtung gelebt hat. Natürlich braucht es in einer Gesellschaft auch Regeln. Diese gibt es in jeder Gesellschaft. Es sind Verhaltensregeln, die darin bestehen, dass sie im Handeln befolgt werden, ohne dass sie dem handelnden in schriftlicher oder artikulierter Form bekannt sind. Solche Regeln kommen deshalb in einer Gesellschaft zur Geltung, weil sie die Gruppe in der sie eingehalten werden, faktisch stärker machen. Dadurch finden diese Regeln eine allgemeine Anerkennung. Diese Regeln verändern sich von Zeit zu Zeit, weil sich der kulturelle Hintergrund in einer offenen Gesellschaft verändert. Menschen essen mal mehr und mal weniger Fleisch, trinken mal mehr oder weniger Alkohol. Eine offene Gesellschaft lässt dies zu. Inzwischen achten immer mehr Menschen auf artgerechte Haltung und ressourcenschonende Ernährung. Aber sie tun es aus freien Stücken, und nicht wegen eines neuen „Ordnungsrechts“ oder der Verordnung eines Ministers. So funktionieren offene Gesellschaften. Nur in einer Gesellschaft orwellscher Prägung hat der Doppeldenk eine Chance.

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Es gibt wohl fast keinen Wirtschaftsbereich, vom Finanzsektor einmal abgesehen, der so stark von staatlicher Lenkung beeinflusst ist wie der Energiesektor. Das hat auch diese Woche wieder gezeigt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg zeigt glücklicherweise die Grenzen staatlicher Willkür. Der Staat darf eben nicht alles. Er muss auf Eigentumsrechte und Verträge – wie etwa vorher mit ihm vereinbarte Kraftwerkslaufzeiten – Rücksicht nehmen. Verstößt er dagegen, muss er die Unternehmen entschädigen. Ärgerlich ist nur, dass die Kanzlerin und ihr damaliger Umweltminister Peter Altmaier für diese rechtswidrigen Entscheidungen vom Steuerzahler nicht schadensersatzpflichtig gemacht werden können. Es wäre aber zumindest „des Schweißes der Edlen wert“, darüber nachzudenken.

Diese willkürlichen Eingriffe des Staates in den Energiesektor finden sich häufig und besonders ausgeprägt im Bereich der Erneuerbaren Energien. Im Jahr 2019 steigen die Ökostromumlage und die Kosten anderer Maßnahmen auf dann 28,5 Milliarden Euro pro Jahr. Dagegen war der Kohlepfennig, der ebenfalls über eine Umlage finanziert wurde, eine Petitesse. Sein Volumen betrug im Jahr 1989 lediglich 5,4 Milliarden DM. Als der damalige Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann 1991 den Abbau von 10 Milliarden DM an Subventionen, unter anderem bei der Kohle, zur Bedingung für seinen Verbleib im Kabinett machte, demonstrierten 800 Kumpel gegen Möllemann und verbrannten eine Strohpuppe, die ihn darstellen sollte. Erst 1994 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass der Kohlepfennig nicht zu rechtfertigen sei, da er eine Allgemeinheit von Stromkunden belaste, die keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für Steinkohle aus Deutschland habe. Diese Argumentation passt heute ebenfalls wie die Faust aufs Auge für die Erneuerbaren Energie.

Ähnlich wie bei der heimischen Steinkohle, deren Bergschäden noch heute weite Teile des Ruhrgebiets belasten, ist es auch mit den Erneuerbaren Energien. Sie führen zu Monokulturen in der Landwirtschaft und zu immer mehr Eingriffen des Staates. Allein die Herstellung von Biogasanlagen hat sich in den vergangenen zehn Jahren vervierfacht, die der installierten Leistung verzehnfacht. Wer so viel elektrische Leistung produzieren will, braucht Futter. Mais ist dafür der gängige Rohstoff. Inzwischen ist die Maisanbaufläche in Deutschland auf 2,6 Millionen Hektar angewachsen – das ist mehr als die Fläche Mecklenburg-Vorpommerns. Einer der Kollateralschäden dieser Entwicklung ist die massive Zunahme von Schwarzwild. Wildschweine können sich im Mais besser verstecken und haben eine auskömmliche Nahrungsquelle. Allein in Hessen hat sich in den vergangenen Jahren die Abschusszahl der Wildschweine versiebenfacht.

Jetzt hat die EU angekündigt, dass der Biodiesel, der überwiegend aus Raps gewonnen wird, bei der Zwangsbeimischung für Diesel und Benzin von derzeit 7 Prozent auf dann nur noch 3,8 Prozent anzupassen sei. Noch 2009 wurde genau umgekehrt argumentiert. Damals galt die Beimischung als wichtiger Beitrag für den Klimaschutz und gleichzeitig als langfristige Existenzsicherung für die Landwirtschaft.

2011 wurde sogar mit viel Tamtam der E10-Kraftstoff eingeführt, den viele Fahrzeuge dann ins Stottern brachte. Eine ganze Industrie im In- und Ausland lebt inzwischen von dem Glauben, dass hier etwas Gutes getan wird. Landwirte werden in Märkte und Produkte gedrängt und finanziell angeschubst. Sie investieren in neue Geräte und Anlage und plötzlich überlegt sich die Regierung etwas Anderes. Schon schreien und beschweren sich die Angeschubsten und betonen, wie wichtig Bioethanol für die Umwelt sei. Gleichzeitig erwähnen sie beiläufig, dass weniger Rapsanbau mehr Getreideanbau zur Folge hätte und damit die Getreidepreise ins Rutschen geraten würden. Und nicht nur das: die Reste des Rapsanbaus könnten auch nicht mehr an die Tiere verfüttert werden. Damit müsste der Sojaimport erhöht werden. Soja sei allerdings häufig genmanipuliert und der Anbau würde die Regenwälder in Südamerika vernichten. Kein Argument ist zu flach, um nicht für die Lobbyarbeit herhalten zu können.

Letztlich führt diese Art der Wirtschaftspolitik zur Entmündigung. Alle Unternehmer, erst recht die Landwirte, werden von der Regierung an die kurze Leine genommen. Sie sind abhängig von der Willkür der Regierenden. Sie schauen nur noch, welche kurz gültigen Entscheidungen die Politik trifft, versuchen darauf über ihre Verbände Einfluss zu nehmen, verstehen aber offensichtlich nicht, dass sie sich dadurch ihre unternehmerische Freiheit “nachhaltig” rauben lassen.

Erstmals erschienen auf Tichys Einblick.

Photo: John Erlandsen from Flickr (CC BY 2.0)

Nicht jeder Beschluss, den ein Verfassungsorgan fällt, wird morgen in ein Gesetz gegossen. Aber die Basis ist dafür gelegt. Wenn Bundestag oder Bundesrat daher etwas beschließen, ist das nicht zu vernachlässigen. Jetzt hat letzterer in einem Beschluss die EU-Kommission aufgefordert, „die bisherigen Steuer- und Abgabenpraktiken der Mitgliedstaaten auf ihre Wirksamkeit hinsichtlich der Förderung emissionsfreier Mobilität auszuwerten …, damit spätestens ab dem Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie Pkw zugelassen werden“. Wahrscheinlich ist in der EU, erst recht in Deutschland, kein Wirtschaftszweig für die Wertschöpfung und die Beschäftigungssituation so wichtig wie die Automobilindustrie und ihre Zulieferer. In Deutschland arbeitet jeder siebte Arbeitnehmer direkt oder mittelbar in der Automobilindustrie. Auch Spanien hat eine starke Autoindustrie. Der derzeitige Aufschwung wird alleine von ihr getragen. Italien und Frankreich wären längst ökonomisch implodiert ohne Fiat, Renault, Peugeot und Citroën. In der Slowakei, Tschechien und Polen hat die Automobilindustrie eine dominierende Rolle. Dabei sind es nicht nur die OEMs wie VW, Mercedes oder BMW, die von Bedeutung sind, sondern deren unzählige Zulieferer, die Kolben, Nockenwellen, Zündkerzen, Einspritzdüsen, Zylinder, Ölwannen, Kurbelwellen oder Auspuffe produzieren.

Es ist daher erschreckend, zu welchen Weichenstellungen die Politik willens und in der Lage ist. Dabei ist es nicht der Punkt, dass Unternehmen keine Garantie für ihre künftige wirtschaftliche Entwicklung haben. In einer Marktwirtschaft kann es das nicht geben. Will ein Unternehmen dauerhaft überleben, muss es sich an die veränderten Wünsche seiner Kunden anpassen, sonst verschwindet es vom Markt. Dafür gibt es historisch viele Beispiele. Quelle und Neckermann gibt es heute nicht mehr, weil sie den Online-Handel verschlafen haben. Nokia hat den Trend zum Smartphone nicht rechtzeitig vollzogen. AEG und Dresdner Bank existieren heute ebenfalls nicht mehr. Es ist der Lauf der Zeit, doch diese Kapitalvernichtungen sind durch unternehmerische Fehlentscheidungen und Versagen verursacht und nicht durch staatliche Intervention. Jetzt schickt sich der Staat an, zu wissen welche Autos in 14 Jahren (!) hergestellt werden. Es ist die Einführung einer zentralen Planwirtschaft durch die Hintertür. Es wird grandios scheitern, weil kein Regierender wissen kann, welche Technologie sich in der Automobilindustrie durchsetzt. Ohne eine Wettbewerbsprozess werden gigantische Fehlinvestitionen ausgelöst, die Europa auf Jahrzehnte zurückwerfen werden.

Doch das eigentlich Erschreckende ist, dass sich in der Automobilindustrie und in den sich anschließenden Industrien kein Widerstand regt. Deren Vorstände und Eigentümer nehmen diese Beschlüsse hin, grummeln und empören sich in den Hinterzimmern, aber suchen nach wie vor die Nähe zu den Handelnden in der Politik. Sie freuen sich, wenn die Bundeskanzlerin, der Wirtschaftsminister oder der Ministerpräsident sie zu Auslandsreisen mitnimmt und sie zum vertraulichen Abendessen eingeladen werden. Daimler-Benz spendet den Grünen sogar einen sechsstelligen Betrag, obwohl diese Partei ihre Lebensgrundlage zerstören wird. Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt unzählige Beispiele dafür wie Unternehmen Parteien, Umweltverbände und Aktionsplattformen unterstützen, die eigentlich diesen Unternehmen schaden. Sie glauben wohl, dass durch eine Art Ablasshandel ihr Schaden minimiert werden kann.

Die Folge ist, dass der Staat sich immer mehr einmischt. Die wenigen Freiheitsgrade in der Wirtschaft sollten die Unternehmer eigentlich mit Zähnen und Klauen verteidigen. Im Verlauf geschieht dies sicherlich auch. Wahrscheinlich werden Unternehmen, Unternehmensverbände und Gewerkschaften durch einen intensiven Lobbyingprozess erreichen, dass der verbindliche Umstieg auf Elektroautos nicht schon 2030 erfolgt, sondern erst 2032, 2035 oder vielleicht auch erst 2040. Das lässt die Übergangsphase verträglicher werden. Das Ergebnis ist aber letztlich das Gleiche.

Es braucht daher einen Mentalitätswechsel. Doch woher soll der Mentalitätswechsel kommen, wenn selbst die Unternehmer in diesem Land sich ihrem vermeintlichen Schicksal ergeben? Darüber hinaus ist ein Mentalitätswechsel viel schwieriger als die Begleitung eines Gesetzgebungsprozesses oder das Protegieren einer Regierung. Er erfordert ein viel früheres Eingreifen. Es muss in erster Linie die Erkenntnis reifen, dass eine gesellschaftliche Veränderung nicht vom Himmel fällt oder ein reiner Zufall ist, sondern Folge eines langfristigen gesellschaftlichen Trends. Auch die heutige Situation, die letztlich zum Bundesratsbeschluss geführt hat, ist Ergebnis eines Trends. Dieser Trend wurde in den 1960er Jahren begonnen. Es war der Kampf der Linken gegen den alten liberalen Begriff der Zivilgesellschaft. Deren Ziel war es, den liberalen Rechtsstaat in den allumfassenden Sozialstaat zu transformieren. Der liberale Rechtsstaat ist in seiner klassischen Version geprägt durch Institutionen wie Privateigentum, Vertrags- und Gewerbefreiheit, Niederlassungsfreiheit, aber auch durch die Autonomie der Familie und die Gewissenfreiheit. Diese Institutionen sind im liberalen Rechtsstaat von der Herrschaft anderer geschützt.

In unserer heutigen paternalistischen Scheinmoderne werden diese Institutionen jedoch fortwährend geschleift und zermürbt. In seiner Kurzform lautet dieser Angriff auf die Zivil- und Privatrechtsgesellschaft: Eigentum ist Diebstahl und Familie ist ein Unterdrückungsapparat. Jede Fehlentwicklung im Einzelnen, also im Unternehmen oder in der Familie wird dazu benutzt, dies mit für alle freiheitseinschränkenden Maßnahmen zu beantworten.

Dadurch weist der paternalistische Staat in der neuen Zivilgesellschaft dem Individuum Freiräume und Eigentumsrechte zu. Es ist eine Art Gutsherrenmentalität, die der Staat gegenüber seinen Bürgern hier zum Ausdruck bringt. Der Staat entscheidet nach öffentlicher Beratschlagung im angeblichen herrschaftsfreien Diskurs sogar über die künftige Entwicklung aller Individuen einer Gesellschaft, was dann als die Umsetzung emanzipatorischer gesellschaftlicher Projekte und als kollektiver Selbstbefreiungsprozess gefeiert wird. Unter der Tarnkappe „Demokratisierung aller Lebensbereiche“ werden so institutionelle Grundsäulen einer freien und offenen Gesellschaft angegriffen.

Auf diese Weise wird der Staat, der eigentlich die Aufgabe hat, das Individuum vor Willkür zu schützen, für gesellschaftliche Projekte sogenannter „Träger der Zivilgesellschaft“ missbraucht. Der demokratische Staat verliert so seinen Anspruch, freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat zu sein. Recht und Freiheit werden so kampflos aufgegeben.

Wir haben es in unserer Gesellschaft inzwischen mit einer strukturellen Mehrheit zu tun, die ein antiliberales „mentales Modell“ verinnerlicht hat. Der Nobelpreisträger Douglass C. North spricht von „Shared Mental Models“, von „gemeinsamen mentalen Modellen“, um einen institutionellen Wandel in einer Gesellschaft zu analysieren. Neben einer Theorie der Eigentumsrechte und einer Theorie des Staates muss darin eine Theorie der Ideologie berücksichtigt werden. Diese gemeinsamen mentalen Modelle sind sehr langlebig und kurzfristig nicht veränderbar. Wenn man diese Entwicklung ändern will, dann setzt es einen Prozess kultureller Evolution voraus, in dem sich neue gemeinsame mentale Modelle bilden und behaupten müssen. Dieser Prozess muss von den verbliebenen und von neuen bürgerlich-liberalen Kulturträgern angestoßen werden. Davon gibt es noch einige. Prometheus gehört dazu. Aber ob dies zur Verschiebung der Verhältnisse führen wird, ist völlig offen und hängt davon ab, ob diese sich überall entwickelnden Freiheitsinseln überzeugend und anziehend genug sind, um im in der Auseinandersetzung mit den Gegnern des liberalen Rechtsstaates zu bestehen.

Es ist also unsere Aufgabe, starke Freiheitsinsel zu entwickeln. Nur wenn es gelingt, ein gemeinsames mentales Modell durchzusetzen, das den freiheitlichen Rechtsstaat zum Ziel hat, sind auch langfristig die Rechte des Einzelnen gesichert. Denn ohne Vertragsfreiheit und Eigentumsschutz werde die Eingriffe des Staates in das Wirtschaftsgeschehen unvermindert fortschreiten und die Marktwirtschaft unweigerlich in ein neuzeitliches Modell zentraler Planwirtschaft verwandeln. Dazu braucht es Mut, Entschlossenheit und eine langen Atem.