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Von Fabian Kurz, Student der Volkswirtschaftslehre, ehemaliger Praktikant bei Prometheus und dem Cato Institute in Washington D.C.

Bevor Medikamente auf den Markt kommen, müssen sie umfangreich getestet werden, um Schäden durch die Anwendung zu vermeiden. Doch dabei werden diejenigen Menschen vergessen, denen durch eine schnellere Zulassung früher oder überhaupt hätte geholfen werden können. Darüberhinaus zeigt die Erfahrung, dass Patienten unter ärztlicher Betreuuung auch nicht-zugelassene Medikamente erfolgreich anwenden. Es ist Zeit für eine Reform der Medikamentenzulassung.

Wenn wir ehrlich sind, wissen wir meist nicht genau, was wir einnehmen oder wie häufig eine Nebenwirkung auftreten kann, wenn wir unsere Kopfschmerztablette, das Asthmamittel oder die Blutdrucktablette schlucken. Wir verlassen uns darauf, dass die Medikamente ausgiebig getestet wurden und staatliche Behörden sie für unbedenklich erachten. Auf den ersten Blick scheint die staatliche Medikamentenzulassung nur Vorteile zu haben.

Doch die aufwendigen staatlich geforderten Tests und Zulassungsverfahren führen nicht nur zu höheren Kosten für das Medikament, sondern bergen zudem Kosten, die nicht auf den ersten Blick sichtbar sind: Menschen die von einem getesteten Medikament gesundheitlich profitieren könnten, erhalten es erst verspätet oder gar nicht.

Ein aktuelles Beispiel verdeutlicht dies. Forscher in den USA haben erfolgreich eine Therapie für die seltene Blutkrankheit Hämophilie B entwickelt, die bisher als unheilbar galt. Die Therapie würde für die Betroffenen eine enorme Verbesserung ihrer Lebensumstände bedeuten. Doch Professor Oldenburg vom Universitätsklinikum Bonn dämpft die Hoffnung auf eine schnelle Verfügbarkeit:

„Dennoch wird es sicher noch drei bis fünf Jahre dauern, bis diese Therapie den meisten Hämophilie B-Patienten zur Verfügung steht.“

Vom Labor in die Apotheke

Durchschnittlich dauert die Entwicklung und Zulassung eines neuen Wirkstoffes 13,5 Jahre. In den ersten 5,5 Jahren wird der Wirkstoff in Labors untersucht und die Wirksamkeit sowie mögliche schädliche Wirkungen an Tieren getestet. Anschließend folgen in drei Phasen 6,5 Jahre klinische Tests an Menschen. In der ersten Phase werden an gesunden Menschen Tests auf Verträglichkeit durchgeführt. In der zweiten Phase wird der Wirkstoff an wenigen Patienten getestet, um in der dritten Phase an mehreren tausend Patienten erprobt zu werden. Absolviert der Wirkstoff diese Phasen erfolgreich, können die Entwickler die Zulassung beantragen und reichen dafür die Ergebnisse der vorherigen Tests bei den Zulassungsbehörden ein.

 

Die Zulassung: Sichtbare und nicht sichtbare Fehler

Der letzte Schritt, die Zulassung, ist eine kritische Phase. Hier entscheidet sich, ob sich die vorangegangenen Mühen auszahlen. Irren ist menschlich. Auch Zulassungsbehörden können irren. Dabei können sie zwei Arten von Fehlern begehen. Erstens können sie ein Medikament zulassen, das schädlich ist. Zweitens können sie einem Medikament die Zulassung verwehren, das unbedenklich ist und so Menschen helfen könnte. Beide Fehler führen dazu, dass die Gesundheit von Menschen gefährdet wird. In manchen Fällen hängen von beiden Arten von Fehlern Leben ab.

Eine fatale Asymmetrie

Der Fehler eines zugelassenen schädlichen Präparats wird automatisch korrigiert. Sollte ein Medikament sich als schädlich herausstellen, wird es vom Markt genommen. Der zweite Fehler wird hingegen nicht automatisch korrigiert. Wird ein Medikament nicht zugelassen, wird zu einem späteren Zeitpunkt auch nicht entdeckt, dass es Menschen hätte helfen können.

Schon 1972 kam der Ökonom Sam Peltzman in einer Studie zu dem Schluss, dass zu späte Zulassungen oder nicht erteilte Zulassungen von brauchbaren Medikamenten mehr geschadet haben als die Verhinderung unbrauchbarer Medikamente. Seitdem gab es einige Bemühungen die Zulassungen zu beschleunigen. So wurde beispielsweise 1992 in den USA ein entsprechendes Gesetz erlassen. Eine Studie aus dem Jahr 2008 kommt zu dem Schluss, dass die daraufhin schneller erteilten Zulassungen bis zu 310.000 Menschenleben gerettet haben.

Dieser Befund deutet zum einen darauf hin, dass durch eine weitere Beschleunigung möglicherweise zukünftig abermals mehr Leben gerettet werden könnten. Zum anderen führt er vor Augen, dass das durch nicht erfolgte Zulassungen verursachte Leid potentiell beträchtlich ist. Denn die Zulassungsbehörden sehen sich einer außergewöhnlichen Anreizstruktur ausgesetzt.

Bedenkliche Anreize für Zulassungsbehörden

Schädliche zugelassene Medikamente führen zu sichtbaren Opfern und entsprechende Reaktionen der Öffentlichkeit. Eines der wohl tragischsten Beispiele ist der Wirkstoff Thalidomid und der damit verbundene Contergan-Skandal. Die staatlichen Zulassungsstellen haben einen starken Anreiz, diese Art von Fehlern zu vermeiden.

Opfer des zweiten Fehlers bleiben dagegen im Verborgenen. Opfer des Fehlers, ein Medikament nicht zuzulassen, das hätte zugelassen werden sollen, bleiben unsichtbar. Der Anreiz der Zulassungsbehörden, derartige Fehler zu vermeiden, fällt deutlich schwächer aus. Reaktionen der Öffentlichkeit müssen sie in diesen Fällen kaum fürchten.

Medikamente sehr ausgiebig in langwierigen Verfahren zu testen und im Zweifel nicht zuzulassen, hilft den Zulassungsbehörden folglich bei der Vermeidung sichtbarer Fehler und trägt zu mehr als der optimalen Anzahl unsichtbarer Fehler bei.

Ein ehemaliger Mitarbeiter der amerikanischen
Medikamentenzulassungsbehörde beschreibt einen Fall, in dem die Behörde davon überzeugt war, dass das betreffende Medikament effektiv und unbedenklich sei. Sein Vorgesetzter weigerte sich dennoch die Zulassung zu erteilen – mit der folgenden Begründung:

„Wenn irgendwas schief geht (…) denken Sie daran, wie übel es aussieht, wenn wir das Medikament so schnell genehmigt haben.“

Schnellere Zulassungen in den USA

Seit 1997 gibt es in den USA eine „Fast Track–Zulassung“ von Medikamenten für besonders schwerwiegende und lebensbedrohliche Krankheiten. Das Konzept setzt bei den der Zulassung vorgelagerten klinischen Tests an, die gut die Hälfte der gesamten Entwicklungsdauer vereinnahmen – hier ist offensichtlich das größte Zeitersparnispotential zu finden. Die Medikamente werden schrittweise für verschiedene Patientengruppen zugelassen, noch bevor größer angelegte Feldstudien durchgeführt werden. Der Kreis der Patienten und die Zulassung werden ausgeweitet, wenn Erfahrungen über das Risiko-Nutzen-Verhältnis mit den ersten Patientengruppen gesammelt wurden.

Auch Europa sammelt Erfahrung

Die Europäische Arzneimittel-Agentur hat im Jahre 2005 sogenannte „Conditional Approval“ für Medikamente eingeführt. Diese sollen ähnlich wie in den USA ermöglichen, dass Patienten, die unter besonders schwerwiegenden Krankheiten leiden, schneller Zugang zu neuen Medikamenten bekommen. Dabei werden Medikamente unter der Auflage, dass Phase III nachgeholt wird, bereits nach Phase II zugelassen. Dies ermöglicht einen bis zu 2,5 Jahre schnelleren Zugang zum entsprechenden Medikament.

Schnelle Zulassungen genauso sicher wie konventionelle

In einer Studie aus dem Jahr 2011 wurde untersucht, ob Medikamente, die in der EU in einem Schnellzulassungsverfahren zugelassen wurden, ein höheres Risiko aufweisen als konventionell zugelassene Medikamente. Dabei wurden nicht häufiger neue Risiken nach der Zulassung erkannt, als bei konventionell zugelassenen Medikamenten, die die Phasen I bis III komplett durchliefen.

Gegenseitig Zulassungen anerkennen

Ein erster Schritt, Medikamente schneller und günstiger für Patienten verfügbar zu machen, wäre die gegenseitige Anerkennung der Zulassung von Medikamenten in den USA und Europa. In der Regel werden die gleichen Unterlagen für die jeweilige Zulassung eingereicht. Warum sollte ein Medikament, das für EU Bürger zugelassen wurde, für Amerikaner schädlich sein?

Schnellere Zulassungen allein genügen nicht

Doch schnellere Zulassungen und ihre gegenseitige Anerkennung allein genügen nicht. Sie führen nicht dazu, dass die Zulassungsbehörden einen schwächeren Anreiz haben, unbedenkliche Medikamente nicht zuzulassen. Es stellt sich daher die grundsätzliche Frage, ob eine zwingende staatliche Zulassung nötig ist.

Unkonventioneller Einsatz bereits beschränkt möglich

Schon jetzt zeigen Ärzte und Patienten, dass sie bereit sind, Medikamente zu verschreiben und zu konsumieren, die nicht spezifisch getestet oder von den Behörden für diese Anwendungen zugelassen sind. Der Off-Label-Use, also die Nutzung von Medikamenten außerhalb des von den Behörden zugelassen Bereichs, ist vor allem bei Kindern weit verbreitet. So waren 2002 in Deutschland etwa 57 % aller verordneten Medikamente für gesetzlich krankenversicherte Neugeborene nicht für diese zugelassen.

Zudem ist es bereits möglich, nicht zugelassenen Medikamente im Rahmen der Härtefall-Verordnung zu erhalten. Allerdings gibt es nur sehr wenige Ausnahmen. So sind derzeit nur sieben Medikamente beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und drei weitere beim Paul Ehrlich Institut gelistet, die für Härtefälle verfügbar sind. Ferner sind nicht zugelassene Medikamente im Rahmen individueller Heilversuche erhältlich. Allerdings dürfen diese Medikamente nicht beworben werden. Der Patient oder der behandelnde Arzt muss also auf anderen Wegen auf den potentiell hilfreichen Wirkstoff aufmerksam werden.

Die Nutzung von nicht zugelassenen Medikamenten und der Einsatz außerhalb des zugelassenen Bereichs zeigen, dass Patienten und Ärzte in der Lage und willens sind, auch ohne staatliche Zulassung Risiko und Nutzen abzuwägen. Nicht bzw. noch nicht zugelassene Medikamente sollten Patienten leichter zugänglich gemacht werden als derzeit.

Freiwillige staatliche Prüfung

Natürlich gibt es Menschen, die ausschließlich auf die staatliche Zulassung vertrauen. Eine freiwillige staatliche Prüfung von Medikamenten, wodurch die Vermarktung auch noch nicht zugelassener Medikamenten möglich würde, wäre eine für beide Patientengruppen attraktive Lösung. Die Medikamente, die nicht dieser freiwilligen Prüfung unterzogen werden, könnten mit einem entsprechenden Hinweis versehen werden.

Medikamente schneller und umfangreicher verfügbar machen

Unsichtbare Opfer, die zu einem hilfreichen Medikament keinen Zugang haben, sollten nicht unberücksichtigt bleiben. Deshalb sollten in einem ersten Schritt die Zulassungsverfahren deutlich beschleunigt und die Zulassungen durch Stellen anderer Staaten anerkannt werden. Zudem sollte den bedenklichen Anreizen der Zulassungsbehörden durch freiwillige staatliche Prüfungen begegnet werden. Kosten könnten so reduziert und die Gesundheit vieler Menschen verbessert werden.

Zuerst erschienen bei IREF.

Photo: Jingda Chen from Unsplash (CC 0)

Es geschehen noch Zeichen und Wunder – selbst in Brüssel. Letzte Woche hat das Parlament der Europäischen Union mit 318 zu 278 Stimmen gegen die Reform des Urheberrechts gestimmt und sich damit gegen das Votum des eigenen Rechtsausschusses gestellt. Dieser hatte zuvor knapp für die Reform gestimmt. Bereits in Deutschland ist das so genannte Leistungsschutzrecht gescheitert. Es sollte Zeitungsverlagen für Textschnipsel, die beispielsweise über Google verbreitet wurden, eine Vergütung sichern. Jetzt hat man diese Frage auf die EU-Ebene gehoben. Die Befürworter der EU-Reform, wie der Initiator des Vorschlags Axel Voss (CDU), möchten mithilfe der Reform die Verhandlungsposition von Zeitungsverlagen gegenüber Internet-Konzernen verbessern. Doch ist das die Aufgabe des Staates? Muss der Staat einen schrumpfenden Zeitungsmarkt durch eine solche Gesetzgebung subventionieren? Wohl kaum. Handlungsbedarf gibt es hier nicht. Im Gegenteil, Portale, auch diejenigen der Zeitungsverlage, profitieren nicht unerheblich von der Suchfunktion durch Google. Sie müssen sich selbst weiterentwickeln und auf den Wandel reagieren, sonst verschwinden sie vom Markt.

Auch die geplanten Upload-Filter gehören zu diesem Angriff auf das Internet. Denn die vorgeschlagene Reform des Urheberrechts zieht notwendigerweise einen „Upload-Filter“ nach sich, der hochgeladene Daten vor der Freigabe auf Rechtmäßigkeit prüfen soll. Aufgrund der unklaren Rechtslage werden die Betreiber der Websites immer den strengsten „Upload-Filter“ verwenden, um Klagen vorzubeugen. Dadurch werden jedoch auch im großen Umfang legale Inhalte aus dem Verkehr gezogen.

Das Urheberrecht unterliegt in Zeiten des Internets einem Wandel, der viele Wirtschaftsbereiche verändert und der nicht in Deutschland oder in der EU aufgehalten werden kann. Das EU-Parlament hat die Frage erstmal auf September verschoben. Das ist eine gute Nachricht aus Brüssel.

 

Erstmals veröffentlicht bei Tichys Einblick.

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Student der Volkswirtschaftslehre, ehemaliger Praktikant bei Prometheus. 

Freier Handel über Grenzen hinweg erhöht den Wettbewerb, senkt die Preise und steigert die Vielfalt an Produkten. Für die Verbraucher ist das mehr als nützlich. Trotzdem halten viele Regierungen an Handelshemmnissen fest oder errichten sogar neue. Wenn die einseitige Deregulierung nicht möglich ist, sind Freihandelsabkommen die zweitbeste Alternative.

Niedrigere Preise, höhere Qualität und mehr Auswahl. Dies ist nicht der Slogan eines schwedischen Möbelhauses, sondern die positiven Auswirkungen von freiem Handel auf Konsumenten. Konsumenten profitieren von der Abschaffung von Handelsbarrieren zwischen Ländern, da der Wettbewerb durch Unternehmen aus dem Ausland nicht nur für eine größere Produktvielfalt, sondern auch für niedrigere Preise sorgt. Es ist kein Zufall, dass gerade Länder, die besonders am internationalen Handel teilhaben, auch relativ wohlhabend sind.

Konsumenten profitieren auch vom einseitigen Abbau von Handelsbarrieren. Dennoch beobachten wir Zölle, Quoten und Regulierungen, die die freiwillige Kooperation von Menschen über Landesgrenzen hinweg einschränken. Von diesen Handelsbarrieren profitieren auf Kosten der Konsumenten vor allem Eigner und Angestellte ausgewählter Unternehmen. Sie setzen sich gegen den einseitigen Abbau von Handelsbarrieren ein. Freihandelsabkommen können ein „zweitbestes“ Ergebnis herbeiführen, wenn das „erstbeste“ Ergebnis des unilateralen Barrienabbaus aufgrund des Einflusses von Interessengruppen außer Reichweite ist.

Protektionismus schadet

Zu Handel kommt es, wenn mindestens zwei Beteiligte sich vom Tausch von Gütern oder Dienstleistungen gegen Geld einen Vorteil versprechen. Dass Handel stets für alle Handelspartner wünschenswert ist, erschließt sich den meisten Menschen intuitiv. Würde eine Person einen Nachteil erwarten, würde sie sich schlicht nicht an dem Handel beteiligen. So ist es nicht überraschend, dass sich niemand für Handelsbarrieren zwischen zwei Stadtteilen innerhalb einer Stadt, zwischen zwei Städten innerhalb eines Bundeslandes oder zwischen zwei Bundesländern ausspricht. Selbst für Handelsbarrieren zwischen Staaten innerhalb der EU setzen sich glücklicherweise nur noch wenige ein.

Umso verwunderlicher ist es, dass sich barrierefreier Handel über Landes- und EU-Grenzen hinaus nicht der gleichen Beliebtheit erfreut. Auch hier sind an Transaktionen auf beiden Seiten Personen beteiligt, die beide einen Vorteil aus dem Handel erwarten.

Einseitiger Abbau von Handelsbarrieren nichts Neues

Nicht nur der Abbau von Zöllen und anderen Handelsbarrieren auf Seiten beider Handelspartner, wie die meisten Freihandelsabkommen es vorsehen, ist vorteilhaft, sondern auch der einseitige Abbau von Handelsbarrieren. So können ausländische Unternehmen ohne Zollverpflichtung den inländischen Konsumenten attraktivere Angebote als zuvor unterbreiten. Inländische Firmen können Güter, die sie zur Weiterverarbeitung benötigen, günstiger einkaufen und ihre Waren und Dienstleistungen günstiger an In- wie Ausländer verkaufen. Der Verzicht auf den einseitigen Abbau von Handelsbarrieren als „Vergeltung“ für die Handelsbarrieren eines anderen Landes schadet somit vor allem den inländischen Konsumenten.

Der wahrscheinlich bekannteste Fall von einseitigem Abbau von Handelshemmnissen stammt aus dem 19. Jahrhundert in England. Richard Cobden und seine Mitstreiter in der „Anti-Corn Law League“ brachten 1846 die hohen Zölle und Einfuhrbeschränkungen auf Lebensmittel zu Fall. Eine erhebliche Verbesserung der Lage für die einfache Bevölkerung in den darauffolgenden Jahren war die Folge.

Ein aktuelles Beispiel sind die sogenannten „Preferential Trade Arrangements“. Diese nutzen insbesondere Industrieländer, um einseitig Zölle für Entwicklungsländer auf bestimmte Produkte zu reduzieren. Die Zahl der gemeldeten einseitigen Zoll-Reduzierungs-Programme hat sich von einem im Jahr 1970 auf 31 im Jahr 2016 erhöht. Allein vom Programm der Europäischen Union profitieren sowohl Menschen in 80 relativ armen Ländern als auch Konsumenten in der EU von der Zollfreiheit ausgewählter Güter aus diesen Ländern. Allerdings sind nur etwas mehr als 25% der Güter aus diesen Ländern von Zöllen befreit. Bei Landwirtschaftlichen Produkten sind sogar nur ca. 19% der Güter zollbefreit.

Die Corn Laws und die Preferential Trade Arrangements zeigen, dass die Idee des einseitigen Abbaus von Handelsbarrieren nicht so ungewöhnlich ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

Lobbyinteressen gegen unilateralen Barrierenabbau

Warum ist der einseitige Abbau von Handelsbarrieren nicht die Regel? Offene Märkte sind nicht per se im Interesse von Unternehmen. Während sie sich den Marktzugang im Ausland wünschen, scheuen sie zusätzlichen Wettbewerb im Inland. Unternehmen wünschen sich stets größere Märkte für ihre eigenen Produkte und möglichst wenig lästige Wettbewerber. Um zu verhindern, dass sie sich im Inland zusätzlichen Wettbewerbern ausgesetzt sehen, ohne leichteren Marktzugang im Ausland zu erhalten, haben Unternehmen und ihre Stakeholder ein Interesse, sich gegen den einseitigen Abbau von Handelsbarrieren einzusetzen.

Freihandelsabkommen: Zweitbeste Lösungen

Freihandelsabkommen können ein Ausweg aus dieser Situation sein. Inländische Unternehmen lassen zusätzlichen Wettbewerb im Inland durch ausländische Unternehmen zu und erhalten dafür im Gegenzug leichteren Marktzutritt im Ausland.

„Erstbest“ wäre es, wenn Regierungen sich auf die Lobbybemühungen von Unternehmen erst gar nicht einließen, die Unternehmen somit keinen Anreiz für Lobbying hätten und die Regierungen einseitig Handelsbeschränkungen aufheben würden. Obwohl wünschenswert, leben wir nicht in einer Welt, in der politische und unternehmerische Interessen gänzlich voneinander getrennt sind.

Freihandelsabkommen können auch in anderer Hinsicht „zweitbeste“ Lösungen sein. So können Freihandelsabkommen als Instrument dienen, mit dem sich Politiker besser an die Reduzierung von Handelsbarrieren binden können. Wurde ein Abkommen einmal geschlossen, sind die Kosten der Wiedereinführung von Zöllen für die Politiker höher als in Abwesenheit eines Abkommen. Daher ist es weniger wahrscheinlich, dass einmal abgebaute Handelsbarrieren wiedereingeführt werden.

Freierer Handel

Zwar gibt es keine Garantie, dass Vertreter von Interessengruppen auf die Ausgestaltung von Freihandelsabkommen so sehr Einfluss nehmen, dass sie die Situation für Konsumenten verschlechtern, statt sie zu verbessern. Dennoch können Freihandelsabkommen grundsätzlich ein Instrument sein, um mit dem Lobbydruck von Unternehmen umzugehen und freieren Handel verbindlich umzusetzen. Freihandelsabkommen führen leider nie zu Freihandel, aber häufig zu freierem Handel.

Zuerst erschienen bei IREF.

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Von Ryan Khurana.

Künstliche Intelligenz und Automatisierung gelten als für viele Menschen als große Arbeitsplatzbedrohung. Doch die Geschichte macht Mut: Automatisierung führte oft dazu, dass die Menschen sich auf ihren komparativen Vorteil fokussieren konnten und unproduktive Arbeiten von der Technik erledigt wurden. Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, zu einem großen Produktivitätstreiber zu werden, wenn sie nicht durch starre Regulierung auf den Arbeitsmärkten ausgebremst wird.

Viele Menschen treibt die Sorge um, dass zukünftig immer mehr Arbeitsplätze von Künstlicher Intelligenz getriebenen Automatisierung zum Opfer fallen und die Arbeitslosigkeit zunehmen wird. Wenngleich diese Sorgen unbegründet sind, könnten sie schädliche politische Maßnahmen in Gang setzen und so die segensreiche Automatisierung behindern – erste Ansätze einer solchen Überregulierung zeichnen sich bereits im Rahmen des momentan diskutierten EU-Regelwerks für Robotik ab. Bereits John Maynard Keynes prägte die Vorstellung, dass technologischer Fortschritt Arbeitslosigkeit hervorrufen könne. Doch Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne drohen nur, wenn die Politik den Wandel behindert. Auf Arbeitsmärkten mit flexiblen Löhnen und Arbeitsbedingungen können Arbeitnehmer weiterhin von KI-getriebener Automatisierung profitieren.

KI-Technologien versprechen Produktivitätsschub

Die Sorge um technologisch bedingte Arbeitslosigkeit entspringt einer engen Sichtweise auf menschliche Fähigkeiten und wirtschaftlichen Bedürfnisse. In produktivitätssteigernden Technologien wie Künstlichen Intelligenzen liegen enorme Chancen, die dazu beitragen können, die derzeitige Wachstumsflaute zu überwinden.

Eine Studie des McKinsey Global Institute kommt zu dem Schluss, dass von Künstlicher Intelligenz getriebene Automatisierung die aufgrund zunehmender Alterung und sinkender Geburtenraten drohenden Produktivitätsverluste in westlichen Gesellschaften abfedern können. Werden Technologien basierend auf Künstlicher Intelligenz früh (d.h. bereits ab 2025) in nennenswerter Weise ausgebaut, könnten sie den Studienergebnissen zufolge das weltweite BIP-Wachstum um jährlich 1,4 Prozentpunkte stärken. Im Wettbewerb agierende Unternehmen sähen sich veranlasst, die Produktivitätsgewinne in Form von Qualitätssteigerungen und niedrigeren Preisen an die Konsumenten weiterzugeben. Die Reallöhne würden also steigen.

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Arbeitnehmer für wertvollere Tätigkeiten frei

Ein weiteres Ergebnis der McKinsey-Studie ist, dass ca. 30 % aller Tätigkeiten in etwa 60 % aller Berufsfelder automatisierbar sind. Dieser vielzitierte Befund lässt bei Skeptikern der Künstlichen Intelligenz die Alarmglocken läuten. Die Konsequenzen sind allerdings unklar. Ein typischer Arbeitnehmer verbringt den größten Teil seiner Arbeitszeit eben nicht mit jenen Tätigkeiten, mit denen er am meisten zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Werden im Zuge der Automatisierung einige Tätigkeiten durch Künstliche Intelligenzen automatisiert, so können sich Arbeitnehmer stärker auf jene Tätigkeiten konzentrieren, durch die sie am meisten beitragen können. Menschliche Arbeit wird durch den technologischen Fortschritt also nicht ersetzt, sondern ergänzt.

Ein anschauliches Beispiel liefert der Effekt von Geldautomaten auf das Bankkundengeschäft: Obwohl Geldautomaten dafür gesorgt haben, dass kaum noch Personal zum Zählen und Aushändigen von Bargeld in Banken beschäftigt werden muss, ist die Nachfrage nach Bankkaufmännern und -frauen nicht gesunken. Vielmehr konzentrieren sich letztere nun stärker auf Tätigkeiten, in denen sie einen komparativen Vorteil haben, etwa den Kundenservice und die Kundenakquise. Gleichzeitig senken Geldautomaten die Miet- und Investitionskosten der Banken, sodass diese mehr Filialen unterhalten können.

Bisherige Studien übertreiben Auswirkungen

Eine OECD-Studie über die Auswirkungen der Automatisierung betont, dass Arbeitsplätze hochgradig heterogen sind, etwa hinsichtlich der Länder und Märkte, in denen sie ausgeübt werden, sowie hinsichtlich des Qualifizierungsniveaus, das sie beanspruchen. Viele ältere Studien ignorieren diese Heterogenität. Wird sie in den Schätzungen berücksichtigt, fällt der Anteil der Jobs mit hohem Automatisierungsrisiko merklich. Das höchste Automatisierungsrisiko besteht demnach in Deutschland und Österreich, wo 12 % der Arbeitsplätze automatisiert werden könnten, vornehmlich im produzierenden Gewerbe. Aber auch das ist kein Grund zur Sorge.

Pflegerische Tätigkeiten schwer automatisierbar

Seit Beginn der Finanzkrise leidet die Weltwirtschaft unter schwachem Produktivitätswachstum, das die Reallohnentwicklung hemmt. Angesichts der voranschreitenden Alterung der Bevölkerung in den meisten OECD-Staaten birgt die Produktivitätsflaute langfristig die Gefahr deutlicher Wohlstandseinbußen. Mit steigendem Durchschnittsalter einer Gesellschaft wächst die Nachfrage nach medizinischen und pflegerischen Dienstleistungen. Für das Vereinigte Königreich gehen Schätzungen beispielsweise davon aus, dass im Jahr 2037 750.000 Arbeitskräfte in diesen Sektoren fehlen werden.

Die Anwendung neuer Technologien auf Basis Künstlicher Intelligenz steigert nicht nur die Produktivität in Branchen mit hohem Automatisierungspotenzial. Zusätzlich wirkt sie auch produktivitätssteigernd in anderen Branchen, in denen menschliche Arbeitskräfte weiterhin wichtig bleiben werden. Wenn etwa der Transportsektor weiter automatisiert und somit effizienter wird, werden zusätzliche Ressourcen für andere Branchen mit geringerem Automatisierungspotenzial frei. So ist die Nachfrage nach Tätigkeiten, die ein hohes Maß an sozialer Kompetenz erfordern, seit 1980 stark gestiegen. Von Künstlicher Intelligenz getriebene Automatisierung wird diesen Trend vermutlich weiter befördern.

Arbeitsmarktregulierung behindert Anpassung

Damit neue Technologien ihre produktivitätssteigernde Wirkung auf dem Arbeitsmarkt realisieren können, müssen die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Auf Arbeitsmärkten – besonders für medizinische und pflegerische Dienstleistungen – sollten Regulierungen dem Beschäftigungszuwachs nicht maßgeblich im Wege stehen. Das Risiko wachsender Arbeitslosigkeit besteht nur dann, wenn die Löhne und Arbeitsbedingungen in den betreffenden Märkten starr reguliert sind und ein Mangel an Ausbildungsmöglichkeiten besteht. Letzteres ist ein entscheidender Faktor, denn die Vorstellung ist weit verbreitet, dass Menschen lediglich jene Tätigkeiten ausüben könnten, für die sie ursprünglich ausgebildet wurden. In einer dynamischen Marktwirtschaft verschwinden zwar permanent Arbeitsplätze, doch es kommt noch schneller zur Entstehung neuer Arbeitsplätze.

Allzu strikte Arbeitsmarktregulierung birgt die Gefahr, die Entstehung neuer Arbeitsmöglichkeiten im Keim zu ersticken und so Arbeitslosigkeit und ein sinkendes Lohnniveau zu befördern. Arbeitnehmer und Unternehmen sollten die Gelegenheit haben, mit Vertrags- und Beschäftigungsbedingungen zu experimentieren, die neue Möglichkeiten zur Aus- und Umbildung enthalten.

Künstliche Intelligenz und flexible Automatisierung

Insbesondere der Markt für medizinische und pflegerische Dienstleistungen sowie andere Sektoren, in denen die Nachfrage nach menschlichen Arbeitskräften zukünftig steigen wird, könnten von Deregulierung profitieren. In diesen Märkten werden Löhne und Arbeitsbedingungen heute in hohem Maße staatlich beeinflusst. Bei steigender Nachfrage würden die Marktlöhne für Arbeiter im Gesundheitssektor steigen und Anreize geben, umzuschulen und in die boomenden Sektoren zu wechseln. Unflexible Löhne führen zu künstlich erzeugtem Nachfrageüberschuss auf Arbeitsmärkten.

Nicht die durch Künstliche Intelligenz getriebene Automatisierung mit ihrer produktivitätssteigernden Wirkung bedroht Arbeitsplätze und Löhne, sondern schlechte Politik und rigide Arbeitsmärkte.

Zuerst erschienen bei IREF (deutsch/englisch)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Benjamin Buchwald, Research Fellow bei IREF, Student von Public Economics an der Leuphana Universität Lüneburg.

Der Economic Freedom of the World Index misst die wirtschaftliche Freiheit rund um den Globus. Im deutschsprachigen Raum fällt auf, dass sich alle drei Staaten auf hohem Niveau bewegen. Und doch gibt es signifikante Unterschiede. Vor allem bei Staatsgröße und Regulierung lässt die Schweiz Deutschland und Österreich deutlich hinter sich.

Unter den drei Ländern der DACH-Region ist die Schweiz das mit Abstand reichste. Bereinigt um Preisunterschiede ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in der Schweiz über 25 % höher als in Deutschland und Österreich. Schweizer sind nicht nur reicher, sie sind auch wirtschaftlich freier. Die wirtschaftliche Freiheit gemessen im Rahmen des Economic Freedom of the World Index nahm über die vergangenen 45 Jahre zwar in allen DACH-Ländern zu, war aber in der Schweiz stets am meisten ausgeprägt. Stärker als ihre Nachbarn profitieren die Schweizer davon, innerhalb eines verlässlichen Rechtsrahmens frei zu entscheiden, was sie produzieren und konsumieren, mit wem sie tauschen und welche Verträge sie abschließen. Insbesondere hinsichtlich zurückhaltender Staats- und Regulierungstätigkeit dient die Schweiz als Vorbild für ihre deutschsprachigen Nachbarstaaten.

Economic Freedom of the World

Wirtschaftliche Freiheit bezeichnet die Fähigkeit der Mitglieder einer Gesellschaft, ökonomischen Handlungen nachzugehen und Waren sowie Dienstleistungen ohne äußere Zwänge zu produzieren, zu handeln und zu verbrauchen. Wirtschaftliche Freiheit liegt vor, wenn wirtschaftliche Aktivität vornehmlich koordiniert wird durch individuelle Entscheidungen und freiwillige Transaktionen auf offenen Märkten auf der Grundlage klar definierter und verlässlich durchgesetzter Eigentumsrechte.

Am häufigsten wird in wissenschaftlichen Arbeiten der Economic Freedom of the World Index als Maßstab für wirtschaftliche Freiheit verwandt. Er basiert auf einer jährlichen Umfrage, die weltweit durch mehr als 70 Think Tanks durchgeführt und vom kanadischen Fraser Institute federführend veröffentlicht wird.

Ranking und Komponenten wirtschaftlicher Freiheit

Der Economic Freedom of the World Index bewertet, wie nah Institutionen und politische Maßnahmen eines Landes dem Ideal eines Staates kommen, der sich auf die Bereitstellung einiger weniger öffentlicher Güter beschränkt, Eigentumsrechte sichert und so wirtschaftliche Freiheit garantiert.

Auf Grundlage der gesammelten Daten werden die bewerteten Länder gerankt. Hohe Punktzahlen signalisieren einen hohen Grad an wirtschaftlicher Freiheit. Im jüngsten Untersuchungsjahr 2014 belegte Hongkong mit einer Punktzahl von 9,03 vor Singapur, Neuseeland und der Schweiz den ersten Platz. Schlusslicht war Venezuela mit 3,29 – direkt vor dem südamerikanischen Land lagen Libyen, die Republik Kongo und Argentinien.

Die Punktzahl eines Landes errechnet sich aus fünf Subkategorien: [1] Size of Government, [2] Legal System and Security of Property Rights, [3] Sound Money, [4] Freedom to Trade Internationally und [5] Regulation. Insgesamt berücksichtigt der Index 42 verschiedene Variablen, die helfen, den Grad der wirtschaftlichen Freiheit eines Untersuchungslandes einzuschätzen.

Deutschland, Österreich und die Schweiz: Wirtschaftlich freier als 1970

Für Deutschland, Österreich und die Schweiz (DACH-Region) sind Daten bis 1970 verfügbar. Sie offenbaren langfristig eine positive Entwicklung: In allen drei Ländern wurde für 2014 ein höherer Grad an wirtschaftlicher Freiheit gemessen als vor 45 Jahren.

 

Zwei Befunde fallen ins Auge: Erstens, die höchsten Punktzahlen wurden in den DACH-Ländern zu Beginn der 2000er Jahre erreicht. Für die nachfolgenden Jahre sank der Grad der gemessenen wirtschaftlichen Freiheit in allen drei Ländern. Dieser Trend scheint sich jedoch in jüngerer Vergangenheit wieder umzukehren. Seit 2010 sind leicht steigende Punktzahlen zu verzeichnen. Zweitens, seit Beginn der Datenerhebung ist die Punktzahl der Schweiz immer am höchsten. Während der Abstand zu Österreich über die Zeit sank, blieb der Abstand zu Deutschland seit 1975 stabil. Österreich konnte seine relative Position folglich deutlich verbessern. Deutschland fiel innerhalb des Trios relativ zurück.

Rechtsstaatlichkeit und Schutz von Eigentumsrechten: Entwicklung ähnlich, aber bedenklich

Eine Analyse der fünf Unterkategorien des Economic Freedom of the World Index legt die Treiber der Gesamtentwicklungen offen. In der Subkategorie Legal System and Security of Property Rights ähneln sich die DACH-Länder. Hierin fallen Aspekte wie unparteiische Gerichte, Schutz von Eigentumsrechten, Integrität der Rechtsordnung, rechtliche Vollstreckung von Verträgen und die Zuverlässigkeit der Polizei. Die Kategoriepunktzahlen lagen seit den 1980er Jahren auf hohem Niveau nahe beieinander.

 

Allerdings ist in den letzten Jahren ein Rückgang zu beobachten. In Österreich wird etwa die Unabhängigkeit der Gerichte schlechter bewertet als in der Vergangenheit. Deutschland weist die niedrigsten Punktzahlen beim Schutz von Eigentumsrechten auf. Das größte Land der DACH-Region fällt in der Subkategorie Legal System and Security of Property Rights hinter seine Nachbarländer zurück, weil insbesondere die Kosten für Unternehmen aufgrund von Kriminalität steigen und die Zuverlässigkeit der Polizei schwächer eingeschätzt wird als noch vor einigen Jahren.

Geldpolitik

Stabil hohe Werte – auch im internationalen Vergleich – weisen die DACH-Länder in der Subkategorie Sound Money auf. Bewertet werden die Geldwertstabilität sowie die Freiheit, Fremdwährungskonten zu führen.

 

Unbeachtet bleiben bei dieser Betrachtung mit Fokus auf die Inflationsrate jedoch die Risiken der unkonventionellen Maßnahmen der EZB und der Schweizerischen Notenbank der vergangenen Jahre. Der Schweizer Franken mit Ruf als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten scheint dem Kriterium Sound Money unter diesen Voraussetzungen stärker zu entsprechen als der Euro.

Weniger freier Handel

Einen entscheidenden Einfluss auf das Sinken der Gesamtpunktzahlen zu Beginn der 2000er Jahre hat der deutliche Abfall der Werte in der Subkategorie Freedom to Trade Internationally. Anhand der Komponenten Zölle, Regulierungsbarrieren, Schwarzmarkt-Wechselkurse sowie Kontrolle der Bewegung von Kapital und Menschen wird eingeschätzt, wie leicht Handel zwischen Menschen im Untersuchungsland und Handelspartnern in anderen Staaten möglich ist.

 

Heute stehen dem internationalen Handel in den Ländern der DACH-Region deutlich gravierendere Barrieren entgegen als noch vor 15 Jahren. Deutsche, Österreicher und Schweizer unterliegen beim Waren- und Dienstleistungsaustausch mit ausländischen Partnern heute mehr eingrenzender Bestimmungen. Diese Entwicklung ist insbesondere auf den Ausbau nichttarifärer Handelshemmnisse und stärkere Kapitalkontrollen zurückzuführen.

Staats- und Regulierungstätigkeit: Vorbild Schweiz

Große Unterschiede zwischen der Schweiz und ihren beiden Nachbarländern gibt es in den Subkategorien Size of Government und Regulation. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Der höhere Grad an gemessener wirtschaftlicher Freiheit in der Schweiz lässt sich vor allem mit dem deutlich besseren Abschneiden des Landes in diesen beiden Kategorien erklären.

Size of Government analysiert, inwieweit Staaten auf politische Prozesse setzen, um die Allokation von Ressourcen, Gütern und Dienstleistungen zu beeinflussen. Nimmt die Staatstätigkeit im Verhältnis zu den Ausgaben von Individuen, Haushalten und Unternehmen zu, nimmt der Staat stärkeren Einfluss auf die Ressourcenallokation und die wirtschaftliche Freiheit wird reduziert.

 

Obwohl die Entwicklungen in Deutschland und Österreich seit den 1990er Jahren in diesem Bereich zu begrüßen sind, hinken die beiden Länder gegenüber der Schweiz weiter deutlich hinterher. Die Abstände sind nur unwesentlich geringer geworden. Deutsche und österreichische Regierungen setzen in höherem Maße auf staatlichen Konsum, Transfers und Subventionen. Außerdem ist der höchstmögliche Grenzsteuersatz auf Einkommen höher als in der Schweiz, mit der Ausnahme zweier französischsprachiger Kantone.

Auch in der Subkategorie Regulation schneidet die Schweiz deutlich besser ab. Regulierungen werden auf dem Kredit- und dem Arbeitsmarkt sowie hinsichtlich der Einschränkungen für Unternehmen untersucht.

 

In allen drei Bereichen wird die Schweiz freier bewertet als Deutschland und Österreich. Über die Zeit hinweg hat sich dies nicht geändert. Am größten fällt der Abstand im Bereich der Arbeitsmarktregulierungen aus, insbesondere weil Abschlüsse und Kündigungen von Arbeitsverträgen in der Schweiz weniger reglementiert sind.

Wirtschaftliche Freiheit fördern

Die erneut leicht steigenden Gesamtpunktzahlen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz stimmen verhalten optimistisch. Dennoch wäre ein nachdrücklicherer Einsatz für mehr wirtschaftliche Freiheit im DACH-Raum wünschenswert – speziell in Deutschland und Österreich. Die Schweiz sollte insbesondere hinsichtlich einer zurückhaltender Staats- und Regulierungstätigkeit als Vorbild genommen werden.

Wirtschaftliche Freiheit geht mit positiv zu bewertenden gesellschaftlichen Entwicklungen einher: weniger Armut, höhere Pro-Kopf-Einkommen, höhere Lebenserwartungen sowie mehr politische und bürgerliche Freiheiten. Ein Mehr an Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Eigentumsrechten und Freihandel sowie weniger Regulierungen, die oft regressive Wirkungen mit sich bringen, wären wünschenswert.

Zuerst erschienen bei IREF.