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Photo: David van der Mark from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Fasten ist beliebt. Für die einen hat es religiöse Gründe, daher kommt das Fasten in unterschiedlicher Form in allen Weltreligionen vor. Christen, Juden und Muslime tun es. Für die anderen hat es nichts mit Religion zu tun, sondern ist die Verklausulierung einer Diät. Etwas weniger Wein und Kohlehydrate und schon sind nach sechs Wochen die Kilos weg. Eine neue Kategorie des Fastens haben jetzt SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks und die Grünen vorgeschlagen: Auto-Fasten.

Hendricks Umweltbundesamt sekundiert, zwischen Aschermittwoch und Ostern sollten Autofahrer ihren Wagen möglichst die vollen 40 Tage lang stehen lassen und stattdessen auf andere Verkehrsmittel umsteigen. Der Vorstoß der Paternalisten und Maternalisten passt zum beliebten Bashing gegen den Individualverkehr. Jüngst haben die Grünen vorgeschlagen, ab 2030 Diesel- und Benzinmotoren generell zu verbieten. Parteichefin Simone Peters meinte dazu, der Verbrennungsmotor sei ein Auslaufmodell. Fritz Kuhn, grüner Oberbürgermeister in der Autohauptstadt Stuttgart, will bereits jetzt Dieselfahrzeuge aus der Innenstadt verdrängen. Schöne Grüße an die Daimler-Arbeiter in Stuttgart-Degerloch.

Es braucht keinen Donald Trump, der durch Abschottung und Zölle den Welthandel vor die Wand fährt. Es reichen schon eine deutsche Umweltministerin und grüne Gesellschaftsklempner, um die heimische Autoindustrie und ihre Millionen Arbeitsplätze infrage zu stellen. Das ist beileibe nicht witzig. Diese Umerziehungversuche sind eine ernste Gefahr für unseren Wohlstand und sogar unsere freiheitliche Wirtschaftsverfassung.

Wer mit dem Ordnungsrecht ganze Industrien vernichten will, greift tief in unsere Gesellschaftsordnung ein. Diese beruht, bei allen Einschränkungen und Restriktionen, auf Vertragsfreiheit und Marktwirtschaft. Jeder Eingriff des Staates muss daher verhältnismäßig sein. Gesetze sollten nicht in den Einzelfall eingreifen, sondern abstrakt, allgemein und für alle gleich sein.

Diese Paternalisten tragen auch zur Entwicklung dessen bei, was sie eigentlich bekämpfen – Ungleichheit. Diese ist durch die Regierung verursacht. Wer kann sich denn ein Elektroauto oder generell ein neues, dann schadstoffärmeres Auto leisten? Sind es die Verkäuferin oder der kleine Angestellte, die gerade über die Runden kommen? Die ihr zehn Jahre altes Auto so lange weiterfahren, bis es nicht mehr geht. Die darauf angewiesen sind, aus der Peripherie, wo sie sich eine günstige Wohnung leisten können, in das Ballungszentrum zu kommen, um dort zu arbeiten? Wohl kaum. Diese Markteingriffe der Regierung und der Grünen tun Wohlhabenden nicht besonders weh. Sie belasten den unteren Teil und die Mitte der Gesellschaft. Wo ist denn der Anspruch dieser Parteien, auch die Schwachen mitzunehmen und die Mitte der Gesellschaft am Wohlstand teilhaben zu lassen? Chancen werden dadurch nicht geschaffen, sondern zerstört.

Wer glaubt, das sei gerecht, hat sich über den Gerechtigkeitsbegriff nie wirklich Gedanken gemacht. Gerechtigkeit erfordert, dass die Bedingungen im Leben der Menschen, die von der Regierung bestimmt werden, für alle gleich sind. Die Konsequenz bedeutet, dass das Ergebnis zwangsläufig ungleich ist, da die Startbedingungen und Entwicklung jedes Einzelnen anders sind. Das gefällt den Sozialisten in allen Parteien nicht. Ihr Bestreben ist es deshalb zeitlebens, den Wohlfahrtsstaat als umfassende Umververteilungsmaschinerie auszubauen. Wenn die Regierung oder andere staatliche Vertreter jedoch Einzelne bevorzugen, sogar diejenigen, die wohlhabender als andere sind, dann führt diese zu einer Ungleichheit die größer ist, als wenn die Regierung nicht eingegriffen hätte. Sie erreichen das Gegenteil dessen, was sie eigentlich apostrophieren.

Vielleicht ist es der Wunsch nach einer besseren Welt, die Hendricks und andere antreibt. Das sei ihnen zugestanden. Doch wer eine bessere Welt in ferner Zukunft dadurch verspricht, dass es erstmal allen schlechter gehen muss, bevor es möglicherweise besser wird, verachtet letztlich den Einzelnen und seine Wünsche und Lebensziele. Es ist ein Konstruktivismus, der nur den großen Staat, die große Regierung und die großen Gesellschaftsziele kennt, aber den Einzelnen ganz klein werden lässt.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

Photo: SPD Saar from Flickr (CC BY-ND 2.0)

Verbraucherschutz als Bollwerk gegen ausbeuterische und profitgierige Konzerne? Es wäre angebracht, die Aufmerksamkeit auch auf politische Akteure zu richten. Denn viele Nachteile für Verbraucher kommen aus Besteuerung und Regulierung und nicht von Marktakteuren.

Gierige Unternehmer? Gieriger Staat!

Ein großer deutscher Energiekonzern verschickte vor kurzem an seine Kunden einen Brief, in dem er Preiserhöhungen ankündigte. Im Brief und der beiliegenden Broschüre wird ohne Schaum vorm Mund, aber mit einer durchaus klaren Sprache herausgearbeitet, dass die Preiserhöhung nicht Ergebnis zunehmender Raffgier des Unternehmens ist. Dem Kunden wird verdeutlicht, dass 24 % des Strompreises Netzentgelte sind, 54 % durch staatliche Steuern, Abgaben und Umlagen entstehen und nur 22 % für Beschaffung und Betrieb anfallen, vom Stromversorger also tatsächlich zu beeinflussen sind. Derlei Informationen sollten dem Verbraucher viel öfter und deutlicher zur Verfügung gestellt werden!

Gesetzgeber und Bürokraten schildern die Macht der Konzerne oft in düsteren Farben. So entblödete sich etwa Verbraucherschutzminister Heiko Maas nicht, in einem Artikel aus dem Jahr 2014 der digitalen Industrie pauschal finstere Motive zu unterstellen: „so schnell wie im Silicon Valley neue Produkte erfunden werden, kann kein Staat der Welt Gesetze verabschieden“. Als ob jedes Produkt erst einmal dringend der Inspektion durch den Staat bedürfte … (Der Minister spricht hier übrigens von den Leuten, die unsere Informationsgesellschaft mit Google, Wikipedia & Co. exponentiell vorangebracht haben, Unterhaltung mit Diensten wie Netflix und Spotify für alle leichter zugänglich gemacht haben und die darüberhinaus auch unendlich viel forschen, um Medizin, Umweltschutz und Bildung zu verbessern.)

Energiewende – bezahlt vom Kindergeld

Natürlich gibt es gefährliche Konzernentscheidungen, verbrecherische Unternehmer und kurzsichtige Manager. Im Zweifel sollte aber doch nicht nur im rechtsstaatlichen, sondern auch im zwischenmenschlichen Umgang die Unschuldsvermutung gelten. Ersteres sollte gerade dem Justizminister bewusst sein, wenn er pauschale Verdächtigungen ausspricht – zumal er selber im vergangenen Jahr zurecht vor einem Pauschalverdacht gegenüber Flüchtlingen gewarnt hatte. Selbstverständlich sind in Unternehmen Menschen tätig, die ähnlichen Versuchungen ausgesetzt sind wie Politiker: den Versuchungen des Machtmissbrauchs. Insofern ist der aufmerksame Verbraucher durchaus gefragt. Aber eben auch der aufmerksame Bürger. Denn auch politische Maßnahmen wirken sich oft zum erheblichen Schaden des Verbrauchers und Bürgers aus.

Knapp 29 Euro im Jahr mehr fallen laut der Rechnung des Stromversorgers aufgrund der erhöhten Abgaben für den typischen Haushalt an. Unabhängig davon, ob Sie Rechtsanwalt oder Reinigungskraft sind. Da sind die zwei Euro Kindergelderhöhung auch gleich wieder futsch. Hier lässt sich sehr anschaulich verdeutlichen, wo das Problem staatlicher Interventionen für den Bürger liegt: Eine gigantische Summe Geld wird Jahr für Jahr aus den linken Taschen der Bürger genommen, um sie Ihnen anschließend mit großzügiger Geste in die rechte Hand zu drücken. Auf dem Umweg über den Staat kann die Politik dann noch bestimmen, wo diese vom Bürger erwirtschafteten Ressourcen besser eingesetzt werden können als wenn sie das Geld behalten hätten: bei der Unterstützung der Energiewende zum Beispiel oder im Kampf gegen den demographischen Wandel.

Der Bürger hat ein Recht zu wissen, wieviel Geld der Staat ihm abnimmt

Die (das zeigen gerade die populistischen Entwicklungen der jüngsten Zeit) brandgefährliche Pauschalschelte von Unternehmen sollten den vielen Menschen in unserem Land zu denken geben, die sich als Eigentümer oder verantwortliche Manager ehrlich und fleißig an der erheblichen Wertschöpfung in unserem Land beteiligen. Es könnte an der Zeit sein, sich gegen eine in Worten und Taten zunehmend übergriffige Politik auch deutlicher zur Wehr zu setzen. Mit fairen Mitteln, versteht sich, und ohne in dieselbe Polemik-Kiste zu greifen. Informationen wie diejenigen des Energiekonzerns sind wichtig – im Sinne des Verbraucherschutzes und der Wähler-Aufklärung. Der Bürger hat ein Recht zu wissen, wieviel Geld der Staat ihm abnimmt – nicht nur einmal im Jahr, wenn er sich durch seine Steuererklärung quält.

Hersteller von Produkten wie Energie, Treibstoff, Bier, Kaffee oder Tabak, die durch Steuern, Abgaben und Regulierungen einen hohen Staatsanteil am Preis zu verzeichnen haben, sollten deutlich auf den Steueranteil am Gesamtpreis hinweisen. In den Vereinigten Staaten werden Preise in der Regel ohne Mehrwertsteuer ausgezeichnet: Auch eine interessante Methode, um dem Bürger vor Augen zu führen, was der Staat nimmt. Nicht nur Unternehmen sollten sich vom Verbraucher stets observiert fühlen. Auch staatliche Akteure sollten sich unter beständiger Beobachtung wissen. An dieser Stelle ein kleiner Gruß an den Kanzlerkandidaten der SPD: Staatlich verursachte Preiserhöhungen wie beim Strom treffen vor allem die Geringverdiener hart. Während der Verbraucher in einer freien Marktwirtschaft in der Regel die Möglichkeit hat, betrügerischen Unternehmen aus dem Weg zu gehen, ist ihm dieser Weg beim Staat verwehrt. Umso mehr muss er sich schützen – vor den Übergriffen und Eingriffen der Politik. Hier ist Transparenz mindestens so wichtig wie bei Marktakteuren.

Photo: Sascha Kohlmann from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Von Dr. N. Christian Hesse, wirtschaftspolitischer Referent und Redenschreiber.

Wie konnte es zu Trump und Brexit kommen, obwohl doch die Meinungseliten nachdrücklich vor den Folgen gewarnt haben? Von den zwei wichtigsten Erklärungssträngen – dem ökonomischen und dem kulturellen – wäre vor allem der politischen Linken die ökonomische Erklärung lieber, da sie dann ihre bekannten Umverteilungsinstrumente ins Spiel bringen könnten.  In Umfragen ist allerdings der kulturelle Erklärungsstrang bedeutender. Weder für Trump-Wähler noch für Brexiteers war die ökonomische Ungleichheit wahlentscheidend. In der Brexit-Kampagne wurde der Widerstandsgeist gegen eine als paternalistisch, regelbrechend und abgehoben dargestellte Brüsseler Elite geweckt. Der Hauptslogan der Brexiteers war „take back control“, nicht „increase taxes and redistribution“. Gegen welche Art von Elite sich die amerikanischen Wähler richteten, zeigt der Kandidat Trump. Er zählt zwar zur ökonomischen, nicht aber zur kulturellen Elite. Auch seine Wähler sind im Durchschnitt keineswegs so ökonomisch unterprivilegiert, wie oft behauptet wird.

Die Politologen Inglehart und Norris haben sich die Motive von Trump-Anhängern und Brexiteers genauer angesehen.[1] Sie erkennen einen kulturellen backlash und ein tiefes Misstrauen gegen das linksliberale Establishment. Sowohl in den USA als auch in Großbritannien gibt es eine verbreitete, große Sorge vor illegaler Migration, vor allem aus wenig entwickelten Ländern. Aus dieser Sorge lässt sich noch keine generelle Fremdenfeindlichkeit und erst recht keine rassistische Einstellung ablesen, wohl aber eine Skepsis an der von vielen Kommentatoren gepriesenen Multi-Kulti-Gesellschaft.

Bei der nach diversen Gleichheitsidealen strebenden Meinungselite in Politik und Medien löst derartige Skepsis befremden aus. Denn die konkreten Probleme bei der praktischen Umsetzung der gut gemeinten Ideale dringen in die Elitenblasen kaum vor. Solche Blasen, in der sich jeder seine politische Meinung und moralische Erhabenheit bestätigen lässt, gab es freilich schon immer. Die heutige Blase der Meinungseliten ist aber nicht nur besonders groß, sondern auch besonders homogen. In der US-Hauptstadt Washington haben ganze 92,8 Prozent der Wähler Hilary Clinton gewählt. Unter US-Hauptstadtjournalisten sind die Präferenzen traditionell noch pro-demokratischer.[2]

Die Parteienpräferenz deutscher Meinungseliten ist zwar auch stark linkslastig, aber immerhin etwas gleichmäßiger verteilt. Für die Meinungspluralität bringt dies dennoch wenig, wenn sich alle im Bundestag vertretenen Parteien – mit einigen Abstrichen bei CSU und Linke – bei den entscheidenden europa-, gesellschafts-, migrations- und energiepolitischen Fragen weitgehend einig sind. Ein politisch korrekter Sprachcode erschwert es zusätzlich, die ohnehin ähnlichen Positionen zu unterscheiden. Es verwundert nicht, wenn in einer solchen Blase die Diskussionskultur leidet, der politische Wettstreit erlahmt und der Kontakt zur Außenwelt mehr und mehr abreißt. Die Kluft zwischen Journalisten und Lesern wächst genauso wie die zwischen Politikern und Wählern. Die resultierende Verdrossenheit beruht dann oft auf Gegenseitigkeit.

Es scheinen also weniger Neid und materielle Sorgen, auch kein (Fremden-)Hass zu sein, der viele Briten und US-Amerikaner bei ihrer Wahlentscheidung leitete. Eher eine Mischung aus Ohnmacht, Ärger und Verunsicherung. Ohnmacht, den Eliten in Washington bzw. Brüssel ausgeliefert zu sein. Ärger, sich für den eigenen Lebensstil und die eigenen Wertvorstellungen von diesen Eliten noch beschimpfen zu lassen. Verunsichert sind viele Menschen, wenn die Globalisierung, die EU-Integration und die internationalen Flüchtlingsströme abseits sanktionsbewährter Regeln über sie hereinbrechen. Vor allem die illegale Zuwanderung bereitet vielen Menschen große Sorgen. Forget the economy. It’s immigration, stupid.

Die Antworten der Meinungseliten, auch in Deutschland, fallen nun unterschiedlich aus. Einige wollen mit staatlichen Transfers die Gemüter beruhigen. In Österreich steckt die Regierung den Rentnern vor der kritischen Präsidentenwahl noch schnell 100 Euro zu. Andere verfolgen hartnäckig einen pädagogischen Ansatz. Die Politik müsse nur noch besser erklärt werden. Wieder andere werden pathetisch, geschichtsvergessen und maßlos. Nicht jede Kritik am Euro ist gleich eine Kriegserklärung, nicht jeder Tweet Trumps das Ende des Westens und nicht jeder rechte Kommunalpolitiker die Reinkarnation Hitlers.

Ordoliberale Ideen drohen im Wettstreit zwischen linken Meinungseliten und rechtem Protest unter die Räder zu kommen, wenn Protektionismus, Umverteilung und Konjunkturprogramme den scheinbar kleinsten gemeinsamen Nenner bilden. Wer weder den Bürgern, noch den selbst gesetzten Regeln, noch dem Markt mehr traut, dem bleiben nur politische Lösungen. Dabei wäre gerade hier mehr Skepsis angebracht.

Ordoliberale haben ein Grundvertrauen in die Bürger, in das Recht und in den Markt. Ihre Prinzipien und Werte können viele Menschen überzeugen, die sich enttäuscht von den Eliten abwenden. Sie müssen nur glaubhaft vertreten werden.

Freihandel

Der marktwirtschaftliche Wettbewerb und freier Handel, auch über Ländergrenzen hinweg, sind ebenso zentrale wie umstrittene Prinzipien der ordoliberalen Konzeption.  Zahlreiche Missverständnisse rund um den Freihandel halten sich hartnäckig. Während sein Beitrag zur weltweiten Armutsbekämpfung und zum friedlichen Miteinander beharrlich unterschätzt wird, wird er für globale Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht, mit denen er oft gar nichts zu tun hat. Ob wachsende Ungleichheit, globale Finanzkrisen oder Klimawandel: Ein Freihandel im ordoliberalen Sinne ist Teil der Lösung, nicht des Problems. So waren für die Finanzkrise 2008 nicht unregulierte, sondern fehlregulierte Märkte ursächlich. Man kann für den Freihandel sein, und die organisierte Verantwortungslosigkeit auf den internationalen Finanzmärkten kritisieren. Ordoliberale tun dies. Es würde schon helfen, den freien Güterhandel gedanklich stärker vom freien Personenverkehr zu trennen. Mehr Freihandel muss nicht mit mehr Migration einhergehen. Ganz im Gegenteil. Die internationale Arbeitsteilung macht Migration oft entbehrlich. Zudem kann Freihandel den Migrationsdruck mindern, indem er die wirtschaftlichen Perspektiven in den Herkunftsländern verbessert.

Doch ganz ohne Zumutungen ist auch der globale Freihandel nicht zu haben. Auf kulturelle Spannungen bietet der Freihandel alleine keine passende Antwort. Denn er beschleunigt den Strukturwandel und verändert damit den Alltag vieler Menschen oft schneller, als es ihnen recht ist. Dabei entwickelt er eine Eigendynamik, die zum Ohnmachtsgefühl der Bürger beiträgt. Doch diese Ohnmacht lässt sich begrenzen, ohne das ordoliberale Freihandelsprinzip aufzugeben. Es kommt darauf an, wie der Freihandel vertreten wird, unter welchen Spielregeln er stattfindet und wie diese Regeln durchgesetzt werden.

Demut

Das entscheidende ordoliberale Bewertungskriterium sind die Regelinteressen der souveränen Bürger. Die einzelnen Gesellschaftsmitglieder sind der Ausgangs- und Zielpunkt, keine Kollektive. Denn jeder Einzelne hat bestimmte Werte, Bedürfnisse, Kenntnisse, Fähigkeiten. Das Wissen einer Gesellschaft ist daher in Millionen Köpfen verteilt und, wie Hayek betonte, in den Traditionen, Sitten und Moralvorstellungen gespeichert. Kein Mensch kann sich in seiner kurzen Lebensspanne mehr Wissen aneignen als ein über Jahrhunderte währender Selektionsprozess. Einen anderen Eindruck zu erwecken, ist anmaßend. Doch die oben beschriebenen Eliten tun oft genau das. Wissensanmaßend sind zum Beispiel Politiker, die glauben, die Technologien der Zukunft zu kennen, Volkswirte, die auf zwei Nachkommastellen genau berechnen, wie viele Arbeitsplätze durch eine Subvention angeblich geschaffen wurden oder wie viel Euro und wie viel Cent der Brexit kostet, und Journalisten, die vom postfaktischen Zeitalter sprechen, ganz so, also hätte es jemals ein faktisches Zeitalter gegeben. Wissensanmaßend sind aber auch Bürger, die hinter jeder Hecke eine groß angelegte Verschwörung vermuten. Unwissen mag ärgerlich sein. Gefährlich aber ist, es sich nicht einzugestehen.

Es sind oft einfache Dinge, an die es zu Erinnern gilt: Politiker sollten nicht so tun, als ob sie ihr eigenes Geld, und nicht das der Steuerzahler, verteilen. Journalisten sollten zwischen Meinung und Nachricht, Wissenschaftler zwischen normativer und positiver Analyse unterscheiden können und diesen Unterschied auch kenntlich machen. Wir alle sollten die Regeln des anständigen Umgangs nicht vergessen, auch wenn wir uns bei Facebook einloggen. Im gleichen Maße, in dem sich Meinungseliten und Wutbürger zurücknehmen, gehen auch Ärger bzw. Überheblichkeit ihnen gegenüber zurück. Gegenseitiges Vertrauen kann wieder wachsen. Denn demütiges Auftreten bedeutet immer auch, dem anderen ein eigenes, souveränes Urteil zuzutrauen.

Subsidiarität

Um nicht nur dem Ärger, sondern auch dem Ohnmachtsgefühl der Menschen zu begegnen, hilft das Subsidiaritätsprinzip. Die Möglichkeiten, den globalen Freihandel lokal steuern zu können, mögen begrenzt sein. Dafür gibt es viele andere Politikfelder, über die die Menschen vor Ort am besten entscheiden können. Die Schweizer zeigen, wie das geht. Hier stimmen die Bürger direkt über viele Sachfragen ab. Wenn die Bürger aber nur alle Schaltjahre an die Urnen dürfen, entlädt sich die aufgebaute Frustration, oft recht unabhängig vom Anlass der Wahl.

In kleineren, dezentralen politischen Einheiten bekommen die Bürger so Kontrolle zurück. Sie können vor Ort die Konsequenzen von lokalen Entscheidungen und Regeln spüren und die handelnden Politiker für diese Konsequenzen haftbar machen. Fehler werden schneller erkannt und können entsprechend schneller korrigiert werden. Ein Wettbewerb um die besten Regeln wird möglich. Damit Entscheidungskompetenz nach unten abgegeben wird, braucht es oben die Einsicht, nicht alles regeln zu können – Demut also – und Vertrauen in die Bürgersouveränität, möglichst vor Ort über gute Regeln des Zusammenlebens entscheiden zu können.

Rechtsstaatlichkeit

Diese Regeln muss im ordoliberalen Ansatz der Staat durchsetzen und sich vor allem selbst an sie halten. Im Großen wie im Kleinen: Völkerrechtswidrige Kriege, gebrochene Verträge (Schengen), Klauseln (No-Bail-Out), Verbote (EZB-Staatsfinanzierung) und Abkommen (Dublin) tragen ebenso zur Erosion des Rechtsstaats bei wie No-Go-Areas, Abschiebeversagen, fehlender Respekt vor Polizisten und Delikte, bei denen erst gar keine Anzeige mehr aufgenommen wird. Das fatale Signal kommt bei den Bürgern an. Bei denen, die schon länger hier leben und bei denen, die es erst seit kurzem tun. Erodierendes Recht trug so zu erschütternden Taten vom Kölner Hauptbahnhof, der Freiburger Dreisam und dem Berliner Breitscheidplatz bei.

Um Regeln durchzusetzen und um, wie Wilhelm Röpke es ausdrückte, das Allgemeine und Dauernde zu bewahren, braucht es starke, unabhängige Institutionen. In einem funktionierenden Rechtsstaat mit einer starken Verfassung können einzelne Interessensgruppen wenig Einfluss nehmen und einzelne Politiker wenig bleibenden Schaden anrichten. Der Rechtsstaat hat seit dem 8. November 2016 deshalb auch bei den US-Demokraten neue Anhänger gefunden. Die Institutionen in den USA werden in den nächsten Jahren Gelegenheit haben, ihre Stärke zu beweisen. Die Institutionen der EU und insbesondere der Eurozone haben diesen Beweis bislang nicht erbracht. Mit jedem Regelbruch verlieren sie weiter an Vertrauen. Es mangelt in der Eurozone an glaubwürdigen Sanktionsmechanismen und letztlich an Exit-Optionen auch für Staaten, die sich an die Regeln dauerhaft nicht halten können oder wollen.

Fassen wir zusammen

Ohnmächtig, verärgert und verunsichert haben viele Menschen Donald Trump gewählt oder für den Brexit gestimmt. Darüber kann man sich echauffieren. Oder man kann mit ordoliberalen Prinzipien antworten. Der Freihandel bietet wirtschaftliche Perspektiven gerade für die Ärmsten. Gegen die Ohnmacht hilft die Rückverlagerung von Kompetenzen auf untere Ebenen. Die Antwort auf den Vertrauensverlust der Meinungseliten ist mehr Demut und eine konsequent rechtstaatliche Politik.

Die Chance ist da, für eine glaubwürdig vertretene ordoliberale Politik als Gegenentwurf zur linksliberalen Meinungselite und als Gegen-Gegenentwurf zum rechtsnationalen Protest Mehrheiten zu gewinnen. Das zeigt sich selbst im sozialistisch geprägten Frankreich und am Kandidaten Fillon. Dieser hatte es mit einer wirtschaftsliberalen und wertkonservativen Agenda zum aussichtsreichen Kandidaten gebracht. Sein Beispiel zeigt aber auch, wie schnell die Glaubwürdigkeit wieder weg ist, wenn man die eigenen Prinzipien nicht auch vorlebt. In Großbritannien und den USA sieht der Economist[3] die Regierungschefs vor dem Dilemma, nicht gleichzeitig populistische und marktwirtschaftliche Konservative sein zu können, wenn sie nicht entweder die Wähler oder die Märkte enttäuschen wollen. Die hier beschriebenen Prinzipien weisen einen Ausweg, den zumindest Theresa May vielleicht auch nutzen wird. Währenddessen vertiefen sich innerhalb der EU die Gräben weiter. Um diesen Prozess zu stoppen, sollten wir uns allen voran in Deutschland, dem Land Ludwig Erhards, wieder auf ordnungspolitische Prinzipien und damit auf die Erfolgsfaktoren der Sozialen Marktwirtschaft besinnen.


[1] Vgl. Inglehart, R. und P. Norris (2016): Trump, Brexit, and the Rise of Populism: Economic Have-Nots and Cultural Backlash.

[2] Vgl. Tim Groseclose (2011): „Left turn: How Liberal Media Bias Distorts the American Mind.“

[3] http://www.economist.com/blogs/buttonwood/2017/01/fatal-contradictions?fsrc=scn/fb/te/bl/ed/

Erstmals erschienen auf The European.

Photo: Wikimedia Commons (CC 0)

Was hat die Werbung für Tabak und die Werbung für eine politische Partei gemeinsam? Beides kann Nebenwirkungen haben. Rauchen schadet der Gesundheit, und die Wahl einer falschen Partei kann die Lebensumstände des Einzelnen negativ beeinflussen. Eine Partei, die die Steuern auf den Grunderwerb erhöht, trägt dazu bei, dass sich viele Bürger kein Eigenheim mehr leisten können. Eine Partei, die eine schlechte Bildungspolitik macht, trägt dazu bei, dass Kinder in der Schule versauern und ihre Talente nicht ausleben können. Und eine Partei, die die Unternehmen mit Bürokratie quält, trägt dazu bei, dass mittelbar keine neuen Arbeitsplätze entstehen.

Dennoch käme keiner auf die Idee, die politische Werbung zu verbieten. Unsere Demokratie nimmt in Kauf, dass ein Wahlergebnis für den Einzelnen auch Nachteile haben kann. Die Mehrheit entscheidet letztlich über die Minderheit. Die Nachteile für die Minderheit werden akzeptiert, da die Erfahrungen mit der Demokratie gezeigt haben, dass damit am ehesten ein unblutiger Machtübergang von einer Regierung zur andern möglich ist.

Die Nebenwirkungen des Tabakkonsums veranlassen jetzt jedoch die Regierung, das Verbot der Zigarettenwerbung zu fordern. Zumindest die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler hat das vorgeschlagen: „Wie schwer man wieder davon loskommt, dürfte jeder, der, so wie ich, einmal geraucht hat, sehr genau wissen,“ ließ sich die Regierungsbeauftragte in der FAZ zitieren.

In einer Marktwirtschaft entscheiden letztlich die Konsumenten über den Kauf eines Produktes. Die Produzenten versuchen, unter anderem durch Werbung auf ihre Produkte aufmerksam zu machen. So lange der Verkauf eines Produktes legal ist, es also nicht gestohlen oder unter falschen Angaben verkauft wird, sollte keine Regierung in die individuellen Kaufentscheidungen des Einzelnen eingreifen dürfen. In einer Marktwirtschaft herrscht Konsumentensouveränität.

Im Obrigkeitsstaat hingegen herrscht Unmündigkeit. Die Regierung traut dort dem Einzelnen nicht zu, selbstständig über sein Leben, seine Gesundheit und sein Wohlergehen zu entscheiden. Hier glaubt die Regierung, den Konsumenten lenken und steuern zu müssen. Die Marktwirtschaft sei so unübersichtlich, dass der Konsument den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen würde. Den Durchblick müsse daher der „große Bruder“ von der Regierung für den Einzelnen schaffen. In dieser Denke gibt es kein individuelles Konsumentenverhalten mehr, sondern nur ein kollektives Interesse. Das Rauchen schadet der solidarischen Krankenversicherung. Die Raucherpausen im Betrieb reduzieren das Bruttoinlandsprodukt. Und das Rauchen verpestet die Gaststätten.

Doch die Struktur- und Konstruktionsprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung können nicht durch Konsumentscheidungen einzelner gelöst werden. Der Umgang mit Rauchern im Betrieb sollte die Unternehmensleitung mit den Arbeitnehmern selbst regeln. Und ob ein Gastwirt in seinem Restaurant oder seiner Kneipe Rauchen erlaubt oder nicht, sollte ihm persönlich überlassen bleiben. Der Konsument kann dann entscheiden, ob er dieses Angebot nutzen will oder nicht.

Das Verbot von Tabakwerbung wäre in der Welt des „großen Bruders“ nur der Anfang. Auch der übermäßige Konsum von Bier gefährdet sicherlich die Gesundheit. Der übermäßige Verzehr von Zucker beeinflusst vielleicht die durchschnittliche Lebenserwartung. Auch zu viele Kohlehydrate sollen zu Fettleibigkeit führen. Und das Autofahren gefährdet durch Schadstoffe unsere Umwelt. Wer so denkt, muss Werbung generell in Frage stellen. Er spielt sich dann aber als moralischer Oberlehrer auf, der unser Wirtschaftssystem grundlegend verändern will. Konsumenten sind keine Schafe, sondern müssen Selbstverantwortung übernehmen. Daran sollte eine Regierung ein Interesse haben. Werbeverbote passen nicht dazu.

Photo: Mike Reid from Flickr (CC BY 2.0)

Von David Bier, Analyst beim Center for Global Liberty and Prosperity des Cato Institute in Washington D. C. Der Artikel erschien erstmals in der New York Times am 27. Januar 2017.

Präsident Donald Trump hat vor kurzem angeordnet, für 90 Tage nahezu jegliche Form des Zuzugs aus sieben muslimischen Ländern zu unterbinden, einschließlich Syrien und Irak. Die Anordnung des Präsidenten bietet auch die Möglichkeit, den Einreisestopp auf unbegrenzte Zeit zu verlängern. Diese Anordnung ist illegal. Vor mehr als 50 Jahren wurde vom US-Kongress beschlossen, dass es illegal ist, Immigranten aufgrund ihres Herkunftslandes zu diskriminieren.

Vor dieser Gesetzesänderung gab es in den USA eine lange und beschämende Zeit, in der Menschen aufgrund ihrer Herkunft an der Zuwanderung gehindert wurden. Ende des 19. Jahrhunderts wurden alle Chinesen und nahezu alle Japaner ausgeschlossen. Wenig später sogar alle Asiaten aus der sogenannten „Asiatischen Sperrzone“. 1924 verabschiedete der Kongress dann das „Herkunftsland-System“, mit dem Einwanderung systematisch auf westliche Länder getrimmt wurde, und das die meisten Osteuropäer, sowie nahezu alle Asiaten und Afrikaner ausschloss.

Trump scheint mit seinen Verordnungen eine Neuauflage dieser Sperrzone zu planen. Er hat allerdings ein Problem: Der “Immigration and Nationality Act” von 1965 verbietet jegliche Diskriminierung gegenüber Einwanderern aufgrund ihres Herkunftslandes. Der Beschluss ersetzte das alte, von Vorurteilen geprägte System von 1924 und gab Menschen aus jedem Land die gleiche Chance auf Einwanderung. Als Präsident Lyndon B. Johnson das Gesetz unterschrieb sagte er, damit sei “ die harsche Ungerechtigkeit” der Herkunftslandquoten endlich beseitigt.

Donald Trump behauptet allerdings, dass er trotzdem rechtmäßig diskriminieren könne. Er verweist dabei auf ein Gesetz von 1952, welches dem Präsidenten erlaubt, den Zuzug von “jeglicher Klasse von Ausländern” zu beschränken, die aus seiner Sicht eine Gefährdung der Interessen der USA darstellen. Doch der Präsident ignoriert hierbei freilich, dass auch diese Kompetenz mit dem Beschluss von 1965 eingeschränkt worden ist. Hier wird unmissverständlich festgehalten, dass bei der Vergabe von Immigrations-Visa keine Person aufgrund von “Rasse, Geschlecht, Nationalität, Geburtsort oder Wohnort” diskriminiert werden dürfe. Ausnahmen können einzig vom Kongress gemacht werden, wie etwa bei den Sonderrechten für kubanische Flüchtlinge. Mit dem Gesetz von 1965 wollte der Kongress nicht nur Immigranten, sondern auch die eigenen Bürger schützen, die damit das Recht bekamen, ihre Familienmitglieder nachzuholen, oder ausländische Partner zu heiraten ohne grundloser Diskriminierung ausgesetzt zu sein.

Trump wird vielleicht versuchen, Diskriminierung aufgrund des Herkunftslandes wiedereinzuführen, indem er zwischen der “Erteilung des Visums” und dem “Eintritt des Immigranten” unterscheidet. Aber das ist unsinnig: Immigranten können kein rechtlich gültiges Visum bekommen, wenn sie von der Einreise ausgeschlossen sind. Dementsprechend gilt das Gesetz von 1952 sowohl für die Einreise als auch für das Visum. Das erkennt auch die Anordnung von Trump an.

Das Diskriminierungsverbot gilt jedoch nur für Immigranten. Laut Gesetz gelten in den USA als Immigranten nur Personen, die einen permanenten Aufenthaltsstatus in den USA zugesprochen bekommen. Besucher auf Zeit hingegen, wie zum Beispiel Gastarbeiter, Studenten, Touristen und selbst Flüchtlinge, könnten dementsprechend trotzdem an der Einreise gehindert werden. Das Gesetz von 1965 schließt zudem Diskriminierung aufgrund von Religion nicht aus – was Trumps ursprünglicher Vorschlag war.

Amerikanische Präsidenten haben ihre Macht dutzende Male genutzt, um unter Anwendung des Gesetzes von 1952 bestimmte Gruppen von Ausländern auszuschließen. Aber noch kein Präsident hat jemals sämtliche Angehörigen einer Nation von der Zuwanderung ausgenommen. Am häufigsten wird in Kommentaren auf die Geiselnahme in der amerikanischen Botschaft in Teheran 1980 Bezug genommen, als Präsident Carter bestimmte Iraner mit einem Einreiseverbot belegte. Das Einreiseverbot zielte jedoch hauptsächlich auf Studenten, Touristen und Besucher auf Zeit.  Zudem hatte die Anordnung eine ganze Reihe von Ausnahmen aus humanitären Gründen. Auch 1980 wurden iranische Immigranten weiterhin zugelassen.

Gerichte mischen sich in den USA selten in Einwanderungsangelegenheiten ein. Das Diskriminierungsverbot haben sie allerdings mehrfach bekräftigt. In den 90er Jahren zum Beispiel hatte die US-Regierung beschlossen, dass Vietnamesen, welche nach Hongkong geflohen waren, nach Vietnam zurückkehren mussten, um ein Immigrations-Visum zu beantragen. Antragsteller aus anderen Ländern konnten das hingegen von überall aus machen. Ein bundesstaatliches Berufungsgericht stoppte damals den Beschluss.

In diesem Fall hatte die Regierung noch nicht einmal versucht zu behaupten, dass das Gesetz von 1952 eine entsprechende Diskriminierung zulassen würde. Das Gericht wies damals deren Begründung zurück, dass die plausible Verbindung der Anordnung mit temporären außenpolitischen Maßnahmen rechtfertigen könne, das Gesetz zu ignorieren. Man kann damit rechnen, dass die Regierung Trump genau dieses Argument auch anführen wird. Das Gericht schrieb damals: “Wir können nicht eine gesetzliche Bestimmung umschreiben, die ausdrücklich keine Ausnahmen oder Einschränkungen vorsieht.”

Um die Situation aufzulösen, änderte der Kongress das Gesetz im Jahr 1996 dahingehend, dass Bedingungen bezüglich Verfahren und Ort des Antrags auf Immigration nicht mehr als Diskriminierungen gewertet werden  können. So bleibt immer noch sehr viel Raum dafür, dass die Regierung Schaden anrichten kann. Durch die Gesetzesänderung hat der Kongress allerdings deutlich gemacht, dass er immer noch beabsichtigt, dem Diskriminierungsverbot ein gewisses Gewicht beizumessen. Ein vom Präsidenten verabschiedetes pauschales Verbot von Migration aufgrund von Nationalität wäre demnach immer noch illegal.

Die Gerichte haben einen gewissen Interpretationsspielraum in wiefern Diskriminierung zulässing ist. Wenn Donald Trump allerdings Menschen aus einer gesamten Region die Einreise verbietet, dann würde damit die Idee des Kongresses von  einer legalen Zuwanderung ohne Diskriminierung aushebeln. Ein Berufungsgericht unterband Präsident Obamas Anordnungen, die Millionen von illegalen Einwanderern vor der Abschiebung bewahren sollten. Und zwar deshalb, weil er damit den Kongress umgehen wollte. Kann es einen gewissen Ermessensspielraum geben? Natürlich. Aber kann der Ermessensspielraum so weit gehen, ein Gesetz umzuschreiben? Nicht mit der amerikanischen Verfassung.

Veröffentlicht auf der Website des Cato Institute, deutsche Übersetzung von Maximilian Wirth.