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Photo: Mehr Demokratie from flickr (CC BY-SA 2.0)

Der Tag der Deutschen Einheit erinnert uns an eines der schönsten Ereignisse der deutschen Geschichte. Freiheit obsiegte über den Stacheldraht, Marktwirtschaft über den Sozialismus und die Demokratie über das SED-Zentralkomitee. An so einem Tag ist es schon ein Treppenwitz der Geschichte, wenn in einem der neuen Bundesländer, nämlich in Thüringen, sich jetzt – 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer – eine Regierung unter Führung der SED-Nachfolgepartei anschickt zu regieren. Das ist eigentlich unfassbar!

Der Tag der Deutschen Einheit sollte aber auch den Blick auf unsere parlamentarische Demokratie lenken. Auch dort ist nicht alles Gold was glänzt. Denn der Deutsche Bundestag ist schon längst nicht mehr der Ort der Gesetzgebung oder der Kontrolle. Die Gesetzentwürfe sowieso, aber oftmals auch die Parlamentsanträge werden von den Ministerialbeamten geschrieben. Bei den Gesetzentwürfen kommt es vor, dass sich Branchenverbände mit konkreten Gesetzesinitativen direkt an das Ministerium wenden. Das Ministerium hebt oder senkt dann den Daumen, ob es ein Gesetz macht oder nicht. Einzige Ausnahme: geht es um fiskalische Interessen, dann entscheidet das Finanzministerium selbstherrlich.

Aber auch Anträge der Fraktionen werden von den Ministerien geschrieben. So wurde der gemeinsame Antrag von CDU/CSU und FDP zur Bankenunion (Bankenunion – Subsidaritätsgrundsatz beachten, DS 17/10781 vom 25.09.2012) komplett vom Finanzministerium geschrieben. Dabei ging es um das Verhandlungsmandat, das der Bundestag der Bundesregierung mit auf den Weg gab, um die Bedingungen einer europäische Bankenaufsicht unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank zu regeln.

Es klingt ein wenig absurd, wenn die beiden Fraktionen in ihrem Antrag schreiben: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich bei den anstehenden Verhandlungen dafür einzusetzen…“, wenn die Ministerialbürokratie dies selbst formuliert hat.

Es wäre zu kurz gesprungen, wenn dieser Sachverhalt lediglich auf die Koalition von Union und FDP reduziert würde. Das unter Finanzminister Peer Steinbrück geführte Finanzministerium hat in der Zeit der Großen Koalition 2005 bis 2009 sogar ganze Gesetzentwürfe von externen Beratern schreiben lassen. So ist das Finanzmarktstabilisierungsgesetz von der Rechtsanwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP geschrieben worden.

Es kommt sogar vor, dass die parlamentarischen Anfragen an die Regierung von den Beamten in den Ministerien formuliert werden. Das hat den Vorteil, dass der Regierungsbeamte die Antworten schon kennt. Im Gesetzgebungsverfahren bleibt dem Abgeordneten oftmals nur die Formulierung eines höheren oder niedrigeren Schwellenwertes, eines späteren Inkrafttretens des Gesetzes oder einer moderateren Stichtagsregelung. Darüber wird wochenlang gefeilscht und gestritten. Das Plenum des Parlaments ist jedoch nicht der Ort des Diskurses unterschiedlicher Meinung, sondern die öffentliche Verlautbarung der unterschiedlichen Meinungen.

Vielleicht sollte der Tag der Deutschen Einheit als Beginn einer Debatte verstanden werden, unsere parlamentarische Demokratie neu zu denken und ihr durch Volksinitiativen und Volksentscheide nach Schweizer Vorbild eine Gegenmacht entgegenzustellen, um sie auf Trab zu halten. So wie es der Schweizer Dichter Gottfried Keller in seiner Novelle „Das Fähnlein der sieben Aufrechten“ schrieb:„Keine Regierung und keine Bataillone vermögen Recht und Freiheit zu schützen, wo der Bürger nicht imstande ist, selber vor die Haustüre zu treten und nachzusehen, was es gibt.“

Dieser Beitrag erschien zuerst im Newsletter von Frank Schäffler, der hier abonniert werden kann.

Heute erscheint mein neues Buch „Nicht mit unserem Geld – Die Krise des Geldsystems und die Folgen für uns alle„. Ich glaube es kommt gerade zur rechten Zeit. 3 Jahre habe ich mir Zeit gelassen, um das aufzuschreiben, was mich in der Finanzkrise antreibt, was mich bewegt und wofür ich streite.

Viele meinen, wir seien heute besser aufgestellt, besser vorbereitet und wachsamer als 2007 als die jüngste Bankenkrise in Europa ihren Anfang nahm. Diese Illusion möchte ich Ihnen nehmen. Es ist nicht besser, sondern um ein Vielfaches schlimmer als damals.

Die weltweite Verschuldung hat inzwischen massiv zugenommen. Das Volumen aller Anleihen von Staaten, Banken und Unternehmen hat sich nach Angaben der „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“ (BIZ) seitdem um 30 Billionen Dollar auf 100 Billionen Dollar erhöht. Das ist ein Anstieg der Verschuldung um 43 Prozent innerhalb von 7 Jahren. Die Schuldenlast kletterte in dieser Zeit auf 137 Prozent im Verhältnis zur weltweiten Wirtschaftsleistung.

Einher geht dies mit einer Aufblähung der Notenbankbilanzen aller großen Volkswirtschaften. Die Notenbanken pumpen immer mehr Zentralbankgeld ins System.

Auch wenn die amerikanische Notenbank FED die Zügel vorübergehend etwas anzieht, so wird an anderer Stelle auf dem Globus, in Europa bei der EZB, jetzt das nachgeholt, was die FED, die Bank of England und die Bank of Japan längst gemacht haben: Einen massiven Ankauf von Kreditverbriefungen aller Art.

Dies hat für die EZB eine neue Qualität. Denn sie kauft nicht die besten Äpfel vom Markt, sondern die Notenbanker der EZB wollen die verdorbene Ernte der Vorjahre beseitigen, damit wieder Platz für die neue Ernte ist und die Banken ihre Lust an der neuen Apfelernte nicht verlieren. Doch der Apfelsaft, der aus den Äpfeln gemacht wird, verliert von Jahr zu Jahr an Qualität. Immer mehr verdorbenes Obst wird von der EZB in die Obstpresse geschmissen.

Unten kommt nur noch eine dunkle schimmelige Brühe heraus, die keiner mehr trinken mag. So ist es auch mit dem Euro. Immer mehr schlechtes Geld schmeißt die EZB über die Banken ins System und die Qualität und das Vertrauen nehmen ab.

Die Symptome der Qualitätsverschlechterung des Geldes sind überall auf der Welt sichtbar. Alle sind überschuldet und dennoch feiert die ganze Welt Party, als wenn nichts wäre. Und ganz viele wollen diese Party weiter feiern. Die Banken: Sie sind die Hauptprofiteure des Papiergeldsystems. Sie erhalten das gepanschte Geld aus dem Nichts zuerst und können es risikolos investieren.

Industrie und Handel glauben an das gefakte Wachstum und hoffen, dass ein Teil des billigen Geldes auch bei ihnen ankommt, damit sie ihre fremdfinanzierten Investitionen bedienen können. Deren Vorstände hoffen ebenfalls darauf, hängt ein großer Teil ihres variablen Vergütung doch davon ab.

Die Gewerkschaften: Ihre Aussichten auf bessere Lohnabschlüsse steigen ebenfalls mit der Hoffnung auf leichter zu erzielende Unternehmensgewinne.
Und zu guter Letzt der Staat: Er steht über allem. Er kann nicht nur alles versprechen, sondern sich dadurch auch alles leisten.

Doch genauso, wie keiner den gepanschten und schimmeligen Apfelsaft trinken will, genauso schwindet das Vertrauten in das gepanschte Geld. Denn dann traut man der Qualität des Geldes nicht. Dann wollen die Menschen das Geld, das sie erhalten, so schnell wie möglich wieder los werden. Das bedeute die Umlaufgeschwindigkeit der Geldmenge steigt.

Dann haben sie es geschafft, die Draghis dieser Welt. Die Inflation ist da. Inflation ist die Wirkung gepanschten Geldes. Die Preise steigen auf breiter Front. Die Normalsparer werden enteignet und den Transferbeziehern schmilzt die Kaufkraft in den Händen weg.

Es ist nicht zu spät für eine Umkehr dieser Politik. Es gibt immer einen Weg zurück zu solidem Wirtschaften und zu gutem Geld. Und diese Umkehr ist immer besser als einfach verantwortungslos weiterzumachen wie bisher. Der Kampf dafür fängt jetzt erst richtig an.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Newsletter von Frank Schäffler, der hier abonniert werden kann.