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Jetzt hat es auch der Internationale Währungsfonds (IWF) kapiert. Der IWF sieht existentielle Probleme für mittelgroße Lebensversicherer in Europa und speziell in Deutschland. Wenn es alle Spatzen von den Dächern pfeifen, dann stimmt irgendwann auch der fluguntaugliche Dinosaurier in das Lied mit ein. Man will später nicht zu denjenigen gehören, die vor den Folgen nicht gewarnt haben. Die heiße Luft, die aus dem Rachen des IWF dringt, klingt wie die Melodie von „Spiel mir das Lied vom Tod“. Seit vielen Jahren ist klar, dass die Lebensversicherungen in existentielle Probleme geraten, sollte Mario Draghi seine Niedrigstzinspolitik fortsetzen. Und er tut dies in noch verschärfterer Form durch sein Anleihenaufkaufprogramm von derzeit noch 1,15 Billionen Euro. Das alles ist wahrlich nichts Neues.

Die Eingriffe Draghis in den Maschinenraum der Marktwirtschaft sind jedoch umfassender. Er wird nicht nur die Lebensversicherungen in existentielle Gefahr bringen. Er zerstört auch die Lebensgrundlage der Sparkassen, Volksbanken und Bausparkassen. Und er bürdet den Unternehmen Milliarden an zusätzlichen Pensionslasten auf, die sich in den nächsten Jahren zu einem systemischen Risiko für die Volkswirtschaft aufbauen werden.

Das Geschäftsmodell der Sparkassen und Volksbanken und ihre Verankerung in der Fläche beruhte lange Zeit auf einem einfachen Prinzip: Giroguthaben, Sparbücher, Festgelder und Kredite sorgten für einen Zinsüberschuss und Bausparverträge sowie Lebensversicherungen für satte Provisionseinnahmen. Beide Säulen brechen weg. Sparbücher und Festgelder werden nicht mehr verzinst, weil die Sparkassen und Volksbanken selbst keine Zinsen mehr für die Anlage bekommen. Und die Kreditmargen schrumpfen ebenfalls in einem Umfeld, wo Städte und Gemeinden für ihre Kassenkredite keine Zinsen mehr bezahlen müssen. Gleichzeitig bricht das Neugeschäft für Lebensversicherungen und Bausparkassen im Niedrigstzinsumfeld weg.

Doch die Kostenstruktur durch teure Geschäftsstellen in der Fläche ist nach wie vor hoch. Und als ob das noch nicht genug an Problemen wäre, kommt die Regierung mit immer neuen Regulierungen und Bürokratie auf die Institute zu. Die Folge wird sein, dass in den nächsten Monaten und Jahren eine Fusionswelle im Sparkassen- und Genossenschaftswesen eintreten wird.

Für die Bausparkassen sieht es nicht wesentlich rosiger aus. Seit 2009 bewegt sich der Euroraum im Niedrigzinsumfeld. Eine Änderung ist nicht in Sicht. Doch gerade mit diesem Änderungsrisiko argumentieren die Bausparkassen gegenüber ihren Kunden. Bleibt es bei den Niedrigstzinsen im Euroraum, und davon ist auszugehen, dann verschwindet das wesentliche Verkaufsargument für die Bausparfüchse. Das so notwendige Neugeschäft bricht weg. Die privaten Bausparkassen verzeichneten bereits im vergangenen Jahr einen Einbruch um 27 Prozent.

Und für die Unternehmen wird das Niedrigstzinsumfeld ebenfalls zum Pulverfass. Sie müssen ihre Pensionsverpflichtungen mit einem marktnahen Rechnungszins abzinsen. Je niedriger dieser ist, desto höher sind die notwendigen Rückstellungen, die bilanziell gebildet werden müssen. Von 6 Prozent im Jahr 2009 wird dieser ebenfalls in den nächsten Jahren auf 2 Prozent und weniger sinken. Der Rückstellungsbedarf steigt gegenüber 2009 so um 66 Prozent und mehr. Nicht alle Unternehmen werden dies stemmen können.

Wenn Mario Draghi in den Maschinenraum der Marktwirtschaft geht, fummelt er nicht nur an der Maschinenhaube oder an der Abdeckung herum, sondern er geht ganz tief in das Räderwerk hinein und versucht mit seinem Schraubendreher die Maschine zu reparieren. Doch der Schraubendreher bleibt im Zahnrad der Maschine stecken, sie läuft heiß und schlimmstenfalls droht ein Totalschaden. Anders als Draghi erträumt, ist die Marktwirtschaft eben doch keine Maschine und er auch kein Maschinenführer.

Photo: Gösta Knochenhauer from flickr

In ganz Griechenland wurden im Januar 852 Baugenehmigungen erteilt. In der Hochphase 2005 waren es noch 16 522. Ein Rückgang um fast 95 Prozent. Die Bauwirtschaft liegt buchstäblich am Boden. Auch die Exporte sind auf niedrigstem Niveau. Im Februar exportierten griechische Unternehmen insgesamt lediglich Güter im Wert von zwei Milliarden Euro. Es gibt nicht einmal den Hauch eines zarten Konjunkturpflänzchens im Südosten Europas. Die Wirtschaft ist in den letzten zwei Quartalen erneut um wahrscheinlich ein Prozentpunkt geschrumpft.

Das hat mit der neuen linksextremen und nationalistischen Regierung zu tun – aber nicht nur. Es sind die typischen Symptome einer Konkursverschleppung. Es muss immer hektischer die Liquidität gesichert und beschafft werden. Es ist ein Teufelskreis in dem sich die Regierung in Athen befindet. Sie müsste eigentlich fundamentale Strukturfragen anpacken, doch die kurzfristigen Probleme überlagern den langfristigen Blick.

Bis zum nächsten „Rettungspaket“, das erst im Sommer kommen wird, verschafft die EZB der griechischen Regierung und dem dortigen Banksystem die notwendige Überbrückung. Das Banksystem wird über Kredite der griechischen Notenbank weiter mit Geld versorgt, da die Kapitalflucht der Griechen anhält und viele ihr Geld ins Ausland bringen oder unter das Kopfkissen legen. Daher haben auch die Banken zunehmend ein Liquiditätsproblem. Inzwischen liegen diese Ela-Kredite bei über 70 Milliarden Euro. In der Hochphase der Krise lagen sie einmal bei 120 Milliarden. Daher lässt sich die Regierung Tsipras Zeit. Die EZB genehmigt die entsprechende Erhöhung des Volumens zwar in immer kleineren Zeitabständen und Dosen. Die Kredite kommen jedoch dennoch im Wesentlichen der Regierung zugute. Eigentlich gibt ihr keiner mehr frisches Geld, das Vertrauen ist restlos zerstört. Daher werden die eigenen Banken genötigt, kurzlaufende Staatsanleihen, sogenannte T-Bills, von der Regierung zu kaufen. Am vergangen Mittwoch konnte die Regierung 1,14 Milliarden Euro Anleihen mit einer Laufzeit von 6 Monaten für 2,97 Prozent bei ihren Banken einsammeln.

Es ist ein Schneeballsystem aus ungedeckten Forderungen der Notenbank gegenüber der eigenen Regierung. Die Notenbank geht – bildlich gesprochen – in den Keller, druckt Geld, stellt es den heimischen Banken zur Verfügung und diese kaufen die Schulden der eigenen Regierung auf. Ein verführerisches Prinzip. Es trägt die Illusion eines perpetuum mobile in sich.

Doch wenn es alle so machen würden, wäre schnell zappenduster. Schon deshalb ist die Staatsfinanzierung über die Notenpresse den Zentralbanken verboten. Die Europäischen Verträge untersagen das eindeutig. Doch die Europäische Union ist keine Rechtsgemeinschaft und ihre Währung längst kein Stabilitätsanker und Ausdruck des Wohlstandes mehr. Wer das erfahren will, muss nur einmal in die Schweiz in den Urlaub fahren. Der Euro hat seit seiner Einführung über 30 Prozent seines Wertes gegenüber dem Schweizer Franken verloren. Schön, meinen die einen. Dann können wir mehr Waren in die Schweiz exportieren, das sichert und schafft Arbeitsplätze. Doch nicht der Euroraum hat Vollbeschäftigung, Wachstum und Wohlstand, sondern die kleine Schweiz. Für weite Teile des Euroraums ist dies nur Wunschdenken.

Nicht eine möglichst billige Währung schafft daher Wohlstand für alle, sondern eine möglichst teure Währung. Wenn man den Geldillusionisten in ihrer Logik folgt, dann wäre es noch besser, wenn der Euro nicht um 30 Prozent abgewertet hätte, sondern um 80 oder 90 Prozent. Dann könnten Unternehmen im Euro-Raum noch mehr exportieren. Die Logik dieses Handelns wäre, dass diese Unternehmen für die gleiche Leistung immer weniger Gegenwert erhalten und damit Waren und Dienstleistungen, die bei uns nicht vorhanden sind, relativ gesehen teuer bezahlen müssten.

Auf Dauer ist das kein besonders attraktives Geschäftsmodell. So würde niemand persönlich handeln. Stellen Sie sich einmal einen Unternehmer vor, der seine Waren immer billiger verkauft, damit er möglichst viel verkaufen kann. Sein Vormaterial, das er einsetzt, bleibt im Preis aber gleich oder wird sogar teurer. Dieser Unternehmer würde von seiner Substanz leben. Sein Kapitalstock würde aufgebraucht, und irgendwann wäre er am Ende. In dieser Situation ist die griechische Regierung heute und –wenn die Regierungen so weitermachen – morgen der gesamte Euroraum.

Erstmals erschienen in der Fuldaer Zeitung am 11. April 2015.

Photo: Duncan Hull from flickr

Der heutige Sozialstaat, der gerne wohlmeinend als Wohlfahrtsstaat bezeichnet wird, ist eine preußische Erfindung. Mangels eines zusammenhängenden Staatsgebietes suchten die preußischen Herrscher die Identität ihrer Untertanen durch die Fürsorge der Landesherren für ihre Landeskinder zu fördern. Von der Erziehung der Kinder bis zur Feuerversicherung wurde alles vom Vater Staat organisiert und geregelt. Es war der „geistige Hegemonieanspruch des Staates“ wie es Gerd Habermann in seinem Buch „Der Wohlfahrtsstaat – Ende einer Illusion“ ausdrückt. Der ging so weit, dass in Preußen der Kaffeegenuss durch ein Monopol beschränkt wurde und Friedrich der Große seinen Untertanen empfahl, statt Kaffee Warmbier zu trinken. Aus diesem preußischen Modell ist die Kultur des „Vater Staat“ in Deutschland entstanden. Der „alte Fritz“ kümmerte sich um seine Schäfchen in dem Glauben, dass sie des eigenständigen Denkens nur eingeschränkt mächtig seien. Dies alles folgte einem großen Ziel: die Macht des Königs zu erweitern – militärisch, räumlich, vor allem aber in den Köpfen und Herzen.

Wenn jeder Untertan, der arbeitslos ist, an einer Krankheit leidet oder nicht ausreichend für das Alter vorgesorgt hat, vom Vater Staat von seinen Sorgen befreit werden soll, erfordert dies zwangsläufig einen umfangreichen Planungsprozess der Regierenden.

Zentrale Pläne lassen die Vielfalt der Möglichkeiten einer dezentralen Problemlösung nicht zu. Die Regierung ist Monopolist der Problembeseitigung. Diese Monopolstellung ist fatal: Wenn sich herausstellt, dass die Maßnahme falsch, unzureichend oder ineffizient war, interveniert die Regierung erneut, schafft mehr Bürokratie und greift in die Vertragsfreiheit Einzelner noch stärker ein. Es finden kein Wettbewerb und kein Entdeckungsverfahren um die beste Problemlösung statt, die in einem auf der individuellen Freiheit beruhenden Konzept möglich wäre.

Bismarck führte den preußischen „Vater Staat“ konsequent weiter und schuf mit den Sozialgesetzen die Grundlage für die heutige umfassende staatliche Fürsorge. Dieses Wachstum des Wohlfahrtsstaats wurde nur durch die beiden Weltkriege unterbrochen, um danach umso heftiger zu wüten. Betrug die Sozialleistungsquote (alle Sozialleistungen eines Staates im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt) 1950 in Deutschland noch 14,8 Prozent, so hat sich dieser Anteil inzwischen verdoppelt (29,7 % in 2013). Doch das Besondere daran ist, dass diese Quote bis 1999 steil anstieg und seitdem konstant verläuft. Interessant ist daran, dass dies mit der Einführung des Euro zusammenfällt.

Die Ursache der prozentualen Konstanz im Vergleich zur absoluten Zahl liegt ausschließlich im Wachstum Deutschlands. Das Credo der Befürworter einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung lautet daher allenthalben: Es muss erst erarbeitet werden, was später verteilt werden kann.

Doch dieser Prozess des Erarbeitens kann länger oder kürzer dauern. Und auch der Vermögensaufbau kann schneller oder langsamer gehen. In unserer heutigen Geldordnung hängt es vom Geldangebot ab, ob dieser zügiger möglich ist oder nicht. Und dieses Geldangebot war seit Einführung der Gemeinschaftswährung reichlich vorhanden. Die Politik der EZB führte zu einer Verdoppelung der Geldmenge (M3) seit Euroeinführung 1999 bis Ende 2013. Insgesamt erreichte die EZB durch ihre Geldpolitik ein reales Wachstum im Euro-Club von fast 50 Prozent in 15 Jahren. Kurz: mit immer mehr Geld aus dem Nichts wurde versucht, Wirtschaftswachstum zu generieren.

Die Dimension der Intervention verschiebt sich aktuell jedoch nochmals erheblich. War in Zeiten des echten Goldstandards, der in vielen Ländern bis zum Ersten Weltkrieg reichte, die Umverteilung innerhalb einer Gesellschaft auf das Steuersystem durch dessen Progression in der Einkommensteuer (in Deutschland gab es einen Spitzensteuersatz in der Einkommensteuer von 4 Prozent!) oder Steuern auf Vermögen begrenzt und generationsübergreifend durch die Refinanzierungsfähigkeit des staatlichen Schuldenberges gedeckelt, wurde seit dem einseitigen Aufkündigen des Bretton Woods-Abkommens durch die USA 1971 die Grundlage für eine ungebremste expansive Geldpolitik gelegt.

Ein neues Scheunentor für weitere Umverteilung war geöffnet. Dieses Scheunentor hat Mario Draghi jetzt mit seinem Schuldenaufkaufprogramm über derzeit noch 1,1 Billionen Euro endgültig weggesprengt. Für viele ist daher das Ende des Euro in Sichtweite. Der slowakische Politiker Richard Sulik sagte einmal: „Als die UdSSR 1968 mit Panzern in Prag einmarschiert ist, haben auch alle in der damaligen Tschechoslowakei geglaubt, der Sozialismus sei zu Ende und dann hat es noch über 20 Jahre gedauert.“ Die Beharrungskräfte sind wohl viel dominanter als vielfach geglaubt wird.

Insgesamt gilt in diesem Kontext: Wenn derjenige der investieren will, leichter oder günstiger an einen Kredit kommt, kann er Investitionen zeitlich vorziehen, größer angehen oder mit einer geringeren monatlichen Belastung stemmen. Dann werden Investitionen getätigt, die gar nicht oder in dieser Form nie getätigt worden wären. Und Unternehmen, die sonst längst vom Markt verschwunden wären, gibt es immer noch, da ihre laufenden Belastungen durch die billigen Zinsen niedrig sind. Das ist die Situation in vielen Ländern Europas. Es waren Investitionen in Immobilien und Unternehmen, die sich erst aufgeschoben als falsch erwiesen haben. Sie kumulierten zu einem Klumpenrisiko einer ganzen Branche oder Volkswirtschaft.

Und das was für die Wirtschaft gilt, gilt für den Staat im Besonderen. Knappheiten, die es beim Staat ohnehin selten genug gibt, werden erst recht außer Kraft gesetzt: Steuereinnahmen sprudeln durch die geldmengengetriebene Scheinkonjunktur, Ausgaben für Arbeitslose sinken durch den höheren Beschäftigungsstand. Die Begehrlichkeiten der Fiskalisten sind dennoch einfach zu befriedigen, da sie mit geringeren Kreditzinsen einhergehen. Alle sind zufrieden. Und wenn die Blase platzt, Insolvenzen drohen, Wirtschaftszahlen einbrechen, dann erlaubt dies der Regierung, erneut zu intervenieren. Es ist das Paradebeispiel einer Interventionsspirale wie sie Ludwig von Mises Anfang des letzten Jahrhunderts bereits beschrieben hat – eben auch beim Ausbau des Sozialstaates.

In Deutschland wird uns eingeredet, dass vermehrter Konsum wichtig sei für Wirtschaft und Arbeitsplätze. Es herrsche Verunsicherung bei den Konsumenten und deshalb würden sie nicht ausreichend kaufen. Deshalb fordern Gewerkschaften Lohnerhöhungen oberhalb der Produktivitätssteigerung und steigende Sozialleistungen, um die Lücke zum größeren Angebot endlich zu schließen. Doch diese Lücke ist kein natürlicher Zustand, sondern Ergebnis der Kapazitätsausweitungen, die mit Hilfe des billigen Geldes erzeugt wurden und die nicht durch einen Nachfrageschub geschlossen werden kann. Sie müssen sich zum Normalen korrigieren. Die Überkapazitäten sind Ausdruck der Preisentwicklung der Güter höherer Ordnung, wie es Carl Menger bezeichnete. Die Inflation des Geldes macht sich eben nicht zuerst in den Konsumgütern, sondern in den Preisen für Produktionsgüter bemerkbar.

Eigentlich müssten jetzt alle Freiheitsfreunde resignieren. Seit über 130 Jahren wütet der Wohlfahrtstaat unentwegt. Und er zeigt längst Wirkung in den Köpfen der Menschen. Das Meinungsforschungsinstitut Allensbach fragte kürzlich die Bürger: „Geht es Ihnen in einem stärker vom Staat kontrollierten Wirtschaftssystem besser?“ Darauf antworteten 42 % in Ostdeutschland und 36 % in Westdeutschland mit „genauso“ oder „besser“. Lediglich 34 % in Westdeutschland und 18 % Prozent in Ostdeutschland meinten, es ginge ihnen schlechter. Und auf die Frage: „Ich fände es gut, wenn der Staat Obergrenzen für die Preise für Miete festlegen würden“, antworteten 71 % (!) sie stimmten dieser Aussage zu. Die Frucht des „Kathedersozialismus“ wie ihn Ludwig von Mises nannte, zeigt bis zum heutigen Tag Wirkung und führt zu einer schleichenden Monopolisierung des Denkens.

Deshalb ist es Aufgabe von Freiheitsfreunden, Alternativen zum nimmersatten Wohlfahrtsstaat, zum schleichenden Zentralismus und zur fortschreitenden Entmündigung jedes Einzelnen aufzuzeigen. Doch dies allein reicht nicht. Sondern es muss Beispiele, Vorbilder und Freiheitsinseln geben, die zeigen, dass ein freies und selbstbestimmtes Leben möglich ist.

Photo: Jose Manuel mazintosh from Flickr

Montag ist es soweit. Dann sorgt EZB-Präsident Mario Draghi für eine Blutzufuhr der EZB von vorerst 1.140 Milliarden Euro in den Geldkreislauf. Er hat dieses Geld vorher nicht selbst gespart, sondern als oberster Zentralbanker kann er es aus dem Nichts schaffen. „Fiat Money“ nennen das die Kritiker. Er will so lange und so viel Geld aus dem Nichts schaffen bis er sein mittelfristiges Inflationsziel von 2 Prozent im Euro-Raum erreicht hat. Erreicht er dieses große Ziel – und davon kann man ausgehen –, verlieren Sparvermögen in 20 Jahren rund ein Drittel ihres Wertes und in 30 Jahren fast die Hälfte. Inflation ist die Vermögensteuer für den kleinen Mann, denn der legt sein Geld konservativ in Zinspapiere an. Und wenn die Schuldner durch die Zinsdrückerei Draghis immer weniger Zinsen bezahlen müssen, können diejenigen, die in diese Anlagen für ihre Altersvorsorge investieren, auch keine Zinsen mehr erwirtschaften.

Die Geldinflation ist Diebstahl an den Fleißigen. An denjenigen, die etwas sparen und zur Seite legen, in der Hoffnung, sie hätten im Alter mehr als diejenigen, die nur in den Tag hinein leben. Inflation ist schwerer Raub. Und der Täter ist zwangsläufig der Räuber. Ein Räuber ist jemand, der anderen ihr Eigentum stiehlt, um es sich und anderen gut gehen zu lassen. Genau das macht Mario Draghi. Er würde natürlich nie zugegeben, dass er die Fleißigen bestiehlt. Er begründet dies mit dem schleppenden Wachstum in Europa, mit dem Auftrag der EZB für Preisstabilität zu sorgen und mit der Notwendigkeit, den Regierungen in Südeuropa die Zeit zu geben, die notwendigen Reformen einzuleiten und umzusetzen. Doch das ist entweder falsch oder nur vorgeschoben. Eigentlich will er Macht. Er will die Geschicke Europas bestimmen. Er will mächtiger, einflussreicher und bestimmender sein als Jean-Claude Juncker oder Angela Merkel. Und er will der Bundesbank mit ihrer geldpolitischen Hegemonie in Europa endlich das Genick brechen.

Mario Draghi ist ein Räuber. Der Räuber der Sparbücher und Lebensversicherungen. All die konservativen Anleger, die nicht große Schwankungen der Aktienmärkte suchen, sondern vielleicht seit Jahrzehnten so sparen und bislang zufrieden waren, werden von ihm bestohlen. Für diese Bürger ziehen bereits dunkelste Wolken am Horizont auf. Sie werden um ihre Lebensleistung betrogen. Das steht heute schon fest.

Eigentlich müsste die Bundesregierung und die Bundesbank dagegen Widerstand leisten. Vielleicht sollte man Artikel 20 des Grundgesetzes bemühen. In Absatz 4: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung (gemeint ist die parlamentarische Demokratie und der Rechtsstaat) zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ An diesem Widerstand führt bald kein Weg mehr vorbei.

Photo: *sax from Flickr

Ach, die Schweizer … Wie kann man nur so bescheuert sein, seine eigene Exportwirtschaft durch die Aufgabe der festen Bildung der eigenen Währung an den Euro so dermaßen zu schwächen? Jetzt geben die von heute auf morgen diese Vorteile einfach auf. So hört man es allenthalben in Deutschland.

Doch es wird sich zeigen, dass dieser Schritt richtig war. Er sichert die Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität der Eidgenossenschaft. Nicht die Aufgabe der Bindung war der Fehler, sondern die Entscheidung der Schweizer Notenbank vor 3 Jahren, den Franken bei 1,20 je Euro zu fixieren.

Doch wird die Entkoppelung der Schweizer schaden? Ich meine: Nein. Im Gegenteil, es wird die Schweizer Wirtschaft mittelfristig noch wettbewerbsfähiger und noch produktiver machen. Kürzlich erzählte mir ein Bekannter, was er in einem Schweizer Unternehmen am Montag nach der Entscheidung vom 15. Januar erlebt hatte. Früh morgens traf sich die Mitarbeiterkommission, die in der Schweiz die Interessen der Belegschaft im Unternehmen wahrnimmt, und schlug noch am gleichen Tag der Geschäftsführung folgendes vor: Erstens: Die Wochenarbeitszeit soll von 40 auf 42 Stunden erhöht werden. Zweitens: Die Löhne und Gehälter werden um 5 Prozent reduziert. Und drittens: Das alles soll zum 1. Februar dieses Jahres in Kraft treten. Die einzige Sorge der Mitarbeitervertretung war, ob bei einer zu großen Lohnkürzung zu viele Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und sich nach einem neuen Job umsehen würden.

Man stelle sich dies einmal in der real existierenden Bundesrepublik vor: Die IG Metall schlägt freiwillig eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit und eine Lohnkürzung vor, die innerhalb von 2 Wochen umgesetzt wird. Undenkbar! Wahrscheinlich würde es so ablaufen: Erstens: Monatelange Verhandlungen zwischen IG Metall und dem Unternehmen würden von regelmäßigen Streiks begleitet. Zweitens: Arbeitsministerin Andrea Nahles erklärt ihre Solidarität mit den Streikenden und appelliert an die soziale Verantwortung des Unternehmens. Drittens: Die Ruhrnachrichten in Castrop-Rauxel schalten Sonderseiten und die SG Wattenscheid 09 trägt Trauerflor. Viertens: Das Arbeitsamt federt mit einer Auffanggesellschaft die zu erwartenden Entlassungen sozialverträglich ab. Und fünftens: Nach harten Verhandlungen tritt ein fauler Kompromiss zum 1.1.2016 in Kraft.

Zurück zur Wirklichkeit: Wenn die Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft vom möglichst geringen Außenwert der eigenen Währung abhängen würde, wäre Simbabwe heute Exportweltmeister. Wieder einmal gilt: Mehr Schweiz wagen!

Dieser Beitrag erschien zuerst in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „eigentümlich frei“, Nr. 150.

Photo: Pranavian from Flickr