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Photo: JeanbaptisteM from Flickr (CC BY 2.0)

Es sind schon skurrile Debatten, die derzeit rund um das Geld geführt werden. Erst verlangt die EZB die Abschaffung des 500-Euro-Scheins und dann kommt der Vorstoß der Bundesregierung, Barzahlungen auf 5.000 Euro zu begrenzen. All dies wird mit der Verbrechensbekämpfung begründet. Das ist so zutreffend wie „nachts ist es kälter als draußen.“

Letztlich ist die Maßnahme Teil der Interventionsspirale der EZB. Sie muss immer unkonventionellere, andere würden sagen verrücktere, Maßnahmen einleiten, damit die Niedrigzinspolitik gerechtfertigt werden kann. Doch jede Intervention zieht Reaktionen des Marktes nach sich. Verrückte Angriffe der Notenbankklempner auf den Markt werden mit verrückten Verteidigungsmaßnahmen des Marktes beantwortet.

Die Sparkassen überlegen jetzt, ob sie Bargeld horten, anstatt es zu Negativzinsen bei der EZB einzulagern. Es sei billiger dieses Bargeld zu versichern, anstatt es zu 0,3 Prozent Strafzins der EZB zu geben. Inklusiv Versicherungssteuer würde dies nur 0,1785 Euro kosten. Also ein gutes Geschäft. Doch wenn das Schule machen würde, hätte dies ungeahnte Folgen.

Denn die Sparkassen rücken damit etwas in den Blick, was vielen nicht klar ist. Viele wissen gar nicht, was in unserer heutigen Zeit Geld ist, oder besser: was das gesetzliche Zahlungsmittel ist. Hier hilft ein Blick ins Gesetz. In Paragraph 14 Bundesbankgesetz heißt es in Satz 2: „Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.“

Unbeschränkt gesetzliches Zahlungsmittel ist also nicht das Buchgeld, das auf den Konten herumliegt, sondern nur die Euro-Banknote, das Bargeld. An der gesamten Euro-Geldmenge macht das Bargeld weniger als 10 Prozent aus. Wollte man die gesamte Geldmenge zu Bargeld machen, müsste die EZB 9 Billionen Euro drucken.

Vielleicht wird sie nicht 9 Billionen Euro drucken müssen, doch wenn der Plan der Sparkassen Nachahmer findet, dann steigt sehr schnell der Bargeldanteil an der gesamten Geldmenge. Denn wenn Sparkassen das Horten von Geldbeständen in den eigenen Tresoren als Geschäftsmodell erkennen, werden Commerzbank, Deutsche Bank und Volksbanken sehr schnell diesem Modell folgen. Und wenn die Banken insgesamt hohe Geldbestände auf ihren Konten ebenfalls mit Strafzinsen belasten, werden auch Unternehmen, Versicherungen, staatliche Institutionen wie die Renten- und Arbeitslosenversicherung, aber auch Bürger auf die Idee kommen, ihr Geld lieber im Schließfach, Tresor oder unter dem Kopfkissen aufzubewahren. Auch dies würde die Bargeldmenge massiv erhöhen. Die EZB und die Regierung haben daran kein Interesse. Je höher der Bargeldumlauf ist, desto weniger kann ein Negativzins allen Marktteilnehmern aufgedrückt werden. Gerade deshalb findet ja die derzeitige Einschränkung des Bargeldverkehres statt.

Natürlich könnte der Gesetzgeber dazu übergehen, das „gesetzliche Zahlungsmittel“ auch auf das Buchgeld auszuweiten. Doch so einfach ist es nicht. Heute ist das Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel auch deshalb, weil die EZB bzw. die Bundesbank ihre Menge exakt festlegen kann. Dies ist beim Buchgeld nicht möglich. Hier versucht sie über ihre Geldpolitik die Menge zu steuern, was ihr offensichtlich nicht gelingen mag.

Deshalb werden Regierung, Bundesbank und EZB einen anderen Weg gehen: den Weg der Intervention. Auf die Intervention und die Reaktion des Marktes folgt die nächste Intervention, die von einer neuen Reaktion des Marktes begleitet wird. Die Spirale dreht sich immer schneller. Das zeigt: die EZB-Politik des billigen Geldes ist gescheitert. Mario Draghi ist gescheitert. Immer mehr billiges Geld führt nicht zu einer größeren Kreditvergabe an die lahmende Wirtschaft in Südeuropa, sondern die Banken horten dieses Geld. Sie wollen in ein fallendes Beil nicht die Hand halten. Wohin führen die Interventionen von Mario Draghi mittelfristig? Wahrscheinlich zu einer Verstaatlichung des Kredits. Denn, die EZB geht davon aus, zu wissen wo Geld und Kredit fehlt. Das eigentliche Problem sind in diesem Verständnis die Banken, die den Vorgaben der EZB partout nicht folgen wollen. Deshalb werden sie entweder gezwungen, Kredite an die Wirtschaft auszureichen oder aber die EZB vergibt Kredite selbst an die Wirtschaft.

Letztlich zielt diese Art der Politik auf eine Globalsteuerung der Wirtschaft ab. Es geht um die Frage „Markt oder Befehl?“. Mario Draghi hat sich bereits seit langem gegen den „Markt“ und für „Befehl“ entschieden. Damit folgt er einer Vorstellung, die der Ökonom Ludwig von Mises schon vor über 75 Jahren als „altes Vorurteil“ bezeichnete: „Man hält den Zins für ein Hindernis menschlicher Wohlfahrt, man glaubt, dass es Pflicht der Obrigkeit sei, auf Senkung der Zinshöhe hinzuarbeiten.“

 

Photo: David J from Flickr (CC BY 2.0)

Die Banken wackeln wieder. In Italien werden Milliarden-Risiken aus faulen Krediten in eine staatlich gestützte Bad Bank ausgelagert. In Deutschland bricht der Kurs der Deutschen Bank besorgniserregend ein. Und schon werden Erinnerungen an die Jahre 2007/2008 und an 2010 wach. Dabei sollte doch alles besser werden. Mit dem ESM und der Bankenunion sollten doch die richtigen Schlüsse aus der Krise gefunden werden. Die Bankenunion sieht nicht nur eine Zentralisierung der Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank vor, sondern umfasst auch einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus für marode Banken und vielleicht bald auch eine einheitliche Einlagensicherung im Euro-Raum. Die Bankenunion soll so die Erpressbarkeit der Sparer und Steuerzahler durch die Banken künftig ausschließen. Bei Lichte betrachtet sind an dieser Architektur mehrere Konstruktionsfehler festzustellen.

Erstens: In der schwersten Schuldenkrise von Staaten und Banken in Europa setzt man die Bankenaufsicht nicht völlig neu auf. Wenn von ursprünglich 19 Aufsichten nur noch eine Aufsicht zuständig ist, dann ist dies nicht nur in Schönwetterzeiten bereits organisatorisch eine Herkulesaufgabe. Bei Sturm ist es ein Kamikazeabenteuer. Es wird aber noch zusätzlich verschärft, wenn eine Behörde wie die EZB plötzlich damit betraut wird. Deren Mitarbeiter haben davon nur sehr wenig Ahnung, weil sie bislang aus gutem Grund nichts damit zu tun hatten. Denn wer für die Geldpolitik Verantwortung trägt, kann eigentlich nicht gleichzeitig Banken beaufsichtigen oder im Extremfall sogar schließen. Das beißt sich.

Zweitens: Der beschlossene Abwicklungsmechanismus wird nicht angewandt. In Italien werden die Gläubiger und Eigentümer der Banken nicht beteiligt, sondern die Risiken mit der Bildung einer Bad Bank auf den Steuerzahler verlagert. Schon beim ersten Anwendungsfall versagt das System.

Drittens: Die EU-Kommission will aus 19 unterschiedlichen, nicht-funktionierenden oder schlecht funktionierenden Einlagensicherungssystemen ein neues einheitliches machen. Jede Einlage bei einer Bank in einem Euro-Staat soll dadurch gleich sicher sein, dass alle Sparer für diese Einlage im Zweifel eintreten. Größere Schieflagen kann derzeit schon kein Einlagensicherungssystem im Euroraum bewältigen – nicht einmal das deutsche. Wenn daraus ein zentrales Sicherungssystem entstehen soll, dann wird es dadurch nicht besser. Es wird ein Einlagen-Verunsicherungssystem geschaffen, das im Zweifel den Bankrun nicht verhindert.

Die wachsende Verzweiflung der Handelnden in der Kommission, der EZB und den Regierungen ist auch der Grund für die finanzielle Repression beim Bargeld. Wenn der Finanzminister heute sagt, niemand habe vor, das Bargeld abzuschaffen, dann erinnert das an Jean-Claude Junckers Aussage: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Der Markt glaubt nicht an den Erfolg dieses zentralistischen Konstruktivismus, weil er sich immer weiter vom eigentlichen Problem entfernt. Die Entkoppelung von Risiko, Haftung und Verantwortung ist die Ursache der Krise. Banken gehen Risiken ein, die ihre Eigentümer und Gläubiger nur dann tragen wollen, wenn es gut geht. Geht es schief, rufen sie nach der Regierung und erpressen sie damit, dass sie behaupten: Wenn wir ein Problem haben, dann hat die Regierung auch eins.

Dieses Erpressungspotential muss durchbrochen werden. Jede Bank oder Bankengruppe muss selbst Vorsorge für den Fall der Schieflage treffen. Wenn das konsequent durchgeführt würde, entstünden sehr wahrscheinlich ganz andere Banken. Sie würden nicht ihre Bilanzsumme in schwindelerregende Höhen treiben, sondern würden das Geld ihrer Kunden verwahren. Die Einleger würden dann von ihrer Bank gefragt, ob sie die Einlage des Kunden weiterverleihen darf und wie lange. Wahrscheinlich würde das System, dass Banken Geld aus dem Nichts durch Kreditvergabe schaffen können, dann nicht mehr so einfach funktionieren. Eine solche dezentral verantwortete Wirtschaftsordnung ist uns nicht fremd. Sie existiert außerhalb des Bankgewerbes überall. Es käme ja auch keiner auf die Idee, bei der Insolvenz einer Großbäckerei die Versorgung mit Brötchen durch eine gesetzliche Einstands- und Versorgungspflicht aller Bäckereien zu sichern. Oder vielleicht doch, Herr Juncker?

 

Photo: Adam Selwood from Flickr (CC BY 2.0)

Eine der zwar viel kritisierten, aber dennoch effektiven Gaben Helmut Kohl war es, unliebsame Probleme einfach auszusitzen. Das konnte er wie kein anderer. Franz-Josef Strauß brachte dies zur Weißglut. Einmal sagte er über Kohl: „Er ist total unfähig. Ihm fehlen die charakterlichen, die geistigen und die politischen Voraussetzungen. Ihm fehlt alles dafür“ – und damit meinte er das Kanzleramt. 1982 kam der Gescholtene dann doch ins Amt – und saß die nächsten 16 Jahre vieles aus.

Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle war damals gerade einmal 18 Jahre alt. Doch er hat diesen Geist Kohls tief verinnerlicht. Dies wird besonders deutlich beim Umgang mit der Politik der EZB, die gestern vor dem Karlsruher Verfassungsgericht erneut verhandelt wurde. Bereits 2012 fasste der EZB-Rat den Beschluss, im Zweifel unbegrenzt Anleihen von Krisenstaaten zu kaufen (OMT-Beschluss). Die Klage mehrerer Gruppen vor dem Bundesverfassungsgericht reichten die obersten Richter in Teilen an den Europäischen Gerichtshof weiter, der am OMT-Programm nichts auszusetzen hatte. Jetzt liegt der Fall wieder auf Voßkuhles Tisch und wird erneut verhandelt. Inzwischen sind dreieinhalb Jahre vergangen. Bis das abschließende Urteil erwartet wird, werden vier Jahre vergangen sein.

Die Welt hat sich inzwischen weitergedreht. Das OMT-Programm wurde bislang nie angewandt, sondern durch ein neues Programm ersetzt, abgelöst oder vielmehr verschlimmbessert. Jetzt heißt es EAPP (Expanded Asset-Purchase Program). Auch die Begründung wurde verändert. Die Störung des „Transmissionsriemens“ wurde durch die „Bekämpfung einer drohenden Deflation“ ersetzt. Wer dagegen klagen will, muss wahrscheinlich wieder vier Jahre warten, bis er ein Urteil in der Hand halten kann.

Die EZB, mit all ihrer Kreativität und Chuzpe, ist viel effizienter als die Behäbigkeit eines öffentlich-rechtlichen Verfassungsgerichts in Deutschland. Was ist von Karlsruhe zu erwarten? Bestenfalls nicht viel. Der Prozessvertreter des Deutschen Bundestages Martin Nettesheim wies bereits den Weg, den das Verfassungsgericht gehen könnte. Es könnte Anleihenkäufe definieren, die erlaubt sind und die nicht erlaubt sind. Für dieses Wischiwaschi-Urteil hätte das Verfassungsgericht dann vier Jahre gebraucht. Bemerkenswert!

Doch Richterschelte soll hier nicht geübt werden. Darum geht es nicht. Der Grundfehler dieser Auseinandersetzung ist, dass viele meinen, es sei eine juristische Frage, wie die Geldpolitik der EZB zu interpretieren sei. Das ist es vielleicht in Teilen auch. Dennoch versperrt diese juristisch spitzfindige Diskussion zuweilen den Blick für das Wesentliche. Worum geht es eigentlich? Geht es um die Auslegung von völkerrechtlichen Verträgen, von Verfassungsnormen oder früheren Rechtsprechungen? Nein, es ist zuvorderst eine ökonomische Frage. Löst die Intervention in den Anleihenmarkt in Euro-Raum irgendein Problem? Nach sechs Jahren Euro-Staatsschuldenkrise kann dies bereits empirisch verneint werden. Noch nie waren die Schuldenstände im Süden Europas so hoch und der Beschäftigungsquote so niedrig.

Es ist nahezu irrelevant, ob die EZB nur Anleihen der Krisenstaaten kauft oder von allen Euro-Staaten. Hier geht es allenfalls um die Körnung in der Schrotflinte. Furchtbare Kollateralschäden verursacht jeder dieser Schüsse. Probleme können nicht dadurch gelöst werden, dass die Zentralbank Schulden von Staaten mit Geld aus dem Nichts bezahlt. Würde das funktionieren, wäre Simbabwe reich, wohlhabend und prosperierend.

Der Euro kann unter diesen Voraussetzungen nicht auf Dauer überleben. Die wachsenden ökonomischen Ungleichgewichte innerhalb der Euro-Staaten lassen den Druck auf der Währung immer größer werden, bis sie platzt. Es braucht endlich ein wirksames Ventil, um die Luft aus der Schuldenblase langsam abzulassen. Dieses Ventil kann entweder die Insolvenz von Staaten innerhalb des Euro-Clubs und/oder der Austritt aus dem Euro-Club sein. Gerade in der Fastenzeit sollte man sich daher an den Ökonomen Roland Baader erinnern, der gesagt hat: „Was heute verfrühstückt wird, muss morgen nachgehungert werden.“

Photo: Japanexpertena.se from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Die Europäische Union und mit ihr die europäische Idee der Freiheit stecken seit Jahren in einer Krise. Zwar ist der klassische Ost-West-Konflikt mit dem Fall der Mauer überwunden und viele ehemalige Ostblockstaaten sind inzwischen Mitglied der EU, dennoch hat man den Eindruck, dass sie am Scheideweg steht. Die Euro-Schuldenkrise und erst recht die Einwanderungs- und Flüchtlingskrise zerreißen förmlich den Zusammenhalt, der ja das Anliegen ist, das dem gesamten Projekt zugrunde liegt.

Ressentiments, Misstrauen, Erpressungen, Häme und Schadenfreunde sind an der Tagesordnung. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte während und zu der ersten Phase der Griechenland-Krise: „Wenn es ernst wird, muss man lügen“. Der griechische Verteidigungsminister Panos Kammenos drohte der Staatengemeinschaft Anfang 2015, wenn Europa Griechenland nicht ausreichend unterstütze, werde man die Flüchtlinge in Scharen weiterleiten. Und wenn unter den Flüchtlingen auch Mitglieder des IS sein sollten, sei Europa selbst schuld. Diese Beispiele zeigen: Es findet in ein Verfall der Sitten statt.

Warum ist das so? Haben die Bürger, die Politiker und die Regierungen nichts aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gelernt?

Wer nur moralisch argumentiert, vergisst, dass die Ursache dieser Entwicklung in der fehlenden Ordnungspolitik zu suchen ist. Walter Eucken, der in diesem Jahr 125 Jahre geworden wäre, gilt als entscheidender Wegbereiter unserer Wirtschaftsordnung. In seinen 1952 erschienen „Grundsätzen der Wirtschaftspolitik“ nannte er konstituierende Prinzipien für eine funktionierende Ordnungspolitik. Er zählte dazu gutes Geld, offene Märkt, Privateigentum, Haftung, Vertragsfreiheit und eine konstante Wirtschaftspolitik. Dies alles habe das Ziel, ein funktionierendes Preissystem sicherzustellen.

Wenn wir diese Prinzipien auf die aktuelle Situation in Europa abklopfen, dann wird klar, dass europäische Politik nicht prinzipienbasiert ist. GUTES GELD zerstört die EZB durch ihre Niedrigzinspolitik und die Staatfinanzierung durch die Notenpresse. OFFENE MÄRKTE drohen durch das Schleifen des Dublin-Abkommens durch Angela Merkel und die mangelnde Sicherung der EU-Außengrenzen zerstört zu werden. PRIVATEIGENTUM setzt die Verfügungsgewalt über das eigene Eigentum voraus. Staatlicher Paternalismus, seien es Mietpreisbremsen, Zwangsbegrünung von Häusern oder das staatlich verordnete Rauchverbot in Hotels- und Gaststätten, höhlen privates Eigentum aus, so dass es nur noch eine leere Hülle ist. Die HAFTUNG ist bei Staaten und Banken ein Fremdwort. Leben sie über ihre Verhältnisse, werden die Gewinne zuvorderst privatisiert und später die Lasten sozialisiert. Spätestens mit der Einschränkung der Bargeldzahlung und gar einem drohenden Verbot derselben wird klar, dass auch die VERTRAGSFREIHEIT immer mehr verschwindet. Das alles hat dann mit einer KONSTANZ DER WIRTSCHAFTSPOLITIK nichts zu tun. Die Regierung, die EU-Kommission und die EZB intervenieren immer stärker und willkürlich in Marktprozesse. Seien es so banale Dinge wie die Regulierung von Plastiktüten, Ölkännchen oder Glühbirnen. Oder so fundamentale Frage wie eine europäische Bankenaufsicht und eine einheitliche Einlagensicherung für alle Banken von Stockholm bis Saragossa.

Wenn die konstituierenden Prinzipien für eine funktionierende Wettbewerbsordnung nicht eingehalten werden, dann kann auch kein funktionsfähiges Preissystem existieren. Und ohne ein funktionierendes Preissystem kann wiederum keine Marktwirtschaft existieren.

Jetzt hilft es nicht, wenn die Brüsseler Bürokratie den Ausweg in einer größeren Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik sieht. Die mangelnde Koordinierung sei der Grund, wieso die Volkswirtschaften im Euro-Club immer weiter auseinanderfallen, heißt es bei den Befürwortern. Doch mehr Zentralismus heilt nicht die Prinzipienlosigkeit in Europa. Die Prinzipienlosigkeit ist gleichbedeutend mit dem Vorrang des Primats der Politik. Dieses Primat der Politik ist die Ursache der Krisen und gleichzeitig der Grund für die Verschleppung, Verschleierung und Verniedlichung der Probleme. Und dies wiederum ist der Grund, wieso extreme Parteien von rechts und links Wahlerfolge in Europa feiern. Es ist die Flucht des Wählers vor der Lösungsinkompetenz der etablierten Parteien. Und genau hier liegt die Chance für eine Bewegung, die die Marktwirtschaft, das Recht und die Freiheit des Einzelnen im Herzen trägt. Sie muss für ein Primat von Recht und Freiheit stehen, dem ein Primat der Politik untergeordnet ist. Sie zu nutzen, ist nicht nur eine Überlebensfrage für ein friedliches Europa, sondern für eine freie Gesellschaft.

Erstmals erschienen beim Liberalen Netzwerk.

 

Photo: Susanne Tofern from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Die von der Bundesregierung geplante Einschränkung des Bargeldverkehrs passt in ein großes Bild. Sie soll zwar vordergründig der Verbrechensbekämpfung dienen, denn Terroristen und ihre Schergen bezahlen meist bar und in großen Scheinen. Doch das ist nur die Geschichte vor der Geschichte. Tatsächlich passt der Vorstoß Schäubles dazu, auf die wachsenden Unsicherheiten an den Finanzmärkten regulatorisch vorbereitet zu sein. Denn die Überschuldungskrise von Staaten und Banken in Europa und darüber hinaus ist längst nicht ausgestanden.

Seit dem Beginn der letzten Finanzkrise 2007/2008 ist die weltweite Verschuldung um über 40 Prozent auf nunmehr 200 Billionen US-Dollar angestiegen. Es gab noch nie so viel Kredit und damit Schulden auf dieser Welt. Wir befinden uns schon länger in einer Überschuldungskrise von Staaten und Banken, deren lokaler Focus nach wie vor auf dem Euro-Raum liegt.

In einem solchen Umfeld stört das Halten von Bargeld die Regierenden nur. Bargeld untergräbt das Ansinnen der Regierungen, die Lasten der Finanzkrise auf die Bürger überwälzen zu können. Und es verhindert, dass die Banken ein noch größeres Kreditrad drehen können. Denn wenn das Bargeld eingeschränkt und dann ganz abgeschafft wird, besteht auch nicht mehr die Gefahr eines Bankruns. Der Bankrun ist die Apokalypse jeder Bank. Das hat seinen Grund: Die Summe allen Geldes, das in Umlauf ist, besteht nur zu einem geringen Teil aus Bargeld. Über 90 Prozent ist reines Buchgeld, das unter anderem auf Sparbüchern und Girokonten liegt. Wollten alle Konteninhaber ihre Konten räumen und plötzlich ihr Buchgeld in Bargeld ausbezahlt bekommen, wären die Banken dazu nicht in der Lage. Das ist die Ursache wieso Banken dann „Ferien“ machen, wie jüngst in Griechenland.

Auch deshalb verpflichten die Notenbanken die Banken dazu, eine so genannte Mindestreserve der Einlagen ihrer Kunden auf einem Konto der Notenbank zu halten. Je geringer der Mindestreservesatz, desto höher sind im Prinzip die Kreditvergabemöglichkeiten der Banken. Im Euro-Raum ist der Mindestreservesatz derzeit nur noch ein Prozent. Aus 100 Euro Einlage eines Sparers bei seiner Bank, kann diese Bank einen Kredit über 99 Euro vergeben. Legt der neue Kreditnehmer dieses Geld vorübergehend auf sein Girokonto, dann kann seine Bank auf dieser Grundlage für 98,01 Euro einen neuen Kredit vergeben. Dies kann theoretisch unendlich fortgesetzt werden.

Wenn man die maximale Summe dieser Kredite ausrechnet, kommt ein Betrag von knapp 10 000 Euro heraus. Durch einmalig 100 Euro Bankeinlage bei einer Bank sind am Ende also rund 10 000 Euro neues Geld bei ganz vielen Banken entstanden. Wäre der Bankrun ausgeschlossen, weil es kein Bargeld mehr gibt, dann wäre auch ein Mindestreservesatz von einem Prozent obsolet. Aus 100 Euro Einlage könnten dann nicht nur für 10 000 Euro neue Kredite und damit Geld geschaffen werden, sondern ein Vielfaches davon. Die Verschuldungspyramide könnte dadurch auf eine ganz neue Ebene gehoben werden.

Die Einschränkung des Bargeldverkehrs ist erst der Anfang. Es ist gleichzeitig die Flucht nach vorne. Man packt auf das lodernde Feuer noch ein paar Holzscheite oben drauf. Mehr Feuer ist aber nicht der Ausweg aus der Überschuldungskrise.

Im Gegenteil: gutes Geld braucht Vertrauen. Bargeld ist der in Münzen geschlagene Teil unserer Freiheit. Es zu verbieten, würde das Vertrauen in das Geld und damit in unsere freiheitliche Rechtsordnung zerstören.

Erstmals erschienen in der Fuldaer Zeitung am 13.02.2016.