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Photo: Joseloya from Flickr (CC BY 2.0)

Von Norbert Häring, Journalist und Autor des Buches „Die Abschaffung des Bargelds und die Folgen“.

Telebörse-Moderator Raimund Brichta setzt mit bewundernswerter Konsequenz seinen Versuch fort, dem Finanzamt zur Bezahlung seiner Steuerschulden die Geldscheine aufzudrängen, die der Staat zum einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt hat. Doch dem Staat ist das eigene Geld, Euro-Banknoten, nicht gut genug. Er will nur Bankengeld. Ein Stück aus dem Tollhaus.

Auszug (Der volle Text und Links zu früheren Folgen stehen hier):

„… Inzwischen habe ich mich durch Paragrafen und juristische Kommentare gewühlt. Die Quintessenz: Es besteht nach wie vor ein Annahmezwang für Banknoten und Münzen. Das heißt, jeder hat sie als Bezahlung zu akzeptieren – es sei denn, etwas anderes ist vereinbart. Ich kann mich jedoch nicht erinnern, mit dem Finanzamt etwas anderes vereinbart zu haben.

Finanzämter wie meines versuchen sich zwar gerne damit herauszureden, dass die Finanzkassen für die Übergabe von Bargeld geschlossen wurden. Man müsse deshalb bargeldlos bezahlen. Das stimmt aber nicht, denn die Abgabenordnung – das ist eine Art Steuergrundgesetz – hat dafür eine Lösung parat: Sie sieht vor, dass in diesem Fall eine Bank oder Sparkasse am Ort des Finanzamts ermächtigt wird, für die Finanzkasse Bargeld gegen Quittung anzunehmen. Dies sollte auch der Regelfall sein, wie das Finanzgericht Münster erst vor Kurzem festgestellt hat (Az. 7 V 2897/15 AO).

So weit die Theorie. Die Praxis sieht leider anders aus: Meine Sparkasse weigert sich schlichtweg, mehr als tausend Euro Bargeld fürs Finanzamt anzunehmen. Das Geldwäschegesetz verbiete dies, sagen mir die Sparkassenmitarbeiter. Ich kann in diesem Gesetz zwar beim besten Willen kein solches Verbot entdecken, aber vielleicht übersehe ich etwas? Schauen Sie dort doch auch einmal nach! Und wenn Sie fündig werden, lassen Sie es mich bitte wissen. Nebenbei: Wer käme eigentlich auf die Idee, ausgerechnet beim Finanzamt Geld zu waschen?

Mir gelang es im vergangenen Jahr nur einmal, Geld fürs Finanzamt bei der Sparkasse einzuzahlen. Und das auch nur durch einen Trick des Kassierers. Der tat ausnahmsweise so, als ob das Konto des Finanzamts mein Konto wäre. Aufs eigene Konto darf man nämlich mehr als tausend Euro einzahlen. Da ich aber nachweislich nicht Inhaber des Finanzamtskontos bin – obwohl ich es gerne wäre -, war der Kassierer zu dieser Trickserei kein zweites Mal bereit.

Trotzdem hatte ich neulich noch einmal Glück: Das Finanzamt wollte diesmal weniger als tausend Euro haben. In diesem Fall nahm die Sparkasse mein Geld an, ließ sich dafür aber mit einer ‚Bareinzahlungsgebühr‘ von sechs Euro belohnen. Da ich nicht gewillt war, fürs Zahlen mit gesetzlichen Zahlungsmitteln auch noch zu zahlen, zog ich die sechs Euro kurzerhand von dem Betrag ab, der fürs Finanzamt bestimmt war. Das Bargeld-Heckmeck geht schließlich nicht zu meinen Lasten.

Vermutlich werden sich die Beamten dies jedoch nicht gefallen lassen, so dass ich mit weiterem Ärger rechne. Umso mehr, als mein nächster Bargeldversuch ansteht – mit einer Steuerzahlung, die über tausend Euro liegen wird. Vorsorglich …“

Erstmals erschienen auf Norbert Härings Blog.

Photo: Jerry „Woody“ from Flickr

Über den Ursprung des Aprilscherzes gibt es viele Erklärungen. Eine davon lautet: Auf dem Augsburger Reichstag von 1530 sollte unter anderem das Münzwesen geregelt werden. Aus Zeitgründen kam es jedoch nicht dazu, sodass für den 1. April ein besonderer „Münztag“ ausgeschrieben wurde. Als der 1. April kam, fand dieser Münztag dann doch nicht statt. Zahlreiche Spekulanten, die auf diesen Münztag gesetzt hatten, verloren ihr Geld und wurden auch noch ausgelacht. Es muss nicht so gewesen sein, zumal der Reichstag zu Augsburg nach vielen Verzögerungen erst am 20. Juni 1530 von Kaiser Karl V. eröffnet wurde.

Für die im Reichstag versammelten Kurfürsten, Fürsten und Reichsstädte war das Geldwesen neben dem vorherrschenden Thema der Reformation dennoch sehr wahrscheinlich ein wichtiges. Die sich immer stärker ausbreitende Falschmünzerei führte zu Unruhen und beförderte die Bauernaufstände im Reich. Zwischen 1400 und 1525 verlor beispielsweise der Würzburger Pfennig 42 Prozent und der Augsburger Pfennig sogar 54 Prozent seines Wertes. Münzen wurden von ihren Emittenten im Kupfer-, Silber- oder Goldgehalt reduziert, um so mehr davon herstellen zu können. Fürsten und Städte finanzierten so ihren Hof oder ihre Kriege. Insbesondere das Kleingeld wurden als Scheidemünzen herausgegeben, deren Nominalwert höher war als der ihr zugrundeliegende Metallwert. Den Münzgewinn strichen sich die Oberen ein.

Die Emittenten der verschiedenen Währungen versuchten damals das, was die amerikanische Notenbank Fed, die Europäische Zentralbank EZB und die Bank of China anscheinend vor einigen Monaten ebenfalls im sogenannten Shanghai Abkommen vereinbart haben. Medien berichten seit einigen Tagen, in diesen Abkommen hätten sich die drei Notenbanken darauf verständigt, dass die Fed weitere Leitzinserhöhungen verschiebe, die EZB ihre Geldpolitik nicht weiter lockern werde und die Chinesen ihre Währung nicht weiter abwerten würden. Es ist ein Abkommen für das Halten des Status Quo. Ebenso wie im 16. Jahrhundert will man die gegenseitige Falschmünzerei besser absprechen. Ob es gelingt, wird sich zeigen.

Im 16. Jahrhundert gelang nur eine formale Verständigung. Im Verlauf der Jahre sollten zahlreiche Reichsmünzordnungen den Gold- und Silbergehalt der Münzen regeln, deren Durchsetzung jedoch nicht funktionierte. Genau diese formale Verständigung ist auch beim Shanghai-Abkommen zu erwarten. Zu groß sind die strukturellen Probleme und zu groß ist die Versuchung, diese durch die Geldpolitik lösen zu wollen. Am Ende ist sich jeder selbst der Nächste. Nicht ohne Grund wird von der EZB offen zugelassen, dass eine Diskussion über Helikopter-Geld geführt wird, ohne dass sie vehement widerspricht. Hinter Helikopter-Geld verbirgt sich der Vorschlag, Zentralbankgeld direkt Unternehmen und Bürgern zu schenken, damit diese investieren und konsumieren. Man stelle sich vor, EZB-Chef Mario Draghi stellt sich früh morgens vor dem Schichtwechsel von Opel in Rüsselsheim vor die Werkstore und drückt jedem Arbeiter einen frisch gedruckten 500 Euro-Schein in die Hand und fügt noch den Satz hinzu: „Kaufen Sie sich was Schönes“. Ein irrer Vorschlag, doch er wird ernsthaft diskutiert.

Mit Falschmünzern ging man früher hart ins Gericht. Unter Karl V. wurde mit der „Carolina“ das erste Strafgesetzbuch geschaffen, das Münzfälscher mit drakonischen Strafen belegte. Fälscher drohte der Verbrennungstod oder auch das Sieden in Öl war eine durchaus übliche Bestrafung.

Diese Art der Bestrafung gibt es heute nicht mehr, die Falschmünzerei ist jedoch geblieben.

 

Beim Widerstand gegen die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung im Euro-Club ist Finanzminister Wolfgang Schäuble inzwischen auf dem Rückzugsgefecht. Die Schlacht wurde letzte Woche durch eine weitere Niederlage besiegelt. Medien berichten, dass der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Rates die von der Europäischen Kommission gewählte Rechtsgrundlage durchwirken wird. Die Kommission bezieht ihren Vorschlag auf eine Rechtsgrundlage in den Europäischen Verträgen, die mit einer qualifizierten Mehrheit angenommen werden kann. Die deutsche Regierung hat dagegen bislang argumentiert, dass jedes Land ein Veto gegen den Kommissionsvorschlag habe. Somit hätte Deutschland alleine eine gegenseitige Einstandspflicht für Sparguthaben in der EU verhindern können. Denn darauf zielt eine einheitliche Einlagensicherung im Euro-Raum ab. Die bisher selbständigen Einlagensicherungssysteme sollen sich gegenseitig in einer Schieflage helfen müssen. Doch sie sind schon heute brüchig und löchrig. Alle versprechen mehr, als sie halten können. Jetzt sollen die maroden Systeme zu einem noch maroderen System zusammengefasst werden.In letzter Konsequenz führt die Vergemeinschaftung dazu, dass Einlagen spanischer oder italienischer Sparer bei dortigen Banken durch die Einlagen deutscher oder niederländischer Sparer gesichert werden. Das ist von vornherein der Plan der europäischen Technokraten gewesen. Sie wollten mit der Bankenunion eine noch stärkere gegenseitige Abhängigkeit schaffen. Aus guten Nachbarn sollten Schuldner und Gläubiger gemacht werden, die sich immer stärker umarmen, bis sie gegenseitig keine Luft mehr bekommen. Der Start dieser Bankenunion war der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM, der die Staatsschulden im Euroraum sozialisierte, die dann geschaffene einheitliche Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB und der einheitliche Abwicklungsmechanismus für Banken vergemeinschaftete die Entscheidung, welche Banken in einer Schieflage wie behandelt werden.

Was bisher die Aufgabe der nationalen Aufsichten war, wurde jetzt an die Technokraten in Brüssel und bei der EZB in Frankfurt übertragen. Der krönende Abschluss wäre jetzt die vergemeinschaftete Einlagensicherung. Erst hier kam der Widerstand der deutschen Regierung. Bis dahin hatte sie alles durch gewunken. Doch jetzt ist es womöglich zu spät.

Denn bei einer qualifizierten Mehrheit auf EU-Ebene müssen mindestens 55 % der Staaten, also mindestens 15 bei 28 Staaten mit mindestens 65 % der Gesamtbevölkerung der EU zustimmen. Für eine Sperrminorität sind die Stimmen von mindestens 4 Ratsmitgliedern, die mindestens 93 Stimmen im Rat aufbringen müssen, notwendig. Dies gelingt nur, wenn sich ein Teil der bevölkerungsreichen Staaten Frankreich, Spanien oder Italien dem deutschen Widerstand anschließen. Das ist schon deshalb nicht zu erwarten, weil gerade diese Länder auf eine schnelle Umsetzung der Vergemeinschaftung der Einlagensicherung drängen. Alle diese Länder leiden noch unter der Finanzkrise 2007/2008. Italiens Banken stehen vor besonders schweren Zeiten. Seit 2008 steigt deren Volumen an faulen Krediten im Privatsektor von Monat zu Monat an und hatten im Januar 2016 einen historischen Höchststand von 201,6 Mrd. Euro. Der Anteil der mit mehr als 90 Tagen im Zahlungsverzug befindlichen Kredite an italienische private Haushalte und Unternehmen kletterte auf ein neues Hoch von 12,24 Prozent.Die Probleme Spaniens sind neben großen Strukturproblemen die Folgen des Platzens der Immobilienblase 2008. Von diesem Einschnitt hat sich weder das spanische Bankensystem noch die spanische Industrie erholt. Letztere ist immer noch über 21,8 Prozent vom Hoch 2008 entfernt. Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte Spaniens war noch nie so hoch. Wenn die Regionen mit eingerechnet werden, liegt sie wohl fast bei 150 Prozent der Wirtschaftsleistung. In Frankreich sieht es nicht ganz so schlimm aus, aber auch hier liegt man über 14 Prozent unter der Wirtschaftsleistung aus der Vorkrisenzeit, ohne nennenswerte Wachstumszahlen vorweisen zu können.

Jetzt will Schäuble sein Gesicht wahren und die anderen Staaten in die Pflicht nehmen. Er beklagt nunmehr, dass Verträge in der EU nicht eingehalten würden und dass die Bail-In-Regelung im Rahmen des Bankenabwicklungsmechanismus in Italien jüngst nicht angewandt wurde. Sie besagt, dass bevor staatliche Hilfe für Banken gewährt werden, erst Eigentümer und Gläubiger der Bank herangezogen werden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Doch wie man in den Wald hineinruft, so kommt es zurück. Es war Deutschland, das die Nichtbeistandsklausel außer Kraft gesetzt hat, es war Deutschland, das die einheitliche Bankenaufsicht vorangetrieben hat. Und man muss auch nicht nur bei der Bewältigung der Euro-Schuldenkrise bleiben: es war Angela Merkel, die das Dubliner Abkommen im September 2015 ausgesetzt hat. Zu einem Europa des Rechts und der Vertragstreue kommt man am besten dadurch, dass man vor der eigenen Haustüre kehrt.

Erstmals veröffentlicht bei Tichys Einblick.

Photo: ben_osteen from flickr (CC BY 2.0)

Von  Prof. Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums im Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Business and Information Technology School (BiTS) in Berlin.

Mit der heutigen Entscheidung, ihr Anleihekaufprogramm abermals auszudehnen und die Zinsen noch tiefer in den negativen Bereich zu drücken, setzt die Europäische Zentralbank eine Politik fort, die auf ein „viel hilft viel“ setzt. Der europäische Bankensektor schwimmt aber bereits überreichlich in Zentralbankgeld – Liquiditätsengpässe sind definitiv nicht das Problem im Euroraum. Daher wird auch die nun noch einmal intensivierte Druckbetankung der europäischen Banken nicht dazu führen, dass das frische Geld in den Krisenländern des Euroraums die Realwirtschaft merklich stimuliert. Auch weil die dortigen Banken unter der Last notleidender Kredite als weniger solvent gelten, wird das immer schnellere Geldpumpen nur dazu führen, dass die Liquiditäts- und Kapitalflucht innerhalb des Euroraums weitere Nahrung erhält und die Notenbanken in den Überschussländern in die monetäre Zahlungsbilanzfinanzierung gezwungen werden. Sichtbar wird dies an den seit über einem Jahr wieder massiv anschwellenden Salden im Target-2-System. Nach der relativen Entspannung bis Ende 2014 hat dieses Maß für die monetäre Unwucht im Euroraum schon wieder den halben Weg zu alten Höchstständen zurückgelegt.

Verzerrungen in den gesunden Ökonomien

Die ultraexpansive Geldpolitik droht immer weitreichendere Verzerrungen in den Preis- und Produktionsstrukturen zu provozieren. Anfällig für diese Nebenwirkungen sind vor allem die bislang vergleichsweise gesunden Ökonomien im Euroraum. So ist zwar hierzulande ein ausgeprägter allgemeiner Investitionsboom trotz der extrem günstigen Finanzierungsbedingungen bislang ausgeblieben. Dies dürfte wohl auch daher rühren, dass die ökonomischen Akteure die monetäre Ausnahmesituation erkennen und entsprechend zurückhaltende Investitionsentscheidungen treffen. Allerdings wälzt sich die Wirkung der nun schon seit sechs Jahren bestehenden Niedrigzinspolitik nach und nach durch immer mehr Finanzierungsinstrumente und Güterpreise. Damit einher geht eine Verzerrung der Produktionsstrukturen, etwa in Folge eines zu schwachen Außenwertes der Währung. Je länger dieser Prozess andauert, desto schmerzhafter wird eine spätere Korrektur. Zudem ist zu konstatieren, dass die Absicht der Geldpolitik, durch niedrige Zinsen Spielräume für Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung zu erkaufen, in den Ländern, wo diese Politik am dringendsten geboten wäre, kaum bis gar nicht fruchtet.

Finanzblase, die früher oder später platzen muss

Die Geldpolitik setzt mit ihren immer umfangreicheren Wertpapierkaufprogrammen darauf, die Kapitalmarktzinsen extrem niedrig zu halten, um so die Risikoneigung zu steigern. Künstlich niedrige Risikopreise stehen aber am Anfang jeder Finanzblase, die früher oder später platzen muss, weil dann zuvor auch solche Projekte realisiert werden, die bei normaler Zinsbildung an den Kapitalmärkten aus guten Gründen unterbleiben würden. Wann sich die Risiken einer solchen Politik materialisieren und wo sie konkret zu verorten sind, ist schwer zu sagen. Der Tendenz nach sind solche Wirtschaftsbereiche besonders anfällig, deren Produkte von der konsumtiven Verwendung weit entfernt sind. Dies macht die Gefahren für die gesamtwirtschaftliche Stabilität aber nur noch größer, weil zielgenaue Gegenmaßnahmen kaum möglich sind.

Fazit: Die Probleme im Euroraum sind nicht monetärer Natur. Man kann sie daher auch nicht mit geldpolitischen Manövern aus der Welt schaffen. Wenn aber das verabreichte Medikament nicht wirken kann, dann nutzt es nichts, die Dosis immer weiter zu erhöhen. Damit steigen nur die schädlichen Risiken und Nebenwirkungen.

Erstmals erschienen beim Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel

 

Photo: Pete Markham from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Immer dann, wenn Mario Draghi mit seinen Mannen im Zentralbankrat zusammentritt, erinnert nicht nur der Name des Gremiums an das Zentralkomitee in der Kommandowirtschaft. Auch das Handeln der EZB und ihrer Stakeholder im Vorfeld dieser Sitzung erinnert an die öffentliche Erwartungshaltung im Vorfeld des aktuell tagenden Nationalen Volkskongresses der Kommunistischen Partei Chinas. Wie im Zentralbankrat wird auch bei der Kommunistischen Partei Chinas das Wachstumsziel verkündet. Bei der EZB sollen es 2 Prozent Inflation sein, bei der Kommunistischen Partei Chinas 6,5 Prozent Wirtschaftswachstum. Die Eurozone ist inzwischen mit fast 100 Prozent verschuldet, China wird in wenigen Jahren mit über 280 Prozent zur Wirtschaftsleistung verschuldet sein.

Am kommenden Donnerstag treffen sich die Zentralbanker zur aktuellen Planbesprechung. Ihr Plan ging bislang nicht auf. Die offizielle Inflationsrate lag im Februar bei –0,2 Prozent, weit weg vom ursprünglichen 5-Jahres-Plan. Jetzt muss nachgebessert und korrigiert werden. Draghis Hauptproblem: Die Pferde saufen nicht. Die Kreditvergabe stagniert. Die Konjunktur im Euroraum springt deshalb nicht an. Dabei spielt Draghi derzeit schon auf der kompletten geldpolitischen Klaviatur: Der Notenbankzins ist bei faktisch Null, der Einlagenzins der Banken bei der EZB bei -0,3 Prozent, die Mindestreserve liegt bei 1 Prozent, Banken können sich unbeschränkt bei der EZB refinanzieren und die EZB kauft monatlich für 60 Milliarden Euro Schulden auf.

Draghi pumpt ständig neu gedrucktes Geld ins Wirtschaftssystem, doch es hat nicht die gewünschte Wirkung. Was ist daher zu erwarten? Eine radikale Kurskorrektur? Der Rücktritt Mario Draghis wegen seiner schlechten Performance? Wohl kaum. Vielmehr wird das Gegenteil eintreten. Mario Draghi legt noch eine Schippe drauf. Er wird nicht nur 60 Milliarden Euro monatlich an Schulden von Staaten und Banken aufkaufen, sondern mehr, viel mehr.

In seiner planwirtschaftlichen Logik ergibt das auch Sinn. Denn das Hauptproblem der derzeitigen Konjunkturschwäche im Euro-Club sind die Banken. Sie haben den jahrelangen Scheinboom in den Krisenstaaten mit Hilfe der billigen Zinsen der EZB finanziert. Dies hat Überkapazitäten aufgebaut, die sich seit 2007 korrigieren wollen. Diese Bereinigung wollten weder die Regierungen noch die EZB in ausreichendem Maße zulassen und haben darum die Banken mit ihren faulen Kreditportfolien geschont. Teilweise wurden die faulen Kredite, wie aktuell in Italien, aber zuvor auch in Spanien, Portugal und Irland, in staatlich garantierte Bad Banks ausgelagert. Doch dies war nicht ausreichend.

Hier wird der neue 5-Jahres-Plan des Zentralbankrates wohl ansetzen. Die EZB wird sich mit ihrem Ankaufprogramm künftig stärker auf den Bankensektor konzentrieren, aber gleichzeitig die Finanzierungsfähigkeit der überschuldeten Staaten durch den Ankauf von Staatsanleihen sicherstellen. Draghi wird die Bilanzen der Banken entlasten und bereinigen. Dies wird perverse Anreize setzen. Es ist zu befürchten, dass die EZB bald sogar alte Fahrräder kauft, um dafür frisches Geld an die Banken auszureichen. Ob die Pferde dann saufen? Vielleicht tritt auch ein ganz anderer Effekt ein. Vielleicht horten die Banken das billige Geld, weil die Hinterlegung bei der EZB zu teuer wird. Schon jetzt prüfen einige Sparkassen diesen Weg, weil es günstiger ist, das überschüssige Geld in den Tresoren zu legen, anstatt es bei der EZB teuer zu parken. Und sollten die Zentralbanker auf die Idee kommen, die Banken noch stärker zum Saufen zu nötigen, dann kann es passieren, dass diese ihre erhöhten Aufwendungen einfach an ihre Kunden weitergeben. Viele verspüren dies heute schon durch höhere Gebühren, vielleicht bald auch bei den Zinsen. Das ist die Tragik der Planwirtschaft: man sieht meist zu spät, welche Pläne falsch sind. Die Lehre daraus? Nicht jede vermeintliche Medizin hilft. Man hat auch schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.