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Was haben der Weltspartag und die Cryptowährung Bitcoin miteinander zu tun? Auf den ersten Blick eigentlich nichts. Bitcoins kann man nur schlecht in eine Spardose legen, allenfalls in ein Wallet auf dem Smartphone. Cryptowährungen eignen sich aber auch nicht für die klassische Vermögensbildung, mit der man Kindern das Sparen beibringt.

Auf den zweiten Blick gibt es aber durchaus Gemeinsamkeiten. So fand in dieser Woche nicht nur der Weltspartag statt, sondern vor genau 10 Jahren wurde das erste Whitepaper über Bitcoin veröffentlicht. Seitdem wurde der Bitcoin immer wieder totgesagt, kostet heute aber, trotz zahlreicher Kursturbulenzen, über 5.500 Euro. Der Bitcoin ist eine Erfolgsgeschichte. Der dahinterstehenden Blockchain-Technologie wird heute viel zugetraut. Erst letzte Woche traf sich die Community mit mehreren tausend Teilnehmern beim Crypto + ICO Summit im schweizerischen Zürich. Dort konnte man sehen, wie dynamisch die Szene ist und welche Anwendungsmöglichen die Blockchain künftig bietet. Sie reichen von der sicheren Übertragung von Eigentum, auch grenzüberschreitend, über die Hoheit über die persönlichen Daten, die auf der Blockchain sicher hinterlegt werden können, bis zur Vereinfachung und Verbesserung des Meldewesens von Banken gegenüber der Notenbank. Es steckt viel Musik darin. So wie heute das Internet ganze Branchen verändert, so wird vermutlich morgen die Distributed Ledger Technologie ganze Wirtschaftszweige revolutionieren. Hier stehen wir erst am Anfang.

Das Jahr 2008 war aber nicht nur die Geburtsstunde des Bitcoin, es war auch einschneidend für den Weltspartag. Denn bis vor 10 Jahren war dieser noch eine Wucht. Er hat eine lange Tradition. Seit den 1920er Jahre begehen die Sparkassen in ganz Europa dieses Ereignis. Er war lange eine super Marketingmaßnahme, um Eltern und Großeltern und deren Kinder und Enkelkinder zum Sparen zu animieren. Früher pilgerten am letzten Tag im Oktober Scharen in die Sparkassen- und Bankfilialen, um die Spardosen der Kleinen zu leeren. Die gesammelten DM- bzw. heute Euro-Münzen wurden auf das Sparbuch einbezahlt. Die Kinder bekamen Luftballons und Geschenke. Aber der pädagogische Wert lag eigentlich darin, den Kinder zu zeigen, was es bringt, zu sparen und Konsumverzicht zu leisten. In den 1970er Jahren gab es auf dem Sparbuch 4 bis 5 Prozent Zinsen pro Jahr. Ja, auch die Inflation war damals eine andere als heute, aber die Kinder, deren Eltern und Großeltern hatten das Gefühl, dass es sich lohnt zu sparen.

Seit 2008 ist das anders. Seitdem geht der Sparbuchzins in den Keller. Heute gibt es nichts mehr. Allenfalls einen Luftballon für die Kinder. Die Ursache für den rapiden Rückgang liegt in der Geldpolitik der Notenbanken: mit Beginn der Finanzkrise Anfang 2008, als sie ihre Leitzinsen in kurzer Zeit auf fast Null senkten. Seitdem hat die EZB ihn nicht mehr erhöht und gleichzeitig mit Billionen neugedruckten Euros die Schulden von Staaten und Banken aufgekauft.

Bis zum Herbst nächsten Jahres will EZB-Präsident Mario Draghi diesen Zustand einfrieren. Dass sein Nachfolger diese Politik ändert, darf man sich wünschen, wahrscheinlich ist es jedoch nicht. Der Grund ist die aktuelle Situation in Italien. Würden die Zinsen in Italien nur auf 5 Prozent steigen, dann würde sich der Zinsaufwand der Regierung in Rom von 4 auf 6,5 Prozent des BIP erhöhen (laut Flossbach von Storch Research Institute). Es würde die Haushaltssituation Italiens dramatisch verschlechtern. Vielen ist nicht bewusst, dass die Situation Italiens heute schlimmer ist als jene Griechenlands in 2010. Die Arbeitslosigkeit ist höher und die Staatsverschuldung auch. Die Wettbewerbsfähigkeit Italiens hat erheblich nachgelassen. Bestes Beispiel ist die Automobilindustrie. Während Ende der 1980er Jahre fast 2 Millionen Autos in Italien vom Band liefen, sind es heute gerade mal noch rund 750.000. Diese auch für Italien wichtige Industrie produziert heute Stückzahlen auf dem Niveau der frühen 1960er Jahre. Heute liegt die Wirtschaftskraft Italiens noch deutlich unter dem Stand von 2008 und die Industrieproduktion liegt sogar unter dem Niveau von 1990. Kein Wunder, dass in diesem Umfeld die faulen Kredite für die Banken (18,6 Prozent im ersten Quartal 2018) ein Problem sind. Nur die Nullzinspolitik der EZB und der Anleihenkauf der italienischen Notenbank sichern aktuell die Zahlungsfähigkeit des Staates – und die Vollzuteilung der EZB die Liquidität der Banken. Mit einem Austritt Italiens muss man sich daher beschäftigen. Denn ein Programm wie es Griechenland seit 2010 durchlebt hat, würde auch Italien „Weimarer Verhältnisse“ bescheren. Es wäre eine Katastrophe für das Land – und für Europa.

Das Bitcoin-Whitepaper des Pseudonyms Satoshi Nakamoto war eine Antwort auf die Finanzkrise 2008 und die Politik der Notenbanken. Die Initiatoren wollten ein elektronisches Zahlungssystem schaffen, das ohne Banken und Notenbanken auskommt. Es sollte weltweite Zahlungen von einer Partei zu einer anderen Partei ermöglichen. Bitcoins sollten durch ein dezentrales Netzwerk fälschungssicher sein. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass jede Transaktion in einer Blockchain unveränderbar veröffentlicht wird. Die Anzahl der Bitcoins sollte auf 21 Millionen begrenzt werden, so dass eine Inflationierung der Geldmenge nicht möglich ist. Bitcoin macht alles das, was das staatliche Geld nicht tut. Es basiert nicht auf dem Vertrauen in den Staat und seine Notenbank, in der Hoffnung, dass Mario Draghi und seine Mitstreiter alles richtig machen, sondern auf einer Verteilung der Macht auf viele. Das Misstrauen gegenüber der Machtkonzentration auf wenige, die vermeintlich mehr Wissen über die Zukunft haben, hat Bitcoin hervorgebracht. Zentrale Modelle wie der Euro haben den wesentlichen Nachteil, dass man ihnen nur sehr schwer entkommen kann. Die Sparbuchhalter und diejenigen, die in Festgelder investiert sind, wissen das. Sie sind Gefangene der EZB und Mario Draghis. Sie können nicht fliehen. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Euro und Bitcoin ist daher: scheitert der Euro, dann leiden alle darunter. Scheitert der Bitcoin, dann sind es nur diejenigen, die ihn in ihrem Depot halten.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

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Bundesbankpräsident Jens Weidmann hält die Kryptowährung Bitcoin für ineffizient. Mein ehemaliger Kollege und heutiger Vorstand der Bundesbank Carl-Ludwig Thiele versteift sich sogar in der Aussage: „Bitcoin ist kein Geld, sondern ein Spekulationsobjekt“.

Schnell stellt sich die Frage: Was ist überhaupt Geld und ist es immer effizient? Geld ist das allgemein akzeptierte Zahlungsmittel. Und da fängt es schon an. Denn nicht jede staatliche Währung kann das von sich behaupten. In den meisten Entwicklungs- und Schwellenländern ist nicht die eigene staatliche Währung das allgemein akzeptierte Zahlungsmittel, sondern der US-Dollar oder auch der Euro. Dort existiert meist ein blühender Handel mit diesen beiden Leitwährungen. Die dortigen Notenbanken und auch die Regierungen können gegen diesen Handel nicht wirklich etwas unternehmen. Er findet im Verborgenen statt. Weltweit ist unsere Situation im Euro-Raum oder die der Amerikaner in den USA, dass die eigene Währung das allgemein akzeptierte Zahlungsmittel und damit Geld ist, daher eher die Ausnahme.

Zwar versuchen viele Regierungen und Notenbanken ihre Bürger zur Verwendung ihrer Währung zu zwingen, um damit ihre Währung buchstäblich zu Geld zu machen, doch das ist nicht so einfach. Dies funktioniert meist nur durch Zwangsmaßnahmen. Die weiche Form dieser Repression ist der Annahmezwang. Per Gesetz wird definiert, was das gesetzliche Zahlungsmittel im jeweiligen Land ist. So auch bei uns. Der Euro ist seit 1. Januar 2002 alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel. Jeder Gläubiger muss die Zahlung von Euro zur Begleichung von Geldschulden akzeptieren. Ob dies immer gelingt, ist nicht sicher. In Hochinflationsländern ist das schon schwieriger. In diesen Staaten existieren daher viel stärkere Repressionen. Sie werden als Kapitalverkehrskontrollen bezeichnet und fallen sehr unterschiedlich aus. Doch allen diesen Kontrollen ist eines gemein, sie sollen die Währungshalter zwingen, ihre Zahlungsströme ausschließlich in der heimischen Währung abzuwickeln und Devisen (Dollar oder Euro) nicht ins Ausland zu bringen.

Daher sind die Aussagen von Weidmann und Thiele kein wirklicher Erkenntnisgewinn. Denn jede Währung ist auch ein Spekulationsobjekt. Wer in Venezuela lebt und die dortige Währung „Bolivar“ benutzen muss, spekuliert selbstverständlich auf den weiteren Wertverfall der Währung unter der sozialistischen Regierung Maduro. Seit 2015 hat die Währung 75 Prozent gegenüber dem Euro eingebüßt. Wahrscheinlich ist der „Bolivar“ auch nicht besonders „effizient“, denn die Regierung muss immer mehr davon drucken, um den Schein zu wahren. Und dass Chinas Kapitalverkehrskontrollen effizient sind, lässt sich sicherlich auch bestreiten. Schließlich unterhält China dafür einen teuren Überwachungsstaat, der sämtliche Transaktionen ins Ausland „kontrolliert“.

Wenn Bitcoins und Co. keine attraktiven Alternativen zu den staatlichen Währungen wären, dann würden sich die Notenbanker und Regierungen auf dieser Welt auch nicht so intensiv damit beschäftigen. Tatsächlich ist das Aufkommen der Kryptowährungen der erste wirkliche Großangriff auf das staatliche Geldsystem. Und sie werden das Wirtschaftsleben insgesamt verändern, vielleicht sogar revolutionieren. Wer in China, Venezuela oder sonst wo Kapitalverkehrskontrollen entfliehen will, hat mit Bitcoin und Co. viel bessere Möglichkeiten als früher. Daher helfen in solchen Ländern Kryptowährungen dabei, die Lebensdauer von Diktaturen und freiheitsfeindlichen Regimen zu verkürzen.

Doch nicht nur dort wird es zu Veränderungen kommen. Bitcoin und Co. werden Euro und Dollar nicht ersetzen. Sie wollen und werden nur Teilfunktionen von Geld erfüllen. Die eine Währung dient vielleicht dazu, die Zahlungen im grenzüberschreitenden Handel zu vereinfachen. Andere dienen dazu, den Wertpapierhandel zu vereinfachen und wieder andere sind ein ideales Wertaufbewahrungsmittel.

Das war zumindest bei Bitcoin auch die Idee der Initiatoren. Sie wollten eine globale Währung schaffen, deren Umlaufmenge nicht beliebig durch Notenbanken manipuliert und vermehrt werden kann. Die theoretische Basis dafür liefert der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek. 1976 schrieb er ein Buch darüber: „Die Entnationalisierung des Geldes“. Darin schlägt er vor, Geld wie jedes andere Gut zu betrachten und es dem Wettbewerb auszusetzen. In diesem Wettbewerb würde dann das gute – das knappe und werthaltige – Geld das schlechte – das inflationäre – Geld verdrängen. Die Voraussetzung sei die Aufgabe des staatlichen Geldmonopols und des gesetzlichen Annahmezwangs. Wenn jeder das schlechte Geld jeder Zeit in besseres Geld tauschen könnte, würde niemand lange schlechtes Geld freiwillig halten wollen. Dies würde dann auch die Herausgeber des schlechten Geldes, wohl das staatliche Geld, dazu zwingen, ihr Geld besser, also solider, zu machen. Genau so ist die Situation in Venezuela. Keiner will die schlechte Währung, den Bolivar, lange halten, sondern jeder versucht ihn schnell loszuwerden. Macht die Regierung Maduro so weiter, dann wird die Währung mit ihrem Staatspräsidenten irgendwann verschwinden. Zwischenzeitlich ist die gesamte Bevölkerung verarmt. Das ist der entscheidende Unterschied zu Bitcoin und Co. Hier geschieht alles freiwillig und auf eigenes Risiko.

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Wenn sich die Deutsche Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht mit der Blockchain-Technologie (Distributed-Ledger-Technologie) beschäftigt, die hinter der digitalen Währung Bitcoin und anderer steckt, dann ist das schon fast eine Sensation. Bislang war alles um die private Währung Bitcoin herum den Bundesbankern höchst suspekt. Mal warnten sie vor Totalverlust, mal vor der hohen Volatilität und ein anderes Mal vor der mangelnden staatlichen Aufsicht.

Gerade hat Estland die Idee einer staatlichen Kryptowährung „Estcoin“ vorgeschlagen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat wohl auch deshalb vor dieser Entwicklung gewarnt: Eine durch Zentralbanken herausgegebene digitale Währung hätte ein viel größeres Potential für einen Bankrun als das heutige analoge Geld. Weidmann argumentierte, dass sich eine Bank gegen den Abzug digitalen Geldes nicht schützen könne, und daher das Finanzsystem viel stärker gefährdet sei. Das ist eine bemerkenswerte Aussage, denn der Notenbank-Chef offenbart damit eigentlich die Schwäche des eigenen staatlichen Geldsystems. Es ist durch die Geldproduktion aus dem Nichts erst so anfällig geworden. Erst dadurch, dass Banken Kredite und damit neues Geld aus dem Nichts produzieren können, ist es anfällig für Bankruns. Denn dieses Geld ist als Bargeld nicht ausreichend vorhanden. Weniger als 10 Prozent der Geldmenge ist Bargeld, der Rest ist Giralgeld, das auf den Konten herumliegt oder im Geldkreislauf digital unterwegs ist.

Wollen alle Kunden einer Bank zur gleichen Zeit an ihr Geld und sich dieses als Bargeld auszahlen lassen, macht die Bank „Ferien“ und schließt die Schalter auf unbestimmte Zeit. In Argentinien, Griechenland und Zypern war das gerade Fall. Daher ist die Sorge Weidmanns durchaus berechtigt. Weidmann bewegt sich jedoch gedanklich in seinem geschlossenen System und verlässt dieses geistige Gefängnis nicht.

Auch im Monatsbericht der Bundesbank wird lediglich darüber nachgedacht, wie eine digitale staatliche Währung oder die Verwendung der Blockchain-Technologie zu Vorteilen für das staatliche Geldsystem führen kann. Im Bericht heißt es dazu: „Bislang ist nicht erkennbar, dass der Einsatz der Digital-Ledger-Technologie im Zahlungsverkehr in einem einheitlichen Währungsraum im Vergleich zu etablierten Abwicklungssystemen Effizienzgewinne erzielen kann.“ Das ist natürlich viel zu kurz gesprungen. Denn es geht nicht darum, im Rahmen eines Großversuches allen ein neues, besseres Zahlungs- oder Wertpapierabwicklungssystem überzustülpen, sondern einen Wettbewerb der Systeme zuzulassen. Denn diese „Effizienzgewinne“ des derzeitigen Systems werden mit einem enormen Aufwand erkauft. Allein für die Überwachung der Banken sind im weltweiten Regulierungsprozess direkt über 110.000 Angestellte beschäftigt. Schätzungen gehen davon aus, dass das Sechsfache davon zusätzlich bei Zuarbeitern in anderen Wirtschaftszweigen (IT, Wirtschaftsprüfer, etc.) hinzukommt (Bernd Lüthje: „Basel Vier. Das Ende des Basel-Regimes“, 2013).

Doch eines zeigt der Bundesbank-Bericht sehr deutlich. Die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie im Finanzsektor sind durch die hohen Regulierungshürden begrenzt. Letztlich haben die Bundesbank und die EZB überall den Daumen drauf. Ohne sie läuft nichts. Die Wahrscheinlichkeit, dass Beamte in Frankfurt die Anwendung der Blockchain-Technologie bei Banken und Versicherungen zulassen, ist so wahrscheinlich, wie dass Martin Schulz Bundeskanzler wird.

Daher werden die Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain-Technologie sicherlich nicht zuvorderst im Bankensektor stattfinden, sondern in Wirtschaftsbereichen, die weniger stark reguliert werden. Hier wird sich die Digital-Leger-Technologie viel eher durchsetzen und Anwendungsmöglichkeiten finden. Doch eines sollte auch der Deutschen Bundesbank klar sein: In einer offenen Welt lassen sich Entwicklungen dieser Art nicht aufhalten. Man kann sie im eigenen Land hemmen, sanktionieren oder zu verhindern versuchen, letztlich finden sie dann andernorts statt. Politik kann die Gesetze des Marktes verzögern, aber nicht dauerhaft ausschalten.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

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Von Ralph Bärligea, Bankenberater, Hochschuldozent und Gesellschafter eines IT-Start-ups.

Die letzten Tage ging es heiß her: Die chinesische Regierung verbietet den Börsenhandel mit Kryptowährungen. Mit BTCChina schließt eine der größten Börsen für Kryptowährungen. Der Kurs eines Bitcoins lässt von seinem Allzeithoch von rund 4.900 US-Dollar um mehr als ein Drittel nach auf rund 3.050 US-Dollar. Auch die Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen zusammengenommen, hat von ihrem Höchststand bei rund 172 Milliarden US-Dollar auf rund 107 Milliarden US-Dollar in gleicher Weise nachgelassen. Dazu kommen Aussagen wie kürzlich auch vom Chef der US-Großbank JP Morgan Jamie Dimon, der Bitcoin sei Betrug, ein Schneeballsystem und schlimmer als die Tulpenzwiebelblase. Es ist darum angebracht, sich mit den Hintergründen des jüngsten Kurseinbruches und den Vorwürfen gegen Kryptowährungen sachlich auseinanderzusetzen, um den Bedenkenträgern Antworten auf ihre Fragen zu geben. Die fünf häufigsten Bedenken gegen Kryptowährungen sind nämlich schlicht falsch, wie der folgende Beitrag zeigt.

Kryptowährungen sind unabhängig von zentralen Handelsbörsen

Als ich vor zwei Wochen bei einer Podiumsdiskussion mit Dirk Schrade von der Deutschen Bundesbank sprach, äußerte sich dieser moderater, aber ähnlich skeptisch wie JP Morgan Chef Dimon. Er führte außerdem an, dass Kryptowährungen ebenso wie jede andere Währung auf eine Infrastruktur klassischer Finanzintermediäre, wie Wallet-Anbieter und Börsenplätze, angewiesen seien und insofern gar keine Vorteile gegenüber klassischen Währungen böten.

Wenn man sich den Kurseinsturz in Folge des Börsenverbots in China ansieht, scheint Dirk Schrade damit nicht Unrecht zu haben. Dennoch stimmt seine Aussage nicht ganz. Kryptowährungen funktionieren grundsätzlich dezentral und natürlich lässt sich auch der Handel mit ihnen dezentral organisieren. Zentrale Börsenplätze wie BTCChina stellen eine Brücken-Technologie des alten Internets 1.0 und 2.0 dar, die das gewohnte Nutzungsverhalten der Internet-User bedienen und so Kryptowährungen zu mehr Verbreitung verhelfen. Mittel bis langfristig werden solche Börsen in Web und Industrie 4.0 allerdings überflüssig, da auch zur Abwicklung des Handels dezentrale Blockchain-Technologien zur Verfügung stehen, die kostengünstiger und sicherer sind. Denn Handel lässt sich über Smart Contracs auf der Blockchain auch ganz ohne zentrale Börsenbetreiber organisieren, womit Kosten für und Vertrauen in solcher Betreiber gar nicht mehr erforderlich sind. Der Vorwurf, Kryptowährungen seien auf klassische Finanzintermediäre angewiesen, ist als ob man den ersten Automobilkonzernen vorgeworfen hätte, dass sie die Teile zum Bau ihrer Autos, immer noch mit Pferdefuhrwerken antransportieren. Tatsächlich gab es solche Meinungen, zum Beispiel sagte Kaiser Wilhelm der Zweite (1859 – 1941), „Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“ Wer heute glaubt, Kryptowährungen seien eine vorübergehende Erscheinung, denkt ähnlich, denn ihre Vorteile liegen zu klar auf der Hand. An dieser Stelle sei auf eine hervorragende Zusammenfassung von Dr. Robert Bosch verwiesen, der die ökonomische und technische Funktionsweise der Blockchain-Technologie in der WELT erklärt.

Kryptowährungen haben mit Schneeball- und Betrugssystemen nichts gemeinsam

Ein Schneeballsystem ist per Definition ein System, aus dem Auszahlungen an bestehende Teilnehmer nur durch Auszahlungen aus der Substanz und Einzahlungen neuer Teilnehmer finanziert werden. Gewinne können die Einleger also nur machen, wenn immer neue Einzahlungen hinzukommen und das System immer mehr Teilnehmer erhält. Da aber die Anzahl möglicher Teilnehmer naturgemäß begrenzt ist, muss ein solches System früher oder später zusammenbrechen. Für diejenigen, die als Letzte in ein solches System einsteigen, winkt der Totalverlust. Anders sieht es bei Kryptowährungen aus, bei welchen es sich um eigenständige digitale Einheiten handelt, die über die ihnen zu Grunde liegende Blockchain-Technologie fälschungssicher einem Eigentümer, bzw. Wallet-Inhaber zugeordnet werden. Diese digitalen Einheiten existieren autonom und in einer durch den jeweiligen Algorithmus der Kryptowährung klar definierten Menge: Meistens, wie beim Bitcoin, und anders als beispielsweise bei allen staatlichen Währungen, mit einer vorab klar definierten Obergrenze. In das System einer Kryptowährung, werden keine Einzahlungen getätigt, es existiert selbständig digital, unabhängig von der Anzahl der Nutzer oder seinem Wert. Wie prinzipiell auch bei klassischen Währungen in Barform, gibt es bei der Kryptowährung, die man einfach wie einen Gegenstand besitzt, kein Verlustrisiko, es sei denn, man verliert sie, oder sie wird gestohlen. Lediglich für die Kaufkraft, also den Wert der Kryptowährungen gegenüber anderen Gütern gibt es Risiken. Dieses Risiko gilt aber für alle anderen Geldarten ebenso.

Kryptowährungen unterliegen denselben ökonomischen Regeln wie staatliche Währungen

Die digitalen Einheiten der Kryptowährungen werden wegen ihrem Nutzen als Geld und Anlageobjekt nachgefragt und haben, wie klassische Währungen auch, einen Marktwert. Wie wir wissen, erhöhen die staatlichen Zentralbanken ihr Geldangebot durch das Drucken neuen Geldes digital oder in Papierform ständig und beeinflussen damit auch den Marktwert der jeweiligen Währung. Die Geldmenge von beispielsweise Bitcoin jedoch ist begrenzt, in diesem Fall auf 21 Millionen. Das Zentralbankgeld der Staaten, ob in digitaler Form als Zentralbankguthaben der Banken, oder in Form von Scheinen und Münzen, ist ebenso eine rein virtuelle Einheit und durch nichts gedeckt, außer dem Glauben, sich auch in Zukunft noch etwas für das Geld kaufen zu können, bzw. dem Vertrauen, dass es in naher Zukunft keine echte Alternative geben wird. Dieses Geld wird zentral kontrolliert, was es manipulationsanfällig macht. Die Schaffung immer größerer Geldmengen, sowie bei der Rettung von großen Banken und insolventen Staaten durch Zentralbankgeld machen das Ausmaß der Eingriffe deutlich. Finanziert werden diese Eingriffe durch die Geldverwender, deren Geld- und Sparguthaben dadurch an Wert verlieren.

Verschuldete Staaten und Banken hingegen sind auf immer mehr und neues „billiges“ Geld, also neue Einzahlungen der Zentralbank in das System angewiesen. Tatsächlich wächst die Geldmenge bei staatlichen Währungen wie dem Euro sogar exponentiell. Seit der Euro-Einführung hat sich die Geldmenge in der Euro-Zone beispielsweise schon verdreifacht. Es ist kaum vorstellbar, dass sich solche Währungen dauerhaft auf dem Markt durchsetzen können, sofern es ausreichend Alternativen gibt. Darum nehmen sowohl die Zentralbanken als Betreiber als auch Staaten und Banken als Profiteure staatlicher Währungen Kryptowährungen als Konkurrenten sehr ernst. Denn je mehr Kryptowährungen sich durchsetzen, desto schwächer wird der Einfluss der Zentralbanken auf die Wirtschaft und die Verteilung von Geld. Derzeit ist das global vorherrschende Tauschmittel noch immer das Gold, welches darum nicht ohne Grund und mit großem Respekt von Zentralbanken als Rückversicherung für ihre Vormachtstellung am Geldmarkt gehalten wird. Der wohl bekannteste Zentralbankchef der Welt Alan Greenspan meint hierzu „Gold ist eine Währung – Es ist noch immer die wichtigste Währung, an die keine andere Währung herankommt – inklusive des Dollars.“

Kryptowährungen haben einen fundamentalen Wert in ihrer Rolle als Zahlungsmittel

Eine verbreitete Annahme ist, dass Kryptowährungen lediglich als Spekulationsobjekt dienen und gar nicht oder kaum als Geld zur tatsächlichen Abwicklung von Zahlungsvorgängen zum Bezahlen von Gütern und Dienstleistungen genutzt werden. Dann gibt es noch die Aussage, dass die meisten Transaktionen auf den bloßen Handel mit Kryptowährungen zurückzuführen sind oder, und jetzt wird es fast absurd, sogar auf nicht menschlichen Handel allein durch Roboter. Zunächst einmal will ich klarstellen, dass Bitcoin gefolgt von Etherium bereits die führenden Währungen sind, um andere Kyptowährungen und auch sogenannte Kryptoassets zu kaufen. Kryptoassets sind vergleichbar mit Aktien, mit der Ausnahme, dass sie nicht über den klassischen Aktienmarkt, sondern über die Blockchain-Technologie emittiert werden. Ohne diese beiden genannten Kryptowährungen ist es nahezu unmöglich Kryptoassets oder bestimmte Kryptowährungen mit Spezial- oder Nischenfunktionen zu kaufen. Allein dadurch sind diese beiden führenden Kryptowährungen schon unumgänglich. In der Welt der Kryptowährungen und Kryptoassets sind Bitcoin und Etherium längst allgemein akzeptiertes und alltäglich praktiziertes Zahlungsmittel. Auch die Preise anderer Kryptowährungen und Krypotassets werden in dieser Welt in Bitcoin oder Etherium angegeben. Diese beiden Währungen erfüllen also in diesem Bereich nicht nur die Zahlungsmittel-, sondern auch die sich aus ihr ableitende Recheneinheitsfunktion des Geldes. Natürlicherweise wird daher auch Kasse in diesen Währungen gehalten, womit die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes durch sie erfüllt wird. Darüber hinaus beobachten wir, dass immer mehr Händler des alltäglichen Bedarfs den Bitcoin als Währung akzeptieren, darunter Kneipen, Online-Händler und seit kurzem eine japanische Fluglinie. Die Gründe, warum sich Kryptowährungen hervorragend als Geld eigenen sind folgende:

  1. Anders als Gold und ebenso wie staatliche Währungen haben sie keine physisch relevante Größe, lassen sich also leicht und kostengünstig transferieren und lagern.
  2. Analog zu Gold aber im Gegensatz zu staatlichen Währungen sind sie in ihrer Menge limitiert und nicht zentral kontrolliert, wodurch die Inflationsrisiken erheblich sinken.
  3. Anders als bei staatlichen Währungen sind Kryptowährungen für das Überweisen von Geld auf kein Bankensystem angewiesen, womit Administrationskosten und Bonitätsrisiken gegenüber Banken entfallen. Aus den genannten Eigenschaften ergibt sich der fundamentale Wert der Kryptowährungen als Geld.

Kryptowährungen sind grundsätzlich unabhängig von Staaten und Regulierung

Staatliche Entscheidungen wie die Chinas, den Börsenhandel mit Kryptowährungen zu verbieten, haben kurzfristig einen Einfluss auf die Akzeptanz und den Wert der Kryptowährungen. Mittel- bis langfristig müssen sie diesen jedoch verlieren. Als in seiner Anfangsphase der Bitcoin noch Wertschwankungen von über 90 Prozent unterlag nahmen die Staaten keine größere Notiz von ihm. Ob der Wert des Bitcoins in nur wenigen Monaten von beispielsweise 22,59 US-Dollar am 6. Juni 2011 auf nur 2,26 US-Dollar am 14 November 2011 viel, hat nominal betrachtet bei einem derzeitigen Kurs von mittlerweile wieder rund 4.000,00 US-Dollar kaum noch irgendeine Bedeutung. Dass der Kurs kurz vor und nach einer so gravierenden Entscheidung wie dem Börsenverbot auf dem nahezu wichtigsten Markt in China binnen zwei Wochen nur um rund ein Drittel nachgelassen hat, zeigt im Vergleich zur viel schwankungsreicheren gesamten Kurshistorie des Bitcoins, wie untergeordnet der Einfluss staatlicher Interventionen auf Kryptowährungen ist und wieviel wichtiger die fortwährend bestehenden Marktmechanismen sind. Sieht man sich die Kursschwankungen des Bitcoins an, kann man feststellen, dass sie mit seiner zunehmenden Verbreitung immer weiter abnehmen. Dies liegt daran, dass sich durch die zunehmende Verbreitung, Angebot und Nachfrage immer mehr normalisieren.

Plötzliche Wertschwankungen von bis zu 50 oder gar 60 Prozent kommen darüber hinaus auch beim Goldpreis oder auf dem Aktienmarkt vor, während bei staatlichen Währungen historisch betrachtet mehrfach sogar der Totalverlust eintrat. Erst kürzlich hat sich der Butterpreis quasi über Nacht verdoppelt. Solche Wertschwankungen sind also nichts Ungewöhnliches. Staaten, die sich den Vorteilen neuer Technologien, wie den Kryptowährungen versperren, werden auf Dauer wettbewerbliche Nachteile erfahren. Insgesamt haben Staaten auf die Frage, ob sich Kryptowährungen als Technologie durchsetzen werden, genauso wenig Einfluss wie auf die Durchsetzungskraft anderer Technologien, wie etwa der Eisenbahn, dem Flugzeug, dem Computer, der Elektrizität und vieler mehr. Staaten treten häufig als Konsumenten dieser Technologien auf und haben im globalen Wirtschaftsgeflecht einen schwereren Stand, wenn sie nicht in der Lage oder gewillt sind, diese zu nutzen und ein innovationsfreundliches Umfeld zur Schaffung neuer Technologien zuzulassen. Längst hat beispielsweise das viel kleinere Japan China beim Bitcoin-Handel überholt.

Was das richtige Geld ist, ist also keine ideologische Frage, sondern hängt vom praktischen Nutzen ab, also von der Frage, welcher Stoff die Geldfunktionen Tauschmittel, Wertaufbewahrung und Recheneinheit am besten erfüllt. Hier bieten Kryptowährungen klare Vorteile gegenüber staatlichen Währungen, aber eben auch Klassikern wie Gold und Silber. Und es liegt auf der Hand, dass weder Gold, noch Silber und ganz bestimmt auch nicht das Zentralbankgeld der Staaten auf veralteten IT-Systemen, Papierscheinen oder Metallmünzen das Geld der Zukunft im digitalen Zeitalter sein können. Die Zukunft gehört den Kryptowährungen.

Photo: Nicolas Alejandro from flickr.com (CC BY 2.0)

 

Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek hatte 1976 in seinem Buch „Die Entnationalisierung des Geldes“ vorgeschlagen, Geld wie jedes andere Gut zu behandeln und dem privaten Wettbewerb auszusetzen. Das erfordert, dass der Staat andere Währungen nicht diskriminiert, indem er sein eigenes Geld nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel definiert und mit einem Annahmezwang verbindet. Wäre dies der Fall, dann würde das gute, also das knappe und werthaltige, Geld das schlechte, nämlich das staatliche und inflationäre, verdrängen oder zur Solidität zwingen. Denn niemand will dauerhaft schlechtes Geld behalten. Hayek glaubte, dass dadurch ein evolutorischer Übergang zu gutem Geld möglich sei, der sonst nur durch schwere ökonomische Verwerfungen gelingen kann. Denn jede klassische Währungsreform hat schwerwiegende Folgen für die Geldhalter, insbesondere dann, wenn die alte Währung am Ende ist.

Daher sind mir Vorschläge aus Deutschland wie die Rückkehr zur D-Mark, die Spaltung in Nord- und Süd-Euro und andere konstruktivistische Vorschläge immer suspekt gewesen. Niemand kann garantieren, dass die Staaten, die sich dann für einen Nord-Euro entschieden haben, künftig und für alle Zeit die Fiskalregeln einhalten, die Notenbank dann endlich eine solide Geldpolitik betreibt und der Währungsraum nicht wieder auseinandertriftet. Vielleicht kommt man dann lediglich von der Traufe in den Regen. Aber warum nicht gleich ein System einführen, in dem es noch trockener wird?

Die Zeit mancher Ideen kommt spät

Viel entscheidender sind derzeit jedoch die Übergangsprobleme, die bei den verschiedenen Lösungsvorschlägen meist keine Rolle spielen. Sie sollten jedoch in den Blick gerückt werden. Nicht nur die Frage der Target-Salden in den Zahlungsbilanzen der Notenbanken sind hier entscheidend, sondern auch die Forderungen von heimischen Bürgern und Unternehmen gegenüber Bürgern und Unternehmen im übrigen Euro-Raum. Sie müssten auf einen Schlag abgeschrieben und wertberichtigt werden, was viele wirtschaftlich nicht überleben würden.

Wie sehr die Idee des Währungswettbewerbs inzwischen den Mainstream erreicht hat, zeigt die Jahrestagung des „Vereins für Socialpolitik“, die gerade in Wien zu Ende gegangen ist. Die älteste, renommierteste und größte Vereinigung von Volkswirten im deutschsprachigen Raum, die 1873 gegründet wurde, beschäftigte sich in Wien mit „Alternativen Geld- und Finanzarchitekturen“. Von Bitcoin über Vollgeld bis zu free banking ist alles dabei. Das ist besonders bemerkenswert, da sich im „Verein für Socialpolitik“ historisch gesehen die Widersacher zur Österreichischen Schule der Nationalkökonomie sammelten, deren bekannteste Vertreter Carl Menger, Eugen von Böhm-Bawerk, Ludwig von Mises und eben Friedrich August von Hayek sind, und die allesamt aus Wien stammten oder dort lebten. Diese bezeichneten damals die Mitglieder im „Verein für Socialpolitik“ als Kathedersozialisten, weil sie einen Mittelweg zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft propagierten.

Die Wurzel des Übels ist ungedeckte Kreditausweitung

Der Begründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie Carl Menger war es, der 1883 den Methodenstreit mit Gustav von Schmoller, dem langjährigen Vorsitzenden des Vereins für Socialpolitik, führte. Schmoller vertrat die Auffassung, dass die Ökonomie quasi wie in der Naturwissenschaft durch die Beobachtung von Vorgängen zu einem Ergebnis kommen könne. Menger hielt das für falsch und behielt letztlich recht. Dennoch prägte Schmoller mit der „Historischen Schule“ über viele Jahrzehnte die Volkswirtschaftslehre und die entsprechenden Lehrstühle im deutschsprachigen Raum Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts – und vielleicht noch heute.

Wenn sich jetzt der Verein für Socialpolitik in Wien trifft und über Geldwettbewerb, Privatwährungen und eine neue Geldordnung diskutiert, ist das eine späte Hommage an Carl Menger und Friedrich August von Hayek. Es zeigt, dass die Konzepte der Österreicher im Mainstream angekommen sind. Das ist gut, denn auch das Gros der heimischen Volkswirte hat die Krise 2007/2008 nicht vorhergesehen. Deren Antworten auf die Überschuldungskrise von Staaten und Banken in Europa und den USA gehen meist über eine intensivere Regulierung, höhere Eigenkapital-Anforderungen für Banken und mehr Zentralismus nicht hinaus. Doch an die Wurzel des Übels trauen sich nur wenige: Es ist die ungedeckte Kreditausweitung und die dadurch verursachte Geldschöpfung aus dem Nichts, die Blasen an den Aktien- und Immobilienmärkten erzeugen, die sich korrigieren, sobald die Investoren sich daraus zurückziehen, weil sie nicht mehr an deren Vollendung glauben. Panik und das Platzen der Kreditblase sind die Folge. Schon eine leichte Zinsänderung der Notenbanken kann das auslösen.

Wettbewerb als Entdeckungsverfahren

Wie es anders geht, hat Hayek dargelegt. Sein Modell startet nicht einen neuen Großversuch, sondern ermöglicht ein Entdeckungsverfahren im Kleinen. Einzelne gehen einen neuen Weg auf eigenes Risiko. Scheitern sie, dann verschwinden sie vom Markt. Haben sie Erfolg, dann finden sie Unterstützer, Nutzer und Nachahmer. Selbst staatliche Notenbanken werden dadurch gezwungen, gutes Geld zu produzieren, die Geldmenge also nicht übermäßig auszuweiten. Ansonsten steigen die Zinsen für die Nutzer des staatlichen Geldes, weil die Nachfrage danach sinkt und Alternativen genutzt werden. Nimmt die Regierung Kredit in dieser staatlichen Währung auf, muss sie so lange mehr Zinsen bezahlen, bis sie wieder eine seriöse Finanzpolitik macht. Ein Aufschieben der Anpassung kann nicht passieren, der Markt bestraft unsolides Handel sofort und entschlossen. Das hilft am Ende allen: Den Regierungen, die für solide Finanzen belohnt werden, und den Bürgern, die nicht mehr Gefangene eines währungspolitischen Großversuches sind.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.