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Gutes Geld braucht Wettbewerb. Stablecoins zeigen was möglich ist. Fortgesetzte Beobachtungen zur Revolutionierung des Geldsystems durch die Blockchain.

SBF und Gomorrha

Krypto hat es mal wieder über die mediale Aufmerksamkeitsschwelle geschafft. Und wie so oft, wenn Bitcoin und Co. Schlagzeilen machen, zeichnet die Berichterstattung über die Pleite der bis dato drittgrößten Kryptobörse der Welt „FTX“ ein Bild von Sodom und Gomorrha. Wie passend, dass ich an dieser Stelle vor vier Wochen versprach, zu erklären warum die Blockchaintechnologie uns endlich gutes Geld liefern könne. Sind wir ganz ehrlich: FTX war Sodom und Gomorrha. Sam Bankman-Fried (liebevoll SBF genannt) betrog seine Kunden um Milliarden, während er in Washington das Image des Krypto-Saubermanns pflegte. Das zahlte sich aus. SBF war nicht nur der zweitgrößte Spender von Joe Bidens Präsidentschaftskampagne. FTX galt als die „am meisten regulierte“ aller zentralen Kryptobörsen. Und gewann damit viele institutionelle Kunden und Privatanleger. Nun ist FTX bankrott, das Geld ist lange weg. Und die Konkurs-Unterlagen legen offen, dass jede Sechsjährige eine bessere Buchhaltung für ihren Kaufladen hat. Wenn FTX ähnlich fantasievoll darin war, sich nicht vorhandenes Geld einfach auszudenken, ist das katastrophal für die Anleger und peinlich für die Regulierer, aber doch kein Grund, sich mit unserem Geld abzufinden.

Gutes Geld braucht Wettbewerb

Wer heute seine Hausbank damit beauftragt, 1.000 Euro in die USA zu überweisen, den kostet das ganze ca. 30 Euro und es dauert in der Regel 3-5 Tage. Sparkonten haben in den letzten 12 Monaten fast 10 Prozent an Kaufkraft verloren. Und die plötzlich rasant steigenden Zinsen bringen Aktien- und Kreditmärkte kräftig durcheinander. So mancher Häuslebauer kam im Boom fast zum Nulltarif an Kapital und fürchtet sich nun vor dem Auslaufen der Zinsbindung. Nicht zu reden von all den Währungen, die in den vergangenen Monaten massiv gegenüber der Weltreferenzwährung Dollar an Wert verloren haben. Ein massives Problem für Menschen, deren Staaten überwiegend Güter importieren. Überhaupt: Im Vergleich zu Hochinflationsländern wie der Türkei oder Argentinien haben wir es sogar noch gut.

Unser Geld ist nicht gut – zumindest gibt es viele Punkte, in denen es besser sein könnte. Und der Grund dafür ist, dass es nicht im Wettbewerb steht. Denn im Grunde gibt es auf der ganzen Welt nur ein Geldsystem verschiedener Abwandlungen – das zentralbankkontrollierte Fiat-Geld. Doch Innovation funktioniert nicht, indem wir Dinge ein für alle Mal festlegen, dann eine Kommission damit beauftragen, den Status Quo möglichst gut zu erhalten, und alle Alternativen entweder verbieten oder unmöglich machen. Innovation braucht den Wettbewerb verschiedener Ideen um die bestmögliche Problemlösung.

Stablecoins zeigen was möglichst ist  – und was nicht

Wettbewerb ist ein Entdeckungsverfahren, sagte Friedrich August von Hayek. Und nichts würde die Welt der Kryptowährungen besser beschreiben. Das zeigt zum Beispiel der Wettbewerb zwischen verschiedenen „Stablecoins“. Diese knüpfen ihren Handelswert an den eines Referenzgutes, zumeist des US-Dollars. Im Idealfall ist ein Token also immer gegen einen US-Dollar eintauschbar. Ziel der Stablecoins ist es, dem zumeist sehr volatilen Krypto-Markt einen sicheren Hafen zu geben, ohne aber Werte von der Blockchain abziehen zu müssen und dadurch die Vorteile von Transparenz, Sicherheit und Effizienz zu verlieren. Mittlerweile machen Stablecoins knapp 20 Prozent des Krypto-Marktes aus, mit einer Marktkapitalisierung von 150 Milliarden Dollar. Doch Stablecoin ist nicht gleich Stablecoin. Die großen Anbieter konkurrieren mit unterschiedlichen Konzepten um Kunden.

So gibt es die zentralisierten und voll gedeckten Stablecoins wie Tether, USDC und BUSD. Diese versprechen, alle von ihnen ausgegebenen Token eins zu eins mit Werten außerhalb der Blockchain zu hinterlegen. Zumeist mit Währungsreserven in Dollar oder Staatsanleihen. Und sie verpflichten sich, die von ihnen ausgegebenen Token gegen Auszahlung von US-Dollar zurückzunehmen. Ein durchaus einträgliches Geschäft in Zeiten, in denen die 20-jährige US-Staatsanleihe mit 4 Prozent verzinst wird.  Und vergleichbar mit dem Dollar als dieser noch mit Gold hinterlegt war. Die zentralisierten Stablecoins sind zwar weit verbreitet, aber nicht unumstritten. Denn was wirklich hinterlegt ist, lässt sich nur schwer prüfen. Es liegt außerhalb der Blockchain auf Währungskonten und in Depots. Das ist ganz anders bei zwar voll gedeckten, aber dezentralen Stablecoins, auch algorithmische Stablecoins genannt. Hier liegen die hinterlegten Werte auf der Blockchain und sind für alle offen einsehbar. Der größte algorithmische Stablecoin „DAI“ hat eine Marktkapitalisierung von 5 Milliarden US-Dollar und Rücklagen in Höhe von knapp 8 Milliarden. DAI wird von einer sogenannten „DAO“ organisiert, einer decentralised autonomous organisation. Diese verwaltet aber mehr als dass sie wirklich Einfluss nimmt. Jeder Blockchainnutzer, der über eine akzeptierte Sicherheit (zum Beispiel Bitcoin) verfügt, kann diese bei der DAO hinterlegen und dafür DAI in einem bestimmten Verhältnis erhalten. Verliert die Sicherheit stark an Wert, wird sie von der DAO eingezogen.

Dezentrale und voll gedeckte Stablecoins haben viele Vorteile. Sie sind sehr sicher und verlieren bisher auch in turbulenten Zeiten nicht die Bindung an die Referenz. Und sie erfüllen die Vision der Blockchain. Jeder, absolut jeder, kann zu jeder Zeit und in Echtzeit Einblick nehmen in alle Werte, mit denen der DAI-Token hinterlegt ist. Ander als bei FTX können sich Betrüger nicht einfach Werte ausdenken und das Geld argloser Kunden für schicke Penthäuser auf den Bahamas rausballern. Die Blockchain lügt nie. Das einzige Manko mit dieser Art von Stablecoins: Sie ist nicht sonderlich effizient. Man benötigt immer deutlich mehr Kapital an Sicherheit als man ins Stablecoins ausgezahlt bekommt. Der heilige Gral wäre also ein nicht gedeckter, dezentraler Stablecoin. Oder auch nicht. Der Fall (!) des Terra USD, der genau das sein sollte und nach einem kometenhaften Aufstieg zu Anfang des Jahres quasi über Nacht 18 Milliarden Dollar an Wert vernichtete, war am Ende eben doch zu schön um wahr zu sein.

Auf der Blockchain wäre der US-Dollar ein Shitcoin

Sicher, heutige Stablecoins sind noch weit davon entfernt, das Geldsystem nachhaltig zu revolutionieren. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Gold) sind die meisten Stablecoins noch an den ungeliebten aber alles entscheidenden Dollar gebunden. Aber sie evolvieren das System. Sie entwickeln im Wettbewerb miteinander immer effizientere Lösungen. Und sie zeigen, was möglich ist und was nicht.  Das mag für manchen Anleger schmerzhaft ausgehen, gleichzeitig locken für Early Adpoter aber auch auf den traditionellen Finanzmärkten nicht erzielbare Gewinne. Und die Anleger werden vorsichtiger. Sicherheit und Transparenz spielen eine immer größere Rolle auf den schnelllebigen Kryptomärkten. Anbieter, die hier nicht mitspielen wollen oder können, werden manchmal innerhalb weniger Stunden vom Markt getilgt.

Es erscheint im Vergleich dazu wie Hohn, dass wir außerhalb der Blockchain dazu gezwungen werden, das ungedeckte, intransparente und für politische Zwecke manipulierte Geld des Staates zu gebrauchen. Auf der Blockchain würde ein solcher Token nur als „Shitcoin“ bezeichnet. Als Kryptowährung mit unklarem oder gar keinem Wert.