Photo: Herry Lawford from Flickr (CC BY 2.0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus.

Dass hierzulande der Staat in manchen Fällen weiterhin als Monopolanbieter auftritt, ist sicher historisch begründet. Nun zeigen aber die Erfahrungen aus der jüngsten Vergangenheit und die erfolgreiche Privatisierung einiger Brachen, dass auch in Deutschland die gesellschaftliche Gesamtwohlfahrt durch Privatisierung gesteigert werden könnte.

Vorschläge zur Privatisierung öffentlicher Unternehmen werden oft kontrovers diskutiert. Aktuell sorgt der Verkauf von 33.000 Wohnungen an private Investoren in Bayern für Aufsehen. Selbst wenn nicht die öffentliche Finanzierung, sondern lediglich die öffentliche Bereitstellung einer Leistung zur Debatte steht, begegnen nicht wenige Menschen Privatisierungen skeptisch. Sie argumentieren mit Hinweis auf vermeintliche Desaster wie die Bahnprivatisierung in England, dass die von Privatisierungsbefürwortern versprochene segensreiche Wirkung für Konsumenten nicht eintritt.

Viele jüngere Privatisierungsmaßnahmen sind allerdings Erfolgsgeschichten, so in Deutschland z.B. im Telekommunikationssektor und in der Gesundheitsinfrastruktur. Dass die Übertragung vormals öffentlich bereitgestellter Leistung an Private für die Konsumenten in der Regel positive Folgen hat, ist nicht überraschend: Private Anbieter haben einen stärkeren Anreiz zur ressourcenschonenden Bereitstellung von Leistungen. Darüber hinaus bieten Privatisierungen die Chance, von einem Monopolanbieter beherrschte Märkte für den Wettbewerb zu öffnen.

 

 

Bund, Länder und Kommunen sollten weitere Privatisierungen in Betracht ziehen.

Privatisierung schont Ressourcen

Wäre die Bereitstellung von Leistungen durch den Staat genauso effektiv wie die private Bereitstellung, gäbe es vielleicht ethische Argumente für die Privatisierung, aber keine ökonomischen.

Die Effektivität unterscheidet sich jedoch. Denn die Anreizstruktur der Eigentümer und Manager eines Privatunternehmens ist eine andere als jene eines Staatsunternehmens. Die Eigentümer privater Unternehmen profitieren von Effizienzsteigerungen direkt. Gelingt es ihnen, die Nachfrage zu einem geringeren Preis zu bedienen oder die Qualität zu erhöhen, wandern zusätzliche Profite in ihre eigene Tasche. Das schafft einen starken Anreiz zu ressourcenschonender Leistungserbringung. Die steuerzahlenden Eigentümer und bedienstete Manager öffentlicher Unternehmen profitieren persönlich von einer effizienteren Bereitstellung dagegen kaum.

Damit es zu den erwünschten Effizienzsteigerungen kommt, muss die Privatisierung substantiellen Charakter haben und über die rein formale Umwandlung der Rechtsform eines staatlichen Unternehmens hinausgehen. Die Deutsche Bahn – oft zitiertes Beispiel für eine angeblich gescheiterte Privatisierung – hat eine solche substantielle Privatisierung fast 25 Jahre nach der Bahnreform noch vor sich. Auch als Aktiengesellschaft befindet sie sich zu 100 % im Staatsbesitz.

Privatisierung intensiviert den Wettbewerb zwischen Anbietern

Ein weiterer Vorteil entsteht, wenn die Privatisierung den betreffenden Markt für den Wettbewerb öffnet. Konsumenten profitieren vom Wettbewerb zwischen Unternehmen, da die um Kunden konkurrierenden Anbieter Leistungen stets günstiger oder in besserer Qualität bereitstellen müssen.

Theoretisch könnten auch Staatsunternehmen miteinander konkurrieren. Doch spricht wenig dafür, dass Wettbewerb zwischen ihnen zu ähnlich schonendem Umgang mit Ressourcen führt wie Wettbewerb zwischen Privatunternehmen. Die Anreize dafür fehlen schlicht. Auch eine halbherzige Privatisierung, bei der neben staatlichen auch private Anbieter zugelassen werden, ist der rein staatlichen Bereitstellung daher vorzuziehen.

Sogar private Monopole sind effizienter

Selbst wenn kein Wettbewerb möglich ist oder zugelassen wird, birgt Privatisierung Vorteile für Konsumenten. Staatliche Monopole sind weniger bemüht, Effizienzsteigerungen durch kostensenkende und qualitätssteigernde Innovationen herbeizuführen. Privatisierung ist in vielen Fällen also auch dann sinnvoll, wenn die Marktstruktur, also das Ausmaß des Wettbewerbs und der Regulierung, unverändert bleibt. Das gilt auch für Industrien, in denen sich aufgrund starker Skalen- und Netzwerkeffekte natürliche Monopole bilden. Auch hier können private Anbieter vom Staat reguliert werden, zum Beispiel hinsichtlich ihrer Preispolitik. Ihren Anreiz, Ressourcen möglichst sparsam einzusetzen verlieren sie dadurch nicht.

Unabhängig davon, ob es sich um ein durch Gesetze geschaffenes oder ein natürliches Monopol handelt, sollte die Privatisierung durch eine Öffnung des Marktes begleitet werden. Beruht die Monopolstellung auf gesetzlichen Regelungen, würde der private Anbieter seine Monopolstellung einbüßen. Handelt es sich um ein natürliches Monopol, würde die Marktöffnung den Monopolisten zusätzlich zu einem effizienten Umgang mit Ressourcen anhalten. Ein natürliches Monopol braucht gewiss keinen gesetzlichen Schutz, aber hat auch keine Garantie, dass seine Stellung fortbesteht.

Effiziente Bereitstellung durch den Staat: Ein kleiner Kreis

Die Privatisierung der Erbringung einer Leistung impliziert nicht, dass auch deren Finanzierung privat organisiert wird. So stellt der deutsche Staat mittels Sozialtransfers sicher, dass kein Mensch ohne Wohnung auskommen muss, während überwiegend private Akteure für ein angemessenes Immobilienangebot sorgen. Umverteilungsaktivitäten des Staates sind transparenter und für die Bürger leichter zu kontrollieren, wenn der Staat Leistungen finanziert, sie aber nicht selbst bereitstellt.

Ist Privatisierung stets sinnvoll? Nein. Es gibt Leistungen, die durch den Staat nicht nur finanziert, sondern auch bereitgestellt werden sollten. Das ist dann der Fall, wenn die betreffende Leistung in hoher Qualität bereitgestellt werden muss, private Anbieter aber vertraglich nicht auf eine konstant hohe Qualität festgelegt werden können und der Abschluss eines neuen Bereitstellungsvertrages zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Landesverteidigung und Polizei sind zwei der wenigen Beispiele für derartige Leistungenwobei das staatliche Angebot auch in diesen Bereichen durch private Anbieter ergänzt wird.

Fair und nachhaltig privatisieren

Wenngleich die Privatisierung von staatlichen Monopolen oder Anteilen grundsätzlich sinnvoll ist, hängt das Ausmaß der dadurch zu realisierenden Vorteile für Konsumenten von den Details ab. Sind Ausschreibungen kompetitiv oder kommt ein privilegiertes Privatunternehmen stets zum Zug? Wird der privatisierte Markt ausreichend dereguliert oder werden vormals im Staatsbesitz stehende Unternehmen weiterhin regulatorisch gegenüber ihren Konkurrenten bevorzugt – wie etwa im Fall der Deutschen Post?

Wie schwer es sein kann, den Prozess fair zu gestalten, zeigt das Beispiel der ehemaligen Ostblock-Staaten. Einzelne Privatpersonen sind dort nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sehr reich geworden, doch viele formal privatisierte Märkte sind weiterhin nicht für Wettbewerber geöffnet und stark vermachtet – zu Lasten der Kunden.

Chancen ergreifen

In stabilen Rechtsstaaten mit geringer Korruptionsgefahr, wie in Deutschland, ist die breitflächige Privatisierung derzeit öffentlich bereitgestellter Leistungen vielversprechend. Das Potenzial ist groß: Der Bund hält weiterhin Anteile an 108 formal privatisierten Unternehmen. Dazu kommen Angebote des Staates wie Wohnungen, Schulen, Autobahnen oder Krankenhäuser, die getrost privater Bereitstellung, aber nicht unbedingt privater Finanzierung, überlassen werden können.

Als Konsumenten würden die Bürger Deutschlands zukünftig von der Bereitstellung durch effizientere und im Wettbewerb stehende Anbieter profitieren. Auch als Steuerzahler könnten die Bürger entlastet werden. Privatisierung kann zum Abbau der hohen Staatsschulden beitragen, ermöglicht dem deutschen Staat somit langfristig mehr Freiraum und erlaubt es ihm, sich auf seine wesentlichen Aufgaben zu konzentrieren.

 

Zuerst erschienen bei IREF.

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