Bild: Gladstone~dewikiWikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Die Einlagensicherung der Banken ist atypisch für eine Marktwirtschaft. Sie durchbricht das Haftungsprinzip. Bis zu 100.000 Euro sind Einlagen von Sparern pro Konto per Gesetz gesichert. Geht eine Bank unter, dann haften alle Banken gemeinsam bis zu dieser Grenze für die Einlagen. Nur der Rest ist Teil der Insolvenzmasse. Das widerspricht dem Glauben vieler Sparer. Sie denken, ihre Spargroschen, die sie zur Bank bringen, würden dort verwahrt, und sie behielten ihr Eigentumsrecht daran. Das ist aber nicht so. Die Einlagen der Sparer sind in Wirklichkeit ein Darlehen, das der Sparer der Bank gewährt. Kommt die Bank in Schwierigkeit und wird sogar insolvent, dann sind die Einlagen eine nachrangige Verbindlichkeit der Bank gegenüber den Einlegern.

In einem einigermaßen homogenen Bankenmarkt funktioniert dies allenthalben gut, insbesondere, wenn die Bankenaufsicht und die Prüfungsverbände der Banken auf gefährdete Institute ein kritisches Auge werfen. Daher sind Bankeninsolvenzen in Deutschland selten. Die Herstatt-Pleite 1974 war in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands der Anfang. Deren Abwicklung hatte eine Fülle von Regulierungen des Bankensektors zur Folge. Eine weitere Welle von Pleiten erlebte Deutschland während der Finanzkrise 2007/2008, als Banken wie die Industriekreditbank und die Hypo Real Estate pleite gingen und kurze Zeit später auch die Commerzbank in Schwierigkeit geriet. Auch hier folgte eine große Regulierungswelle.

Seitdem hat sich die Problemlage mehr auf den Süden Europas verlagert. Dort schieben Banken faule Kredite vor sich her, die nicht oder nur unregelmäßig bedient werden. Diese Kredite abzuschreiben, ist vielen dieser Banken nicht möglich. Sie sind zu Zombie-Instituten geworden, die nur durch die billige Liquidität am Tropf der Notenbanken am Leben gehalten werden. Sowohl die EZB als auch die Südstaaten im Euro-Club drängen daher seit vielen Jahren auf eine europäische Einlagensicherung. Diese gibt es zwar als europäische Richtlinie, die alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, ein nationales Einlagensicherungssystem vorzuhalten. Doch was nützt dies, wenn das Vertrauen in das nationale Bankensystem insgesamt schwindet? Dann tragen die Sparer ihr Geld ins Ausland. Die gestiegenen Target II-Verbindlichkeiten Italiens sind ein Indiz dafür. Daher plädieren die Befürworter für einen einheitlichen Topf, in den alle Institute in Europa einzahlen. Lange hat sich die deutsche Regierung dagegen gewehrt. Solange der Anteil der notleidenden Kredite in Südeuropa so hoch sei, würde man nicht über eine europäische Einlagensicherung verhandeln.

Das galt bis letzte Woche. In einem Positionspapier räumt Bundesfinanzminister Olaf Scholz diese rote Linie jetzt beiseite. Scholz schlägt ein europäisches Einlagensicherungssystem vor, das als Rückversicherung der nationalen Sicherungssysteme funktionieren soll. Die nationalen Systeme sollen Kredit über das europäische Rückversicherungssystem bekommen können. Damit wären die Einlagen italienischer oder griechischer Sparer mittelbar über das von deutschen Sparern mittelbar finanzierte deutsche Einlagensicherungssystem abgesichert. Der italienische Spargroschen wäre daher genau so sicher oder unsicher wie der deutsche. Doch der europäische Bankenmarkt ist nicht so homogen wie der hiesige. Und hier liegt das Problem. Die Entwicklung ist eine weitere Vergemeinschaftung von Risiken in der Währungsunion. Mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM wurden 2012 die Schulden der Euro-Staaten zu einem guten Teil kollektiviert. Die europäische Einlagensicherung sozialisiert jetzt auch die Haftung für die Sparvermögen in Europa. Und über allem schwebt die EZB, die durch ihre Zinspolitik Risiko und Haftung unseres Wirtschaftssystems aushebelt.

Die aktuelle Entwicklung ist daher ein Schlag ins Gesicht insbesondere der Kunden von Sparkassen und Volksbanken in unserem Land. Diese Geldinstitute nutzen bisher eine Ausnahme in der Einlagensicherungsrichtlinie der EU, indem sie nicht den einzelnen Sparer im Insolvenzfall eines ihrer Mitgliedsinstitute schützen, sondern das Institut insgesamt retten. Das hat bislang relativ gut funktioniert. Jetzt wird dieses Modell durch den Finanzminister kaputt gemacht.

Erstmals erschienen auf Tichys Einblick.

1 Antwort
  1. Ralf Becker
    Ralf Becker sagte:

    Olaf Scholz ist deshalb Bundesfinanzminister, weil die SPD eine der reichsten politischen Parteien überhaupt ist, womit sie das beste Wahlkampfbudget hat, und weil die Wähler die fehlerhafte Finanzpolitik nicht verstehen. Außerdem ist die SPD ein Medienkonzern und da gibt es insofern zu wenig Berichterstattung aus der Sicht der Normalbürger und zu wenig Meinungsvielfalt.

    Die Marktwirtschaft funktioniert jedenfalls nur eine begrenzte Zeit, weil Geld dadurch entsteht, dass Banken Geld aus dem Nichts verleihen.

    Danach gibt es einen etwas sonderbaren Wettbewerb um immer mehr Geld, der zwischen wenigen großen Akteuren der Wirtschaft ausgetragen wird, bei dem es jedoch das Problem gibt, dass dieser so besonders gut funktioniert, weil alle anderen Personen diesen Wettbewerb eben gerade verlieren und tendenziell dauerhaft auf später nicht mehr rückzahlbaren Schulden sitzen bleiben.
    Schließlich ist doch das viele Geld der Geldbesitzer für irgendwelche anderen Personen eine Schuld.

    Es kann aber nicht funktionieren, dass etwa der Staat ständig dermaßen viele Schulden sozialisiert und dadurch neues Geld in Umlauf bringt. Ohne Schulden gibt es schließlich auch kein Geld.

    Jedenfalls benötigen wir Schulden zum Sparen und auch für die Einkommenserzielung. Aber wir können diese vielen Schulden bei jedem Nichtkonsum insofern nicht wieder zurückzahlen. Durch diese vielen Schulden weitet sich auch die Geldmenge immer mehr aus und es gibt auch immer mehr Zinslasten, die in die Einkaufspreise einkalkuliert werden und die letztlich wenigen reichen Personen zufließen.

    Dadurch steht mit der Zeit immer weniger Geld für die Bezahlung von Arbeit zur Verfügung. Wir arbeiten daher mit der Zeit immer mehr für fremde Profite.

    Das ständige Nachlegen von Geld erfolgt doch jetzt nach der Lehmann-Pleite auf mehr als fragwürdige Weise. Wir sehen dies doch an der EZB-Geldpolitik.

    Daher wird es der Fall sein, dass unsere vermeintliche Marktwirtschaft versklavt.

    Mir ist jedenfalls unsere gesamte Geld- und Schuldenwirtschaft hochgradig suspekt und Olaf Scholz wäre gut beraten, wenn er Wahlsiege mit einer für alle Bürger chancengleichen Diskussion um Inhalte und nicht einfach nur mit einem hohen Wahlkampfbudget gewinnt.
    Unsere Volksparteien liefern kaum funktionierende Inhalte und trotzdem regieren sie ständig.

    Die Einlagensicherung zu reformieren ist jedenfalls eine völlig falsche Stellschraube.

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