Photo: Nicholas Boos from Flickr (CC BY-ND 2.0)

Bislang war der Widerstand der Zeitungsverlage gegen die Ausweitung von ARD und ZDF im Netz sehr verhalten. Jetzt hat Springer-Vorstand Matthias Döpfner die Zurückhaltung aufgegeben. Das ist bemerkenswert, denn Döpfner ist auch Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, und vertritt damit die geballte Zeitungsbranche in Deutschland. Diese hat es ohnehin schwer. Sinkende Auflagen machen den Verlagen zu schaffen. Gleichzeitig treffen sie auf einen Wettbewerber, der vom Staat privilegiert wird. Diese Wettbewerbsverzerrung ist enorm. Das Beitragsaufkommen, das die Beitragszahler an ARD und ZDF abliefern müssen, liegt derzeit bei rund 8 Milliarden Euro. Deutschland leistet sich den teuersten öffentlichen Rundfunk der Welt mit über 20 Fernsehprogrammen und über 60 Radioprogramme. Das geht längst weit über die Grundversorgung hinaus, obwohl schon länger die Akzeptanz der Zuschauer dramatisch sinkt. Sie werden weniger und immer älter. Jüngere Zuschauer wandern zu Streaming-Diensten wie Netflix und Amazon Prime ab oder informieren sich im Internet und schauen Youtube-Videos.

Für die Zeitungsverlage ist die Lage besonders schwierig. Denn sie müssen nicht nur das veränderte Nutzerverhalten durch die Digitalisierung bewältigen, sondern auch den durch Zwangsbeiträge finanzierten öffentlich-rechtlichen Sendern Paroli bieten. Neue Geschäftsmodelle zu etablieren, ist für die Verlage teuer, aufwendig und risikoreich. Deshalb ist es mitunter ein existenzielles Problem, dass die ARD mit ihrer kostenlosen Tagesschau-App das Geschäftsmodell vieler Medienhäuser untergräbt.

In Deutschland habe rund ein Drittel der Verlage ein Bezahlangebot im Internet, so Döpfner. In Amerika seien es zwei Drittel. Döpfner begründet diese Diskrepanz damit, dass die Zwangsbeiträge für ARD und ZDF von monatlich 17,50 Euro das Medienbudget vieler Haushalte verschlinge, und deshalb kein Geld mehr für ein Zeitungsabo oder für andere bezahlte Inhalte übrig sei. Otto-Normal-Verbraucher kann das Geld eben nur einmal ausgeben.

Diese Entwicklung, dass ARD und ZDF sich immer mehr im Internet tummeln und textliche Angebote präsentieren, ändere sich nicht, weil aus der Politik kein Gegenwind komme. Kaum ein Politiker wage es, sich mit den Öffentlich-Rechtlichen anzulegen, weil man auf deren Wohlwollen angewiesen sei. Das mag der Hauptgrund sein. Doch auch bei den Journalisten bei Zeitungen und im privatfinanzierten Fernsehen ist dieser Widerstand nur unzureichend ausgeprägt. Wahrscheinlich denken auch Journalisten daran, dass sie irgendwann einmal die Möglichkeit erhalten, die Seiten zu wechseln und zu den Öffentlich-Rechtlichen zu gehen. Das Auskommen von Journalisten bei ARD und ZDF sind attraktiv und auch die wachsenden Pensionslasten bei den Öffentlich-Rechtlichen sprechen für diese These.

War im Nachkriegsdeutschland der öffentlich-rechtliche Rundfunk zunächst eine Möglichkeit, um Meinungsvielfalt und Grundlagen für den demokratischen Rechtsstaat aufzubauen und durchzusetzen, so ist heute der wachsende Einfluss der öffentlichen Sender und ihre Verbreitung im Internet mit textlichen Inhalten eine Gefahr für ebendiese Meinungsvielfalt und damit für die Demokratie in unserem Land. Denn wenn ARD und ZDF mit ihren Beitragsmilliarden jede Marktentwicklung, jedes Geschäftsmodell und jede Idee sofort adaptieren können, und dies ohne Risiko für die Öffentlich-Rechtlichen möglich ist, dann hat kein privates Angebot dagegen eine Chance.

In seiner Rede verwendete Döpfner auch die Drohkulisse von nordkoreanischen Verhältnissen. Nach empörten Reaktionen seitens der Öffentlichen erklärte der Zeitungsverlegerverband  dazu: „Sollte sich hingegen ein Szenario durchsetzen, in dem es nur noch öffentlich-rechtliche Sender im Netz, aber keine privaten Verlage mehr gebe, dann wäre dieses Szenario, in dem es „nur Staatsfernsehen und Staatspresse im Netz“ geben würde, „eher etwas nach dem Geschmack von Nordkorea“. Das ist, betonte der Verband, kein Vergleich der ARD mit Nordkorea, sondern – im Gegenteil – der Appell, ein solches Szenario zu vermeiden.“

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