Photo by Simson Petrol on Unsplash

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues, und Justus Lenz, Leiter Haushaltspolitik bei Die Familienunternehmer/Die Jungen Unternehmer.

Während in den Wirtschaftswissenschaften an Hochschulen klar ist, welchen Nutzen Märkte und Transaktionen grundsätzlich bringen, besteht an Schulen akuter Handlungsbedarf. Oft gibt es gar keine Lehrbücher und wenn, dann stellen sie Markttransaktionen als Nullsummen- oder gar Negativsummenspiel dar. Es wird Zeit, dass ökonomisches Grundwissen in die Schulen und die Schulbücher gelangt.

Eine grundlegende Erkenntnis der Ökonomik ist, dass die Teilnehmer beider Seiten einer Transaktion auf Märkten stets erwarten, von dieser zu profitieren – sonst würden sie nicht an ihr teilnehmen. Diese für viele offensichtliche Erkenntnis wird von den meisten Autoren in die Ökonomik einführender Lehrbücher dennoch in den ersten Kapiteln betont. Sie gehen anscheinend davon aus, dass der für beide Seiten entstehende Vorteil nicht für jedermann offensichtlich ist. Es wäre zu erwarten, dass Lehrbücher für den Schulbetrieb denen für Studienanfänger der Volkswirtschaftslehre folgen würden und den win-win Charakter von Transaktionen auf Märkten betonen. Leider neigen einige deutsche Schulbücher außerhalb des seltenen Wirtschaftsunterrichts dazu, Transaktionen auf Märkten als Nullsummenspiele mit Gewinnern und Verlierern zu skizzieren. Schulbuchautoren – gerade jene fachfremder Werke – sollten sich schlicht an den Standardeinführungstexten der Volkswirtschaftslehre für den Universitätsbetrieb orientieren, anstatt ihren anscheinend bestehenden marktkritischen Neigungen nachzugeben.

Ökonomik in deutschen Schulbüchern: Zwei Studien

Die Darstellung wirtschaftlicher Themen und Zusammenhänge in deutschen Schulbüchern wurde bereits 2010 umfassend von Justus Lenz in einer qualitativen Studie des HWWI im Auftrag des Liberalen Instituts der Friedrich-Naumann-Stiftung untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Darstellung wirtschaftlicher Themen häufig einseitig marktkritisch bis marktskeptisch war. Dies galt besonders für Erdkunde- und Geschichtsbücher sowie etwas weniger ausgeprägt für Politik- und Sozialkundebücher. Einzig die untersuchten Bücher für den Wirtschaftsunterricht waren weitestgehend frei von marktkritischen Voreingenommenheiten. Eine aktuelle Studie des Zentrums für ökonomische Bildung der Universität Siegen im Auftrag von DIE FAMILIENUNTERNEHMER bestätigt diese Ergebnisse. Allerdings machen die Autoren eine leicht positive Entwicklung seit 2010 aus.
Besonders relevant ist die Präsentation von Märkten in Materialien angrenzender Disziplinen, da die meisten Kinder und Jugendlichen während ihrer Schulzeit bedauerlicherweise keinen eigenständigen Wirtschaftsunterricht haben, dessen Lehrbücher neutraler sind. Nur in Baden-Württemberg gibt es seit dem Schuljahr 2016/2017 ein eigenständiges Pflichtfach Wirtschaft. In NRW soll ein eigenständiges Schulfach Wirtschaft an allen weiterführenden Schulen eingeführt werden. In einigen anderen Bundesländern gibt es Mischfächer, wie Politik und Wirtschaft in Niedersachen oder Wirtschaft und Recht in Bayern.

 

Positivsummenspiel Marktwirtschaft

Zentrale – und für einige Menschen kontraintuitive – Erkenntnis der Ökonomik ist, dass Interaktionen auf Märkten am besten als Positivsummenspiele zu verstehen sind: Sowohl die Verkäufer von Waren und Dienstleistungen als auch die Käufer profitieren von ihren Transaktionen. Reich wird in einer offenen Marktwirtschaft, wer anderen besonders erfolgreich attraktive Angebote macht. Man denke nur an Fußballspieler, Musiker oder jüngst die erfolgreichsten unter den Internetunternehmern. Sie schaffen mit ihrer Arbeit Güter und Dienstleistungen, die andere für so wertvoll erachten, dass sie bereit sind, dafür zu bezahlen und so zum Einkommen der Anbieter beitragen.
Es handelt sich bei Transaktionen auf Märkten nicht um Nullsummenspiele, bei denen einer das gewinnt, was sein Gegenüber verliert. Es gewinnen beide Parteien.

Märkte als Nullsummenspiele in Schulbüchern

Es ist bedenklich, dass deutsche Schulbücher die bei Nicht-Ökonomen relativ weit verbreitete Wahrnehmung von Märkten als Arenen für Nullsummenspiele bekräftigen, anstatt über die kontraintuitive Beschaffenheit von Märkten als Orte für Positivsummenspiele aufzuklären.
So dominieren in den untersuchten Erdkunde- und Geographiebüchern beim Thema Globalisierung und Freihandel marktskeptische Perspektiven. Es werden eher die Risiken der Globalisierung als die Chancen betont. Wiederholt finden sich Passagen, in denen der Eindruck erweckt wird, Globalisierung und Marktwirtschaft würden vor allem viele Verlierer produzieren: „Der Großteil der Bevölkerung hat aber keinen Vorteil vom Welthandel.“ In einem anderen Werk wird suggeriert, grenzüberschreitender Handel und Globalisierung kämen einem Negativsummenspiel gleich, das uns in Summe ärmer macht: „Dem alten Standort werden Arbeitsplätze, Wirtschaftskraft und Steuern entzogen. Problematisch am neuen Standort ist häufig die Missachtung von Umwelt- oder Arbeitsschutz für die Arbeitskräfte.“
Das Verständnis von Handel als Positivsummenspiel, von dem beide Seiten profitieren, wird den Schülern hingegen häufig nicht nähergebracht.

Positive Tendenz und Vorbild Schweiz

Die Studie von 2010 vergleicht die Lage in Deutschland mit der in der Schweiz. Dort erfolgt in Schulbüchern eine vorurteilsfreiere Diskussion von Marktphänomenen als in Deutschland. In den letzten Jahren scheint sich jedoch in Deutschland etwas getan zu haben. Die jüngste Schulbuchstudie kommt zum Ergebnis, dass die Darstellung wirtschaftlicher Sachverhalte in den letzten Jahren zumindest etwas ausgewogener wurde. So finden sich in Erdkunde- und Geographiebüchern sowie in Geschichtsbüchern stärkere Bemühungen zu fachkundig austarierten Darstellungen ökonomischer Phänomene. Auch wenn das Gesamtergebnis immer noch unbefriedigend ist, so gibt dies in Kombination mit Diskussionen über die Einführung eines eigenständigen Faches Wirtschaft in weiteren Bundesländern doch Anlass zur Hoffnung.

Zuerst erschienen bei IREF.

3 Kommentare
  1. Cooper8
    Cooper8 sagte:

    Die herrschende ökonomische Lehre ist in Deutschland die neoklassische Lehre, die von Mr. Keynes bereits vor rund 100 Jahren theoretisch widerlegt worden ist.
    Seitdem gibt es weitere Widerlegungen dieser dogmatischen Lehre, die von den neoklassischen Ökonomen nicht zur Kenntnis genommen werden, weil sich diese „Experten“ mit keiner Ökonomik außerhalb ihrer eigenen dogmatischen Lehre befassen.
    An den Unis werden anders denkende Ökonomen systematisch ausgegrenzt, weil z.B. Fachartikel in den „wissenschaftlichen“ Publikationen gar nicht zugelassen werden.
    Um eine akademische Laufbahn zu erreichen, ist u.a. eine bestimmte Anzahl von Veröffentlichungen zwingend notwendig.
    Die globale Finanzkrise war auch nur deshalb möglich, weil der unendliche Glaube der neoklassischen Ökonomen an effiziente und freie Märkte zu einer Deregulierung der Banken und der Finanz- und Kapitalmärkte geführt hat.
    Auch die Eurokrise geht zu Lasten der neoklassischen Ökonomen, weil sie die Funktionsweise einer Währungsgemeinschaft gar nicht verstehen können.
    Dass Schulbücher eine grundsätzliche Skepsis bei dem andauernden Versagen von Märkten an den Tag legen, ist nicht nur berechtigt, sondern logisch und konsequent.

    Antworten
  2. wiko
    wiko sagte:

    Ist das das Feiheitsideal des Promotheusinstitutes, dass schon die Schulkinder in die richtige Meinungsrichtung geschuppst werden sollen? Natürlich streng wissenschaftlich.
    Ich hätte an dieser Stelle erwartet, dass man sich gegen das Prinzip der staatlich regulierten Schulbücher bis hin zur staatlich festgesetzten Schulpflicht ausspricht.
    Anscheinend ist es viel bequemer, dieses unfreie System zu nutzen, um darin sein eigenes Süppchen zu kochen.

    Antworten
    • Cooper8
      Cooper8 sagte:

      Der Neoliberalismus und die neoklassische Lehre der Ökonomen muss bei diesem Institut vollkommen unreflektiert aufrecht erhalten werden.
      Dazu gehört die immer gleiche Logik: Freiheit ist gut, freier Handel ist gut, also müssen auch vollkommen freie Märkte gut sein.
      Krisen, Lohndumping, die wilde Gier des großen Kapitals, Ausbeutung, Unterdrückung und der negative Einfluss der Finanzindustrie auf die Märkte und diverse Länder passen nicht in das liberal, konservative Weltbild und werden somit einfach ausgeblendet.

      Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert