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Politische Maßnahmen folgen häufig einer Wunschvorstellung. Sei es bei der Familienpolitik, der Drogenpolitik oder auch der Wirtschaftspolitik. Politiker und Politikerinnen haben eine fast schon bildliche Vorstellung davon, wie beispielsweise ein Idealtyp einer Familie oder eines Unternehmers aussehen muss. Nicht zuletzt zeigt sich diese Visualisierung der politischen Ideale alle paar Jahre, wenn Wahlen anstehen und die Straßen von Wahlplakaten gesäumt sind, auf denen die verheißene Idealwelt abgebildet wird. Von wohl kaum einem anderen Bereich besteht eine so ausgeprägte visuelle Vorstellung wie von der Landwirtschaft. Grasende Kühe, freilaufende Schweine, dort der Bauer, da die Bäuerin und am besten noch ein paar Hühner. Dass die Realität diesem kleinbäuerlichen Bullerbü nicht entspricht, muss nicht erwähnt werden. Politische Maßnahmen zielen jedoch auf dieses vermeintliche Idealbild ab. Die Subventionierung landwirtschaftlicher Betriebe hat in der Europäischen Union und insbesondere auch in Deutschland eine lange Tradition. Während es bei Einführung der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) darum ging, ausreichend günstige Lebensmittel zu produzieren und Landwirten ein gesichertes Einkommen zu garantieren, werden inzwischen die Subventionen immer mehr an Bedingungen geknüpft: Um Landwirte nach bestimmten Bewirtschaftungsformen arbeiten zu lassen oder auch, um bestimmte Strukturen aufrecht zu erhalten. Immerhin machen die Subventionen der GAP je nach Bundesland bis zur Hälfte des Einkommens aus.[1] Doch ist es richtig, einer ganzen Branche mehr oder weniger vorzugeben, wie sie zu wirtschaften hat? Ist es richtig, womöglich künstlich Geschäftsmodelle am Leben zu halten?

Mit dem Beginn des Angriffs Russlands auf die Ukraine im Februar dieses Jahrs hat sich für den landwirtschaftlichen Sektor vieles verändert. Die Ukraine als eine der größten Exporteure für landwirtschaftliche Erzeugnisse leidet stark unter den Angriffen und viele Teile der landwirtschaftlichen Infrastruktur sind zerstört worden. Die Blockade der Seewege durch das russische Militär erschwert und verunmöglicht den Export. Infolgedessen sind die Weltmarktpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse stark angestiegen. Aber nicht nur auf den Agrarmärkten gab es Veränderungen, die Auswirkungen auf den Landwirtschaftssektor haben, sondern insbesondere auch auf den Energiemärkten. Denn neben der Produktion von Lebensmitteln zählt auch die Produktion von Energie zu einem Standbein der Landwirtschaft, welches das Potenzial hat, wesentlich zur Energieversorgung beizutragen. Ein konkretes Beispiel ist Dänemark. 30% des Methangases in Dänemark wird aus Biogas gewonnen. In Deutschland werden durch diese Form der Biogasnutzung nur etwa 1% des Methangases bereitgestellt. Wie kommt es zu dieser großen Differenz? Im Gegensatz zu Deutschland hat Dänemark auf Großanlagen gesetzt, während man in Deutschland auf Kleinanlagen und komplizierte Förderungen durch das EEG gesetzt hat. Nun zeigt sich, dass die Unternehmen in Dänemark, welche die Anlagen betreiben, über die Jahre deutlich größere Kapazitäten haben aufbauen können. In Deutschland hingegen flammt die Tank-statt-Teller-Diskussion einmal mehr auf und Vorbehalte gegen Biogasanlagen werden geschürt, indem ein undifferenzierter Vergleich von Brotgetreide und Energiepflanzen vorgenommen wird.

Nicht dass skandinavische Staaten dafür bekannt sind, Unternehmen möglichst frei von Staatseingriffen zu halten.[2] Aber in Bezug auf das typische Idealbild der Landwirtschaft und den Innovationsgrad der dort angesiedelten landwirtschaftlichen Unternehmen besteht ein deutlicher Unterschied zwischen Deutschland und Dänemark, welcher nun zeigt, dass kleinbäuerliche Strukturen nur mit höherem Aufwand in der Lage sind, gebündelt zu agieren, um eine ähnliche Rolle in der Energieversorgung zu spielen. Insbesondere dann, wenn aufgrund politischer Ideale Innovationen und Expansion nicht gewollt ist, weg vom russischen bzw. fossilen Erdgas zu kommen, indem mehr Biogas in das Netz eingespeist wird.

Was hätte also besser gemacht werden können? Unternehmen sollten nicht danach gefördert werden, ob sie einem politischen Idealbild entsprechen. Im Gegenteil: Unternehmerische Vielfalt, auch in der Landwirtschaft, fördert den Wettbewerb. Dabei ist es zweitrangig, wie groß das Unternehmen, wie alt dieses ist oder ob es die bestehenden Strukturen aufbricht und Neues wagt. Vielmehr sollte ein ebenbürtiges Spielfeld geschaffen werden, auf dem sich sowohl neue und bestehende Akteure begegnen können, sodass der/die Bessere gewinnen möge. Dazu gehört auch, dass es Verlierer geben muss, die eine Niederlage akzeptieren und ihr Feld räumen, anstatt dass politische Ideale künstlich am Leben gehalten werden.


[1] https://www.agrarheute.com/management/finanzen/direktzahlungen-subventionen-bekommen-bauern-meisten-581147#:~:text=Nach%20den%20Daten%20des%20BMEL,des%20b%C3%A4uerlichen%20Einkommens%20aus%20Subventionen.

[2] Sanandaji, Nima, Scandinavian Unexceptionalism: Culture, Markets and the Failure of Third-Way Socialism (June 23, 2015). Institute of Economic Affairs, Monographs, Available at: http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.3895124.