Photo: Rob Croes für Anefo from Wikimedia Commons (CC 0)

Jelena Bonner (1923-2011) wurde in eine Familie überzeugter Kommunisten geboren, die bald das stalinistische Schicksal ereilen sollte: Ihr Stiefvater wurde 1937 hingerichtet und ihre Mutter kurz darauf für zehn Jahre ins Gulag gesteckt. Als Erwachsene arbeitete sie als Ärztin, suchte aber schon immer die Nähe dissidentischer Kreise. Dort traf sie im Oktober 1970 auf den Nuklearphysiker und Menschenrechtler Andrei Sacharow. Schon zwei Jahre später waren die beiden verheiratet. Sie war an der Gründung der Moskauer Helsinki-Gruppe beteiligt und bildete den einzigen Gesprächskanal ihres Ehemannes zur Außenwelt, nachdem der 1980 in die geschlossene Stadt Gorki verbannt worden war, bis sie selber 1984 auch dorthin geschickt wurde.

Bonner stellte sich mit ihrer moralischen Autorität auf die Seite des neu entstehenden demokratischen Russland nach 1991, war aber auch bereit, sich unter den neuen Umständen immer wieder gegen Unrecht aufzulehnen. So verließ sie 1994 aus Protest gegen den ersten Tschetschenien-Krieg die staatliche Menschenrechtskommission, setzte sich für die armenische Exklave Karabach ein und erhob ihre Stimme gegen die Gefahr des wachsenden Antisemitismus. Vor allem aber gehörte sie zu den hellsichtigen Stimmen, die schon früh in drastischen Worten vor der drohenden Autokratie unter Putin warnten. Dass solche Stimmen, die nun wirklich wussten, wovon sie sprachen, in vielen Demokratien der Welt, aber ganz besonders auch in Deutschland, kleingeredet, missachtet oder gar verlacht wurden, war nicht nur eine moralische Bankrotterklärung, sondern auch realpolitisch katastrophal. Bonner hat auch eine wichtige Rolle in einem Film über die sowjetischen Dissidenten, der 2005 produziert wurde, und zwar von Wladimir Kara-Mursa, der letzten August nach über 2 Jahren Lagerhaft im Rahmen eines Gefangenenaustausches in die Freiheit kam: