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Vergangenen Monat reiste ich nach Panama. Als Verfechterin des Freihandels durfte ein Besuch am Panama-Kanal natürlich nicht fehlen. Die wohl bedeutendste Wasserstraße der Welt feiert in diesem Jahr ihr 110-jähriges Bestehen – dabei ist der Panama-Kanal weitaus mehr als nur die Verbindung des Atlantiks und Pazifiks: der Bau des Panama-Kanal zeichnet eine bewegende Geschichte über den menschlichen Erfindergeist, Ideenreichtum und die Fähigkeit, Grenzen zu überwinden.
In den 1880er Jahren versuchten zunächst die Franzosen, einen tiefen, stufenlosen Graben durch die schmalste Stelle Mittelamerikas zu graben. Doch vergeblich: der Chefingenieur Ferdinand de Lesseps, Erbauer des Suezkanals, erkannte, dass das tropische Panama nicht dem flachen Ägypten glich: das feuchte Klima, fremde Krankheiten, monatelange Regenfälle, Fluten und Erdrutsche kosteten tausende Arbeiter das Leben und führten zum Scheitern des Vorhabens. 1903 übernahmen die USA unter der Leitung des Ingenieurs John Frank Stevens das Projekt. Stevens hatte eine andere Idee: anstatt einen Kanal durch das gesamte Land zu graben, wurde der gewaltige Chagres-Fluss zu einem riesigen See aufgestaut, über den die Schiffe geführt werden. Gustave Eiffel entwarf die Schleusentore.
Doch ein Problem bestand weiterhin: Die Arbeiter blieben den Krankheiten, insbesondere Gelbfieber und Malaria, schutzlos ausgeliefert. Damals glaubte man noch, Schlangen seien die Überträger. Erst als der US-amerikanische Arzt William Gorgas nach Panama reiste, fand er heraus, dass Moskitos die eigentlichen Überträger sind. Dank dieser Entdeckung gelang es, das Gebiet innerhalb von 18 Monaten nahezu vollständig von Gelbfieber und Malaria zu befreien. Damit hat Gorgas nicht nur hunderte Arbeiter gerettet, sondern auch einen entscheidenden Beitrag für die moderne Tropenmedizin geleistet. Nach knapp 10 Jahren Bauzeit und schätzungsweise 25.000 Toten durchquerte am 15. August 1914 der erste Dampfer „Ancon“ den Kanal. Allerdings nahm die Welt kaum Notiz von diesem historischen Ereignis, denn es wurde überschattet vom Beginn des Ersten Weltkriegs.
Bis heute haben mehr als eine Million Schiffe den 82-km langen Kanal passiert. Ohne Zweifel: Die Eröffnung des Panama-Kanals hat den Welthandel revolutioniert, da der dreiwöchige Umweg von 8.000 Meilen um das berüchtigte Kap Hoorn entfällt: Jährlich werden inzwischen über 300 Millionen Tonnen Fracht, von Lebensmitteln, über Autos bis hin zu Rohstoffen, über die Wasserstraße transportiert – das entspricht knapp 6 % des weltweiten Handels. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Dank der verkürzten Strecke wird auch ein erheblicher Teil der CO2 -Emissionen eingespart. Bei mehr als 14.000 Schiffen, die pro Jahr den Kanal passieren, kann man von einem enormen Einsparungspotenzial der CO2 -Emissionen ausgehen.
Der Panama-Kanal ist mehr als ein technisches Meisterwerk – er ist ein Symbol für die Freiheit des Welthandels, der Menschen und Nationen miteinander verbindet. In einer Zeit, in der Abschottung und Protektionismus wieder an Einfluss gewinnen, erinnert dieses Bauwerk an den Ideenreichtum und Innovationsgeist der Menschen – über Grenzen hinweg.