Von Dr. Thomas Mayer.
Kann es sein, dass man in Deutschland, dem Land Goethes und der Hyperinflation, nur zu gut über die vermeintlichen Segnungen der Geld- und Schuldenvermehrung Bescheid weiß? Kann es sein, dass dies weniger an den deutschen Genen als an einem anderen Verständnis des Geldes liegt, das auch anderswo anzutreffen ist? Kann es sein, dass dieses Verständnis nur deshalb als „pathologisch“ bezeichnet wird, weil es der von John Law über John Keynes bis zu den heutigen Zentralbankern vertretenen Geldlehre widerspricht?

Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mich über den Wahlsieg einer linksextremen Partei gefreut. Mit 149 von 300 Sitzen erreichte die Partei des Alexis Tsipras fast die absolute Mehrheit bei den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag in Griechenland. Gemeinsam mit der rechtspopulistischen Partei „Unabhängige Griechen“, die 4,7 Prozent und damit 13 Sitze erzielte, will Tsipras jetzt regieren und hat ein komfortable Mehrheit.

In den letzten Tagen macht ein Tweet einer 17-jährigen Schülerin die Runde: „Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ’ne Gedichtsanalyse schreiben. In 4 Sprachen.“
Wie viel Unselbständigkeit kann man eigentlich freiwillig einem breiten Publikum kundtun? Wer vier Sprachen beherrscht, sollte es gerade noch hinbekommen, sich Alltagswissen selbst anzueignen.

Als ich gestern Abend das Haus verließ, wühlte ein Schwarzer in einer Mülltonne vor meinem Haus. Da ging ein junges Paar mit beherzten Schritten auf ihn zu. Ich erkannte die Tüte, die sie mit sich trugen, weil ich mir selbst ab und zu bei dem Italiener um die Ecke Nudeln hole. Als wäre es das Selbstverständlichste in der Welt boten sie dem Mann die Nudeln an.
Das ist Deutschland. Nicht die lärmenden Pegida-Demonstranten in Dresden.

Wo sind sie, die beiden mächtigsten Verbände in Deutschland? Was machen die „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände“ (BDA) und der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) eigentlich, um die Rechte ihrer Mitglieder zu sichern? Eigentlich wäre ihre Aufgabe, die sie finanzierenden Mitglieder vor den willkürlichen Eingriffen des Staates in deren Eigentum zu schützen und zu bewahren. Doch sie arrangieren sich mit den Mächtigen im Kanzleramt und betonen vorauseilend, was sie nicht schon alles gemacht haben, um den Frauenanteil in ihren Mitgliedsunternehmen zu erhöhen. Es ist ein Trauerspiel.

Wer für eine freie Marktwirtschaft ist, behauptet nicht, dass diese ideal, gut oder frei von Verwerfungen wäre. Wer für eine marktwirtschaftliche Ordnung eintritt, behauptet auch nicht, dass jeder Staatseingriff einer Minderung der Wirtschaftskraft gleichkommt und deshalb abzulehnen sei. Die Kritik bezieht sich lediglich darauf, dass mit den „Eingriffen“ jene Ziele, die ihre Urheber und Helfershelfer…