Photo: Nghia Le from Unsplash (CC 0)

Kurz vor der Bundestagswahl sind die Wahlaussagen der Parteien überall präsent. Auf Plakat, im Fernsehen oder im Netz. Kandidatinnen und Kandidaten sprechen Sie an, was sie alles können und wollen, was sie ermöglichen und verändern werden. Einiges davon stimmt. Bei einigem wird vielleicht auch Augenwischerei betrieben. Das ist Ihnen bestimmt auch klar.

 

Was Abgeordnete, oder jene, die es werden wollen, Ihnen aber vielleicht nicht erzählen werden, ist, was Politiker nicht können. Und was sie womöglich auch gar nicht können sollten. Und da möchte ich Ihnen aus meiner Erfahrung als Politiker seit einigen Jahrzehnten und seit 2005 in der Bundespolitik doch gerne darlegen, wo die Politik aus meiner Sicht an ihre Grenzen kommt: Wenn es darum geht, die großen Linien zu prägen, die wichtigen Themen zu setzen.

 

Wir regulieren, besteuern – im besten Fall entlasten. Aber wir sind in der Regel auch darauf angewiesen, dass wir dafür Zustimmung finden. Wir können nicht lange gegen gesellschaftliche Trends arbeiten. Deswegen hat eine rot-grüne Regierung die wichtigsten Reformen seit Ludwig Erhard angestoßen – die Hartz-Reformen. Deswegen ist eine schwarz-gelbe – trotz meiner Gegenstimme – aus der Atomenergie ausgestiegen.

 

Als mir das klar wurde, habe ich mir irgendwann gesagt: Wir brauchen so einen Spieler wie Prometheus. Wir brauchen Akteure, die auch mal langfristiger denken als bis zur nächsten Wahl. Wir müssen unsere Ideen, Werte, Überzeugungen, Ideale in die Gesellschaft hineintragen, auf die Straße, in die Köpfe und Herzen der Menschen. Wir müssen erreichen, dass die Gesellschaft, dass der Wähler Erwartungen formuliert, die von dem geprägt sind, was für uns wichtig ist. Wir müssen erreichen, dass wie etwa vor vierzig Jahren in Großbritannien eine überzeugte Liberale wie Margaret Thatcher mit einer klaren Reformagenda von der Mehrheit der Bevölkerung gewählt werden kann.

 

Die Linken verstehen das schon lange. Die Jahrzehnte lange, unermüdliche Arbeit von Organisationen wie Greenpeace und Attac hat die Debatten und Lösungsvorschläge zu Themen wie Umweltschutz, Ungleichheit, Enteignung, Wachstumsstop geprägt, die wir heute führen. Einer Organisation wie Campact ist es gelungen, ein Land wie Deutschland, das über Jahrzehnte der Exportweltmeister war, so zu verdrehen, dass Menschen hier mehrheitlich gegen Freihandelsabkommen waren und zu Tausenden auf die Straße gingen.

 

Ich sage es Ihnen ganz klar: an diesen Großtrends waren Politiker nur insofern beteiligt, als sie darauf reagiert haben und sie dann im Detail umgesetzt haben. Nicht einmal die größten Alpha-Tiere in der Politikarena können sich gegen die öffentliche Meinung stemmen.

 

Wer etwas verändern will – langfristig –, der muss den Weg wählen, der ohne den Applaus beim Parteitag auskommt; ohne Diäten und Fahrbereitschaft; ohne Ausschussposten und Neujahrsempfänge. Wer etwas verändern will, der muss junge Menschen ansprechen, die noch offene Köpfe und Herzen haben. Der muss eine Investition in die Zukunft machen: Die Leute ansprechen und begeistern, die in zehn fünfzehn oder zwanzig Jahren stellvertretende Chefredakteure, Professoren, Buchautoren und Institutsdirektoren sein können.

 

Die Linken haben das verstanden. Darum sehen in vielen Teilen des Landes Lehrpläne an Schulen und Universitäten so aus wie sie aussehen. Darum wählen die Volontäre der ARD zu 92 Prozent grün-rot-rot. Darum fühlen sich Meinungsmacher in unserem Land moralisch ermächtigt, mit Fakten kreativ umzugehen „um der guten Sache willen“.

 

Wir Freunde der Marktwirtschaft und der Freiheit, wir Liberalen – das muss man so offen und schonungslos sagen: wir haben da ganz schön versagt. Wir haben dieses Gebiet sträflich vernachlässigt. Wir haben gedacht, dass es reicht, wenn man genug Prozente bei einer Wahl und genug Stellen in einer Regierung hat. Das ist nicht so. Das hätten wir schon in der Vergangenheit sehen müssen. Das sehen wir jetzt. Und am Sonntag wahrscheinlich auch.

 

Wir bei Prometheus sind überzeugt, dass wir besser werden müssen. Und dass wir besser werden können. Wir können mithalten mit den linken Meinungsmachern. Wir müssen nicht sang- und klanglos das Feld räumen. Und in den über sechs Jahren unseres Bestehens haben wir auch schon oft genug gesehen, dass das funktionieren kann. Wer heute für die Freiheit brennt, findet den Weg zu uns. Gerade die jungen Menschen, die dem Land in der Zukunft ein Gesicht geben werden. Als Gäste bei unseren Veranstaltungen, als Praktikanten und Research Fellows. Als Teil eines wachsenden Netzwerks. Und so werden wir mehr und mehr zur Stimme der Freiheit. Egal, wem Sie am Sonntag Ihre Stimme geben – sie können davon ausgehen, dass wir immer der Freiheit eine Stimme geben werden. Darauf können Sie sich verlassen – und wir freuen uns, wenn wir uns auf Ihre Unterstützung auch verlassen können bei dieser zentralen Aufgabe für unsere Gesellschaft.

2 Kommentare
  1. Dr. Alexander Dill
    Dr. Alexander Dill sagte:

    Ein zutreffender, weil selbstkritischer Beitrag! Ja, die FDP hatte in der Opposition genug Zeit und Ressourcen, Themen und Bewegungen auf die Straße, in die Medien zu bringen. Am Ende blieb es dann bei der bewährten Verteidigung des weltweit absurdesten Steuerprivilegs, nämlich Steuern und Sozialabgaben nur auf Einkommen zu erheben.
    Leider hatte die FDP kein Thema. Digitalisierung ist eine Schlaftablette der CSU. Klima haben die Grünen. Nationale Identität die AfD. Soziale Gerechtigkeit die Linken. Mindestlohn die SPD. ‚Freiheit‘ ist nun überhaupt kein Thema, wenn man vom berechtigten Widerstand gegen das Corona-Regime absieht. Da haben Aiwanger und Kubicki viel geleistet.
    Dennoch hätte die FDP viel erreichen können – wenn sie nämlich Sahra Wagenknecht statt Christian Lindner aufgestellt hätte, was 20%+ ausgemacht hätte.
    Christian Lindner hat eben keine Inhalte, für die er steht. Er und die FDP stehen für einen immer noch beträchtlichen Marktanteil Privilegierter, die sich für besondere Leistungsträger halten.
    Dass sie allerdings daraus Sonderrechte ableiten, wie etwa die Befreiung von der Versicherungspflicht, macht sie zu einer wilhelminischen Ständevertretung.
    Deshalb bin ich ja auch nicht mehr dabei.
    Die FDP muss sich jetzt völlig neu erfinden. Wahrscheinlicher ist, dass sie die beachtlichen 12,5% als Bestätigung des veralteten Ständekurses ansieht und weiter bewährte Reden gegen angebliche ‚Linke‘ führt.

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    • Clemens Schneider
      Clemens Schneider sagte:

      Schreiben Sie Ihre Kommentare zur FDP doch bitte der FDP. Prometheus ist eine überparteiliche Organisation. Das zeigt ja gerade dieser Artikel.

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