Photo: Uwe Kaufmann from flickr (CC BY 2.0)

Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung ist zwar derzeit nur ein sogenannter Hausentwurf im Bundesumweltministerium, aber dennoch sagt er viel über die Denke der Ministerialbürokratie aus. In dem 70 Seiten umfassenden Papier kommt all das zum Ausdruck, was Zentralverwaltungswirtschaft so ausmacht. Sie meinen, das sei zu hart? Nein, ganz und gar nicht. Es trifft den Nagel auf den Kopf. Gibt man nämlich im Internet „Zentralverwaltungswirtschaft“ ein, erfährt man beispielsweise auf der Seite www.wirtschaftslexikon24.com prompt: „Die Zentralverwaltungswirtschaft stellt eine Wirtschaftsordnung dar, in der von einer zentralen Stelle des Staates aufgrund eines Planes Produktion und Konsum gelenkt und gestaltet werden. Sie wird auch als zentralgeleitete Wirtschaft oder Planwirtschaft bezeichnet.“

Was in dieser neutralen Beschreibung fehlt, ist die historische Einordnung. Die Zentralverwaltungswirtschaft ist immer gescheitert – immer. Sie ist im China Maos gescheitert, in der Sowjetunion Gorbatschows, in der DDR Honeckers, in Kuba Castros und jüngst im Venezuela von Hugo Chavez. Warum sollte es im Deutschland der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks anders sein? Dieses Scheitern liegt weniger am Willen der Maos, Gorbatschows und Hendricks. Sie glaubten und glauben an ihre Mission. Die Zentralverwaltungswirtschaft scheiterte und scheitert an ihrer Komplexität. Niemand hat dieses umfassende Wissen bis in die letzte Verästelung der Produktion und des Konsums hinein. Das Wissen und die Informationen sind subjektiv verstreut und unterliegen einem ständigen Wandel. Die Versorgung mit Brot, Fleisch oder Eiern kann deshalb nicht zentral geplant werden. Welches Brot soll beispielsweise geplant und hergestellt werden? Vollkorn-, Weiß- oder Toastbrot? Wieviel von jedem? 1000 Brote, eine Million oder 100 Millionen? Wieviel davon in München, wieviel davon in Greifswald? Wieviel am Sonntag und wieviel an den Werktagen? Auch die Versorgung mit Strom, Wärme oder Wasser kann nicht zentral geplant werden. Wer soll dieses Wissen haben? Viel zu differenziert und vielschichtig sind die Anforderungen an die Produzenten. Und viel zu differenziert und vielschichtig sind die Wünsche der Konsumenten. Der eine wohnt auf dem Land, der andere in der Stadt. Der eine wäscht jeden Tag, weil er kleine Kinder hat. Der andere bringt seine Wäsche in die Reinigung. Was für Brot, Fleisch, Eier, Strom, Wärme oder Wasser gilt, kann beim Klima nicht anders sein. Wer den CO²-Ausstoß reduzieren will, kann dies nicht zentral planen. Auch dieses Wissen hat niemand. Jeder Versuch wird daher scheitern. Dennoch bereitet das Umweltministerium die Zentralverwaltungswirtschaft 4.0 vor.
Legt man die oben genannten Kriterien an den „Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung“ an, dann ergibt sich eine vollständige Übereinstimmung. Die zentrale Stelle ist hier die Bundesregierung, die wiederum einen Plan bis 2030 und 2050 aufstellt, der die Produktion und den Konsum in der Energiewirtschaft, beim Bauen und Wohnen, bei der Mobilität, in der Industrie und der Land- und Forstwirtschaft lenkt und gestaltet.
Man kann dem Bundesumweltministerium nicht vorwerfen, es sei nicht konkret. Im Papier heißt es: Das Oberziel sei eine „treibhausgasneutrale Wirtschaft und Gesellschaft bis zur Mitte des Jahrhunderts“. Dies sei eine große Herausforderung – aber erreichbar, so die Autoren des Papiers. Dazu schlagen sie unter anderem vor:
• Spätestens bis zum Jahr 2030 muss auf die Neuinstallation von Heizsystemen, die auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe beruhen, verzichtet werden. Hinweis: Ziehen Sie sich warm an!
• Das Verkehrssystem in Deutschland wird im Jahr 2050 nahezu unabhängig von Kraftstoffen mit fossilen Kohlenstoffen („dekarbonisiert“) sein. Hinweis: Planen Sie bei Reisen etwas Zeit ein, das Aufladen der Elektroauto-Batterie dauert ein wenig!
• Mit einem nationalen Radverkehrsplan und einer Fußverkehrsstrategie soll der Klimaschutzplan umgesetzt werden. Hinweis: Fahrradfahren hält jung!
• Bis 2050 sollte mindestens eine Halbierung des derzeitigen Fleischkonsums angestrebt werden. Hinweis: Sparen sie schon heute, damit sie sich morgen noch das Schnitzel leisten können!
• Mittel- und langfristig ist eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten durch eine „deutliche Reduktion des Konsums tierischer Produkte“ anzustreben. Hinweis: Der Veggi-Day ist doch nicht tot!

Trotz der vielen gescheiterten Planwirtschaftsexperimente in der Geschichte wird immer wieder versucht, das Unmögliche möglich zu machen. An dieser Ignoranz könnte man verzweifeln. Eigentlich bräuchte es heute wieder einen Wirtschaftsminister wie Ludwig Erhard, der die Bürger wach- und aufrüttelt. In seinem wichtigsten Buch „Wohlstand für alle“ schrieb er damals: „Ich lehne das Prinzip der Planung und Lenkung dort radikal ab, wo es den einzelnen Staatsbürger von früh bis abends als Konsumenten oder Produzenten quälen soll.“ Lassen Sie sich nicht weiter quälen und wehren Sie sich. Jetzt!
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3 Kommentare
  1. Marco Brück
    Marco Brück sagte:

    Schon heute ist die Heizung mit (elektrischen) Wärmepumpen klimaschonender als die beste Gasbrennwert-Heizung. Aufgrund des planwirtschaftlichen EEG sind die EEG-Umlage auf den Strom (und die Netzentgelte) allerdings so hoch, dass der Einsatz von Wärmepumpen leider häufig knapp nicht wirtschaftlich ist (2-3% höhere Investitionen beim Bau). Würde man Gas/Heizöl analog hoch besteuern bzw. mit Umlagen versehen, könnte der Punkt „Heizung“ aus dem Klimaschutzplan verschwinden: man würde es automatisch machen, so wie heute Strom bspw. für die Beleuchtung eingesetzt wird und nicht mehr Petroleum-Lampen genutzt werden. Der Block 10 in Den Haag zeigt auf, wie günstig man bauen kann, wenn man kompromissbereit ist, nicht jede kleinste energetische Optimierung vornimmt, aber bspw. mit Geothermie im Großformat heizt.

    Da aber mit dem bürgerlichen Lager beim Thema „Steuererhöhung“ (egal auf was, selbst wenn’s Heizöl ist und selbst wenn man es aufkommensneutral organisieren würde) fast keine Diskussion möglich sind, ist dieser Bereich nicht reformierbar.

    So muss man dann leider „Planwirtschaft“ mit „Planwirtschaft“ korrigieren (siehe „Marktanreizprogramm“ für Wärmepumpen).

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  2. Darwin02
    Darwin02 sagte:

    Klimaschutzplan sehr gut analysiert. Den Schwächen, die Sie aufzeigen, könnte man einige hinzufügen, die für bei der ganzen Diskusstion ausgeblendet und für das Scheitern verantwortlich sein werden: das fehlende Denken über Systemgrenzen hinweg (Deutschland ist keine Insel), das Negieren von Chancen (z.B. durch Agrarexporte, statt Bioimporte) und moderner Technik. Haben Sie in den Papieren irgendwo etwas zu Anpassungsstrategien durch Nutzung der Agro-Gentechnik gelesen? In anderen Ländern forscht man nach Salz- und Wassertoleranten bzw. Nährstoffbedarf reduzierten Pflanzen. Bei uns freut sich die Wirtschaft über steigende Nachfrage nach SUV und Verdopplung der Inlandflüge, auf denen dann vegetarische Gerichte gereicht werden. Das Ausmass an Ignoranz, dass in den Maßnahmenpaketen zum Ausdruck kommt, ist so erschreckend wie eine Energiewende, die auf Braunkohle angewiesen ist …..

    Antworten
  3. Ralf Becker
    Ralf Becker sagte:

    Die zentrale Verwaltungswirtschaft funktionierte deshalb nicht, weil es wie oben richtig beschrieben wird, zu viele Informationsdefizite gab.

    Ob sie heute mit den erheblich verbesserten EDV-Möglichkeiten oder anderen zusätzlichen Korrekturen bzw. Reformen funktionieren würde, das weiß man nicht.

    Unser jetziges Wirtschaftssystem hat hingegen vor allem in den ersten 2- 3 Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg sehr gut funktioniert, aber danach geriet es mit der Zeit immer mehr aus dem Gleichgewicht.

    Thomas Piketty schreibt:
    Tatsächlich, treffe nicht einmal die liberale Lehre
    zu, es bedürfe deutlicher finanzieller Unterschiede, um Leistung zu
    motivieren. Denn der weitaus größere Teil allen Reichtums bestehe nicht
    in Arbeitseinkommen, sondern in Vermögen.

    Hierzu meine ich, dass die ungerechte Vermögensverteilung letztlich dafür sorgt, dass den Reichen für die Erreichung ihrer nicht sonderlich gemeinwohlbezogenen Ziele durchaus zu viel Geld zu Verfügung steht, während das Geld an anderen Stellen eklatant fehlt, wodurch auch das Klimaziel dann letztlich nicht mehr erreicht werden kann.
    Die Ungleichheit führt also zu sehr viel sinnlosem Wohlstand, der letztlich auch das Klimaziel gefährdet.

    Im Zentrum von Pikettys Buch s „Kapital im 21. Jahrhundert“ steht jedenfalls die sog. Formel „r
    >g“, wobei „r“ für die Kapitalrendite steht („return of capital“) und
    „g“ für das Wirtschaftswachstum („economic growth“).

    Bei unserem Wirtschaftssystem gibt es jedenfalls das Problem, dass die
    Reichen ihr Monopoly-Spiel jetzt nahezu gewonnen haben und jetzt auch
    nicht mehr sonderlich motiviert sein werden. Man könnte jetzt sogar im
    Grunde genommen sagen: „game over“

    Was das Wirtschaftswachstum betrifft, wird es insofern in der letzten Zeit immer mehr angezweifelt, dass dies ein geeignetes Rezept für den Abbau von Arbeitslosigkeit ist, weil man damit die Probleme letztlich immer mehr verschlimmbessert.

    Und um jetzt zu Ludwig Erhard zu kommen, hatten wir nach dem Zweiten Weltkrieg eine völlig andere Situation.

    Thomas Piketty schreibt hierzu :
    Tatsächlich habe die Ungleichheit in und nach dem Zweiten Weltkrieg
    abgenommen, genauso wie in und nach dem Ersten. Er nennt hierfür
    zwei Gründe: Zum einen habe der Krieg eine beträchtliche Zahl großer
    Vermögen zerstört, zum anderen sei mit dem Wiederaufbau ein
    Wachstumsschub entstanden, der eine Rückkehr zur historischen
    Ungleichheit erst einmal verhindert habe

    Man liest es zudem des öfteren, dass ein Wirtschaftssystem, wie wir es zurzeit haben, max. nur ca. 65- 70 Jahre lang funktionieren kann.

    Einer der Gründe dafür ist das Bankensystem, das zuviel Macht über den Zins hat.

    In diesem Zusammenhang hatte das Alte Testament in der Bibel lange Zeit für ein strenges Zinsverbot gesorgt, das jedoch später abgeschwächt wurde.

    Der Zins sorgt jedenfalls wegen seiner exponentiellen Eigenschaft und der zu großen bzw. sinnlosen Macht der Banken für ein volkswirtschaftliches Ungleichgewicht.

    Jedenfalls beobachten wir es zurzeit, dass der Herr Draghi immer tiefer in seine Trickkiste greift und bislang vergeblich bei den Regierungen Reformen einfordert.

    Deutschland mit der zu wirtschaftsnahen Regierung ist jedenfalls Verursacher der Eurokrise und sehr wahrscheinlich wird auch nur Deutschland allenfalls es noch schaffen können, dass die Eurokrise noch gelöst werden kann. Allerdings müssten wir dann Anstrengungen leisten und beinahe schon über unseren eigenen Schatten springen.

    Letztlich wird aber auch Deutschland auf nationaler Ebene nicht die Krise meistern können, weil man die Eurokrise letztlich auch nicht isoliert betrachten darf.

    In Deutschland ist jedenfalls die Einkommensungleichheit im internationalen Vergleich moderat. Anders sieht es jedoch bei Vermögen aus:
    „In keinem Euro-Land ist der Reichtum so ungerecht verteilt wie
    hierzulande“, sagt Markus Grabka vom Deutschen Institut für
    Wirtschaftsforschung (DIW). „Hier müsste der Staat eigentlich
    eingreifen.“

    Die ungerechte Vermögensverteilung der Deutschen wird sich jedenfalls als Boomerang erweisen, so dass die dadurch bedingten zu niedrigen Reallöhne bei gleichzeitig fehlender Möglichkeit sich eine Altersrente anzusparen zu einer gefährlichen Rentenlücke führen wird.

    Wie eine Studie des WDR es herausgefunden hat, drohe beinahe jedem Zweiten in Deutschland spätestens in 2030 Altersarmut.

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