Photo: Philippe AMIOT from Flickr (CC BY 2.0)
Zweifelsohne ist die Deutsche Einheit ein Grund zu großer Freude. Ob in Waren an der Müritz, Dresden oder Chemnitz: überall sind die blühenden Landschaften entstanden. Das Versprechen ist eingelöst, für das Helmut Kohl lange Zeit gescholten wurde, weil es doch länger dauerte als er es 1990 ankündigte. Doch nach 25 Jahren Einheit ist Mecklenburg-Vorpommern das Urlaubsland Nummer eins in Deutschland, Sachsen wirtschaftsstark und die Infrastruktur intakt. Inzwischen ist eine ganze Generation herangewachsen, die die Mauer und die DDR nur noch aus Geschichtsbüchern kennt.
An diese Generation gerichtet: Das Wirtschaftsmodell der DDR war die Planwirtschaft. Sie war ursächlich verantwortlich für den Bankrott des „Arbeiter- und Bauernstaates“. Die Regierung plante für die Bürger was richtig und notwendig war. Das dauerte zuweilen. Bürger der DDR warteten 10 Jahre und mehr auf ein Auto der Marke „Trabant“, dessen Abgaswerte so fernab von Gut und Böse waren, dass erst gar nicht versucht wurde, diese mit einer Software zu manipulieren. Bürger der DDR heirateten früh. Nicht weil sie sich schon mit 18 oder 19 Jahren binden wollten, sondern weil sie in einer eigene Wohnung leben wollten, die ihnen von der Regierung zugewiesen wurde. Diese Wohnungen wurden meist mit Braunkohle geheizt, die das ganze Land in einen dunklen Schleier aus Ruß hüllte. Irgendwann hatten die Bürger der DDR diese Mangelverwaltung satt, begehrten auf und schickten die Apparatschiks der SED, deren Nachfolgepartei heute die Linke ist, in die Wüste. Die Deutsche Einheit war da.
Doch der Glaube an die Überlegenheit der Planwirtschaft ist in ganz Deutschland noch vorhanden. In Ost wie in West denken viele Bürger immer noch, dass zumindest in manchen Bereichen die zentrale Planung durch eine Regierung bessere Ergebnisse liefert als eine individuelle Planung ohne Regierung:
In Nordrhein-Westfalen plant die Bildungsministerin landesweit per Erlaß die Höchstdauer von Hausaufgaben, die in einer Schule aufgegeben werden dürfen. Anschließend fragt die Bildungsministerin die Langzeitfolgen in einer landesweiten Abiturprüfung ab. Bildung ist im ganzen Land eine Staatsaufgabe, deren Produktionskapazitäten (Lehrer und Schulen) und Produktionsergebnisse (Schüler) bis in die letzte Verästelung geplant werden. Weil dies nur eingeschränkt gute Ergebnisse produziert, wollen die Planer noch intensiver und besser planen. Nicht mehr die Planwirtschaft auf Landesebene, sondern auf Bundesebene ist ihr Ziel.
Die Arbeitsministerin plant die Gesundheit jedes Arbeitnehmers durch eine Arbeitsstättenverordnung, die mehr Tageslicht auf jede Toilette bringen soll. Sie regelt auch, wieviel Weiblein und Männlein ein Unternehmen kontrollieren sollen, was ein Auszubildender verdienen und was von Usedom bis Freiburg der Mindestlohn sein muss. Der Gesundheitsminister sagt uns, wie oft wir zur Vorsorgeuntersuchung gehen sollen und plant dafür das Budget im zentralen Gesundheitsfonds. Reicht das Geld nicht, dann wird zentral der Beitrag angehoben.
Der Verkehrsminister stellt einen zentralen Bundesverkehrswegeplan auf, dessen Umsetzung wahrscheinlich 100 Jahre dauert. Alles was man über Planwirtschaft wissen will, kann dort nachvollzogen werden – Mangelwirtschaft, Fehlplanung und Verschwendung. Nicht ganz so lange dauert es beispielsweise, den Lückenschluss der A 30 bei Bad Oeynhausen zu planen. Aber auch das werden am Ende, wie der Name A 30 schon sagt, 30 Jahre sein.
Selbst wie die Wohnung geheizt werden muss, weiß die Regierung. Sie hat dazu sogar einen langfristigen Plan aufgestellt, der die Energiewirtschaft nicht nur in Teilen enteignet, sondern anschließend auch noch sagt, was sie künftig produzieren müssen.
Es ist ein Elend in diesem Land, dass wir glauben, die Regierung wisse besser, welche Fähigkeiten, Chancen und Glücksvorstellungen jeder Einzelne in sich trägt. Man kann es drehen und wenden wie man will: Wir sind immer noch mehr DDR als wir glauben!