Photo: TaylorHerring/Timothy Anderson from Flickr (CC BY 2.0)

Für Sparer war der Blick nach Amerika noch nie so wichtig. Immer dann, wenn der Offenmarktausschuss der amerikanischen Notenbank Fed zusammentritt, werden die Finanzmärkte nervös. Erhöht das Gremium den US-Leitzins, dann brechen die Börsen ein, belassen sie ihn bei 0,25 bis 0,5 Prozent dann jubilieren die Börsen weiter. So auch wieder in dieser Woche. Sie haben mögliche Leitzinserhöhungen verschoben, was an den Börsen zu Erleichterung führte. Sie laufen ohnehin gut in diesem Jahr. Die amerikanische Börse in New York legte bereits um rund 13 Prozent zu und die größte deutsche Börse in Frankfurt  um elf Prozent. Auch die Immobilienpreise steigen. In den letzten zehn Jahren sind die Wohnungspreise in München um 131 Prozent gestiegen und in Berlin um 116 Prozent. Investoren mag das freuen. Nicht ohne Grund steigen die Baugenehmigungen in Deutschland rasant an. Es hat zwar noch nicht das Niveau der Wiedervereinigung, doch stiegen die Baugenehmigungen allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres um 26,1 Prozent.

Die Schattenseite dieser Entwicklung ist die Nullverzinsung für Staatsanleihen. In Staatsanleihen investieren zum großen Teil Lebensversicherer in Deutschland. Deren Geschäftsmodell fällt in sich zusammen. Gerade hat die Düsseldorfer Arag-Versicherung ihren Lebensversicherungsbestand an eine Abwicklungsgesellschaft verkauft. Das ist erst der Anfang. Alle Lebensversicherungen leiden unter dem Nullzins, weil sie per Vertrag Garantien versprechen, die bis zu 4,5 Prozent Verzinsung reichen. Deshalb wird es noch viele Geschäftsaufgaben oder Fusionen bei Lebensversicherungen geben. Nicht nur da. Auch die Banken werden in die Fusion gedrängt.

Die EZB bereitet dafür schon den Boden. EZB-Präsident Mario Draghi meinte diese Woche, Deutschland sei „overbanked“, was so viel bedeutet wie die Aufforderung zu einer Fusionswelle in der Branche. Die Deutsche Bank wird wohl die nächste sein. Schon vor einigen Wochen sondierte man einen Zusammenschluss mit der Commerzbank. Im deutschen Maßstab wäre es eine Megafusion geworden. Doch schon im europäischen und erst recht im Weltmaßstab wäre es ein „Fusiönchen“. Beide Banken, besonders die Commerzbank, spielen nur noch in der Regionalliga. Wahrscheinlich wird die Deutsche Bank wohl eher von einem amerikanischen Institut übernommen.

Doch auch die Genossenschaftsbanken und Sparkassen fusionieren wie noch nie. Ihr Kostenapparat ist hoch und die Erträge auf der Einlagenseite und im Kreditgeschäft brechen weg. Die Banken werden dadurch immer größer und gefährlicher für den Steuerzahler. Eigentlich ist es die Lehre aus der Finanzkrise, dass große Banken, die in Schieflage geraten,  ganze Staaten in den Abgrund reißen können und daher die Systemrelevanz von Banken eigentlich reduziert werden müßte. Doch wenn selbst der EZB-Chef Fusionen fordert, ist die Lage wahrschein schlimmer, als er zugibt. Er ist mit seinem Latein am Ende. Alle Maßnahmen, die die EZB seit 2010 eingeleitet hat, sind bislang wirkungslos geblieben. Die Reformen in den Krisenstaaten werden nicht angegangen, die Banken dort sind überschuldet, die Arbeitslosigkeit ist weiterhin erschreckend hoch und die Konjunktur springt nicht an.

Trotz des billigen Geldes, inzwischen hat die EZB für eine Billion Euro Staatsanleihen aufgekauft, läuft der Motor nicht; auch das Inflationsziel von zwei Prozent in der Eurozone wird nicht erreicht. In diesem Dilemma steckt Draghi und weiß keinen Ausweg mehr. Erhöhten die Amerikaner jetzt ihren Leitzins, brächen die Börsen in Europa ein und beeinflussten die Konjunktur negativ. Daher wird er bald die nächste Rakete zünden und nicht nur Anleihen, also Schulden, sondern bald auch Aktien, also Kapital, aufkaufen, um die Konjunktur und damit die Investitionsbereitschaft von Unternehmen anzuregen.  Es wäre ein erneuter Dammbruch. Schon heute sind die Anleihenmärkte durch die Eingriffe der Notenbanken zu Zombiemärkten geworden. Sie hängen nur noch am Tropf der Notenbanken. Über deren Rolle wird hierzulande viel zu unkritisch diskutiert. Sie sind die Täter und nicht die Opfer.

Erstmals veröffentlicht in der Fuldaer Zeitung am 24. September 2016.

Photo: dierk schaefer (CC BY 2.0)

Die DDR-Vergangenheit wird verharmlost, vertuscht, verklärt. Es hat Folgen für die heutige Politik, wenn ein „Schutzwall“ nicht als mörderisches Instrument gesehen wird und eine exzessive Planwirtschaft nicht als Weg zur Verelendung großer Bevölkerungsteile.

Mauer, Stasi und Mangelwirtschaft als Pflichtübungen

Wenn Sie dieser Tage in Berlin unterwegs sind, kann es passieren, dass Sie in eine S-Bahn steigen, auf der für das DDR-Museum geworben wird. Hierbei handelt es sich nicht etwa um einen Erweiterungsbau der Gedenkstätte im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen, um die Schrecken der 40 Jahre langen Diktatur darzustellen. Eher im Gegenteil: Das DDR-Museum liegt in bester Lage an der Spree gegenüber dem Berliner Dom. Der Besucher kann sich in alte Trabis setzen, sich über die FKK-Kultur und die Blech-Münzen amüsieren, etwas Kalter-Krieg-Grusel empfinden und in einem authentischen DDR-Wohnzimmer umherwandeln – inklusive Abhörstation.

Mauer, Stasi und Mangelwirtschaft kann man natürlich schwerlich auslassen. Aber man will den etwa 600.000 Menschen, die jährlich das Museum besuchen, ja nicht die Stimmung vermiesen. Und so ist die Darstellung dieser Aspekte der DDR eher eine Pflichtübung, die auch noch absolviert wird. Wer will schon den spanischen Schulklassen, britischen Fanclubs und japanischen Rentnerinnen, die sich gerade zwischen dem Döner am Hackeschen Markt und dem Bummel über die Friedrichstraße befinden, die Geschichten erzählen von Unterdrückung und Umweltverpestung, von Fremdenfeindlichkeit und Familienzerwürfnissen, von Misswirtschaft und Mauertoten?

Stalinisten als Namensgeber

Das Museum ist eines der prominentesten Beispiele für DDR-Nostalgie, aber bei weitem nicht das einzige. Mitten durch Berlin laufen gleich zwei große Straßen, die nach Karl Marx benannt sind, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gibt es noch unzählige von ihnen. Auch Rosa Luxemburg fungiert als Namensgeberin für Straßen, Plätze, Schulen und sogar eine Stiftung. Also die Frau, die feststellte „Wer sich dem Sturmwagen der sozialistischen Revolution entgegenstellt, wird mit zertrümmerten Gliedern am Boden liegenbleiben.“ Auch der ausgemachte Stalinist Ernst Thälmann geistert noch allenthalben mit Denkmälern und als Namensgeber durch die östlichen Teile unseres Landes. All diese kulturellen Reminiszenzen an ein diktatorisches Regime sind in etwa so absurd als würde man einen Erlebnispark Deutscher Kolonialismus aufmachen, wo man lustige Tropenhüte erwirbt, mit einer Bimmelbahn die Ostafrikanischen Zentralbahn nachspielt und alle zwei Stunden einem traditionellen Tanz der Papua zusehen kann.

Doch nicht nur die Symbole und Souvenirs sind erhalten geblieben. Auch in vielen Köpfen ist die DDR noch oder wieder ein Sehnsuchtsort. Nach der Wiedervereinigung war sie vor allem für die „Wendeverlierer“ das positive Gegenbild zur neuen Realität. Diese Menschen verhalfen der zur PDS gewandelten SED zum Überleben. Inzwischen gibt es eine neue Gruppe, für die die Vorstellung umfassender Fürsorge und echten Schutzes an Attraktivität gewinnt. Es sind die Menschen, die sich überrannt fühlen von der Globalisierung, denen gesellschaftliche Veränderungen zu schnell gehen und die das Gefühl haben, vernachlässigt zu werden.

Die Versuchung, Verantwortung abzugeben

Vernachlässigung war nun wahrhaft nicht das Problem des DDR-Regimes. Für jeden wurde ein Arbeitsplatz gefunden, für jeden die Konsummöglichkeiten bestimmt und viele hatten einen ganz persönlichen Ansprechpartner und Kümmerer im Ministerium für Staatssicherheit. Der marktwirtschaftlich organisierte und freiheitlich-demokratische Rechtsstaat bietet da wesentlich weniger Komfort und verlangt ein wesentlich höheres Maß an Selbstverantwortung. Natürlich gibt es auch in diesem System immer wieder Verlierer – zumindest im Kontrast zu den Gewinnern. Weil die DDR-Vergangenheit jedoch nie wirklich aufgearbeitet wurde und landauf, landab eher der kitschige als der kritische Blick dominiert, fällt es den Verlierern schwer zu erkennen, dass sie selbst als Verlierer im jetzigen System noch viel besser dran sind.

Ein Resultat der mangelhaften bis ungenügenden DDR-Vergangenheitsbewältigung ist der rege Zuspruch, den Kritiker und Gegner von Marktwirtschaft, freiheitlicher Demokratie und offener Gesellschaft derzeit erfahren. Bei den Wahlen in den ostdeutschen Bundesländern haben Parteien am linken und am rechten Rand in den letzten beiden Jahren zwischen 33 und 42 Prozent der Wähler hinter sich versammeln können. Diese Wähler sind nicht lauter Kommunisten und Rassisten. Es sind insbesondere auch Menschen, die sich – oft mit guten Gründen – schwertun, zu akzeptieren, dass unser gesellschaftliches und politisches System ihnen mehr Selbstverantwortung zumutet als sie zu übernehmen bereit oder vielleicht auch imstande sind.

Der Preis, den ein vermeintlich einfacheres, überschaubares und sichereres System á la DDR uns abverlangt, ist vielen zu wenig bewusst. Wer den Durchmarsch der Parteien der einfachen Antworten auf der Linken und Rechten stoppen will, muss auch bei einem besseren Geschichtsverständnis ansetzen. Darum ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, noch viel deutlicher als bisher klarzumachen, dass zentrale Planungsbehörden und Einheitsprodukte, Mauern und politische Gefängnisse zu den ganz großen Tragödien unseres Landes, ja unseres Kontinents gehören. Das hatte schon vor bald zehn Jahren der bedeutende Historiker Hans-Ulrich Wehler vorausgesehen: „Eine intensive Beschäftigung mit der DDR-Vergangenheit ist dringend geboten. Die Konsequenzen dieses Staates sind doch nicht nur in Bitterfeld, sondern auch in der Gesellschaft noch über Jahrzehnte zu beobachten.“

Photo: herr.g from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Von Frederic C. Roeder, Unternehmer, Vice President Finance & Operations der Students for Liberty

Wer hat sich als Kind nicht auf die Traubenzucker und das neuste Malbuch beim Apothekenbesuch gefreut? Die deutsche Apotheke ist eine gesellschaftliche Institution. Viel weniger ist allerdings bekannt, dass der Erfolg dieser Einrichtung auf mittelalterlichen Gildenstrukturen beruht und auf Kosten der Allgemeinheit realisiert wird.

Die verkrustete Regulierung des Apothekenmarktes schadet Millionen Geldbeuteln, verhindert Innovation, und bringt nur einer kleinen gut organisierten Interessengruppe wirkliche Vorteile.

In Deutschland gibt es circa 20.000 Apotheken. Also auf jede Apotheke kommen ungefähr 4.000 Einwohner – das ist europäisches Mittelfeld. Ein durchschnittlicher Apotheker (dabei sind besonders erfolgreiche Apotheken bereits herausgerechnet) erzielte in 2014 einen Gewinn von fast 130.000 Euro pro Apotheke. Das ist schon abzüglich Personalkosten, die oft das Gehalt des Ehepartners beinhalten

Golfurlaub nach Mallorca – der Versicherte zahlt

Eine Vielzahl von Vorschriften schützt die Apothekenbranche zum einen vor ungewollten Wettbewerb und sichert den bestehenden Anbietern zudem prächtige Gewinne.

Das Mehrbesitzverbot regelt, dass ein Apotheker maximal eine Apotheke mit zusätzlich drei Filialen besitzen darf. Größer kann man nur als Apothekerehepaar werden – dann ist die unternehmerische Expansion auf maximal acht Apotheken erlaubt.

Das Fremdbesitzverbot hindert jeden, der kein Apotheker ist, daran Anteile an einer deutschen Apotheke zu besitzen. Im Erbfall dürfen Hinterbliebene, die keine approbierten Apotheker sind, die Apotheke lediglich für weitere zwölf Monate besitzen, bevor sie diese veräußern müssen.

Der sogenannte Apothekenzuschlag bringt dem Apotheker beim Verkauf von verschreibungspflichtigen Medikamenten eine garantierte Mindestmarge von 8,35 EUR und einen Aufschlag von 3 Prozent des Herstellerabgabepreises selbst wenn das verschriebene Medikament nur Cent-Beträge kostet. Dies gilt auch für Generika bei denen der Patentschutz bereits abgelaufen ist. Der Versicherte zahlt.

Dieser Apothekenzuschlag sorgt für eine sehr ähnliche Marge bei deutlich unterschiedlichen Packungsgrößen des gleichen Medikaments. Es ist also im Interesse von Apothekern Anreize für Ärzte zu schaffen, kleine Packungsgrößen häufiger zu verschreiben.

Da Apotheker oft auch in Personalunion der Vermieter des Ärztehauses sind, können die Praxismieter bei dienlichem Verschreibungsverhalten regelmäßig zum Golfurlaub nach Mallorca eingeladen werden.

Unterversorgung, unpersönlicher Service und Qualitätsprobleme – alles Panikmache

Der Onlinehandel boomt in den meisten Branchen doch der Betrieb von Versandapotheken ist nach wie vor ein schwieriges Unterfangen. Versandapotheken dürfen rezeptpflichtige Medikamente lediglich bei Vorlage des Originalrezepts abgeben. Kunden müssen also erst ihr Rezept per Post einsenden um dann in den Genuss des Onlineversands zu kommen.

Digitale Rezepte, die in Ländern wie der ehemaligen Sowjetrepublik Estland bereits Alltag sind, gibt es in Deutschland nicht. Eine regulative Erleichterung des Medikamentenversands würde besonders Patienten im ländlichen Raum zu Gute kommen. Ferner könnten Skaleneffekte realisiert werden.

Während man in unseren Nachbarländern Dänemark und den Niederlanden Paracetamol im Supermarkt kaufen kann dürfen in Deutschland rezeptfreie Medikamente lediglich von Apotheken vertrieben werden. Der Kunde zahlt die deutlich höhere Kostenstruktur der Apotheke mit.

Dieses Sammelsurium an Reglementierungen garantiert einer durchschnittlichen Apotheke einen Gewinn von 130.000 Euro pro Jahr. Zulassungsbeschränkungen und Preiskontrollen sichern diesen Betrag vor Wettbewerb und Kosteneinsparungen, die an Konsumenten weitergegeben werden könnten.

Gegner eines liberalisierten Apothekenmarktes führen Versorgungsengpässe im ländlichen Raum und die Apothekendichte an sich als Argumente für eine Beibehaltung des gildenähnlichen Staus quo an.

Der Blick nach Schweden, Litauen oder der Slowakei zeigt aber ein eindeutig anderes Bild: Die Apothekendichte nahm nach der Liberalisierung des Marktes zu. In der Slowakei wuchs die Anzahl der Apotheken im ländlichen Raum nach dem Erlauben von Fremdbesitz sogar überproportional.

Schreckensszenarien wie Unterversorgung, unpersönlichem Service, und Qualitätsproblemen, wie sie gerne vom gut finanzierten Apothekenverband ABDA gezeichnet werden, trafen in keinem der Länder die auf mehr Wettbewerb gesetzt haben ein. Selbst gesundheitspolitisch stark sozial-demokratische Länder wie Kanada und Großbritannien vertrauen auf einen liberalisierten und effizienteren Apothekenmarkt.

Ein unkomplizierter Zugang zu Medikamenten in späten Abendstunden oder am Wochenende ist in diesen Ländern meist auch kein Problem, da die Öffnungszeiten von Apotheken in Ländern mit mehr Wettbewerb deutlich ausgedehnter sind als hierzulande.

Mittelalterliche Gilden- und Feudalsysteme gehören genau in jene Epoche

Ironischerweise sitzt mit Celesio eine der größten europäischen Apothekenketten in Stuttgart – operiert auf dem Apothekenmarkt aufgrund der erläuterten Gesetzeslage allerdings vorwiegend im Ausland.

Deutschland gibt ein Achtel seines Inlandsprodukts für Gesundheit aus. Durch das Aufheben von Privilegien und mehr Wettbewerb könnte es weniger sein. Die potenziellen Einsparmöglichkeiten durch eine Liberalisierung des Apothekenmarkts wären eine Stellschraube mit der man dies erreichen könnte.

Es sollte nicht die Aufgabe der Allgemeinheit sein, Apothekern ein Mindesteinkommen und Wettbewerbsschutz zu garantieren. Mittelalterliche Gilden- und Feudalsysteme gehören genau in jene Epoche und haben im 21. Jahrhundert wenig zu suchen.

Erstmals erschienen in der Huffington Post.

Photo: Tauno Tohk from Flickr (CC BY 2.0)

Alle großen Tageszeitungen haben gerade breit darüber berichtet: Der „Club of Rome“ hat einen neuen Bericht veröffentlicht: „Ein Prozent ist genug. Mit weniger Wachstum soziale Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und Klimawandel bekämpfen“. Sie wollen mit einem Maßnahmenkatalog das weltweite Wachstum auf ein Prozent pro Jahr begrenzen. Zwar hat sich schon ihr Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972 als völlig falsch herausgestellt, dennoch liest man in Die Welt, der neue Bericht sei von berühmten Ökonomen verfasst worden. Die Zeit spricht gar von einflussreichen Zukunftsforschern. Die FAZ zitiert einen der Autoren, den Norweger Jorgen Randers, mit den Worten „Meine Tochter ist das gefährlichste Tier der Welt“. Da kann man nur sagen: Bei diesem Vater – kein Wunder! Es ist erschreckend, dass so viel geistiger Dünnpfiff die Headlines erreicht.

Da schlagen die Autoren eine Ein-Kind-Politik vor, wie sie das kommunistische China in der dunkelsten Zeit der sogenannten „Kulturrevolution“ einführte, sie wollen den Außenhandel einschränken wie im tiefsten Mittelalter und die Notenpresse noch mehr missbrauchen, wie es einem Blender wie John Law zu Beginn des 18. Jahrhunderts zur Ehre gereicht hätte. Absurder geht es kaum.

Alles wird aus der Mottenkiste herausgeholt. Angefangen bei der These von Thomas Piketty, dass die Ungleichheit zugenommen habe. Gott sei Dank, kann man da nur sagen. Piketty glorifiziert die geringere Ungleichheit in den 1950er Jahren. Seine Begründung sind die hohen Grenzsteuersätze in den USA und Europa zur damaligen Zeit. Diese betrugen je nach Land 80 bis 90 Prozent. Diese Zahlen verglich er mit den heutigen Steuersätzen und kam zum Schluss, dass die niedrigen Steuern heute schuld daran seien. Das ist, gelinde gesagt, völliger Blödsinn. In den 1950er Jahren war die Ungleichheit deshalb geringer, weil viele Länder durch den bis dahin verheerendsten Krieg aller Zeiten zerstört und ausgelaugt waren. Allen ging es gleich schlecht und Brot gab es vielfach nur mit Lebensmittelmarken. Natürlich kann Ungleichheit beseitigt werden, wenn die Steuern prohibitiv sind. Doch ist das sinnvoll? Wollen wir den Weg Chinas der 1960er und 1970er Jahre gehen oder den Weg Nordkoreas heute?

Der Vorschlag, den Außenhandel einzuschränken, ist so absurd, dass er eigentlich gar nicht widerlegt werden muss. Niemand leidet mehr unter der Beschränkung des Außenhandels als die Geringverdiener. Nicht die Millionärsgattin kauft bei Aldi oder C&A, sondern die alleinerziehende Mutter oder der Hartz IV-Empfänger. Der Freihandel macht Güter und Dienstleistungen besser und günstiger. Das kommt besonders den Geringverdienern zugute.

Mit dem Drucken von Geld durch die Notenbanken soll ein großes Konjunkturpaket für den ökologischen Umbau der Wirtschaft finanziert werden. Wahrscheinlich würde dann die Welt in die Zeit der 1920er und 1930er Jahre zurückkatapultiert und wenige Jahre später wäre durch Inflation und Arbeitslosigkeit der „Wohlstand für alle“ genauso in Gefahr wie der Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Wer schützt uns vor solchen Gesellschaftsklempnern, die die Welt retten wollen, sie aber durch ihre Vorschläge eher zerstören? Es ist doch eine Horrorvorstellung, wenn dieses Programm sich durchsetzen würde. Und wer sollte über die Maßnahmen abstimmen? Ein neuer Mao, ein Zentralkomitee, der Club of Rome höchstselbst?

Es geht keine Regierung, kein Parlament und keine Mehrheit in der Gesellschaft etwas an, wieviel Kinder jemand zur Welt bringt. Es geht keine Regierung, kein Parlament und keine Mehrheit in einer Gesellschaft etwas an, mit wem ein Einzelner Handel treibt. Es ist grundsätzlich völlig egal, ob der Kunde in München, London oder Buenos Aires wohnt, sofern er das Produkt kaufen will. Und es ist Betrug an jedem Einzelnen, wenn der Staat die Notenpresse anschmeißt. Weniges wirkt zerstörerischer für eine freiheitliche Gesellschaft als dies. Es gibt wahrlich seit vielen Jahrhunderten zahllose Beispiel, wie durch die Manipulation des Geldwertes Elend erzeugt wurde.

Ende der 1980er Jahre habe ich ein Thermofaxgerät gekauft. Es war der Quantensprung zur damaligen Zeit, der die Kommunikation wesentlich billiger und schneller gemacht hat. Das Thermofaxpapier gilt heute wegen seiner Beschichtung als gesundheitsschädlich. Wenige Jahre später führte der technologische Fortschritt dazu, dass die Thermofaxgeräte durch Normalpapierfaxgeräte ersetzt wurden. Es brauchte kein beschichtetes Papier mehr, sondern es konnte Recyclingpapier verwendet werden. Heute gibt es in vielen Büros nicht einmal mehr ein Faxgerät, sondern alles wird per Email versandt. Was lernen wir daraus? Die These, dass Wachstum immer mehr Ressourcen und die Umwelt belastet, ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall: erst durch Wachstum und technologischen Fortschritt finden wir immer neue Wege zur Ressourcenschonung. Dagegen belasten Länder, die frühzeitig das Modell des Club of Rome vorweggenommen haben, die Umwelt. Länder, denen es durch ihr zentral gelenktes Wirtschaftssystem nicht gelang, ausreichend Wachstum zu erzeugen, sind entweder wie die DDR oder die Sowjetunion untergegangen oder mussten sich wie China radikal wandeln. Wer meint, er habe zwischen Marktwirtschaft und Sozialismus einen dritten Weg gefunden, landet am Ende doch wieder bei den Despoten des Sozialismus.

Erstmals veröffentlicht auf Tichys Einblick.

Photo: theilr from Flickr (CC BY-SA 2.0)

In dieser Woche hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine einstündige Rede zur Lage der Union im Europaparlament gehalten. Sie wird nicht in die Geschichtsbücher eingehen, daher erlauben wir uns, ihm eine neue zu schreiben.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

wir alle müssen innehalten. Die Europäische Union kann nicht so weitermachen wie bisher. Die Eurokrise, die Flüchtlings- und Migrationskrise und letztlich auch der drohende Brexit führen uns vor Augen, dass wir unsere Probleme nur unzureichend gelöst und an Attraktivität und Anziehungskraft verloren haben. Die Europäische Union muss sich verändern, um für die Menschen in Europa ein tatsächliches Friedensprojekt zu werden und den Wohlstand der Menschen in Europa zu mehren.

Das erfordert zuerst die Erkenntnis, dass Europa größer ist als die EU. Auch die Schweiz und Norwegen gehören zu Europa. Sie sind in vielerlei Hinsicht Leuchttürme in Europa. Die Europäische Union darf sich nicht länger anmaßen, für ganz Europa zu sprechen. Und wir dürfen uns nicht länger als Oberlehrer gegenüber den kleinen Staaten inner- und außerhalb der EU aufführen.

Viele hier im hohen Haus wollen die Europäische Union zu einem Bundesstaat nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten von Amerika entwickeln. Davon halte ich nichts. Ich glaube im Gegenteil, dass ein konföderales Europa souveräner Staaten das Ziel der Union sein sollte. Dies entspricht viel eher dem Wunsch der Bürgerinnen und Bürger in den Mitgliedsstaaten. Wir sollten daher Abschied vom bei vielen zum Dogma gewordenen Grundsatz einer „ever closer union“ nehmen. In der Europäischen Union muss es eine freiwillige vertiefte Zusammenarbeit dort geben, wo ein Konsens erzielt werden kann. Dieser Konsens muss nicht für alle Zeiten gelten, sondern Mitgliedsstaaten müssen ein Rückholrecht erhalten, wenn sich ihre Situation oder Meinung ändert.

Die EU beruht auf dem Konsens seiner Mitglieder. Dieser kann nicht erzwungen werden. Bei der Euro-Schuldenkrise, aber auch bei der jüngsten Flüchtlings- und Migrationskrise sind gemeinsam geschaffene Regeln außer Kraft gesetzt worden. Das darf es nie wieder geben. Deutschland darf nicht am Geist des Dubliner Abkommens vorbei einseitig Flüchtlinge und Migranten nach Deutschland einladen. Und Länder, die Außengrenzen der EU haben, müssen diese konsequent schützen und die unkontrollierte Einreise unterbinden. Nur so läßt sich der Schengenraum aufrechterhalten. Nur so läßt sich die Personenfreizügigkeit erhalten.

Die Kommission als Hüterin des Rechts wird künftig ohne Rücksicht auf die Größe des Mitgliedsstaates Vertragsbrüche einzelner konsequent sanktionieren.  Das gilt sowohl für die Defizitländer Frankreich, Portugal, Italien und erst recht für Griechenland. Seit 6 Jahren schwelt die Krise in Griechenland, ohne dass es nennenswerte Fortschritte gibt. Wir müssen nüchtern erkennen, dass der eingeschlagene Weg nicht erfolgreich war. Daher schlägt die Kommission vor, Griechenland in einem Zeitraum von einem Jahr geordnet aus dem Euro zu führen. Wir wollen den Euro zu einer atmenden Währung weiterentwickeln, weil wir glauben, dass nur so die fiskalische Disziplin in den Mitgliedsstaaten einkehrt.

Der Binnenmarkt ist das verbindende Element. Diesen wollen wir stärken. Wir sollten die Waren- und Dienstleistungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit innerhalb des Binnenmarktes erhalten und sie als Vorbild für eine Renaissance des Freihandels auf der Welt betrachten. Deshalb tritt die EU-Kommission dafür ein, dass überall auf dieser Welt Handelsschranken abgebaut werden. Hierzu werden wir einseitig gegenüber anderen Staaten unsere Handelsschranken beseitigen und laden andere dazu ein, uns gleiches nachzutun.

Wir respektieren, dass Länder die mit uns Handel treiben wollen, nicht automatisch die Personenfreizügigkeit, die wir für richtig und notwendig halten, akzeptieren. Es darf kein „Alles oder Nichts“ für den Zugang zum Binnenmarkt geben.  Wir laden Großbritannien daher ein, ohne Vorbedingungen und ohne Zahlungen in den EU-Haushalt am Europäischen Wirtschaftsraum teilzunehmen. Der Handel der Mitgliedsstaaten mit Großbritannien und umgekehrt ist für beide Seiten von Vorteil.

Wir wollen eine Union sein, die für Marktwirtschaft und gegen ein Modell der Planification steht. Nur die Marktwirtschaft sichert Wachstum und Wohlstand in Europa. Dies setzt voraus, dass neben den Chancen im Markt auch die Übernahme von Verantwortung durch Haftung notwendig ist. Ein EU-Finanzminister mit eigenem Budget oder der nach mir benannte Investitionsplan sind keine geeigneten Maßnahmen, weil sie notwendige Anpassungsprozesse in den Mitgliedsstaaten hinauszögern oder sogar verhindern. Wir wollen stattdessen einen Wettbewerb der Systeme zwischen den Mitgliedsstaaten erreichen, in dem unterschiedliche Währungen, Sozial- und Rechtssysteme um die beste Lösung ringen.  Wir glauben, dass dies der historisch föderalen Struktur in Europa am besten gerecht wird.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete,

all dies wird die Europäische Union grundlegend verändern. Daher werde ich heute auf dem EU-Gipfel in Bratislava ein umfangreiches Paket vorschlagen, das notwendige Änderungen der Europäischen Verträge einleitet, die im Rahmen von Volksabstimmungen in den Mitgliedsstaaten gebilligt werden sollten. Lassen Sie mich meine Ausführungen mit einem Zitat des ehemaligen EU-Kommissars Ralf Lord Dahrendorf beenden: „Europa muss Rechtsstaat und Demokratie verkörpern, pflegen und garantieren: sonst ist es der Mühe nicht wert“

Vielen Dank!