Photo: Yann Caradec from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Doktorand der Volkswirtschaftslehre.

Die Einschränkungen des Apothekenbesitzes sind ineffizient und ziehen höhere Preise für Patienten nach sich. Zu einer besseren Beratung trägt das Fremdbesitz- und Mehrbesitzverbot ebenso wenig bei, wie zu einer besseren Versorgung.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände meldet für das Jahr 2018 erneut einen Rückgang der Apothekenanzahl. Es waren 325 Apotheken weniger als im Vorjahr. In Deutschland dürfen gemäß dem Apothekengesetz nur Apotheker Apotheken besitzen und betreiben. Das Fremd- und Mehrbesitzverbot wurde im Jahr 2004 zwar etwas gelockert. Seitdem dürfen Apotheker bis zu drei weitere Filialapotheken betreiben. Diese müssen sich im selben oder in einem direkt benachbarten Landkreis wie die Hauptapotheke befinden. Die anhaltenden Einschränkungen hinsichlich der Eigentümerstruktur und der Anzahl der Apotheken innerhalb einer Unternehmung beschränken jedoch weiterhin den Wettbewerb um die Gunst der Verbraucher und verhindern die Realisierung kostensenkender Größenvorteile. Im Interesse der Kunden sollte eine Öffnung des Apothekenmarkts erfolgen, die Nicht-Apothekern den Besitz von Apotheken ermöglicht und die Anzahl der Apotheken pro Betreiber unbegrenzt lässt.

Weniger Hauptapotheken, mehr Filialapotheken

Die Anzahl der Apotheken ist von 21.476 im Jahr 2005 auf 19.432 im Jahr 2018 zurückgegangen. Der Anteil von Filialapotheken hat sich in diesem Zeitraum von 6 Prozent auf 23 Prozent erhöht. Die deutschen Apotheker haben von dem seit 2004 möglichen Filialbetrieb also rege Gebrauch gemacht. Dass es sich für Apotheker finanziell lohnt, mehrere Apotheken zu betreiben, ist auch ein Hinweis darauf, dass sich mehrere Filialen zu niedrigeren durchschnittlichen Kosten betreiben lassen als eine einzelne Filiale.

Ressourcen gemeinsam nutzen

Eine Aufhebung sowohl des Fremdbesitzverbotes als auch der Limitierung der Anzahl von Filialen ginge mit weiteren Vorteilen einher. Apotheken könnten umfänglicher als bisher Größenvorteile ausschöpfen. Infrastruktur etwa für Buchhaltung, Personalmanagement, Einkauf und Lagerung könnten verstärkt von mehreren Apotheken gemeinsam genutzt werden. Der Wettbewerb der Apotheker untereinander würde dafür sorgen, dass von den resultierenden Kosteneinsparungen auch die Kunden profitieren.

Preissenkungen wären vor allem bei Medikamenten zu erwarten, die apothekenpflichtig aber nicht verschreibungspflichtig sind. Dabei handelt es sich vor allem um Medikamente, die zur kurzfristigen Behandlung von leichteren Beschwerden und Krankheiten eingesetzt werden, wie Kopf- und Zahnschmerzen oder Erkältungen. Bei diesen Medikamenten haben Apotheken – im Gegensatz zu verschreibungspflichtigen Medikamenten – einen Preisgestaltungsspielraum.

Fremd- und Mehrbesitzverbot: Bessere Versorgung?

Die Befürworter des Fremd- und Mehrbesitzverbots, wie die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, argumentieren, das Verbot trage dazu bei, die Versorgung der Bürger sicherzustellen. Doch die Versorgung der Patienten ist nicht in Gefahr. Eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots würde es Apotheken erlauben, Infrastruktur gemeinsam zu nutzen. Die resultierenden Kostensenkungen könnten sogar Apothekenstandorte attraktiv machen, die bisher nicht rentabel sind – gerade in ländlichen Gebieten. Ein Blick in europäische Nachbarländer verdeutlicht dies. In Norwegen wurde das Verbot im Jahr 2001 abgeschafft. Daraufhin konnte eine deutliche Verbesserung der Versorgungsdichte festgestellt werden – auch auf dem Land. In Großbritannien gibt es kein Fremd- und Mehrbesitzverbot und die Versorgung ist auf einem ähnlich hohen Niveau wie in Deutschland.

Auch die Qualität der Beratung steht nicht auf dem Spiel, denn entscheidend ist nicht, dass der Besitzer einer Apotheke Pharmazeut und immer vor Ort ist. Es wäre ausreichend, die Anwesenheit (tatsächlich oder digital) eines Pharmazeuten sicherzustellen. Schon heute betreuen angestellte Apotheker Kunden in Haupt- und Filialapotheken.

Apotheken: Eine heuschreckenfreie Zone?

Weiter wird von den Befürwortern des Verbots argumentiert, das Fremd- und Mehrbesitzverbot entkoppele „(…) die Arzneimittelversorgung von ausschließlich an Gewinnmaximierung orientierten Vorgaben Dritter, wie z.B. Kapitalgesellschaften (…)“. Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände spitzt gar zu: „Kranke sind aber keine Konsumenten und deshalb muss die Apotheke eine heuschreckenfreie Zone bleiben.“

Es ist abwegig anzunehmen, dass Apotheker, die Kapital für den Betrieb ihrer eigenen Apotheke bereitstellen, kein Interesse an dem wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens haben. Das ist auch nicht verwerflich. Denn das Streben nach Gewinnen steht, ebenso wie in anderen Bereichen des Gesundheitssystems, nicht in einem grundsätzlichen Gegensatz zu den Interessen der Patienten.

Apothekenmarkt öffnen

Die Einschränkungen des Apothekenbesitzes sind ineffizient und ziehen höhere Preise für Patienten nach sich. Zu einer besseren Beratung trägt das Fremdbesitz- und Mehrbesitzverbot ebenso wenig bei, wie zu einer besseren Versorgung. Die bisher erfolgte schrittweise Deregulierung des Apothekenmarkts hat sich nicht zum Nachteil der Kunden ausgewirkt. Patienten werden seit über 10 Jahren in Filialapotheken beraten – ohne Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Im Gegenteil: Vielmehr hat der Zuwachs an Filialapotheken vermutlich dazu beigetragen, dass die Gesamtzahl der Apotheken weniger stark zurückging. Wie anderen Unternehmen auch, sollte es Apotheken möglich sein, Ressourcen zu bündeln und gemeinsam zu nutzen. Eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots ist deshalb dringend geboten.

Erstmals erschienen bei IREF.

2 Kommentare
  1. Georg Büchele
    Georg Büchele sagte:

    M.E. führt eine Freigabe zur Übernahme der Arzneimittelversorgung durch Amazon oder ähnliche Ketten.
    Wenn man Arzneimittel nur diejenigen meint die von der Industrie hergestellt werden, mag das egal sein. Apotheker versorgen die Patienten aber individuell und das kann der Handel nicht.
    Die These von der Öffnung geht in Richtung Gesundheitsminister Spahn, der jegliche individuelle Therapie abschaffen und zu einer einheitlichen Schubladen Behandlung übergehen will.
    Also weg von der Sozialisierung, hin zur Individualität

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  2. Burkard Heckelbacher
    Burkard Heckelbacher sagte:

    Der Ansatz ist falsch. Fachberatung von Mensch zu Mensch muss sein.
    Schade, dass hier das Menschliche völlig außer Acht gelassen wird. Wirklich eine kalte Szene.
    Viele Menschen möchten z.B. beraten werden, wenn sei irgendein Scheißgenerikum verschrieben bekommen, welches nicht wirkt. Denn das Original kostet 50 Cents mehr, ist aber von überlegener Galenik, weil es alle klinischen Prüfungsstufen durchlaufen hat. Der sogenannte Test auf Bioverfügbarkeit für Generika ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. Aber Qualität darf es nicht mehr geben. Weil die TKK die Rabattschlacht eröffnet hat und nur irgendwelche billige Scheiße aus Indien oder China verhökern will. Für den Patienten heißt das dann: Fresse halten und pünktlich sterben. Hauptsache die TKK kann Milliarden horten und täglich fünf Briefe an jedes Mitglied raushauen. Ihr habt keine Ahnung von der Szene und redet einfach nur Bullshit. Schade, ich hätte gedacht, dass ich mich hier philosophisch wohlfühlen könnte. Aber diese Nummer ist mir zu arrogant, zu blöd und inkompetent.

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