Photo: Robyn Edge from Flickr (CC BY 2.0)

Von Maximilian Wirth, Ökonom, arbeitet in Washington D.C. im Bereich Handelspolitik und internationale Entwicklung.

Die Schlagzeilen im letzten Jahr waren schockierend: Terror von Berlin bis Bangkok, der Syrienkrieg, Flüchtlinge, die im Mittelmeer ertrinken, und die weiterhin ungelöste Eurokrise. Die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung und erstarkende Populisten auf der ganzen Welt kommen somit wenig überraschend. Viele waren dementsprechend froh, 2016 endlich hinter sich zu lassen. Und dennoch: 2016 war das beste Jahr in der Menschheitsgeschichte.

Wir sind reicher als jemals zuvor. Einkommen steigen und Waren werden zunehmend erschwinglich. Anfang des 19. Jahrhunderts musste der durchschnittliche Arbeiter noch 6 Stunden arbeiten, um das Sesamöl zu kaufen, welches er für eine Stunde Leselicht benötigte. Die Kerosinlampe senkte diese Kosten bis 1880 auf 15 Minuten Arbeit pro Stunde Licht. Heute wird weniger als eine halbe Sekunde Arbeitszeit benötigt, um eine Stunde zu lesen.

Armut sinkt auf der ganzen Welt. Der Anteil der Weltbevölkerung, die von weniger als 1,90 US$ pro Tag leben muss, ist seit 1980 von 40 auf 10 Prozent gesunken. Das Ende der absoluten Armut ist somit kein Traum mehr, sondern könnte noch zu unseren Lebzeiten Wirklichkeit werden.

Dieser Fortschritt wird möglich durch Innovation: Leute erzielen höhere Einkommen, weil Maschinen ihre Arbeit unterstützen und somit die Produktivität steigern. Wir leben länger und gesünder, weil Krankheiten, die in der Vergangenheit den sicheren Tod bedeutet hätten, heute durch Impfung verhindert oder einfach geheilt werden können. Milliarden Menschen, die einmal am Rande des Verhungerns gelebt haben, konnten sich selbst aus der Armut befreien, als vor allem asiatische Länder Teil der globalen Wirtschaft wurden.

Menschen haben die beeindruckende Fähigkeit, ihr Leben durch Innovationen zu verbessern und 2016 war da keine Ausnahme. Die Verbesserungen von Prothesen durch den Gebrauch von 3D-Druckern hätte man vor wenigen Jahren noch als Science Fiction bezeichnet. Inzwischen werden diese zunehmend zum Massenprodukt. Selbstfahrende Autos könnten unsere Gesellschaft so tiefgreifend verändern wie das Fahrzeug selbst vor hundert Jahren. Von künstlicher Intelligenz über die Sharing Economy bis zu Nano-Sensoren: die Liste der technologischen Verbesserungen letztes Jahr war so lang wie begeisternd.

Technischer Fortschritt und steigende Lebensstandards sollten allerdings nicht als selbstverständlich angesehen werden. Beides entsteht nur in einer Gesellschaft mit freiem Handel und gesicherten Eigentumsrechten. Eigentumsrechte erlauben dem Erfinder, einen Teil der Gewinne zu behalten, was ihn antreibt, ständig nach Verbesserungen zu streben. Profit und Verlust sind nötig, damit er weiß ob seine Eingebungen tatsächlich so genial sind wie er dachte. Nur wenn wir mit weit mehr Leuten als unseren direkten Nachbarn handeln können, haben wir die Möglichkeit, von den Ideen von Milliarden von Menschen anstatt nur einer Handvoll zu profitieren. Nur wenn Waren und Dienstleistungen Grenzen überqueren dürfen, können Soldaten zu Hause bleiben.

Freihandel und Kapitalismus haben unsere Welt zu einem besseren Ort gemacht. Aber sie ist weiterhin alles andere als perfekt. Bei aller Freude über die Verbesserungen sollte man die weiterhin bestehenden Probleme nicht aus den Augen verlieren. Ganze demographische Gruppen haben das Gefühl, in einer Gesellschaft zu leben, in der jeder außer ihnen seinen Lebensstandard erhöht. Vor allem wenn der Eindruck entsteht, dass einem Migranten den Job wegnehmen, oder dass der Arbeitslatz ins Ausland ausgelagert wurde, wirkt Globalisierung, der Motor unserer Wirtschaft, dann schnell wie eine Attacke auf Identität und Wohlstand. Besonders ältere Generationen wollen zudem ihre Kultur bewahren in einer Welt, die einem Wandel unterworfen ist, den sie so nie gewollt geschweige denn gewählt haben. Fast jeder ist besorgt wegen der Aggressionen innerhalb der Staaten und zwischen ihnen.  Und so steigt der Unmut über das politische „Establishment“ und die „Eliten“ aus Wirtschaft und Medien, welche unfähig scheinen, die Probleme zu adressieren.

Lösungen dafür werden dringend benötigt. Nur sollten wir uns bei der Suche danach immer die Prinzipien vor Augen halten,die unsere Gesellschaft groß gemacht haben.  Problemlösung darf nicht zur Panikmache verkommen. Globale Herausforderungen erfordern mehr internationale Kooperation, nicht weniger. Mit sinkender globaler Nachfrage sollte Handel, nicht Protektionismus auf der politischen Agenda stehen. Die Welt ist kein Nullsummenspiel. Wir können alle davon profitieren, enger zusammenzuarbeiten anstatt uns zu isolieren. Nur dann können diejenigen, die im Wandel zurückbleiben, angemessen unterstützt werden. Nur dann ist eine friedvolle Koexistenz mit unseren Mitmenschen auf Dauer möglich. Wenn diese Prinzipien bedacht werden, dann kann auch 2017 das beste Jahr in der Menschheitsgeschichte werden.

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