Photo: TaylorHerring/Timothy Anderson from Flickr (CC BY 2.0)

Für Sparer war der Blick nach Amerika noch nie so wichtig. Immer dann, wenn der Offenmarktausschuss der amerikanischen Notenbank Fed zusammentritt, werden die Finanzmärkte nervös. Erhöht das Gremium den US-Leitzins, dann brechen die Börsen ein, belassen sie ihn bei 0,25 bis 0,5 Prozent dann jubilieren die Börsen weiter. So auch wieder in dieser Woche. Sie haben mögliche Leitzinserhöhungen verschoben, was an den Börsen zu Erleichterung führte. Sie laufen ohnehin gut in diesem Jahr. Die amerikanische Börse in New York legte bereits um rund 13 Prozent zu und die größte deutsche Börse in Frankfurt  um elf Prozent. Auch die Immobilienpreise steigen. In den letzten zehn Jahren sind die Wohnungspreise in München um 131 Prozent gestiegen und in Berlin um 116 Prozent. Investoren mag das freuen. Nicht ohne Grund steigen die Baugenehmigungen in Deutschland rasant an. Es hat zwar noch nicht das Niveau der Wiedervereinigung, doch stiegen die Baugenehmigungen allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres um 26,1 Prozent.

Die Schattenseite dieser Entwicklung ist die Nullverzinsung für Staatsanleihen. In Staatsanleihen investieren zum großen Teil Lebensversicherer in Deutschland. Deren Geschäftsmodell fällt in sich zusammen. Gerade hat die Düsseldorfer Arag-Versicherung ihren Lebensversicherungsbestand an eine Abwicklungsgesellschaft verkauft. Das ist erst der Anfang. Alle Lebensversicherungen leiden unter dem Nullzins, weil sie per Vertrag Garantien versprechen, die bis zu 4,5 Prozent Verzinsung reichen. Deshalb wird es noch viele Geschäftsaufgaben oder Fusionen bei Lebensversicherungen geben. Nicht nur da. Auch die Banken werden in die Fusion gedrängt.

Die EZB bereitet dafür schon den Boden. EZB-Präsident Mario Draghi meinte diese Woche, Deutschland sei „overbanked“, was so viel bedeutet wie die Aufforderung zu einer Fusionswelle in der Branche. Die Deutsche Bank wird wohl die nächste sein. Schon vor einigen Wochen sondierte man einen Zusammenschluss mit der Commerzbank. Im deutschen Maßstab wäre es eine Megafusion geworden. Doch schon im europäischen und erst recht im Weltmaßstab wäre es ein „Fusiönchen“. Beide Banken, besonders die Commerzbank, spielen nur noch in der Regionalliga. Wahrscheinlich wird die Deutsche Bank wohl eher von einem amerikanischen Institut übernommen.

Doch auch die Genossenschaftsbanken und Sparkassen fusionieren wie noch nie. Ihr Kostenapparat ist hoch und die Erträge auf der Einlagenseite und im Kreditgeschäft brechen weg. Die Banken werden dadurch immer größer und gefährlicher für den Steuerzahler. Eigentlich ist es die Lehre aus der Finanzkrise, dass große Banken, die in Schieflage geraten,  ganze Staaten in den Abgrund reißen können und daher die Systemrelevanz von Banken eigentlich reduziert werden müßte. Doch wenn selbst der EZB-Chef Fusionen fordert, ist die Lage wahrschein schlimmer, als er zugibt. Er ist mit seinem Latein am Ende. Alle Maßnahmen, die die EZB seit 2010 eingeleitet hat, sind bislang wirkungslos geblieben. Die Reformen in den Krisenstaaten werden nicht angegangen, die Banken dort sind überschuldet, die Arbeitslosigkeit ist weiterhin erschreckend hoch und die Konjunktur springt nicht an.

Trotz des billigen Geldes, inzwischen hat die EZB für eine Billion Euro Staatsanleihen aufgekauft, läuft der Motor nicht; auch das Inflationsziel von zwei Prozent in der Eurozone wird nicht erreicht. In diesem Dilemma steckt Draghi und weiß keinen Ausweg mehr. Erhöhten die Amerikaner jetzt ihren Leitzins, brächen die Börsen in Europa ein und beeinflussten die Konjunktur negativ. Daher wird er bald die nächste Rakete zünden und nicht nur Anleihen, also Schulden, sondern bald auch Aktien, also Kapital, aufkaufen, um die Konjunktur und damit die Investitionsbereitschaft von Unternehmen anzuregen.  Es wäre ein erneuter Dammbruch. Schon heute sind die Anleihenmärkte durch die Eingriffe der Notenbanken zu Zombiemärkten geworden. Sie hängen nur noch am Tropf der Notenbanken. Über deren Rolle wird hierzulande viel zu unkritisch diskutiert. Sie sind die Täter und nicht die Opfer.

Erstmals veröffentlicht in der Fuldaer Zeitung am 24. September 2016.

1 Antwort
  1. Wolfgang Höhler
    Wolfgang Höhler sagte:

    Es wäre im Fall der deutschen Großbanken nun zu prüfen, ob das am 01.01.2015 in Kraft getretene „Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)“ zur Anwendung käme, was zur Folge hätte , daß Aktionäre und Kunden mit Guthaben über 100.000 € ersatzlos zur Sanierung herangezogen werden.
    Die Abwicklung würde nach der sog. Haftungskaskade erfolgen.

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