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Was hat die Werbung für Tabak und die Werbung für eine politische Partei gemeinsam? Beides kann Nebenwirkungen haben. Rauchen schadet der Gesundheit, und die Wahl einer falschen Partei kann die Lebensumstände des Einzelnen negativ beeinflussen. Eine Partei, die die Steuern auf den Grunderwerb erhöht, trägt dazu bei, dass sich viele Bürger kein Eigenheim mehr leisten können. Eine Partei, die eine schlechte Bildungspolitik macht, trägt dazu bei, dass Kinder in der Schule versauern und ihre Talente nicht ausleben können. Und eine Partei, die die Unternehmen mit Bürokratie quält, trägt dazu bei, dass mittelbar keine neuen Arbeitsplätze entstehen.

Dennoch käme keiner auf die Idee, die politische Werbung zu verbieten. Unsere Demokratie nimmt in Kauf, dass ein Wahlergebnis für den Einzelnen auch Nachteile haben kann. Die Mehrheit entscheidet letztlich über die Minderheit. Die Nachteile für die Minderheit werden akzeptiert, da die Erfahrungen mit der Demokratie gezeigt haben, dass damit am ehesten ein unblutiger Machtübergang von einer Regierung zur andern möglich ist.

Die Nebenwirkungen des Tabakkonsums veranlassen jetzt jedoch die Regierung, das Verbot der Zigarettenwerbung zu fordern. Zumindest die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler hat das vorgeschlagen: „Wie schwer man wieder davon loskommt, dürfte jeder, der, so wie ich, einmal geraucht hat, sehr genau wissen,“ ließ sich die Regierungsbeauftragte in der FAZ zitieren.

In einer Marktwirtschaft entscheiden letztlich die Konsumenten über den Kauf eines Produktes. Die Produzenten versuchen, unter anderem durch Werbung auf ihre Produkte aufmerksam zu machen. So lange der Verkauf eines Produktes legal ist, es also nicht gestohlen oder unter falschen Angaben verkauft wird, sollte keine Regierung in die individuellen Kaufentscheidungen des Einzelnen eingreifen dürfen. In einer Marktwirtschaft herrscht Konsumentensouveränität.

Im Obrigkeitsstaat hingegen herrscht Unmündigkeit. Die Regierung traut dort dem Einzelnen nicht zu, selbstständig über sein Leben, seine Gesundheit und sein Wohlergehen zu entscheiden. Hier glaubt die Regierung, den Konsumenten lenken und steuern zu müssen. Die Marktwirtschaft sei so unübersichtlich, dass der Konsument den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen würde. Den Durchblick müsse daher der „große Bruder“ von der Regierung für den Einzelnen schaffen. In dieser Denke gibt es kein individuelles Konsumentenverhalten mehr, sondern nur ein kollektives Interesse. Das Rauchen schadet der solidarischen Krankenversicherung. Die Raucherpausen im Betrieb reduzieren das Bruttoinlandsprodukt. Und das Rauchen verpestet die Gaststätten.

Doch die Struktur- und Konstruktionsprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung können nicht durch Konsumentscheidungen einzelner gelöst werden. Der Umgang mit Rauchern im Betrieb sollte die Unternehmensleitung mit den Arbeitnehmern selbst regeln. Und ob ein Gastwirt in seinem Restaurant oder seiner Kneipe Rauchen erlaubt oder nicht, sollte ihm persönlich überlassen bleiben. Der Konsument kann dann entscheiden, ob er dieses Angebot nutzen will oder nicht.

Das Verbot von Tabakwerbung wäre in der Welt des „großen Bruders“ nur der Anfang. Auch der übermäßige Konsum von Bier gefährdet sicherlich die Gesundheit. Der übermäßige Verzehr von Zucker beeinflusst vielleicht die durchschnittliche Lebenserwartung. Auch zu viele Kohlehydrate sollen zu Fettleibigkeit führen. Und das Autofahren gefährdet durch Schadstoffe unsere Umwelt. Wer so denkt, muss Werbung generell in Frage stellen. Er spielt sich dann aber als moralischer Oberlehrer auf, der unser Wirtschaftssystem grundlegend verändern will. Konsumenten sind keine Schafe, sondern müssen Selbstverantwortung übernehmen. Daran sollte eine Regierung ein Interesse haben. Werbeverbote passen nicht dazu.

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Von Frederic C. Roeder, Unternehmer, Vice President Finance & Operations der Students for Liberty

Deutsches Recht schreibt eine Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente vor. Für den Laien erklärt heißt das, dass ein Apotheker nicht entscheiden kann, wieviel er seinem Patienten für ein Medikament in Rechnung stellen möchte. Er darf das Medikament weder günstiger noch teurer anbieten, als es der vorgeschriebene Preis diktiert. Somit kann ein besonders effizient wirtschaftender Apotheker seine Kostenvorteile zum Beispiel nicht an ständig wiederkehrende chronisch kranke Patienten weitergeben. Ferner darf er Stammkunden keine Rabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente geben. Daher gibt es dann in natura eine Packung Taschentücher oder Süßes für die Kleinen.

In vielen europäischen Ländern sind Rabatte auf solche Medikamente jedoch erlaubt. Dies ist zum Beispiel in den Niederlanden der Fall. Im Oktober 2016 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass das Rabattverbot gegen europäisches Recht verstoße und rief die Bundesregierung auf, dieses (jedenfalls für ausländische Versandapotheken) zu kippen.

Dies klingt vorerst nach einem Gewinn für Patienten in Deutschland. Apotheken würden zum ersten Mal in einem Preiswettbewerb stehen, und dies könnte nach Jahren von Kostensteigerungen endlich zu günstigeren Medikamentenpreisen führen. Wie bei Supermarkt, Tankstelle oder Lebensversicherung könnten Patienten Preise vergleichen und das attraktivere Gesamtpaket wählen.

Wer sich zu diesem Zeitpunkt schon auf mehr Wettbewerb, Wahlfreiheit und günstigere Medikamentenpreise freute, hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Nur kurz nach Urteilsverkündung meldete sich Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe zu Wort. Gröhe wolle alles in seiner Macht Stehende tun, um die ‘flächendeckende Versorgung durch ortsnahe Apotheken zu sichern’. In einem generellen Verbot von Versandapotheken sähe er ein probates Mittel, diese Versorgung sicherzustellen.

In einer Umfrage, die in den nächsten Tagen veröffentlicht wird, zeigt sich, dass Menschen, die im ländlichen Raum leben, signifikant häufiger bei Versandapotheken einkaufen als die urbane Bevölkerung. Dies trifft sicherlich nicht nur für Medikamente zu, sondern für viele andere Notwendigkeiten des Alltags auch. Wer in dünn besiedelten Gegenden lebt, profitiert besonders von elektronischer Kommunikation und Onlineshopping. Vier von fünf Befragten stimmen der Aussage zu, dass Versandapotheken die Versorgung außerhalb von Ballungszentren verbessern.

Herr Gröhe gehört anscheinend den 20 Prozent der Bevölkerung an, die dieser These nicht zustimmen. In einem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums zum Verbot des Versandhandels ist zu lesen

“Während Versandapotheken mit Sitz im EU-Ausland auf dem deutschen Endverbrauchermarkt für verschreibungspflichtige Arzneimittel nach dem Urteil des EuGH frei in ihrer Preisgestaltung sind, trifft dies auf inländische Apotheken nicht zu. Der einheitliche Apothekenabgabepreis gilt weiterhin für inländische öffentliche Apotheken. Gegenüber ausländischen Versandapotheken ist dies eine Inländerdiskriminierung.”

Der Gesundheitsminister sieht dies aber nicht als triftigen Grund, diese Inländerdiskriminierung durch eine Liberalisierung der Preisbindung einfach und patientenfreundlich zu beseitigen, sondern möchte das Problem des Wettbewerbs lieber durch ein generelles Verbot des Versandhandels lösen. In dem Entwurf ist ferner zu lesen:

“Das Ziel des Gesetzes ist es, die bestehende flächendeckende, wohnortnahe und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, insbesondere auch im akuten Krankheitsfall, weiterhin zu gewährleisten.”

Wenn Herr Gröhe sich christdemokratischer Logik bedienen würde, sollte er sich vielleicht einmal den Beschluss zur Stärkung des ländlichen Raumes des 29. Parteitags seiner Partei anschauen. In deren Beschlusslage ist zu lesen, dass gleiche Lebensverhältnisse zwischen Ballungsgebieten und ländlichem Raum nur mit Hilfe von Digitalisierung und technischem Fortschritt in allen Lebensverhältnissen beibehalten werden können.

Dieser Logik folgend sollte sich das Bundesgesundheitsministerium und die Bundesregierung nicht für ein Verbot, sondern einen Ausbau des Versandhandels aussprechen, und auch heimischen Apotheken erlauben, Patienten sowohl stationär als auch im Versand Rabatte anbieten zu dürfen. Digitalisierung bringt besonders im ländlichen Raum mehr Vielfalt und Wahlfreiheit für den Verbraucher. In unserem schönen Nachbarland, den Niederlanden haben sich sowohl der Versandhandel als auch Rabatte für Patienten durchgesetzt. Es gibt zwar weniger Apotheken pro Einwohner, dies scheint sich aber bei gleicher Lebenserwartung wie in Deutschland nicht auf die Gesundheit der Bürger negativ auszuwirken. Es wirkt sich allerdings positiv auf deren Gelbeutel aus.

Eine Preisliberalisierung bei rezeptpflichtigen Medikamenten würde Kosten im Gesundheitssystem senken und für einen dringend benötigten Digitalisierungsschwung im Gesundheitswesen sorgen.

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Heute wird die „Internationale Grüne Woche“ in Berlin eröffnet. Greenpeace hat vor einigen Tagen schon den Aufschlag gemacht und ein „Kursbuch Agrarwende 2050“ vorgeschlagen. Darin fordern sie nichts anderes als die postume Umsetzung des Morgenthau-Plans vom August 1944. Damals wollte der amerikanische Finanzminister Henry Morgenthaus Deutschland nach Kriegsende zu einem Agrarstaat machen.

In einer „großen Ernährungswende“ setzten sie auf eine Umwandlung Deutschlands zum autarken Agrarstaat bis 2050. Voraussetzung dafür sei, dass sich 30 Prozent der Bevölkerung vegetarisch oder vegan, 45 Prozent flexitarisch und 25 Prozent fleischbetont, ernähren würden. Heute ernähren sich wenige Prozent der Bevölkerung vegan oder vegetarisch. Umsetzen wollen es die „Aktivisten“ durch die „konsequente Nutzung und Umsetzung des bestehenden und einzuführenden Ordnungsrechts.“ Solche Planungshorizonte hat sich nicht mal die untergegangene Sowjetunion getraut. Damals hatte man schon große Mühe, den Fünfjahresplan einzuhalten. Doch wenn erst einmal ein neu einzuführendes Ordnungsrechts kommt, gelingt dies vielleicht dennoch. Auch in Goerge Orwells „1984“ schaffte das die Innere Partei. Sie führte als Neusprech den „Doppeldenk“ ein. Die Bürger wurden so lange manipuliert, bis sie Lügen für Wahrheit hielten. Wenn dann die Schokoladenration in Ozeanien auf 25 Gramm „heraufgesetzt“ wurde, obwohl sie eigentlich herabgesetzt wurde, wurden alle Dokumente der Vergangenheit, die das Gegenteil beweisen konnten, vernichtet oder umgeschrieben.

Was ist falsch am Vorschlag einer „großen Ernährungswende“? Es ist ihr konstruktivistischer Ansatz. Er basiert auf der Fiktion, dass alle relevanten Tatsachen irgendeinem einzelnen Geist bekannt seien und dass es möglich sei, aus diesem Wissen die Einzelheiten einer erstrebenswerten Gesellschaftsordnung abzuleiten. Ob durch den Umbau der Landwirtschaft in Deutschland das Klima der Welt gerettet werden kann, darf berechtigt bezweifelt werden. In Deutschland werden lediglich 2 Prozent des weltweiten CO²-Ausstoßes emittiert. Glaubt man an den menschgemachten Klimawandel, dann ist es fast irrelevant, wie stark in Deutschland die CO²-Emissionen reduziert werden. Länder wie China, USA oder Russland sind hier entscheidend. Ob die „biologische Vielfalt“ nicht einfacher durch andere Maßnahmen erreicht werden kann, bleibt ebenfalls offen.

Und ob es besser ist, wenn die Futtermittel zu 100 Prozent aus heimischem Anbau stammen, ist ebenfalls fraglich. Die Verfechter der „großen Ernährungswende“ unterliegen einer Planungsillusion, die bestenfalls naiv ist, denn wir leben nicht auf einer einsamen Insel, sondern mitten in Europa. Die Ernährung vieler Menschen, der Anbau, die Produktion und der Verkauf von Nahrungsmitteln ist derart komplex, dass dies niemals zentral von einem großen Ernährungsplaner im Rahmen einer „großen Ernährungswende“ vorgedacht werden kann. Greenpeace und andere blenden viel zu viele Daten und Einflussfaktoren einfach aus, die sie nicht kennen, oder nicht kennen wollen, um das Modell so anschaulich und so leicht verständlich zu machen. Damit beginnt der Orwellsche Doppeldenk.

Was Greenpeace aber erreicht, ist, dass die Politik darauf reagiert. Nicht in einem großen Plan, sondern in kleinen Schritten. Ernährungsminister Christian Schmidt ist so einer. Er will jetzt ein Label „Tierwohl“ einführen. Was für die Tiere gut ist, entscheidet hier die Politik, nicht der Konsument. Dieser wird an die Hand genommen, weil er über Jahre zu einem unwissenden „Fleischfresser“ degeneriert ist. Er muss sich von jetzt an um nichts mehr kümmern, sondern andere übernehmen für ihn die Arbeit. Ein anderer Fall ist die Kennzeichnungsorgie der Politik. Schmidt schlägt aktuell vor, dass der Gesetzgeber die Kennzeichnung dessen, was Fleisch oder Wurst ist, regeln muss. Vegetarische Wurst oder Schnitzel, darf nicht Wurst oder Schnitzel heißen, sondern „vegetarische Brotauflage“ oder „panierte Bratlinge“.  Muss das die Politik regeln, ist das ein ernsthaftes Problem? Muss nicht der Konsument durch seine Kaufentscheidungen die Hersteller dazu bringen, Vertrauen beim Kunden zu schaffen?

Es ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers, 30-Jahrespläne aufzustellen oder Bürger zu informieren, wie ein Tier vor seiner Schlachtung gelebt hat. Natürlich braucht es in einer Gesellschaft auch Regeln. Diese gibt es in jeder Gesellschaft. Es sind Verhaltensregeln, die darin bestehen, dass sie im Handeln befolgt werden, ohne dass sie dem handelnden in schriftlicher oder artikulierter Form bekannt sind. Solche Regeln kommen deshalb in einer Gesellschaft zur Geltung, weil sie die Gruppe in der sie eingehalten werden, faktisch stärker machen. Dadurch finden diese Regeln eine allgemeine Anerkennung. Diese Regeln verändern sich von Zeit zu Zeit, weil sich der kulturelle Hintergrund in einer offenen Gesellschaft verändert. Menschen essen mal mehr und mal weniger Fleisch, trinken mal mehr oder weniger Alkohol. Eine offene Gesellschaft lässt dies zu. Inzwischen achten immer mehr Menschen auf artgerechte Haltung und ressourcenschonende Ernährung. Aber sie tun es aus freien Stücken, und nicht wegen eines neuen „Ordnungsrechts“ oder der Verordnung eines Ministers. So funktionieren offene Gesellschaften. Nur in einer Gesellschaft orwellscher Prägung hat der Doppeldenk eine Chance.

Photo: United States Mission Geneva from Flickr (CC BY-ND 2.0)

Mit dem Verdikt „undemokratisch“ wird der Schrecken von TTIP und CETA anschaulich an die Wand geworfen. Es ist verwunderlich, dass dieser Vorwurf verstummt, sobald es um Organisationen wie die OECD, die WHO oder gar die Klimakonferenzen geht, die zum Teil erheblich gravierendere Defizite aufweisen.

Technokratie schlägt Demokratie

Als Beweis für den undemokratischen Charakter der Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada wird immer wieder auf Schiedsgerichte verwiesen, die „in Hinterzimmern“ und jenseits „demokratischer Kontrolle“ tagen und entscheiden würden. Wie sieht es eigentlich mit der demokratischen Legitimation und der Kontrolle durch die Öffentlichkeit aus bei anderen transnationalen Abkommen und Organisationen? Die Weltgesundheitsorganisation etwa macht in regelmäßigen Abständen Vorschläge, die weit über die Bekämpfung von AIDS, Polio und Teenage-Schwangerschaften hinausgehen und dennoch häufig ohne große Diskussion in nationales Recht übernommen werden.

Erst vor kurzem schlug sie vor, zuckerhaltige Produkte mit einer Steuer von mindestens (!) 20 Prozent zu versehen. Zucker und Salz, Fett, Alkohol und Tabak – all das steht auf der Abschussliste. Und mittlerweile gehen die Ideen auch weit über bloße Aufklärung und Prävention hinaus: vom Werbeverbot über Zusatzsteuern bis hin zu neutralen Zigarettenschachteln („plain packaging“ – es gibt auch bereits Forderungen, dieses Konzept auf Alkohol und „ungesundes“ Essen auszuweiten). Solche Vorschläge, die im Gewand technokratischer Neutralität, wenn nicht gar wissenschaftlicher Objektivität daherkommen, werden in vielen Ländern unbesehen übernommen. Demokratischer Kontrolle und vor allem öffentlicher Diskussion entziehen sich die Befürworter solcher Regelungen indem sie sich mit der Aura internationalen Expertentums umgeben.

Eine Spielwiese für Bürokraten und Lobbyisten

Dabei ist die WHO selber eine durch und durch undemokratische Organisation – und zwar noch viel deutlicher als das internationale Schiedsgerichte sein können. Während es sich bei Letzteren um Gremien handelt, die jeweils von Fall zu Fall einberufen werden, hängt an der WHO ein gigantischer bürokratischer Apparat mit 8500 Mitarbeitern. Eine „Kontrolle“ findet statt durch Delegierte, die von ihren jeweiligen Mitgliedsstaaten gesandt werden: also zum Beispiel aus Nordkorea, Russland, Zimbabwe und Venezuela. Und natürlich steht auch die Pharmaindustrie nicht tatenlos beiseite, sondern nutzt diese weltweite Organisation auch zur Lobbyarbeit für ihre eigenen Produkte und gegen Konkurrenten, gerade in den weniger entwickelten Ländern.

Die OECD, die ganz ähnliche Politikempfehlungen gibt, von PISA bis zur Aufweichung von Datenschutz im Zusammenhang mit „Steuerflucht“, ist ebenso wenig durchschaubar. Die Delegationen werden von den Regierungen entsandt und können in ihren eigenen Hinterzimmern auch mancherlei Agenda ersinnen, die dann rasch Verbindlichkeit erlangt. Diese und viele andere Organisationen und ständige Konferenzen sind in vielerlei Hinsicht der Kontrolle durch Parlamente und Öffentlichkeit entzogen, betreiben ihre eigene Agenda und sind Einflüssen ausgesetzt, die zumindest zweifelhaft sind: von Industrielobbyisten bis zu Vertretern von Diktaturen und Unrechtsregimen.

Je stärker Menschen betroffen sind, umso mehr sollten sie mitreden können

Allein, in die Kritik kommen sie nur selten. Und das liegt wahrscheinlich daran, dass sie zum Teil tatsächlich „für die gute Sache kämpfen“, sich aber insbesondere auch immer diesen Anstrich geben. Wer etwas gegen dicke Kinder, Raucherbeine und Steuerflucht tut, der muss ja auf der guten Seite der Macht stehen. Aber so einfach ist es nicht. Ganz unabhängig davon, was die tatsächlichen Motive dieser Akteure sein mögen – ihre Lösungen sind in der Regel weder zielführend noch gerecht. Strafsteuern und Verbote für alle Konsumenten, Einheitsstandards oder weltweit verbindliche Vorgaben sind der sicherste Weg in eine tatschlich ungerechte Welt, wo sich alle den Vorgaben einer Technokraten-Elite zu beugen haben.

Wie findet eigentlich demokratische Kontrolle statt? Sie hat viel damit zu tun, wie unmittelbar, allgemein und langfristig etwas ist. Je stärker Menschen betroffen sind, umso mehr sollten sie mitreden können. Wenn – Stichwort Schiedsgerichte – die Stadt Hamburg ihren Verpflichtungen gegenüber Vattenfall nicht nachkommt und sich daraufhin auf einen Vergleich einigt, dann haben wir keinen Mangel an demokratischer Kontrolle. Kontrolliert werden müssen und können Senat und Bürgerschaft, die für die Vertragsverletzungen zuständig sind. Es ist ein Kernelement der repräsentativen Demokratie, dass bestimmte Aufgaben wie etwa Vertragsabschlüsse an Abgeordnete und Exekutivorgane delegiert werden und die Kontrolle dann alle paar Jahre für die Gesamtbilanz durchgeführt wird.

Demokratiedefizit: von missionarischem Eifer beseelte Technokraten

Ganz anders verhält es sich bei politischen Maßnahmen, also da, wo nicht einzelne und konkrete Entscheidungen getroffen werden, sondern allgemeinverbindliche Regeln bestimmt werden. Während etwa im Fall von Vattenfall nur mittelbar die Hamburger Steuerzahler und darüber hinaus einige Anwohner und einige Angestellte betroffen sind, treffen 20 % Zuckersteuer, erhöhte Überwachung oder ähnliche Repressalien alle Bürger, ja alle Konsumenten eines Staates. Hier ist viel deutliche demokratische Kontrolle gefordert!

Anstatt sich an der vermeintlichen und zum Teil auch tatsächlichen Intransparenz rund um TTIP und CETA aufzureiben, die die allermeisten Menschen ohnehin kaum irgendwie betrifft, sollten wir das Augenmerk auf diejenigen undemokratischen und intransparenten Akteure richten, die Maßnahmen durchsetzen, die fast jeden von uns betreffen. Nicht Unternehmen, die für sich, ihre Eigentümer, Angestellten und Kunden Rechtssicherheit haben wollen sind das Problem. Das Problem sind von missionarischem Eifer beseelte Technokraten, die uns alle zu besseren Menschen machen wollen. Notfalls auch gegen unseren expliziten Willen. Hier besteht ein gravierendes Demokratiedefizit, das angegangen werden will.

Photo: Michael Muecke from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Von Sebastian Körber, ehemaliger Bundestagsabgeordneter und Architekt.

Es ist der Traum vieler Menschen, in den eigenen vier Wänden ein individuelles Heim zu schaffen und sich selbstbestimmt zu verwirklichen: Mit der Traumküche, einem geräumigen Tageslicht-Bad oder der Aussicht ins Grüne vom Balkon in der Lieblingsgegend. Deutschland belegt innerhalb der Eigentumsquote ohnehin nur den vorletzten Platz in Europa mit ca. 46%. Gleichzeitig entscheiden sich auch immer mehr Personen, ihre eigene Altersvorsorge auf Immobilien aufzubauen und erwerben etwa eine Eigentumswohnung, um diese dann zu vermieten. Kapitalgedeckt und vollkommen transparent.

Als Liberaler freue ich mich darüber sehr, wenn eigenverantwortlich Altersvorsorge betrieben und gleichzeitig dem Risiko von Altersarmut durch eine selbstgenutzte Immobilie entgegengetreten wird, nimmt der Wohnkostenanteil im Alter doch teilweise von ca. 25% auf bis zu 40% zu. Der Staat und die öffentliche Hand können sich also darüber freuen, dass ihre Bürger fleißig in Immobilien investieren, schließlich sind unsere Immobilienmärkte weder überhitzt noch sind Immobilien in Deutschland riskant finanziert. Dennoch wird es immer schwieriger, eine Immobilie zu kaufen, das Bauen selbst immer teurer und damit steigen übrigens auch die Mieten immer stärker.

Aber was machen die regierenden Politiker? Bedauerlicherweise wird lediglich mit nachweislich unwirksamer Symbolpolitik wie etwa mit der sogenannten „Mietpreisbremse“ versucht, an den Symptomen herumzudoktern. Die Ursachen hingegen werden nicht wirksam bekämpft. Aber bleiben wir bei den Immobilieneigentümern und solchen die es werden wollen: Mit der Energieeinsparverordnung werden diese gezwungen, auch bei schönen alten Fassaden, die noch nicht unter Denkmalschutz stehen, teure Dämmung aufzubringen, die – im Falle von Styropor – einmal Sondermüll wird und sich über die Laufzeit über tatsächlich eingesparte Energie kaum amortisiert. Schlimmer ist aber noch die Einschränkung beim Lüften, steht doch bauphysikalisch das Öffnen der Fenster dann der Einsparung im Weg. Also muss teure Lüftungstechnik angeschafft werden, man lebt jetzt schließlich in einer dichten Hülle, quasi unter einer Plastiktüte.

Die Baukosten und der Eigentumserwerb werden damit kräftig verteuert und erschwert, das Weltklima retten wir dadurch gar nicht. Denken wir primärenergetisch, ist Styropor wohl sogar noch klimaschädlicher. Mehrkosten ca. 5-10%! Also weder ökologisch noch sozialpolitisch sinnvoll, denn wer zahlt’s? Der Mieter! Und wenn man eine Immobilie kauft, fallen alleine bei Notar und Grundbuch knapp 2% an. Für den Grunderwerb nochmal 3,5% in Bayern – ein Schnäppchen, zahlt man in anderen Bundesländern doch bereits teilweise 6,5%! Bei einem Reihenhaus in Schleswig-Holstein für 350.000 € also weitere knapp 30.000 €! Auch die Kommunen erhöhen gerne mal die Grundsteuer, die dann jährlich anfällt oder wenden die sogenannte Straßenausbaubeitragssatzung an, dann zahlt man als Haus- oder Wohnungseigentümer auch noch für die Straßen- und Kanalsanierung. Im Laufe eines Immobilienlebens übrigens mehrfach möglich, wenn es die Kommune klug anstellt.

Aber noch besser ist die still und heimlich verabschiedete EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die seit 2. Quartal 2016 nun Gesetz in Deutschland ist. Die Bank müssen nun insgesamt über mehrere dutzend Seiten Text dokumentieren, dass sich der Kreditnehmer, bei Betrachtung seiner Lebenserhaltungskosten, einen Kredit lebenslang leisten kann. Was macht aber das Rentnerehepaar, welches noch barrierefrei umbauen möchte? Oder die junge Familie, die noch keine großen Sicherheiten vorzuweisen hat und wo gerade nur einer von beiden arbeitet? Bürokratie und nächster Knüppel zwischen die Beine!

Und wenn man dann sein Heim umsetzen möchte, wird man in seiner Kreativität auch noch teilweise unnötig eingeschränkt, etwa beim vorgeschriebenen Sockel des Gartenzauns, der Dachform und im Blick auf die Tiere, die sich in einem Baum eingenistet haben, weshlab der erst im Oktober gefällt werden darf – so schreibt es die Bundesgesetzgebung im Umweltschutzbereich vor. Im Bauausschuss einer Gemeinde diskutieren dann auch Stadt- und Gemeinderäte, selbsternannte Ästhetikkenner und Baufachleute, wie das überhaupt nur genehmigt werden kann. Diese Liste wäre beliebig fortzuführen…

Wir benötigen dringend ein Umdenken, denn es geht um ein Stück Freiheit, Sicherheit und Selbstverwirklichung! Wir brauchen mehr Freiheit für Immobilieneigentümer, denn Eigentum schafft Freiheit und diese Freiheit muss unterstützt werden! Deshalb fünf klare Forderungen:

1. Abschaffung der Grunderwerbsteuer bei Wohnimmobilien

2. Mehr Freiheiten und Flexibilität in Bebauungsplänen

3. Reduktion der Werte der Energieeinsparverordnung

4. Aussetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie

5. Weg mit der Straßenausbaubeitragssatzung