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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Julian Reichardt, Student der Volkswirtschaftslehre an der Humboldt Universität zu Berlin.

Das Bundesfinanzministerium prognostiziert auch für die kommenden Jahre neue Rekordsteuereinnahmen. Die Zeit für Steuersenkungen scheint also gekommen. Während der Wirtschaftsflügel der CDU mit Blick auf die Bundestagswahlen 2017 niedrigere Einkommensteuersätze für alle Einkommensklassen in Aussicht stellt, möchten Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei ausschließlich Gering- und Mittelverdiener entlasten – und Besserverdiener durch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes stärker zur Kasse bitten. Angesichts der unterschiedlichen Steuerpläne lohnt ein näherer Blick auf die Verteilung der Einkommensteuerschuld. So wird beispielsweise deutlich, dass bereits heute die einkommensstarke Hälfte der Steuerpflichtigen für knapp 90 Prozent der gesamten Einkommensteuer aufkommt. Deshalb müssen sie schwächer besteuert werden, wenn die Belastung der Steuerzahler durch die Einkommensteuer merklich reduziert werden soll.

Steueraufkommen, Einkommensquellen und Tarifverlauf

Die letzte umfangreiche Analyse zu den Verteilungseffekten der Einkommensteuer stammt aus dem Jahr 2013. In dem vom statistischen Bundesamt herausgegebenen Lohn- und Einkommensteuerbericht wird das Aufkommen der Einkommensteuer für 2012 mit 213 Milliarden Euro beziffert, etwa ein Drittel des gesamten Steueraufkommens.

Die wichtigsten Bemessungsgrundlagen waren Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit mit einem Anteil von 74 Prozent, gefolgt von gewerbebetrieblichen Einkommen mit einem Anteil von 11 Prozent sowie Einkommen aus selbständiger Arbeit mit einem Anteil von 6 Prozent.

Ab einem zu versteuernden Einkommen von 8.653 Euro ist der Durchschnittssteuersatz größer als null. Bei einem Einkommen von 53.666 Euro beträgt er 28 Prozent, wobei der zweithöchste Grenzsteuersatz in Höhe von 42 Prozent zur Anwendung kommt. Der Grenzsteuersatz von 42 Prozent wird für einen abhängig-beschäftigter Single also schon bei einem Bruttogehalt von etwa 65.000 Euro fällig.

Vielverdiener werden überproportional stark belastet

Die Anzahl der Steuerpflichtigen, die im Jahr 2012 Einkommensteuer zahlten, lag bei 22,5 Millionen. Sie setzt sich zusammen aus 11 Millionen steuerpflichtigen alleinstehenden Personen und 11,5 Millionen steuerlich gemeinsam veranlagten Ehepaaren. Insgesamt zahlten also 2012 rund 34 Millionen Personen Einkommensteuer.

Ein Einkommensmillionär – also ein Steuerpflichtiger mit einem zu versteuerndem Einkommen von über 1 Millionen Euro – verdiente 2012 etwa 38 Mal so viel wie der Medianverdiener mit einem zu versteuerndem Einkommen von 26.152 Euro. Allerdings zahlte der Einkommensmillionär aufgrund des progressiven Steuertarifs auch etwa 127 Mal so viel an Einkommensteuer.

Den Effekt der Progression auf die Verteilung der Steuerschuld veranschaulicht auch der Vergleich zweier Gini-Koeffizienten. Der Gini-Koeffizient misst die relative Konzentration einer Verteilung. Haben alle Personen gleich viel, nimmt der Gini-Koeffizient den Wert Null an – hat eine Person alles, den Wert Eins. Während der Gini-Koeffizient der zu versteuernden Einkommen 2012 bei 0,48 lag, belief sich der Gini-Koeffizient der Einkommensteuerzahlungen auf 0,67.

Ein kleiner Teil zahlt den Löwenanteil

2012 zahlte das einkommensstärkste Prozent aller Steuerpflichtigen etwas mehr als ein Fünftel der Einkommensteuer. Die einkommensstärksten 10 Prozent stemmten circa die Hälfte und die einkommensstärksten 50 Prozent kamen für etwa 88 Prozent der Einkommensteuer auf. Die untersten 50 Prozent zahlten dagegen lediglich um die 12 Prozent der gesamten Steuerschuld und die untersten 20 Prozent circa 2 Prozent.

Die Darstellung oben berücksichtigt nur Personen, die 2012 Einkommensteuer schuldeten. Wie sehr Personen mit hohen Einkommen bereits heute zum Aufkommen der Einkommensteuer beitragen, wird noch deutlicher, wenn die Verteilung der Einkommensteuerschuld auf alle Personen über 14 Jahre betrachtet wird. Diese Gruppe umfasst alle Menschen im erwerbsfähigen Alter und Rentner, zusammen etwa 70 Millionen Personen.

Werden alle 70 Millionen potentiell Steuerpflichtigen berücksichtigt, kamen die 10 Prozent einkommensstärksten von ihnen im Jahr 2012 für etwa 72 Prozent der festgesetzten Einkommensteuer auf, das einkommensstärkste Prozent für rund 28 Prozent.

Angesichts der von Vertretern einiger Parteien angeführten Argumente ist fraglich, ob sich alle an der Diskussion Beteiligten dessen bewusst sind. Wenn die 7 Millionen einkommensstärksten Steuerzahler 72 Prozent der Einkommensteuerschuld tragen, scheint sich nur schwerlich argumentieren zu lassen, sie würden im Rahmen der Einkommensteuer keinen angemessenen Beitrag zur Finanzierung staatlicher Aktivitäten leisten.

Nur wer Einkommensteuer zahlt, kann entlastet werden

Da die einkommensstarke Hälfte der Steuerpflichtigen etwa 88 Prozent der Einkommensteuer beiträgt, lässt sich eine merkliche Entlastung der Steuerzahler im Rahmen der Besteuerung von Einkommen nur herbeiführen, wenn ebenjene relativ einkommensstarken Mitglieder der Gesellschaft schwächer besteuert werden.

Viele einkommensschwache Personen können durch eine niedrigere Besteuerung von Einkommen nicht maßgeblich weiter entlastet werden. Als abhängig Beschäftigte führen sie zwar über 30 Prozent ihres Einkommens in Form von Sozialversicherungsbeiträgen an den Staat ab, zahlen aber schon heute relativ wenig Einkommensteuer. Mit steigendem Einkommen nimmt die relative Belastung durch die Einkommensteuer zu, während der Anteil der Sozialversicherungsbeiträge zunächst konstant bleibt, um bei Einkommen über den Beitragsbemessungsgrenzen abzunehmen.

Steuerentlastung durch Flat Tax

Während konstante Steuersätze das dominierende Element des deutschen Steuersystems sind, ist die Einkommensteuer die einzige große Einnahmequelle des Staates mit progressivem Tarifverlauf. Eine Steuersenkung könnte hier ansetzen und derart gestaltet werden, dass auch der Grenzsteuersatz der Einkommensteuer in Zukunft konstant verläuft.

Eine solche „Flat Tax“ zeichnet sich dadurch aus, dass sie sowohl leicht verständlich und mit wenig Aufwand zu administrieren ist als auch effizient, weil sie Ausweichreaktionen der Besteuerten minimiert, die im derzeitigen Einkommensteuersystem durch unterschiedliche Grenzsteuersätze hervorgerufen werden. Zudem kann der Durchschnittssteuersatz einer Flat Tax durch Freibeträge einen steigenden Verlauf haben, ohne ihre Einfachheit und effizienzfördernde Wirkung maßgeblich zu beschneiden.

Kombiniert werden könnte der Wechsel zu einer Flat Tax mit einer grundlegenden Neuausrichtung des Steuersystems. Ein verbrauchsorientiertes Steuersystem, in dem ausschließlich Arbeitseinkommen und Konsum besteuert werden, wäre vorzuziehen. Denn die heutige umfassende Besteuerung von Einkommen aus allen Quellen bringt eine Bestrafung von Sparern mit sich, die mit ihrem heutigen Konsumverzicht Investitionen in den Kapitalstock finanzieren.

Es gibt empirische Hinweise darauf, dass höhere Einkommensteuern und ein höherer Anteil von Konsumsteuern am Steuermix positiv mit Wirtschaftswachstum korreliert sind. Deshalb können sowohl von einer Steuerentlastung per Wechsel zur Flat Tax als auch durch einen Wechsel zur verbrauchsorientierten Besteuerung positive Wachstumsimpulse erwartet werden.

Erstmals erschienen bei IREF.

Photo: kate m from Flickr (CC BY-SA 2.0).

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus

Derzeit ist das EU-Budget auf 1,23% des europäischen Bruttonationaleinkommens begrenzt. Doch sollten weitere Aufgaben in der Sozialpolitik, Verteidigung oder Flüchtlingspolitik auf die EU übertragen werden, ist eine Ausweitung des Budgets der EU wahrscheinlich. Das wäre Wasser auf die Mühlen prominenter Stimmen aus der europäischen Politik und Wissenschaft, die seit Jahren fordern, den derzeitigen EU-Finanzrahmen durch eine EU-Steuer zu ergänzen bzw. zu ersetzen. Von einer EU-Steuer versprechen sie sich aber nicht nur zusätzliche Einnahmen, sondern insbesondere Lenkungswirkungen, die durch nationale Steuern nicht erzielt werden könnten. Die nationalen Regierungen lehnen die Einrichtung einer Steuer, für die die EU die Ertragskompetenz und die Steuergesetzkompetenz hat, dagegen ab. Aus gutem Grund: Die Schaffung von EU-Steuern verspricht wenig Vorteile, birgt aber hohe Risiken.

Was ist eine EU-Steuer?

2015 machte der EU-Haushalt rund 1% des EU-BIP aus – absolut waren das 145,3 Milliarden Euro oder etwa 287€ pro Unionsbürger. Das derzeitige System der EU-Finanzierung basiert auf vier Einnahmequellen:

Beiträge der Mitgliedsstaaten entsprechend ihres Bruttoinlandprodukts (ca. 75% der Einnahmen), Zölle und Zuckerabgaben (ca. 13% der Einnahmen), eine Beteiligung an den Mehrwertsteuereinnahmen der Staaten (ca. 11% der Einnahmen) und sonstige Einnahmen, darunter Steuern und Abgaben auf die Gehälter von EU-Beamten (ca. 1% der Einnahmen).

Der EU-Haushalt wird also größtenteils durch Steuern der Bürger gespeist, die von den nationalen Regierungen an die Union überwiesen werden. Um EU-Steuern handelt es sich jedoch weder bei der Beteiligung an den nationalen Mehrwertsteuereinnahmen, noch bei den Beiträgen entsprechend der Wirtschaftskraft. Denn die EU hat nicht das Recht, Steuersatz und -basis unabhängig von den nationalen Regierungen zu verändern. Auch die Einführung neuer Steuern ist ihr nicht möglich.

Wird eine EU-Steuer gefordert, so ist damit also nicht nur die Ertragskompetenz (Steuereinnahmen fließen der EU zu) gemeint, sondern auch die Schaffung einer Steuergesetzgebungskompetenz auf EU-Ebene. Zur Durchsetzung ihrer Steueransprüche wäre die EU – wie in beinahe allen anderen Tätigkeitsfeldern auch – weiterhin auf die Kooperation der Mitgliedsstaaten angewiesen.

Die Einführung neuer Steuern kann niemals Selbstzweck sein. Sie ist dann sinnvoll, wenn die durch sie finanzierten Aktivitäten oder gewichtige politische Gründe dafür sprechen. Insbesondere letzteres vermuten die Befürworter von EU-Steuern. Sie versprechen sich durch die Ablösung des bisherigen Finanzierungssystems mehr Transparenz, die Eindämmung von als schädlich wahrgenommenem Steuerwettbewerb, eine supranational effektivere Besteuerung und mehr Autonomie für die EU.

Transparenzgewinne unwahrscheinlich

Auch wenn staatliche Budgets heute öffentlich einsehbar sind, bleibt die Finanzierung staatlicher Aktivitäten aus dem Blickwinkel des Individuums recht intransparent. Es ist leicht, den durchschnittlichen Steuerbeitrag pro Steuerzahler innerhalb eines Staates oder Staatenbundes zu errechnen. Doch aufgrund der Vielzahl verschiedener Steuern und staatlicher Einnahmequellen, kann kaum jemand korrekt einschätzen, wie hoch sein individueller Beitrag ist. Auch das EU-Budget bildet hier keine Ausnahme, denn individuelle Beiträge über die Zölle, den Mehrwertsteuerzuschlag und die BIP-abhängigen Transfers können nicht leicht abgeschätzt werden.

Charmant erscheint daher der Vorschlag, die EU-Finanzierung auf eine einzige Steuer zu reduzieren, sodass jeder Bürger zukünftig genau sehen kann, in welchem Ausmaß er zur Finanzierung der EU beiträgt. Doch nennenswerte Transparenzgewinne sind nur möglich, wenn eine solche Steuer relativ selten und in regelmäßigen Intervallen gezahlt wird – wie die Einkommensteuer, bei der ein jährlicher Betrag ausgewiesen wird. Ein Ausbau des EU-Mehrwertsteuerzuschlags, eine Finanztransaktionssteuer oder eine CO2-Emissionensteuer – wahrscheinlichere Szenarien als eine EU-Einkommensteuer – bringen hingegen keine Klarheit über den individuellen Beitrag zum EU-Budget.

Mittel gegen Steuerwettbewerb?

Als weiteres Argument für die EU-Steuer wird angeführt, dass die Verlagerung von Steuerkompetenzen auf EU-Ebene den Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedsstaaten abschwächen und so unerwünschte Ausweichreaktionen mobiler Faktoren und Unternehmen vermeiden kann. So ist die Vorstellung verbreitet, dass große Unternehmen die europäischen Staaten im Standortwettbewerb gegeneinander ausspielen und damit die Körperschaftsteuern nach unten treiben – eine einheitliche Besteuerung soll hier Abhilfe schaffen.

Doch zum einen können die Bürger vom Steuerwettbewerb zwischen Staaten profitieren. Zum anderen zeigt unabhängig von der Wohlfahrtswirkung des Steuerwettbewerbs die derzeitige Praxis der EU, dass eine Zentralisierung der Steuerkompetenzen nicht nötig ist, um Steuerwettbewerb einzuschränken: Die EU greift bereits heute regulierend in die nationale Steuergesetzgebung ein, belässt die Ertragshoheit jedoch auf nationaler Ebene. So können die Nationalstaaten ihre Mehrwertsteuersätze nur in einem von der EU vorgegebenen Korridor anpassen.

EU-weite Externalitäten besteuern?

Gibt es Steuern, die auf supranationaler Ebene wirkungsvoller erhoben werden können? Ein Argument für eine EU-Steuerkompetenz lautet, dass gewisse negative Externalitäten vor Grenzen nicht Halt machen und ihre Besteuerung daher auch grenzübergreifend erfolgen sollte – man denke an CO2-Emissionen. Auch die Besteuerung multinationaler Konzerne und Teile der digitalen Wirtschaft, die sich nur schwerlich national zuordnen lassen, wird als EU-Aufgabe diskutiert.

Doch schon im Fall der CO2-Emissionen zeigt sich, dass eine EU-Steuer nicht nötig ist, um grenzüberschreitende Externalitäten zu internalisieren. Auf EU-Ebene gibt es längst einen Zertifikatehandel. Zwar wäre es vorstellbar, die Internalisierung stattdessen durch eine EU-weit einheitliche Steuer auf CO2-Emissionen handzuhaben. Doch die Erträge dieser Steuer müssten nicht der EU zufließen, sondern könnten an die Mitgliedsstaaten gehen. Auch im Falle der Besteuerung grenzübergreifend operierender Unternehmen gilt ähnliches: Hier wäre eine koordinierende Tätigkeit der EU denkbar – die Ertragshoheit muss nicht auf EU-Ebene liegen. Ein allgemeines Argument für eine EU-Steuer ergibt sich daher auf der Basis EU-weit wirkender Externalitäten nicht.

Mehr Autonomie für die EU?

Nicht nur Enthusiasten der europäischen Einigung beklagen, dass die EU nichts weiter als der „verlängerte Arm der Mitgliedstaaten“ sei. Eine EU-Steuer, so die Hoffnung, brächte mehr Autonomie gegenüber den nationalen Regierungen, sodass die EU ohne Rücksicht auf nationale Befindlichkeiten besser auf die Wünsche der Bürger reagieren könnte. Die Bereitstellung öffentlicher (und öffentlich finanzierter privater) Güter auf EU-Ebene wäre dann nicht mehr durch die Zustimmung der Mitgliedsstaaten limitiert, die möglicherweise effiziente Verlagerungen auf die EU-Ebene verhindern, um ihr eigenes Budget nicht verringern zu müssen.

Doch es ist zweifelhaft, welchen Nutzen eine Ausweitung der Autonomie der EU für den Bürger hätte. Wesentliche durch die EU ermöglichte Vorteile – etwa durch die Binnenmarktintegration oder die Arbeitnehmerfreizügigkeit – wurden bereits realisiert. Abgesehen von der bisher nur unvollständig umgesetzten Dienstleistungsfreiheit erscheinen die meisten derzeit in der EU diskutierten Projekte risikoreicher und kontroverser.

Eine Ausweitung der Autonomie der EU durch eine eigene Steuererhebungskompetenz birgt daher Gefahren: Da sie ihr Budget unabhängig ausweiten könnte, könnte sie möglicherweise staatliche Aufgaben an sich reißen, die auf nationaler Ebene besser aufgehoben sind und gesellschaftlich unerwünschte Umverteilung an einflussreiche Interessengruppen vornehmen. Wie jede Bürokratie hätte auch die EU einen Anreiz, ihre Steuern langfristig zu erhöhen und zur Legitimation dieser Steuererhöhungen das Leistungsangebot auszubauen.

EU-Steuer birgt Missbrauchsrisiko

Es ist schwierig zu bewerten, ob der Grad fiskalischer Zentralisierung in der Europäischen Union derzeit zu hoch oder zu niedrig ist. Ist es ratsam, aufgrund des Verdachts ineffizient niedriger fiskalischer Zentralisierung eine EU-Steuer einzuführen und damit die Gefahr ineffizient hoher Zentralisierung zu erhöhen?

Vermutlich nicht. Denn selbst wenn angenommen wird, dass die heutigen EU-Entscheidungsträger verantwortungsvoll mit der Möglichkeit 400 Mio. Menschen zu besteuern umgehen – was angesichts hoher Agrarsubventionen und von Partikularinteressen getriebener Politik optimistisch erscheint – ist es nicht ratsam, davon auszugehen, dass dem auch in der Zukunft immer so sein wird.

Die durch eine EU-Steuer erwarteten Vorteile – mehr Transparenz, Unterbindung schädlichen Steuerwettbewerbs, supranational effektivere Besteuerung und die Ermöglichung effizienter Zentralisierung – sind gering und unsicher. Die Kosten eines missbräuchlichen Umgangs mit der „Macht zur Besteuerung“ sind dagegen immens, etwa in Form von massiven Steuererhöhungen, einer ungerechten Verteilung der Steuerlast und anschließender Umverteilung zugunsten von Partikularinteressen. Mit dem Grad fiskalischer Zentralisierung wächst die Trageweite des Kompetenzmissbrauchs. Ein solches Risiko sollte angesichts der geringen Vorteile einer EU-Steuerkompetenz nicht eingegangen werden.

Erstmals erschienen bei IREF.

 Photo: MORO Modellbahn from Flickr (CC BY 2.0) 

Von Dr. Alexander FinkUniversität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues.

Die Besteuerung von Einkommen mittels einer Flat Tax zeichnet sich durch einen konstanten Steuersatz auf zusätzliches Einkommen aus, möglicherweise nach Abzug von Freibeträgen. Die Flat Tax ist relativ unbeliebt, vermeintlich gerade weil Einkommen an der Grenze unabhängig von ihrer Höhe stets mit dem gleichen Steuersatz belegt werden. Man könnte deshalb erwarten, dass die Einnahmen des Staates vornehmlich aus Quellen mit progressiven Steuertarifen stammen. Die progressive Einkommensteuer gehört jedoch unter den vielen Einnahmequellen des deutschen Staates zu den Ausnahmen. Etwa 78% aller Staatseinnahmen stammten 2014 aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben, die sich gerade nicht durch einen progressiven Tarif auszeichnen. Der Schritt zu einer Flat Tax bei der Einkommensteuer ist aus Gründen der Einfachheit und Effizienz wünschenswert und würde das deutsche Steuersystem nicht revolutionieren, sondern es vielmehr vereinheitlichen.

Progressive Steuern nur auf Einkommen, Schenkungen und Erbschaften

Die Steuereinnahmen des deutschen Staates beliefen sich 2014 auf 1.091 Milliarden Euro. Inbegriffen sind hier die Einnahmen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Sozialversicherungen. Obwohl sie juristisch von Steuern abgegrenzt werden, gehören die Einnahmen der Sozialversicherungen mit in den Steuertopf. Sie wirken ökonomisch wie Steuern und auch das Bundesamt für Statistik bezeichnet sie als „steuerähnliche Abgaben“.

Die wichtigsten Einnahmequellen des Staates sind die Einkommensteuer, die Umsatzsteuer, die Rentenversicherungsbeiträge und die Krankenversicherungsbeiträge. Diese vier Steuerarten zeichnen für 73% der gesamten Staatseinnahmen verantwortlich. Die Einkommensteuer ist die einzige dieser vier Einnahmequellen, deren Tarif einen progressiven Verlauf nimmt. Neben der Einkommensteuer weisen überhaupt nur noch die Erbschaft- und Schenkungsteuer und der Solidaritätszuschlag, dessen Bemessungsgrundlage die Einkommensteuerschuld ist, einen progressiven Verlauf auf, wobei die Progression des Solidaritätszuschlags sehr schwach ausgeprägt ist.

 

Steuern mit progressivem Tarif: Nur 22% der Staatseinnahmen

2014 verzeichnete der Staat 214 Milliarden Euro Einnahmen aus der Einkommensteuer. Aus der ebenfalls progressiven Erbschaft- und Schenkungsteuer kamen noch einmal 5,4 Milliarden und aus dem Solidaritätszuschlag 15 Milliarden hinzu. Der Anteil der drei mit progressivem Steuertarif ausgestatteten Steuern an den gesamten Einnahmen des Staates belief sich auf etwa 22%. Die Umsatzsteuereinnahmen machten 19%, die Rentenversicherungsbeiträge 17% und die Krankenversicherungsbeiträge ebenfalls 17% aus.

Proportionale Umsatzsteuer und regressive Sozialabgaben

Der Umsatzsteuersatz hängt nicht von der von einem Gut konsumierten Menge ab. Unabhängig wie viele Quadratmeter Wohnfläche konsumiert werden, auf die Miete findet stets ein Umsatzsteuersatz von 0% Anwendung. Ebenso verhält es sich mit dem Konsum von Milch, auf den stets der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7% zu zahlen ist. Wer stets das neueste Smartphone sein Eigen nennen möchte, muss immer wieder 19% Umsatzsteuer zahlen. Die Umsatzsteuer mag in Bezug auf das Einkommen eine progressive Wirkung haben, wenn Menschen mit höheren Einkommen einen größeren Anteil ihres Einkommens auf Güter und Dienstleistungen verwenden, die mit dem vollen Umsatzsteuersatz besteuert werden. In Bezug auf ihre eigene Bemessungsgrundlage ist die Umsatzsteuer allerdings eine proportionale Steuer.

Für die Beitragssätze der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung gilt, dass sie konstant sind bis zu den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen und anschließend auf null fallen. In den alten Bundesländern und Berlin-West mussten 2014 vom über 71.400 Euro liegenden Arbeitnehmerbrutto keine Zahlungen an die Renten- und Arbeitslosenversicherung geleistet werden, in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin ab 60.000 Euro. Für die Kranken- und Pflegeversicherung lag die Beitragsbemessungsgrenze einheitlich bei 48.600€. Aufgrund der Beitragsbemessungsgrundlagen sind alle Sozialversicherungen durch einen regressiven Verlauf gekennzeichnet. Sobald das Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet, sinkt der durchschnittliche Beitragssatz. Deshalb ist das Verhältnis von Nettolohn des Arbeitnehmers zu den Lohnkosten des Arbeitgebers ab einem Bruttolohn des Arbeitnehmers von etwa 5.500€ konstant.

Flat Tax auch bei der Einkommensteuer: Einfach und effizient

Flat Taxes und auch Steuern mit regressivem Tarifverlauf sind im deutschen Steuersystem weit verbreitet. Die Vorteile einer Flat Tax sollten auch bei der Einkommensteuer genutzt werden.

Zum einen ist sie leicht verständlich und mit wenig Aufwand zu administrieren. Von einer transparenteren Einkommensteuer in Form einer Flat Tax würden die Besteuerten profitieren. Die Entstehung der Steuerschuld wäre besser nachzuvollziehen, Privilegien in Form von Ausnahmeregelungen wären schwerer zu kaschieren und der Verwaltungsaufwand würde sinken. Nicht freuen über eine Reduzierung der Komplexität des Steuersystem würden sich Angehörige der Interessengruppen, die von einem verwickelten Steuersystem profitieren. So würde beispielsweise die Nachfrage nach Leistungen von Steuerberatern und Mitarbeitern der Finanzverwaltungen sinken.

Zum anderen führt eine Flat Tax zu weniger Ausweichreaktionen der Besteuerten, zu denen es derzeit ausschließlich aufgrund von Unterschieden hinsichtlich der Grenzsteuersätze kommt, die durch den progressiven Einkommensteuertarif verursacht werden. Sind die Grenzsteuersätze konstant, lohnt es sich nicht, Einkünfte von einer Periode in die andere zu verlagern oder von einer Person auf eine andere zu übertragen. Werden Gewinne von Kapitalgesellschaften mit dem gleichen Steuersatz belastet wie Einkommen natürlicher Personen und werden die ausgeschütteten oder einbehaltenen Gewinne auf Ebene der Eigentümer der Kapitalgesellschaften nicht noch einmal besteuert, gibt es keinen Anreiz, sich aus steuerlichen Gründen für eine bestimmte Rechtsform für ein Unternehmen zu entscheiden. Eine Flat Tax würde also dazu beitragen, dass wirtschaftliche Aktivitäten nicht verschoben, Verträge nicht im Namen an einer Transaktion unbeteiligter Familienmitglieder geschlossen oder Unternehmensrechtsformen als Steuersparmodelle gewählt werden. Finden diese Ausweichreaktionen nicht statt, werden Ressourcen effizienter eingesetzt.

Progression: Ungewöhnlich, aber auch mit Flat Tax möglich

Attraktiv ist eine Flat Tax auch für den, der sich wünscht, dass die Einkommensteuer weiterhin progressiv ist. Kommen bei der Flat Tax Freibeträge zum Einsatz, ist also der Grenzsteuersatz auf die ersten Einkommenseinheiten gleich 0, steigt der Durchschnittssteuersatz mit steigendem Einkommen und nähert sich dem konstanten Grenzsteuersatz an. Der Vorteil der Einfachheit einer Flat Tax wäre durch Freibeträge kaum beschnitten und auch das Ausmaß der hervorgerufenen Ausweichreaktionen könnte sich bei einer Flat Tax mit Freibeträgen im Vergleich zu heute reduzieren, weil Ausweichreaktionen nur lohnenswert wären, solange Freibeträge noch nicht ausgeschöpft sind.

Derzeit ist die Einkommensteuer allerdings gerade aufgrund ihres progressiven Tarifverlaufs eine besondere Spezies im deutschen Steuersystem. Sie ist die einzige gewichtige Steuer, deren Grenzsteuersatz ansteigt, wenn die Bemessungsgrundlage der Steuer zunimmt. Eine proportionale Einkommensteuer, also eine Flat Tax ohne Freibeträge, würde sich in die deutsche Steuerlandschaft unauffällig einfügen.

Erstmals erschienen bei IREF.

Photo: dedljiv from Flickr (CC BY 2.0)

Die OECD hat mit einem internationalen Vergleich der Steuer- und Abgabenbelastung aufhorchen lassen. Deutschland nimmt hinter Belgien einen Spitzenplatz im negativen Sinne ein. Ein alleinverdienender Durchschnittsverdiener musste 2016 eine Abgabenbelastung von 49,4 Prozentpunkten stemmen. Richtigerweise bezieht die OECD die Arbeitgeberbeiträge für die Sozialversicherungen in ihre Berechnungen mit ein. Sie sind letztlich dem Arbeitnehmer zuzurechnen und sind auch Lohnbestandteil. Die OECD-Studie wird hoffentlich eine überfällige Diskussion über die Entlastung der Bürger in Deutschland befördern.

An erster Stelle ist die Lohnabhängigkeit der Sozialversicherungensbeiträgen zu nennen. Bleibt man im System der Lohngebundenheit der Sozialversicherungsbeiträge, dann müssen die Potentiale in den Sozialversicherungssystemen selbst stärker genutzt werden. Dies geschieht leider nicht. Trotz Sonderkonjunktur durch die Niedrigzinspolitik der EZB betragen die Gesamtbeitragssätze der gesetzlichen Sozialversicherungen (Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung) 39,75 Prozentpunkte – das ist der höchsten Wert seit 2013. Rechnet man die gesetzliche Unfallversicherung hinzu, liegen die Sozialversicherungsbeiträge inzwischen bei deutlich mehr als 40 Prozentpunkte des Arbeitslohnes.

Dies alles vor dem Hintergrund, dass inzwischen fast 40 Millionen Menschen in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind – der höchste Wert seit der Deutschen Einheit. Die Einnahmen sprudeln wie noch nie und dennoch steigen die Beitragssätze. Hinzu kommt, dass die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt auch im nächsten Jahr wahrscheinlich so weitergehen wird. Die Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen 2018 mit einem weiteren Absinken der Arbeitslosenquote auf nur noch 5,4 Prozentpunkte. 2005 lag sie fast doppelt so hoch.

Inzwischen hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) über 11 Milliarden Euro Überschüsse in ihrer Kasse gehortet und dennoch wird der Beitragssatz von 3 Prozentpunkten nicht reduziert. Dabei wäre das Potential groß. Die Beschäftigtenzahl der BA beträgt fast 100.000 Vollzeitstellen und ist im Vergleich zur Hochzeit 2005 nur marginal gesunken. Jetzt will Andrea Nahles die BA noch stärker für den Weiterbildungsmarkt öffnen, damit zumindest das Beschäftigungsniveau der BA gehalten werden kann. Bezahlen müssen dies alle Arbeitnehmer im Lande. Auch für die Aufblähung der Rentenversicherung durch Mütterrenten und Rente mit 63 müssen alle Arbeitnehmer aufkommen.

In den anderen Sozialversicherungssystemen sieht es nicht viel besser aus. In der gesetzlichen Krankenversicherung gelingt es nicht, den Beitragssatz zu reduzieren, stattdessen steigen vielfach die Zusatzbeiträge. Der Grund ist im Wesentlichen die überbordende Planwirtschaft im Gesundheitswesen mit ihren Ineffizienzen. Selbst die gesetzliche Pflegeversicherung, die eigentlich als Teilkaskoversicherung ausgelegt war, wird zunehmend zu einem Vollkaskosystem ausgebaut. Die Folge dieser Entwicklung ist, dass der Beitragssatz inzwischen auf 2,35 Prozentpunkte angestiegen ist. Im deutschen Sozialversicherungssystem geht es immer nur um mehr Geld und mehr Leistungen im und für das System, das wie ein Schwarzes Loch alles ansaugt. Es gibt gar keine Diskussion darüber, ob bei Leistungsausweitungen auf der einen Seite auch Leistungseinschränkungen auf der anderen Seite notwendig sind.

Es wäre eigentlich höchste Zeit, eine Diskussion darüber zu führen, ob die Lohnabhängigkeit der gesetzlichen Sozialversicherungen nicht durch ein echtes Versicherungsprinzip abgelöst werden könnte. Warum soll die gesetzliche Unfallversicherung nicht durch ein privatwirtschaftliches Angebot sukzessive ersetzt werden? Warum soll die Private Krankenversicherung und die Private Pflegepflichtversicherung nicht für alle Arbeitnehmer geöffnet werden, statt nur für Selbstständige, Beamte und Gutverdiener? Warum kann der gesetzliche Rentenversicherungsbeitrag nicht um die derzeitigen Überschüsse reduziert und anschließend der Beitragssatz eingefroren werden? Verbunden mit der Abschaffung des Solidaritätszuschlags und einer Steuerreform, die ihren Namen verdient, hätten die Arbeitnehmer selbst die Möglichkeit, für das Alter vorzusorgen. Eine solche Steuerreform müsste Sparvorgänge für die Altersvorsorge, die Kinderausbildung und die eigengenutzte Immobilie viel flexibler und in viel größerem Umfang als bisher fördern, indem diese Sparvorgänge nachgelagert besteuern werden. Sie können also aus dem Brutto bespart werden und unterliegen erst im Entnahmezeitpunkt der Besteuerung.

Der Wohlstand eines Landes ist nicht in Stein gemeißelt, sondern die Basis für morgen wird heute gelegt. Wir können von den ersten wichtigen Reformen 2005 und ihrem durchschlagenden Erfolg lernen. Gerade in der jetzigen Situation können neue Wege eingeschlagen werden, ohne dass sie zu schmerzhaft werden. Echte, mutige und nachhaltige Reformen würden nicht nur jetzt zur Entlastung der Arbeitnehmer beitragen, sondern auch der Grund legen dafür, dass es den Arbeitnehmern hierzulande morgen und übermorgen besser geht.

Photo: Dean Hochman from flickr (CC BY 2.0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues, Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus und Fabian Kurz, Student der Volkswirtschaftslehre, ehemaliger Praktikant bei Prometheus.

Die Europäische Zentralbank hat das Ziel, in der Eurozone eine Inflationsrate von jährlich 2 % herbeizuführen. Obwohl sie dieses Ziel in den letzten Jahren deutlich nach unten verfehlte, überrascht es nicht, dass die nominellen Preise von Konsumgütern über die Zeit steigen. Allerdings misst die Inflationsrate den Preisanstieg eines repräsentativen Warenkorbs und die Preise der darin enthaltenen Güter und Dienstleistungen entwickelten sich über die vergangenen 25 Jahre sehr unterschiedlich.

So fiel beispielsweise der Preis der Nachrichtenübermittlung relativ zu den Preisen der übrigen Güter um etwa 60 %, während der relative Preis von Bildungsdienstleistungen um etwa 45 % stieg. Diese beiden Beispiele passen ins Muster. Tendenziell stiegen die relativen Preise in Branchen, die der Staat durch seine eigenständige Bereitstellung von Leistungen oder spezifische Regulierungen dominierte. Die relativen Preise fielen hingegen tendenziell in Branchen, in denen der Staat eher wenig Einfluss nahm oder seine Aktivitäten zurückbaute.

Ein Index, viele Preise und unterschiedliche Preisentwicklungen

Das Statistische Bundesamt berechnet regelmäßig, wie sich die Preise in Deutschland verändert haben. Der sogenannte Verbraucherpreisindex misst, wie sich die Preise für einen Warenkorb einer Vielzahl von Gütern und Dienstleistungen, die ein repräsentativer Verbraucher konsumiert, entwickeln.

Von 1992 bis 2016 stiegen in Deutschland die Preise für den vom Statistischen Bundesamt als repräsentativ identifizierten Warenkorb um ca. 45 %. Das entspricht einer durchschnittlichen Inflationsrate von etwa 1,6 %.

Allerdings entwickelten sich die Preise der in den Warenkorb aufgenommen Güter und Dienstleistungen bisweilen sehr unterschiedlich. Das Statistische Bundesamt gliedert den Warenkorb in zwölf Abteilungen und stellt Preisdaten für jede dieser Warengruppen bereit.

Verbraucherpreisindex_Preisentwicklung_verschiedene Güter__relative preise

Hier dargestellt sind die Preise für die zwölf Warengruppen relativ zur Entwicklung des Verbraucherpreisindex. Daraus wird ersichtlich, um wie viel teurer oder günstiger Warengruppen relativ zum gesamten Warenkorb über die Zeit wurden. So sind die Preise im Bildungswesen um etwa 45 % stärker gestiegen als die Preise im Durchschnitt über alle Warengruppen hinweg. Der relative Preis für alkoholische Getränke und Tabakwaren nahm um etwa 30 % zu.

Die Preise für die Nachrichtenübermittlung gingen hingegen relativ zum Preis für den repräsentativen Warenkorb um etwa 60 % zurück. Ebenfalls deutlich − um etwa 20 % − sank der relative Preis für „Freizeit, Unterhaltung und Kultur“. Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke sind im Zeitverlauf ebenfalls etwas günstiger geworden – um etwa 5 %.

 Weniger Staat, niedrigere relative Preise

Es zeichnet sich ein Muster ab: Relativ günstiger sind vor allem die Güter und Dienstleistungen geworden, deren Anbieter miteinander in intensivem Wettbewerb um die Gunst von Kunden stehen. Wettbewerb sorgt für fallende Preise und Qualitätssteigerungen. Relativ teurer geworden sind dagegen vorwiegend jene Güter und Dienstleistungen, deren Märkte durch staatliche Eingriffe geprägt sind – durch wettbewerbshemmende Regulierung, hohe Besteuerung oder die Bereitstellung der Leistungen durch den Staat selbst.

Beispiel Kommunikation

Nach dem relativen Preisrückgang für Nachrichtenübermittlungen seit 1992 um ca. 60 % ist es heute sogar nominell günstiger als je zuvor, mit anderen Menschen zu kommunizieren − auch auf sehr weite Entfernungen. Im Mobilfunksektor gibt es seit Jahrzehnten einen starken Wettbewerb um Kunden und durch ihn induzierte fallende Preise. Bahnbrechende Innovationen und stetige Qualitätsverbesserungen haben die Kommunikation mit anderen Menschen zudem deutlich vereinfacht. Das gute alte Fax wurde von der E-Mail abgelöst. Grüße aus dem Auslandssemester werden nicht mehr von der Bundespost zugestellt. Via Internet kann heute ein jeder mit seinen Nächsten skypen.

Beispiel Bildung

Anders als in der Telekommunikation ist der Einfluss des Staates auf die Bereitstellung der relativ deutlich teurer gewordenen Bildungsdienstleistungen allgegenwärtig. Bildungsangebote werden in Deutschland entweder staatlich bereitgestellt oder im hohen Maße vom Staat reguliert.

Insbesondere der relative Preis für Leistungen im tertiären Bildungsbereich (Universitäten, Fachhochschulen, Berufsakademien) stieg über die vergangenen 25 Jahre. Hier lag die Preissteigerung relativ zum Konsumentenpreisindex bei über 100%.

Politiker aller Parteien schreiben sich regelmäßig das Ziel besserer Bildung auf die Fahnen. Die Ausgaben für Bildung und Forschung im Verhältnis zu den Gesamtausgaben des Staates sind in den letzten Jahren jedoch relativ konstant geblieben. Hauptproblem scheinen nicht fehlende Investitionen in Bildung zu sein, sondern eine niedrige Qualität der Leistungen relativ zu den Kosten der bereitgestellten Bildung.

Die vermehrte Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen durch private Anbieter könnte dazu beitragen, die relativen Preise von Bildungsleistungen zu senken und die Qualität zu steigern. Eine Möglichkeit, privaten Anbietern den Marktzutritt zu erleichtern und damit für Schüler, Eltern und Studenten mehr Wahlmöglichkeiten auf den verschiedenen Bildungsmärkten zu schaffen, wäre die Einführung von Bildungsgutscheinen. Sie würden die Finanzierung von der Bereitstellung von Bildungsleistungen trennen. Finanziert würde der Konsum von Bildungsleistungen weiterhin aus Steuermitteln, aber der Staat würde die Leistungen nicht mehr notwendigerweise bereitstellen.

Auch Steuern beeinflussen Preise für Endverbraucher

Mangelnder Wettbewerb ist nicht der einzige Grund für steigende Preise. Steuern und Abgaben verteuern Kraftstoffe, obwohl es Hinweise darauf gibt, dass es auf den Märkten für Öl und Benzin der Wettbewerb intensiv ist.  Vom Preis  jeder morgendlichen Tasse Kaffee gehen rund 28% direkt an den Fiskus. So trägt der schwarze Kaffee zur schwarzen Null bei. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Strompreis. Maßgeblicher Preistreiber sind die steigenden Abgaben für Ökoenergie.

Auch bei Alkohol und Tabakwaren, deren relativer Preis seit 1992 um ca. 30 % stieg, fällt auf, dass es sich um Produkte handelt, die nicht nur stark reguliert, sondern auch hoch besteuert werden.

Wettbewerb zwischen Unternehmen schützt Konsumenten

Die in den letzten 25 Jahren bei jährlich durchschnittlich 1,6 % liegende Inflationsrate ist moderat, doch sie verdeckt, dass die Preise für einige Güter und Dienstleistungen im gleichen Zeitraum weitaus stärker gestiegen sind. Es ist kein Zufall, dass es sich dabei um Wirtschaftsbereiche handelt, in denen staatliche Eingriffe besonders stark ausgeprägt sind. Geringer fielen die Preisanstiege dagegen tendenziell für jene Güter und Dienstleistungen aus, die seit langem durch private Unternehmen bereitgestellt werden können oder – wie im Fall der Kommunikationsdienstleistungen – in jüngster Zeit dereguliert und privatisiert wurden.

Wettbewerbshemmende Regulierungen, Staatsbeteiligungen und Steuern mögen ausgewählten Interessengruppen nützen und bei Zeiten politischen Zielen dienen. Doch gesamtgesellschaftlich sind sie kostspielig. Werden neue Anbieter vom Markteintritt abgehalten, werden Ressourcen vergeudet, weil überlegene Produktionsmethoden nicht zum Einsatz kommen und die Einführung neuer Produkte verhindert wird. „Wettbewerb belebt das Geschäft“ – ein Blick auf die Verbraucherpreisdaten zeigt, dass der Volksmund dieses Mal Recht behält.

Erstmals erschienen bei IREF.