Beiträge

Photo: Zsolt Palatinus from flickr (PDM 1.0)

Der Europa-Tag in der vergangenen Woche wird in Erinnerung an den so genannten Schuman-Plan begangen. Schulklassen landauf, landab diskutieren mit den örtlichen Bundestagsabgeordneten über die Zukunft der EU und Europas. Es braucht immer Anlässe, um nach vorne zu schauen. Sehr wenig wird aber bei dieser Gelegenheit über die Entstehungsgeschichte berichtet. Das ist bedauerlich, denn daraus könnte man viel für die Zukunft lernen.

Am 9. Mai 1950 präsentierte der damalige französische Außenminister Robert Schuman einen Plan für die Zusammenlegung der französischen und deutschen Kohle- und Stahlindustrie, der letztlich in der „Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ mündete. Die sogenannte Montanunion gilt heute als eine der Geburtsstunden der Europäischen Gemeinschaft und der heutigen Europäischen Union.

Es war ein industriepolitisches Projekt erster Güte, das gleichzeitig die außenpolitischen Interessen Frankreichs berücksichtigen sollte. Deutschland sollte an den Westen gebunden werden, und die französische Regierung wollte die eigene Stahlindustrie durch den billigen Import von Koks und Kohle aus Deutschland puschen. Der Spiegel berichtete 1951 von einer Rede Schumans vor Gewerkschaftern in Metz wo er sagte, allein „um den französischen Stahlexport zu erleichtern“, habe Frankreich „diese Mission übernommen“.

Die europäische Einigung ging anschließend zwar weiter, der ursprünglich Plan Schumans scheiterte jedoch kläglich. Weder hat Deutschland heute noch billige heimische Steinkohle, noch hat Frankreich eine florierende Stahlindustrie. Die deutsche Steinkohleförderung war spätestens zu Beginn der 1970er Jahre nicht mehr wettbewerbsfähig und musste ab 1975 durch den so genannten „Kohlepfennig“ subventioniert werden. Das Bundesverfassungsgericht untersagte diese Sonderabgabe auf den Strompreis und er wurde nach 20 Jahren 1995 wieder abgeschafft. Die Kohleindustrie wurde anschließend aus dem Staatshaushalt weiter subventioniert. Bis 2002 fielen so Subventionen von 80 bis 100 Mrd. Euro an. Vielleicht ist das Schicksal des „Kohlepfennigs“ ja ein gutes Vorbild für den so genannten „Solidaritätszuschlag“. Zeit wäre es!

Im Verlauf ging es der französischen Seite nicht viel besser. Frankreich hat heute faktisch keine nennenswerte Stahlindustrie mehr. Unter den 50 größten Stahlunternehmen der Welt kommt kein einziges aus unserem Nachbarland. Mit 14,4 Millionen Tonnen Stahl produzieren französische Unternehmen gerade einmal 9 Prozent der Produktion in der EU. Zum Vergleich: chinesische Stahlhersteller produzieren über 800 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr.

Abschottung hat diesen Prozess nicht aufgehalten. Seit geraumer Zeit müssen chinesische Hersteller zwar bis zu 72 Prozent Importzölle auf Stahlprodukte bezahlen. Dazu teilt die EU-Kommission mit: „Die EU-Kommission schützt mit den Strafzöllen die europäischen Stahlhersteller vor unfairen Handelspraktiken und schafft faire Wettbewerbsbedingungen in der Stahlbranche. Der Stahlsektor leidet unter einer weltweiten Überkapazität.“

Letztlich geht es also um den Schutz der heimischen Industrie. Sie sollen höhere Preise am Markt realisieren können, damit Arbeitsplätze gesichert werden. Umgekehrt heißt das aber auch, dass die Kunden mehr ausgeben müssen, als sie eigentlich müssten. Und weitergesponnen, bedeutet dies, dass europäische Kunden mehr Geld für die Produkte bezahlen müssen als ohne diese Zölle. Letztlich trägt also der Endverbraucher in Europa die Last der Zölle, ohne dass die jeweilige Industrie vom weltweiten Wandel in der Stahlindustrie nennenswert profitieren würde.

Der Grund ist ganz einfach. Keine EU-Kommission, keine Regierung und auch kein Politiker haben das Wissen, wirtschaftliche Entwicklung voraussagen zu können. Im Gegenteil. Versuchen sie es dennoch, richten sie mehr Schaden als Nutzen an. Sie haften nicht für ihr Handeln, sondern andere tun dies für sie. Die 80 bis 100 Milliarden Euro, die bis Anfang der 2000er Jahre in die Kohlesubventionierung geflossen sind, haben den Strukturwandel an Rhein und Ruhr nicht befördert, sondern behindert. Strukturen wurden aufrechterhalten, Neues konnte sich nicht ausreichend entfalten und eine allgemeine Subventionsmentalität machte sich überall breit. Deshalb ist die Unterbindung des Wettbewerbs durch staatliche Planungsphantasien immer falsch. Sie kommen zwar mit wohlfühlenden Worten wie „fair“, „gerecht“ oder „nachhaltig“ daher, letztlich sind das aber alles, wie Hayek es bezeichnen würde, „Wieselwörter“, die man nicht greifen kann, sondern einem aus der Hand entgleiten, sobald man sie fassen will. Mit Friedrich August von Hayek muss man diesen Apologeten staatlicher Planungsgläubigkeit daher zurufen: „Es ist die Hauptaufgabe des Wettbewerbs zu zeigen, welche Pläne falsch sind.“ Wenn europäische Politiker immer wieder die Axt an diesen Wettbewerb legen, gefährden sie dessen Blüten und Früchte. Die reiche Ernte des Wettbewerbs können Europas Bürger nur ernten, wenn der Baum gehegt und gepflegt wird.

Erstmals veröffentlicht bei Tichys Einblick.

Photo: LWYang from Flickr (CC BY 2.0)

Es ist jedes Mal dasselbe: Ein Problem taucht auf, Politiker verfallen in wilden Aktionismus und am Ende wird eine Regulierung eingesetzt, die das Problem lösen soll. Die großen Spieler juckt das meist wenig. Wer wirklich stranguliert wird, sind Mittelständler, Familien und die Zivilgesellschaft.

MiFID – Sisyphos auf dem Papierberg

MiFID II – der Albtraum jedes Kleinanlegers. Als sich die G20-Staaten im September 2009 in Pittsburgh trafen, saß den Politikern der Schock der Banken- und Finanzkrise von 2007/08 noch gehörig in den Knochen. Gegen die Verantwortungslosigkeit im Bankensektor musste man doch etwas tun! Das Ergebnis: ein selbst für Experten undurchschaubarer Wust an Regulierungen, die verhindern sollen, dass die unbedarfte Oma vom provisionsgierigen Bankangestellten um ihre letzten Ersparnisse gebracht wird. Zumindest dieses Ziel wurde erreicht: die Oma lässt jetzt alles Geld brav auf dem Sparkonto liegen, wo Niedrig- bis Negativzinsen daran nagen.

Gleichzeitig sind aber ganze Bankabteilungen damit beschäftigt, Gesprächsprotokolle aufzuzeichnen und Formulare auszufüllen. Für die großen Banken ist das – mit Mühe – zu stemmen, die Sparkassen, Privat- und Genossenschaftsbanken drehen völlig am Rad. Am schlimmsten aber trifft es diejenigen, die ihr Erarbeitetes und Erspartes gewinnbringend einsetzen wollen. Die Großanleger arbeiten auf Hochtouren daran, die neuen Regulierungen wieder zu umgehen, während der Kleinanleger sich vor einer fast unüberwindbaren Mauer wiederfindet. Während er sich mit seinem Bankberater durch die MiFID-Vorgaben durcharbeitet, haben die großen Zocker bereits wieder astronomische Gewinne eingefahren.

DSGVO – im Labyrinth der Bürokratie-Hydra

Datenschutz-Grundverordnung – die Todesfalle der Zivilgesellschaft. Google, Facebook und Co. gehen nicht immer so mit unseren Daten um, wie es im Blick auf unsere Privatsphäre und Selbstbestimmung angemessen wäre. Diese Situation schreit geradezu nach staatlichen Maßnahmen. Wieder einmal eine ideale Gelegenheit für Politiker, dem Bürger zu beweisen, dass sie deren letzte Zuflucht und wahre Schutzmacht sind im Haifischbecken der datensaugenden Profitmaximierer. (Man wünscht sich, dass diese Ritter der Privatsphäre auch einmal in ihrem eigenen Laden aufräumen würden: der Staat darf nämlich munter observieren, erheben und speichern …) Das Problem mit der DSGVO ist freilich, dass die Netz-Riesen die Ressourcen haben, um die lästigen neuen Regulierungen zu verarbeiten. Richtig hart trifft es dagegen den Biobauernhof, die Bastelgruppe, die Kirchengemeinde und den „Verein zur Erhaltung der Biergartentradition“.

Der Kfz-Mechaniker-Azubi, der die Trainingsspiele der Handball-Jugendmannschaft koordiniert, befindet sich mit seinem Email-Verteiler demnächst kurz vor der Illegalität. Der selbständige Optiker in Aschaffenburg bewegt sich in gefährlichen Wassern, wenn er Kundendaten in der Wohnung über seinem Geschäft aufbewahrt, weil seine Tochter dann Zugang haben könnte. Wahrscheinlich entsteht demnächst eine neue Berufsgruppe von professionellen Bürokratieverstehern, die Kleinbetrieben und zivilgesellschaftlichen Gruppen den Weg durch den Paragrafendschungel weisen. Anstatt vom missgünstigen Konkurrenten wegen Verstößen gegen die DSGVO angeschmiert oder von oder übereifrigen Bürokraten erschnüffelt und ertappt zu werden, leistet man sich dann doch lieber den teuren Experten – oder macht den Laden oder Verein gleich ganz dicht.

Die Zumutung der Selbständigkeit statt der Windeln der Regulierung

Es gibt eine Fülle von Problemen mit der Regulierung, diesem Lieblingsinstrument von Politikern, die ihren kämpferischen Einsatz für ihr Wahlvolk damit zur Schau stellen: Regulierungen wirken oft wie Markteintritts-Barrieren für schwächere Konkurrenten. Sie kommen häufig zu spät, wenn die Verursacher eines Problems schon weitergezogen sind zur nächsten Trickserei. Sie leiden unter einem chronischen Informationsmangel. Sie steigern die Kosten für die Betroffenen, was dann häufig an die Verbraucher weitergegeben wird. Sie hemmen Innovation und Fortschritt. – Eine besonders schmerzhafte Folge aber ist, dass die großen Spieler auf einem Markt meist die Ressourcen und Kapazitäten haben, um mit den neuen Regulierungen irgendwie umzugehen. Wer über diese Mittel nicht verfügt, ist den Vorschriften hilflos ausgesetzt.

Weder das Verhalten der Banken noch der Umgang großer Internetkonzerne mit Daten sind unproblematisch. Aber die derzeitigen Maßnahmen stellen keinen wirksamen Schutz dar. Andere Mittel sind dazu weitaus besser geeignet, auch wenn sie dem Politiker weniger Glanz ermöglichen. Klare Haftungsregeln und eine starke und unabhängige Gerichtsbarkeit gehören zu diesen Mitteln; aber insbesondere auch eine Zumutung an den Bürger: Die Zumutung der Selbständigkeit. Zugegeben: die wenigsten Politiker gewinnen Wahlen, wenn sie auf ihre Plakate drucken „Ich vertraue darauf, dass Sie die meisten Ihrer Probleme selbst lösen können.“ Aber am Ende des Tages ist der wirksamste Schutz gegen zwielichtige Geldanlagen und Datenmissbrauch nicht MiFID und DSGVO, sondern verantwortungsbewusste Konsumenten und Bürger. Anstatt sie durch Regulierung zu infantilisieren und zu pampern, sollten Politiker die Bürger ermutigen, Verantwortung zu übernehmen. Nur so funktioniert übrigens auch eine Demokratie …

Photo: Ur Cameras from flickr (CC 0)

Es soll niemand sagen, das billige Geld der EZB würde nicht wirken. Es wirkt sehr wohl. Es erhöht zwar nicht die Inflation – wie von Mario Draghi erhofft. Doch wer die aktuellen Lohnabschlüsse im öffentlichen Dienst anschaut, ahnt, dass auch das nur eine Frage der Zeit ist. Die Inflationsmessung ist eh ein schwieriges Feld, das hat sehr unterschiedliche Gründe. Einer ist die Definition. Der eingebaute technische Fortschritt verfälscht die Höhe, die Zusammenstellung des Warenkorbes ist kritikwürdig und das Nichtberücksichtigen der Vermögenspreisentwicklung ist einseitig.

Das billige Geld erhöht auch den Einfluss des Staates. Seine Zinsausgaben sinken und die Steuereinnahmen steigen. Die Wirtschaft ist wie angefixt und ruft nach immer mehr billigem Geld. Das lässt einen Scheinwohlstand entstehen, der sich auch bei den Steuereinnahmen bemerkbar macht. Allein der Bund hat in den letzten 10 Jahren 81 Milliarden Euro zusätzlich an Steuern eingenommen. Ein sattes Plus von 35 Prozent. Bis 2021 kommen nochmals 33 Milliarden Euro hinzu. Gleichzeitig verteilt der Staat immer mehr um. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hat das jetzt untersucht. Im vergangenen Jahr wurden die Finanzhilfen des Bundes um über 10 Prozent, auf insgesamt 55 Mrd. Euro erhöht. Die Steuervergünstigungen beziffert das Institut für Weltwirtschaft auf 62 Milliarden Euro. Insgesamt summiert sich der Kieler Subventionsbericht auf 117 Milliarden Euro.

Das Spiel des billigen Geldes geht schon viel zu lange. Seit 2009 hat die Europäische Zentralbank ihren Leitzins auf unter 2 Prozentpunkten gesenkt, seit 2012 unter 1 Prozentpunkt und seit März 2016 bei null festgesetzt. Diese Zinssenkungen der EZB dürfen nicht ohne ihr Anleihenkaufprogramm für Schulden von Staaten, Banken und Unternehmen gesehen werden. Bis September dieses Jahres wird die EZB dafür 2.500 Milliarden Euro frisches Geld in den Markt gepumpt haben. Von interessierter Seite wird behauptet, dies hätte nur einen geringen Einfluss auf den langfristigen Zins. Wenn es so wäre, könnte die EZB die Zinswende ja einleiten. Doch sie fürchtet die Zinswende, wie der Teufel das Weihwasser. Mit Recht. Käme sie, hätte Italien ein Problem und Griechenland stünde vor einem neuen Hilfsprogramm. Doch nicht nur Italien und Griechenland, sondern auch manche Ruhrgebietskommunen könnten ihre Kassenkredite, die sie derzeit faktisch ohne Zinsen bekommen, nicht mehr bedienen. Alle hätten ein Problem.

Da ist es doch viel einfacher, die üppigen Gelder in den Haushalten gönnerhaft zu verteilen. 2009 betrug der Rentenzuschuss des Bundes noch 78,6 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 wird die magische Schwelle von 100 Milliarden Euro überschritten. Dann beträgt der Zuschuss bereits 103,3 Milliarden Euro. Der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung ist inzwischen bei 14,5 Milliarden Euro. 2001 waren es noch eine Milliarde Euro. Die Förderung der Elektromobilität schlägt mit 400 Mio. Euro zu Buche, was schon fast bescheiden ist. Die Finanzhilfen für die Land- und Forstwirtschaft und die Fischerei sind mit 2,7 Milliarden Euro von Seiten des Bundes und mit 5 Milliarden Euro von Seiten der EU dabei. Für alles gibt es eine Begründung, die mal sinnvoller und mal weniger einleuchtend ist. Doch eines ist klar, der Finanzminister ist ein Glückspilz. Er kann aus Wasser Wein machen, aus Stroh Gold und aus billigem Geld Wohlstand für uns alle. Egal wie er aktuell heißt, ob Schäuble, Scholz oder „Sonst wie“. Er ist beliebt bei den Subventionsempfängern, bei den Gehaltsempfängern des öffentlichen Dienstes, bei den Sozialpolitikern und selbst bei den Haushaltspolitikern. Alle sind zufrieden und glücklich.

Man klopft sich gegenseitig auf die Schulter, lobt und preist sich. Doch die Kollateralschäden werden immer deutlicher. Das Hamsterrad dreht sich nur, wenn die Zinsen weiter niedrig bleiben. Mario Draghi könnte, selbst wenn er wollte, die Zinswende gar nicht mehr ernsthaft einleiten. Er wird leichte Zinserhöhungen auch mal austesten. Kleine Trippelschritte können wir erwarten. Doch der Markt wird ihn schnell eines Besseren belehren. Er kann nicht mehr agieren, sondern nur noch matt reagieren. Es ist schon lange ein „lame duck“.

Das ist die Konsequenz aus der Manipulation des Zinses. Wird der Preis für Geld vernichtet, fehlt der wichtigste Indikator in einer Marktwirtschaft. Investitionen werden fehlgelenkt. Sonst erfolgte Korrekturen finden nicht mehr oder zu spät statt. Zombiebanken und Zombieunternehmen werden halbtot weiter beatmet. Geld ist ja genug da. Dabei wird der Staat immer fetter und die Bürger merken es nicht einmal. Es herrscht Geldsozialismus. Nicht ohne Grund soll Lenin gesagt haben: „Wer die bürgerliche Gesellschaft zerstören will, muss ihr Geldwesen verwüsten.“

Photo: Wikimedia Commons (CC 0)

Politik kann so verlogen sein. Da geißelt die GroKo mehrmals im Koalitionsvertrag „Steuerdumping, -betrug, -vermeidung und Geldwäsche gleichermaßen international und in der EU“. Diese Praktiken müssten effizient und unbürokratisch im nationalen, europäischen und internationalen Rahmen bekämpft werden und „eine gerechte Besteuerung großer Konzerne“ müsse endlich kommen.

Das hört sich entschieden und entschlossen an. Endlich geht es um Gerechtigkeit. Wahrscheinlich ist es sogar „soziale Gerechtigkeit“. Nichts, aber auch gar nichts kann die Großkoalitionäre daran hindern, entschieden vorzugehen. Nichts? Fast nichts! Und dann kommt der 27. April 2018. An diesem Tag endet die Bewerbungsfrist für die Fußball-Europameisterschaft 2024. Und da ist plötzlich alles ganz anders. In der Arbeitsgruppe Sport der CDU/CSU-Bundestagsfraktion soll der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesheimatminister Stephan Mayer (CSU) angekündigt haben, dass die GroKo der UEFA Steuerfreiheit für den Zuschlag der EM gewähren will. Punkt!

Es ist wahrscheinlich einfach, gegen Amazon, Google und Facebook das hohe Lied der Steuergerechtigkeit zu singen. Die EU ist sogar dabei, fiktive Betriebsstätten zu erfinden, um den Internetkonzernen an das Portemonnaie zu gehen. Dazu hat sie jetzt einen Richtlinienvorschlag gemacht. Sie will Internet-Konzerne mit einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro mit einer Digitalsteuer von 3 Prozent des Umsatzes belasten. Dieser Schnellschuss ist an sich schon zu kritisieren, da er keine Einbahnstraße ist. Warum sollte die USA oder China nicht auch eine Sondersteuer einführen, wenn deutsche Unternehmen Waren dorthin exportieren? Schnell beklagt man sich über den Protektionismus des US-Präsidenten Donald Trump. Aber was macht die EU-Kommission mit der Sondersteuer für Internet-Konzerne? Nichts anderes.

Doch zurück zur UEFA: 2015/2016 machte der europäische Fußballverband einen Umsatz von 4,6 Mrd. Euro. Bei der EM 2016 in Frankreich nahm die UEFA alleine 1,9 Milliarden Euro ein. 400 Millionen Euro erzielte der Verband über Werbeeinnahmen, weitere 500 Millionen Euro durch Kartenverkäufe. Die Gesamtausgaben der UEFA für die EM 2016 lagen bei 595,2 Millionen Euro. Satte 1,3 Milliarden Euro Gewinn konnte die UEFA 2016 verbuchen – steuerfrei versteht sich. Der Fußball-Verband hat damit einen höheren Umsatz als Puma (4,1 Mrd. Euro 2017) oder Tchibo (3,3 Mrd. Euro 2016).

Nun sitzt die UEFA im schweizerischen Nyon am schönen Genfer See. Die Schweiz ist Teil des europäischen Binnenmarktes. Daher muss man an dieser Stelle schon fragen dürfen: Was unterscheidet den vehementen Kampf der EU-Kommission und der GroKo in Berlin gegen Google, Facebook und Co. eigentlich von der steuerlichen Behandlung der UEFA und ihrer Umsätze und Gewinne, die sie in Deutschland macht? Und was sagt eigentlich der Mittelständler in Ostwestfalen und im Sauerland dazu? Die UEFA macht Milliarden-Umsätze und trägt nichts zur staatlichen Infrastruktur bei. Liebe Sozialdemokraten, ist das sozial gerecht?  Dabei liegt der Umsatz doch weit oberhalb der Grenze von 750 Millionen Euro, und der Verband hat seinen Hauptsitz sogar innerhalb des europäischen Binnenmarktes.

Vielleicht ist es die Konkurrenzsituation um die Austragung der EM 2024. Da steht Deutschland mit  der Türkei im Wettbewerb. Wolle man den Zuschlag erhalten, dann müsse man der UEFA Steuerfreiheit gewähren, heißt es von interessierter Seite. Die Türkei mache das schließlich auch und es sei international üblich, dies zu tun.

Sicherlich ein bestechendes Argument. So reden global orientierte Konzerne ebenfalls. Auch sie stehen im Wettbewerb mit Konzernen, die ihren Sitz in einer so genannten Steueroase haben. Steuern vermindern ihre Investitionsfähigkeit und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit. Das gefährde Arbeitsplätze, sagen sie.

Nein, am Ende sind es zwei Dinge, die die Verlogenheit deutlich machen. Zum einen ist es bei Google, Amazon und Facebook ein Schuss Antiamerikanismus, der reflexartig immer dann hochkommt, wenn es um amerikanische Unternehmen geht. Und zweitens ist es der Fußball. Man könnte ja auf die Idee kommen, dass die UEFA und noch viel mehr die FIFA nicht gerade ein Vorbild für Compliance und gute Unternehmensführung sind, aber da drücken die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien CDU, CSU und SPD dieses Mal ein Auge zu – der guten Sache wegen. Mit der Deutschen liebstem Hobby möchte man sich nicht anlegen. Lieber eine Steueroase für Einzelne im eigenen Land schaffen, anstatt allgemeine, abstrakte und für alle gleiche Regeln zu schaffen. Das wäre viel zu kompliziert, als dass man den Versuch überhaupt machen sollte. Lieber Lyrik in den Koalitionsvertrag schreiben und fortwährend über Steueroasen in Übersee fabulieren, als sich an den eigenen Taten messen zu lassen. Wie ist der Koalitionsvertrag so schön überschrieben: Ein neuer Aufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschland, ein neuer Zusammenhalt für unser Land. Das passt.

Erstmals veröffentlich bei Tichys Einblick.

Photo: ordinarygirl from flickr (CC BY 2.0)

Die britische Steuer auf zuckerhaltige Getränke: ein Modell für Deutschland? Nein, denn statt den mündigen Bürger zu fördern, ist eine Zuckersteuer lediglich paternalistische Volksernährungspolitik, die vor allem die Armen trifft.

Die Debatte um die Zuckersteuer geht am Wesentlichen vorbei

In dieser Woche wurde in Großbritannien eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke eingeführt. Getränke, die mehr als 8 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthalten, werden von nun an mit 24 Pence pro Liter extra besteuert. Das britische Vorbild entfacht auch in Deutschland wieder eine Debatte über Sinn und Unsinn einer Zuckersteuer. Während die Organisation foodwatch es als „wissenschaftlichen Konsens“ bezeichnet, dass zuckerhaltige Getränke eine Hauptschuld für Fettleibigkeit tragen, argumentieren Gegner der Zuckersteuer mit den gescheiterten Experimenten in Mexiko und Dänemark.

Tatsächlich ist es äußerst zweifelhaft, ob eine Zuckersteuer Fettleibigkeit gerade bei Jugendlichen wirksam bekämpfen kann. Für Marktführer Coca Cola käme es einer Selbstaufgabe gleich, das Rezept für die weltweit beliebte Classic Cola zu ändern. Stattdessen verkleinert Coca Cola lieber seine Flaschen auf dem britischen Markt, um subjektive Preissprünge durch die Steuer zu umgehen. Für Befürworter der Steuer bereits ein Erfolg. Doch die Diskussion über die Wirksamkeit der Zuckersteuer ist müßig, denn es wäre viel wichtiger, einmal die Logik hinter solchen Lenkungssteuern zu hinterfragen.

Volksernährungspolitik, die vor allem die Ärmsten trifft

Konsumsteuern, wie die Mehrwert- oder eine Zuckersteuer, haben eine oft übersehene Eigenschaft: Wie sehr sie den Steuerzahler belasten, hängt vor allem vom jeweiligen Haushaltseinkommen ab. Menschen mit geringen Einkommen geben häufig einen Großteil ihres Geldes für Konsumgüter des täglichen Lebens aus. Das führt dazu, dass sie im Vergleich zu Besserverdienern auch einen wesentlich größeren Anteil ihres Einkommens lediglich für Konsumsteuern aufwenden müssen. Eine Zuckersteuer würde also gerade die Ärmsten unserer Gesellschaft am härtesten treffen, während Besserverdiener vermutlich kaum etwas merken würden.

Aber vielleicht ist genau dies die Idee hinter einer Zuckersteuer. So zeigen doch viele Studien, dass in den unteren Einkommensschichten Fettleibigkeit wesentlich häufiger vorkommt. Da erscheint es doch nur logisch, eine Steuer zu wählen, die gerade diese Einkommensschichten besonders trifft und sie damit zum „richtigen“ Verhalten erzieht. Hat die britische Regierung also alles richtig gemacht? Nein, denn die Frage ist hier nicht nur, ob die Zuckersteuer logisch oder wirksam ist, sondern wie weit der Einfluss des Staates in die private Lebensgestaltung reichen sollte. Und am Ende ist gerade die Ernährung immer noch eine höchst private Entscheidung. Eine bestimmte Lebensweise mit fiskalischen Mitteln zu erzwingen ist selbstgefällige „Volksernährungspolitik“, die vor allem diejenigen, die sich kaum wehren können, in ihren persönlichen Entscheidungen beschränkt. Oder anders ausgedrückt: Was sagt es über das Bürgerverständnis einer Regierung aus, wenn sie es für nötig hält, den von ihr Regierten einen anderen Lebensstil aufzudrücken?

Die Politik sollte sich endlich von den ganz großen Lösungen verabschieden

Sicher, Fettleibigkeit und schlechte Ernährung sind ein großes Problem, und das gerade bei Kindern und Jugendlichen. Doch es ist kein Ausweg, den Verbraucher immer weiter zu entmündigen und ihm die individuelle Lebensweise bis in kleinste zu diktieren. Dabei sind insbesondere die von vielen angeführten Kosten für die Sozialversicherungen eben kein Argument für mehr staatlichen Paternalismus. Das Besondere an Sozialversicherungen ist schließlich, dass sie Bürgern in jeder Lebenslage helfen, unabhängig davon, wie sie in eine Notsituation geraten sind. Oder sollten Menschen in Not bei der Aufnahme ins Krankenhaus zukünftig anhand ihres individuellen „Lebensstilrisikos“ befragt und eingestuft werden? Sozialversicherungen sind eine humanitäre Errungenschaft aber sie dürfen nicht dazu umgedeutet werden, den Bürger zu gängeln.

Was also ist die Alternative zur Zuckersteuer? Der Gesetzgeber sollte sich von der Idee der Makro-Lösungen verabschieden. So lehrt uns der österreichische Nobelpreisträger und Ökonom Friedrich August von Hayek, dass die großen Lösungen für gesellschaftliche Probleme immer zum Scheitern verurteilt sind. Sie bedürfen eines allumfassenden Wissens über alle Gründe für ein Problem sowie alle möglichen Effekte einer Lösung, das von keiner Regierung jemals erlangt werden kann. In der Folge führen viele gut gemeinte Regelungen am Ende dann doch zu so genannten „negativen externen Effekten“. Und da staatliche Lösungen für ein Problem dann auch noch per se zentral angelegt sind, können sie nicht einmal untereinander verglichen werde.

Stattdessen führt auch in diesem Fall der erfolgreiche Weg nur über den mündigen und eigenverantwortlichen Bürger. Dieser muss durch Bildung und Zugang zu Informationen in die Lage versetzt werden, Entscheidungen differenziert zu treffen. Dazu gehört selbstverständlich auch die Abwägung von Gesundheitsgefährdung und Genuss, die uns der Staat weder abnehmen soll noch kann. Aufklärung über gesunde und ungesunde Ernährung von klein auf sowie Kennzeichnungspflichten hingegen stärken den Konsumenten in seiner Stellung. Dass einzig der Konsument eine Trendwende einleiten kann, zeigen nicht zuletzt der seit Jahren zurückgehende Zuckergehalt von Softdrinks und das stetig wachsende Angebot von zuckerfreien Softdrinks; nicht auf Druck einer Regierung, sondern auf Verlangen des mündigen Verbrauchers.