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Das Buch „Freihandel – für eine gerechtere Welt„, in der „Edition Prometheus“ beim Finanzbuch Verlag erschienen und herausgegeben von Frank Schäffler, Clemens Schneider, Florian A. Hartjen und Björn Urbansky, wurde am 22. Januar 2018 in der Landesvertretung von Schleswig-Holstein präsentiert. Das Buch wurde vorgestellt vom ehemaligen „Super-Minister“ und nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement, der auch einen Beitrag für das Buch verfasst hat, und von dem Bundestagsabgeordneten und Finanzpolitiker Dr. Gerhard Schick von den Grünen. Neben Vertretern von Medien und Verbänden waren auch weitere fünf Bundestagsabgeordnete von CDU, FDP und Grünen anwesend. In freunschaftlicher Atmosphäre wurden durchaus klare und kontroverse Argumente ausgetauscht. Einig waren sich alle Beteiligten, dass Protektionismus eine sehr große Gefahr ist – nicht nur für die Weltwirtschaft, sondern für die freie und offene Gesellschaft insgesamt. Einige Ausschnitte aus der Debatte können Sie in diesem Video sehen:

 

Photo: Wikimedia Commons (CC 0)

Der große deutsche Dichter Heinrich Heine beschrieb in dem Versepos „Deutschland – ein Wintermärchen“ eine Reise durch seine Heimat im Winter 1843. Das Land, das der Exilant aus Frankreich besuchte, war geprägt von biedermeierlichem Geist und dem sogenannten „Philistertum“, einer spöttischen Umschreibung von Spießbürgerlichkeit. Die großen Ideen der Freiheit, die sich 1848 für kurze Zeit Bahn brechen sollten und die Heine in seiner Pariser Dachgeschoßwohnung besang, waren beständig Repressionen ausgesetzt mit moralischen Begründungen. So spottete der Dichter: „Die geistige Einheit giebt uns die Censur“. Gleichzeitig keimten die Vorstellungen des Nationalismus auf: „Fatal ist mir das Lumpenpack, / Das, um die Herzen zu rühren, / Den Patriotismus trägt zur Schau / Mit allen seinen Geschwüren.“

Der Rückzug ins Private und die damit verbundenen Zugeständnisse an den Staat, Zensur und Identitätspolitik – das sind auch heute noch hochaktuelle Themen. Deshalb haben wir uns von dem Freigeist inspirieren lassen und unseren letzten Blogbeitrag im Jahr 2017 an sein Meisterwerk angelehnt:

Das Jahr hat sich wieder zu Ende geneigt,
Doch blicken wir unverdrossen
Ins nächste, denn es hat sich deutlich gezeigt:
Wir haben das letzte genossen!

Viel hat sich geändert und vieles ist neu,
Doch stets lautet unser Versprechen:
Prometheus geht weiter und bleibet sich treu,
Der Freiheit die Lanze zu brechen.

Die Straße gewechselt hat Frank und zumal
Seinen Job, das kann man leicht sehen:
Er zog nämlich neulich durch unsere Wahl
Aus Mulack- in die Dorotheen-.1

Dort trägt er die Fackel der Freiheit nunmehr
Im Hohen Haus durch die Gegend.
Das ist für uns alle nun wirklich sehr
Entzückend und bewegend.

Da hatte der Wähler den wackeren Herrn
Befördert zurück in die Hallen,
So lag es uns wahrhaft nicht weiter fern
Einen Neuen bei uns zu bestallen.

Über Erfurt und London und Aberdeen
Hat Florian lernend gewaltet.
Wir konnten ihn zu uns hinüber zieh’n:
Die Entwicklung bei uns er gestaltet.2

Mit Pauken, Trompeten begann er sein Tun.
Es erschien nach nur wenigen Tagen
Das Buch, das den Handel auch jenseits vom Huhn
Aus Chlor soll dem Leser antragen.3

Wir lieben den Handel, den freien, so sehr.
Was ist er nur so umstritten?
Wir setzen uns an die Spitze vom Speer
Seinen Ruf und sein Anseh’n zu kitten.4

Es war schon das zweite Werk dieses Jahr.
Beim ersten kann man sich belesen,
Wie‘s klassischer Liberalismus war
Woran stets die Gesellschaft genesen.5

Mit Beiträgen hier und mit Vorträgen dort,
Sind wir tätig wie Missionare.
Wir streifen durchs Netz und von Ort zu Ort,
Die Freiheit ist unsere Ware.

Es helfen uns viele durch Wort und durch Tat,
Als Fackelträger, Sponsoren,
Kuratoren und Freunde mit gutem Rat.
Ohne Euch wären wir verloren.6

Der Arbeit ist viel und so zählt jede Hand,
Darum sind wir dankbar und glücklich,
Zu sehen die Jugend, die angerannt
Und steht zu uns unverrücklich.

Otto, Leonie, Clara, Max, Martin und Claus
Waren fleißig und emsig wie Bienen.
Als Praktikanten sie kamen ins Haus –
Als Freunden danken wir ihnen!

Ein sehr großer Dank gilt auch Nikolas,
Dem Fels in der Brandung, dem treuen,
Der seit unsrer Gründung in Arbeit und Spaß,
Die Sorgen uns half zu zerstreuen.

Er nahm seinen Abschied, es folget ihm
Ein Mann von erster Wahl.
Wir begrüßen in unserm Prometheus-Team
Dich herzlich, Benedikt Schmal!7

Und so blicken wir wohlgerüstet und kühn
Auf die Zukunft, auf kommende Tage:
Wir ackern, wir schuften mit Herzblut und Müh’n,
Dass die Freiheit niemals verzage.

Ob Bildung, ob Steuern, ob Geldpolitik,
Ob Rente, ob Nudging, ob Handel –
In jegliche Richtung geht unser Blick
Für Fortschritt, für stetigen Wandel.

Dies Land, ja der ganze Kontinent
Braucht Menschen, die sich bemühen,
Damit an dem hohen Firmament
Stets Fackeln der Freiheit glühen.


1: Am 24. September wurde Frank Schäffler wieder in den Bundestag gewählt. Sein neues Büro liegt in der Dorotheenstraße.
2: Seit Oktober ist Florian A. Hartjen in unserem Team und unterstützt uns als Head of Strategy and Development. Erfurt, Aberdeen und London waren seine Studienorte in den letzten Jahren.
3: Ende Oktober erschien in der „Edition Prometheus“ das Buch „Freihandel – für eine gerechtere Welt“, herausgegeben von Frank Schäffler, Florian A. Hartjen, Björn Urbansky und Clemens Schneider.
4: Das Thema Freihandel beschäftigte uns dieses Jahr besonders im Rahmen unserer Kampagne, die sich unter www.freetrade.world findet.
5: Den Beginn der „Edition Prometheus“ beim Finanzbuch Verlag bildete die im Frühjahr erschienene Übersetzung des Buches „Wie wir wurden, was wir sind – Einführung in den klassischen Liberalismus“ von Eamonn Butler.
6: Unser Fackelträger-Programm bietet die Möglichkeit, sich langfristig und regelmäßig für Prometheus zu engagieren. Unsere Finanzierung besteht fast ausschließlich aus Zuwendungen von Privatleuten, die unsere Überzeugungen teilen.
7: Ende September verabschiedete sich unser Studentischer Mitarbeiter Nikolas Haring, der seit unsere Gründung das Team unterstützt hatte. Seit Anfang dieses Monats hat Benedikt Schmal seinen Job übernommen.

Photo: Petras Gagilas from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Während in Talkshows und Kommentaren die Zunahme von Hate Speech und Fake News beklagt wird, kann die Sendung „Die Anstalt“ auf Kosten des Beitragszahlers ungehindert den Diskurs vergiften und wüste Verschwörungstheorien verbreiten.

„Die Mont-Pèlerin-Society ist die einflussreichste Denkfabrik unserer Republik“

Wer sich die angebliche Kabarettsendung „Die Anstalt“ einmal angesehen hat, wird ziemlich schnell festgestellt haben: Der „Humor“ ist subtil wie ein Nilpferd, raffiniert wie eine Portion Pommes mit Ketchup und geistreich wie eine Betonmischmaschine. Besonders zeichnet sich die Sendung aus durch die Verbreitung von Verschwörungstheorien. Da werden geheime Netzwerke aufgedeckt und der furchterregende Masterplan der NATO zur Bekämpfung Russlands enthüllt. Von den Veröffentlichungen des Kopp-Verlages oder den „Einsichten“ eines Alex Jones unterscheidet sich „Die Anstalt“ hauptsächlich durch ein anderes politisches Vorzeichen und den Verzicht auf die Prise Esoterik. Eines der liebsten Objekte linker Verschwörungstheoretiker ist gerade 70 Jahre alt geworden: die Mont-Pèlerin-Society. Ein guter Anlass für die „Kabarettisten“, sich einmal wieder der alles beherrschenden Ideologie des Neoliberalismus zu widmen.

Um die furchteinflößenden Verstrickungen auch anschaulich darstellen zu können, hat der ZDF-Praktikant das Verzeichnis des Atlas Network ausgedruckt, das liberale Think Tanks weltweit vernetzt. Die Blätter wurden auf eine bedrohlich aussehende Grafik mit dutzenden Querverbindungen aufgeklebt und dann konnte es losgehen, denn: „Die Mont-Pèlerin-Society ist die einflussreichste Denkfabrik unserer Republik“. Dreizehn Minuten lang wird dann unter vielen Ahs und Ohs dargelegt, welchen sinisteren Plan diese Leute verfolgen um ihre Agenda aus „Privatisierungen, Steuersenkungen und Sozialstaatsabbau“ in der ganzen Welt durchzusetzen. Da fallen Sätze, die vordergründig ironisch präsentiert werden, aber beim Zuschauer durchaus ohne den Unterton hängen bleiben können: „Der Kapitalismus ist schuld an Faschismus und Krieg“. Es ist eine einfache Masche: Man transportiert die Botschaften als Kabarett und ist damit aus dem Schneider. So zog sich einer der beiden Macher, Max Uthoff, auch aus der Affäre als Kritik an seiner Verteidigung von Putin laut wurde.

Fake news sind immer die anderen

Klar ist, wie dafür bezahlt wird, dass die ganze Welt zum Opfer des Neoliberalismus werden kann: durch „das Geld der Rockefeller Foundation, der Credit Suisse und der Bank of England“ und indem Milliardäre Lehrstühle sponsern und ganze Fakultäten übernehmen. Das klingt wie aus dem Drehbuch von Victor Orban, und der kundige Leser darf sich ein wenig wundern, dass gar kein jüdischer Name gefallen ist. Apropos Juden: Wer natürlich nicht fehlen darf, ist Milton Friedman, dessen Schüler den „Cowboydarsteller“ Ronald Reagan steuerten. Er und seine „Chicago Boys“ hätten die Pinochet-Diktatur in Chile als „Labor für ihre Experimente“ benutzt. Als Lohn habe es für Friedman den Nobelpreis gegeben, der ihm nur verliehen worden sei, weil ein Mitglied der Mont-Pèlerin-Society im Auswahlkomitee gesessen habe. Ein Blick auf die Seite des Nobelpreiskomitees hätte genügt, um festzustellen, dass das blanker Unsinn ist. Ebenso wie die Behauptung, der „Brillenzombie“ James Buchanan habe ihn für die Schuldenbremse bekommen. – Aber klar, „fake news“ ist es immer nur dann, wenn die politischen Gegner Unwahrheiten verbreiten.

Wo wir gerade bei „fake news“ sind: Auch die Behauptung, Charles Koch habe Trump finanziert, ist nicht nur falsch – das Gegenteil ist richtig. Ebenso wenig ist es zutreffend, dass Gerhard Schröder den Sozialstaat „geschleift“ habe. Wer sich etwa die Sozialleistungsquote ansieht, kann feststellen, dass sich die Quote, die sich aus dem Anteil der Sozialleistungen am BIP errechnet, zwischen dem ersten Haushaltsjahr der rot-grünen Koalition 2000 mit 28,8 % und dem letzten 2006 mit 27,8 % kaum verändert hat – und seitdem auch wieder gestiegen ist auf inzwischen 29,3 %. Bei steigendem BIP, wohlgemerkt. Schleifen sieht anders aus … Doch nicht nur Falschmeldungen, Suggestivfragen und Insinuationen durchziehen die Sendung. Auch der Tonfall und die Terminologie überschreiten bisweilen die Grenzen dessen, was man als „hate speech“ bezeichnen könnte. Würden die Macher der Anstalt solche Ausdrücke verwenden und politisch rechts stehen, wäre (zurecht) die Hölle los … Dem Zuschauer wird suggeriert, dass es sich bei Neoliberalen um eine geheimnisvolle Clique von profitgierigen alten Männern handelt, die Millionen aus „der Wirtschaft“ abschöpfen, um eine menschenfeindliche Agenda durchzusetzen. Oder mit den Worten von Max Uthoff: „Privatisierung bedeutet Geschäfte mit bettlägerigen Patienten, Steuersenkungen bedeutet kein Geld für Schulen und Sozialstaatsabbau bedeutet mehr arme Kinder und Rentner.“

Die Öffentlichen handeln erschreckend verantwortungslos

Hier wird mit Ängsten gearbeitet und mit Ressentiments. Hier wird Hass gesät und die Polarisierung der Gesellschaft vorangetrieben. Hier wird das Mistbeet ausgelegt für rechte und linke Populisten, die sich auf solche einfachen Wahrheiten beziehen. Diese Diskursvergiftung als Kabarett zu tarnen, ist geradezu grotesk. Wir haben es hier vielmehr mit einer nur notdürftig getarnten Variante von „hate speech“ zu tun – denn hier wird nicht etwa inhaltlich kritisiert, sondern ad hominem Hass geschürt. Während die einen die Gefahr einer Islamisierung beschwören, wird hier das Schreckgespenst des Neoliberalismus an die Wand gemalt. Während die einen davor warnen, dass unsere Frauen den Ausländern hilflos ausgeliefert sind, wird hier die Ausbeutung von Rentnern angekündigt. Unterstellt werden natürlich böse Motive und finstere Methoden. Dass es Menschen wie den in der Sendung geradezu angeprangerten Wissenschaftlern Hayek, Friedman, Schlecht, Giersch und Buchanan vielleicht auch um Frieden, die Behebung von Armut und die Vergrößerung individueller Freiheit gegangen sein könnte, wird nicht einmal in Erwägung gezogen. Nein, wer den Neoliberalismus vertritt, muss nur daran interessiert sein, die Reichen reicher zu machen – auf Kosten der Armen. Die Macher der Anstalt sollten sich nicht wundern über gesellschaftliche Spaltung, denn sie tragen selber gehörig dazu bei.

Hat eine solche Sendung Platz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Ist das Teil des Bildungsauftrags? Oder etwas anders formuliert: Ist es rechtmäßig, wenn Millionen ausgegeben werden, um ein Format zu fördern, in dem falsche Behauptungen aufgestellt und gesellschaftliche Gruppierungen gegeneinander aufgehetzt werden? Die Gehälter der „Kabarettisten“ (die vermutlich die Einkünfte der von ihnen angegriffenen Neoliberalen um einiges übersteigen) werden übrigens bezahlt von Friseusen und Kassierern, von Bauarbeitern und Studentinnen. Darf man deren hart verdientes und oft nicht freiwillig abgegebenes Geld dafür verwenden, um ein paar besserverdienenden Intellektuellen eine Spielwiese für gesellschaftliche Spaltung zu finanzieren? Die USA und Großbritannien können als mahnende Beispiele dafür dienen, was passiert, wenn eine Gesellschaft ihre Diskursfähigkeit verliert; wenn man nicht mehr miteinander redet, sondern nur noch übereinander schimpft. Diesen Prozess im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch noch zu finanzieren und zu sanktionieren, ist erschreckend verantwortungslos.

Anmerkung: „Die Anstalt“ bietet auch einen Faktencheck zu ihren Sendungen an unter https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/fakten-im-check-der-anstalt-118.html. Leider steht unter dem Teil zur Mont-Pèlerin-Society nur, dass in Kürze ein Faktencheck veröffentlicht werde.

Photo: Bunnyfrosch from Wiki Commons (CC BY-SA 2.0) 

Mit einem bemerkenswerten Vorschlag zur Neuordnung der Rundfunkordnung in Deutschland hat am Wochenende Pro Sieben-Sat 1 auf sich aufmerksam gemacht. Ihr Vorstand Conrad Albert hat in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung doch tatsächlich einen Anteil am Beitragskuchen der Öffentlich-Rechtlichen für die Privaten eingefordert. Dazu legte der Münchner Medienkonzern am Montag mit einem umfangreichen Gutachten für eine „Medienordnung 4.0“ der beiden Medienrechtler Mark Cole und Jan Oster nach. Wettbewerber RTL widersprach dem Vorschlag umgehend: „Wir setzen nicht auf Subventionen für einzelne Inhalte, sondern auf einen fairen Wettbewerb, der zugleich die publizistische Unabhängigkeit bewahrt“, ließ RTL verlautbaren.

So einfach darf man es sich jedoch nicht machen. Denn die Rahmenbedingungen im Rundfunkwesen sind massiv verzerrt. Deutschland hat den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt. Rund 8 Milliarden Euro Beitragseinnahmen können ARD, ZDFund DeutschlandRadio verbuchen. Über 23 Fernsehkanäle und 63 Radioprogramme werden darüber finanziert. Hohe Personalkosten, üppige Pensionen und ein undurchsichtiges Beteiligungsgeflecht müssten eigentlich die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder auf den Plan rufen. Doch deren Zugriffsmöglichkeiten auf die Daten der ARD-Anstalten und des ZDF sind unzureichend, was von den Rechnungshöfen selbst kritisiert wird. Auch die Beitragszahler können keinen Einfluss auf das Ausgabengebaren der Öffentlichen nehmen. Sie haben kein Mitspracherecht, dürfen aber fröhlich bezahlen.

Dabei gibt es keinen Mangel an Information. In Deutschland sind allein über 400 TV-Programme frei empfangbar. Streaming-Dienste und Youtube-Kanäle ersetzen zunehmend das herkömmliche Fernsehen. Zeitungen und andere Medien informieren umfangreich und in großer Vielfalt. Deshalb nehmen die Proteste und Widerstände gegen das derzeitige Finanzierungssystem zu: Rund 10 Prozent der Beitragszahler sind im Mahnstatus des so genannten „Beitragsservice“. Davon wurden im letzten Jahr fast 1,5 Millionen Vollstreckungsbescheide erwirkt.

Das Sat 1-Gutachten lenkt den Blick wieder auf diesen Sachverhalt, schon daher ist es zu begrüßen. Es folgt im Übrigen dem gleichen Ansatz wie die Studie des Düsseldorfer Wettbewerbsökonomen Justus Haucap, die er bereits im Mai 2015 für das Berliner Prometheus-Institut erstellt hat. Beide Gutachten wollen einen vorher definierten Programminhalt, der im öffentlichen Interesse ist, über ein Ausschreibeverfahren vergeben. An diesen Ausschreibungen sollen sich private und öffentliche Sender beteiligen können.

Der wesentliche und entscheidende Unterschied beider Vorschläge ist aber deren Finanzierung. Und hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Während Haucap eine Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Anstalten vorschlägt und deren Privatisierungserlöse in eine Stiftung einbringen will, deren Erträge dann die künftig gewünschten Programminhalte finanzieren sollen, wollen Cole und Oster am System des Zwangsbeitrages nichts ändern. Sie schlagen sogar „eine Beteiligung privater Rundfunkveranstalter bei erhöhtem Rundfunkbeitrag“ vor. Und damit schießt sich das Gutachten und leider auch Pro Sieben-Sat 1 aus der Bahn, denn eine wachsende Abhängigkeit vom sich dynamisierenden Beitragskuchen ist sehr wahrscheinlich und auch gefährlich. Es ist wohl vorauseilender Gehorsam, wenn die Gutachter die Bestands- und Entwicklungsgarantie von ARD und ZDF dogmatisch zementieren wollen. Ob das Bundesverfassungsgericht heute noch den jetzigen Umfang (8 Milliarden Euro Einnahmen, 23 Fernseh- und 63 Radioprogramme) als notwendig erachten würde, darf sicherlich bezweifelt werden.

Dennoch ist das aktuelle Gutachten wichtig und sinnvoll, weil es mit vielen Mythen und Legenden aufräumt. Eine Legende lautet, dass auch das EU-Recht die Öffentlich-Rechtlichen schütze. Dabei ist es ein geschickter Übersetzungsfehler, da das EU-Recht nicht von Anbietern (ARD, ZDF), sondern von einem bestimmten Angebot ausgeht. Wenn also von „service public de radiodiffusion“ oder von „public service broadcasting“ die Rede ist, darf dies nicht mit „öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ übersetzt werden, sondern mit einem öffentlichen Angebot. Und dies Angebote können sehr unterschiedlich finanziert werden. Auch ein Stiftungsmodell, das die Privatisierungserlöse von ARD und ZDF und weiteres Stiftungskapital, für diese Zwecke einsetzt, wäre europarechtskonform. Aber nicht nur das – es wäre auch das Ende des Zwangsbeitrages. Eine Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Sender würde dann auch den privaten Sendern und allen anderen Medienangeboten endlich eine faire Chance auf dem Markt geben.

Am 20. März ist in der „Edition Prometheus“ beim FinanzBuch Verlag München das Buch „Wie wir wurden, was wir sind. Einführung in den Klassischen Liberalismus“ von Eamonn Butler erschienen.

Die Übersetzung des Buches „Classical Liberalism“ von Eamonn Butler erscheint unter dem deutschen Titel „Wie wir wurden, was wir sind“ und zur rechten Zeit. Denn der Klassische Liberalismus in Deutschland kann eine Selbstvergewisserung gut gebrauchen, ist er doch eine der Quellen dessen, wer wir sind. Eamonn Butler ist Gründer und Leiter des Londoner Adam Smith Institute, Englands führender Denkfabrik für Marktfreiheit und Klassischen Liberalismus. Sein Buch ist aus allgemeiner, doch angelsächsisch gefärbter Sicht verfasst, und das ist kein Nachteil.

Die Ursprünge des Klassischen Liberalismus liegen nämlich im Schottland des 18. Jahrhunderts. Die schottische Aufklärung brachte Persönlichkeiten wie Adam Smith, David Hume und Adam Ferguson hervor, deren Strahlkraft bis heute reicht. Ihre Schriften erreichten im 18. und 19. Jahrhundert auch Kontinentaleuropa und die deutschen Länder. Zur damaligen Zeit galten die klassisch Liberalen als politisch links, weil sie sich gegen die etablierten Autoritäten auflehnten. Sie kämpften für die Herrschaft des Rechts und gegen die Willkür der Obrigkeit.

Ihr entschiedenes Eintreten für den Freihandel sollte nicht den Reichen und Vermögenden zugutekommen, sondern Armut bekämpfen und Frieden stiften. Die Liberalen waren allesamt Marktwirtschaftler und kämpften für die Meinungsfreiheit. Der deutsche Sprachraum wurde ein Hort des Klassischen Liberalismus: Im 18. Jahrhundert waren seine bekanntesten Vertreter Immanuel Kant und Wilhelm von Humboldt, im 19. Jahrhundert John Prince-Smith, Eugen Richter und Hermann Schulze-Delitzsch. Jeder von ihnen stand für etwas, das heute noch Grundlage für eine liberale Gesellschaft ist.

John Prince-Smith machte die Freihandelsidee in Preußen populär. Er gründete Freihandelsvereine und saß im Preußischen Abgeordnetenhaus, später auch im Reichstag. Eugen Richter war der kompromisslose Kämpfer für die klassisch liberale Deutsche Fortschrittspartei im Kaiserreich. Als politischer Gegenspieler des Reichskanzlers Otto von Bismarck, ging er gleichzeitig mit den aufkommenden Sozialdemokraten hart ins Gericht. Er wandte sich vehement gegen die Sozialistengesetze Bismarcks auf der einen Seite, aber auch gegen die Einführung der gesetzlichen Sozialversicherung auf der anderen Seite. Hermann Schulze-Delitzsch war der entscheidende Begründer und Antreiber des Genossenschaftswesens in Deutschland – Hilfe zur Selbsthilfe für Gewerbetreibende, Handwerker und Landwirte, die keinen Zugang zu Krediten hatten. Dieser Grundgedanke des Genossenschaftswesens ist bis heute im Bankwesen, im Gesundheitswesen und im Einzelhandel verankert.

Der Klassische Liberalismus damals wie heute hatte und hat viele Gegner. Sie kommen aus der konservativen wie auch aus der sozialistischen Ecke – die beide dazu neigen, das Althergebrachte zu konservieren und im Neuen nicht die Chance, sondern die Gefahr zu vermuten. Selbstverständlich gilt das nicht überall und im gleichen Maße. Die Konservativen sind häufig ökonomisch aufgeschlossener als die Sozialdemokraten, aber gesellschaftlich rückwärtsgewandt. Die Sozialdemokraten sind oft gesellschaftlich offener für Veränderungen als die Konservativen, aber ökonomisch wollen sie die alte Welt möglichst lange behalten. Letztlich vereint sie aber derselbe Irrtum: Sie trauen dem Einzelnen wenig zu. Sie glauben, dass der Staat die Dinge regeln muss, weil der Einzelne ökonomisch, geistig oder körperlich dazu nicht in der Lage ist.

Wie sieht also die Situation des Klassischen Liberalismus heute in Deutschland aus? Haben die Marktwirtschaft, der Freihandel, der Rechtsstaat und das Individuum noch eine Lobby? Aber ja! Ähnlich wie schon einmal im 19. Jahrhundert weht seit einiger Zeit, inspiriert aus dem angelsächsischen Raum, ein neuer klassisch-liberaler Wind nach Deutschland hinein. Diese Szene ist bunt, jung – und sie wächst. Dem Netzwerk „Students for Liberty“ etwa, 2008 in den USA gegründet, gehören derzeit weltweit über 2000 und in Deutschland über 20 Studentengruppen an, die dem Liberalismus verpflichtet sind.

Sogar Ludwig von Mises’ „Nationalökonomie“ und Friedrich August von Hayeks „Verfassung der Freiheit“ werden wieder neu aufgelegt und von jungen Lesern entdeckt. Die Kenntnisse dieser Klassiker tun gut; denn der deutsche Liberalismus ist in seiner Geschichte bisher niemals an seiner Prinzipientreue und Standfestigkeit gescheitert, sondern immer an seiner Beliebigkeit. Deshalb ist ein festes theoretisches Fundament so notwendig. Und als ein verlässlicher und informativer Stein in diesem Fundament dient das Buch von Eamonn Butler.

Erstmals erschienen in Der Hauptstadtbrief.