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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Student der Volkswirtschaftslehre, ehemaliger Praktikant bei Prometheus. 

Der traurige Abstieg Venezuelas bestätigt einmal mehr Milton Friedman: Demokratie und wirtschaftliche Unfreiheit sind miteinander unvereinbar. Im Gegenteil können freie Märkte Demokratien sogar stärken.

Bis in die 1970er Jahre galt Venezuela als eine verhältnismäßig gut funktionierende Demokratie mit recht gut ausgeprägten marktwirtschaftlichen Strukturen. Über Jahrzehnte war Venezuela das mit Abstand reichste Land Südamerikas. Heute wird das Land von einem Diktator regiert und steht vor dem ökonomischen Kollaps. Wie konnte es so weit kommen? Über die letzten Jahrzehnte griff der venezolanische Staat immer stärker in das wirtschaftliche Geschehen des Landes ein. Hohe Steuern, hohe Staatsausgaben, Inflation und Missachtung von Eigentumsrechten waren die Mittel, um das „sozialistische Paradies“ aufzubauen. Doch auf die ökonomische Repression folgte die politische Repression. Dies ist nicht verwunderlich. In noch keinem Land hielt sich auf Dauer ein demokratisches System, ohne durch eine relativ freie Marktwirtschaft begleitet zu werden.

Friedman: Demokratie und wirtschaftliche Unfreiheit unvereinbar

Wer einer dezentralen Organisation der Wirtschaft nicht zutraut die Bedürfnisse der Menschen zuverlässig zu befriedigen, aber demokratische Entscheidungsfindungen befürwortet, dem scheint die Kombination von politischer Freiheit mit staatlich gelenkter Wirtschaft auf den ersten Blick attraktiv. Diese Kombination ist laut dem Ökonomik-Nobelpreisträger Milton Friedman jedoch dauerhaft nicht stabil. Nach der sogenannten Friedman-Hypothese muss eine Gesellschaft, deren Mitglieder ein hohes Niveau an politischer Freiheit genießen, auch ein hohes Niveau an wirtschaftlicher Freiheit aufweisen.

Einen Erklärungsansatz für die Friedman-Hypothese liefert mit Friedrich August von Hayek ein weiterer Ökonomik-Nobelpreisträger. In einer Welt mit beschränkten Ressourcen bedarf es eines Mechanismus, der regelt, wie Ressourcen zu welchem Zweck von wem eingesetzt werden. Wird die Verwendung von Ressourcen nicht dezentral über Märkte organisiert, müssen in einer Demokratie die Wähler den Prinzipien der zentralen Verteilung der politischen Entscheidungsträger, die final über den Einsatz der Ressourcen verfügen, zustimmen. Die durch die Verfügungsgewalt über wirtschaftliche Ressourcen zusätzlich bemächtigten politisch Verantwortlichen neigen jedoch dazu, sich die scheinbare Zustimmung der Wähler durch politische Kontrolle und Propaganda zu sichern. Die wirtschaftliche Unfreiheit unterminiert durch die Konzentration politischer und wirtschaftlicher Macht bei politischen Würdenträgern so die politische Freiheit.

Daten: Keine Länder politisch frei und maßgeblich wirtschaftlich unfrei

Friedmans Hypothese, dass ein politisch freies System nicht ohne wirtschaftliche Freiheit auskommt, findet sich auch in aktuellen Daten für 155 Länder wieder. Nahezu alle auf Basis von Daten von Freedom House politisch als frei kategorisierten Länder sind gemäß Daten der Heritage Foundation auch wirtschaftlich als relativ frei zu klassifizieren.

Etwas mehr als die Hälfte aller Länder (84) befinden sich in dem Quadranten „politisch frei/wirtschaftlich frei“. Neuseeland ist von den politisch freisten Ländern der Welt das Land mit der größten wirtschaftlichen Freiheit.

Das politisch, wie auch wirtschaftlich unfreiste unter den betrachteten Ländern ist Nordkorea. Glücklicherweise befinden sich neben Venezuela nur wenige Länder in der Gesellschaft Nordkoreas und sind als politisch sowie wirtschaftlich unfrei einzustufen. Allerdings ist zu beachten, dass Länder, für die keine Daten vorliegen, ebenfalls hier zu verorten wären. Beispiele sind Libyen, Somalia und Sudan.

Der Quadrant „politisch frei/wirtschaftlich unfrei“ ist nahezu leer. Die wenigen Länder, die sich in diesem Quadranten befinden, sind nur knapp an der Schwelle zu den wirtschaftlich relativ freien Ländern. So zum Beispiel Bolivien.

In relativ vielen Ländern wiederum genießen Menschen zwar eine recht ausgeprägte wirtschaftliche Freiheit, aber sind politisch unfrei, wie beispielsweise in Singapur. Dieser letzte Befund widerspricht im Übrigen nicht der Friedman-Hypothese. Während Friedman wirtschaftliche Unfreiheit für unvereinbar mit politischer Freiheit erachtete, nahm er wirtschaftliche Freiheit als eine notwendige, aber nicht ausreichende Bedingung für politische Freiheit wahr. Friedman hielt eine Kombination aus politischer Unfreiheit und wirtschaftlicher Freiheit also für dauerhaft möglich, obwohl er selbstredend eine sowohl politisch als auch wirtschaftlich freie Gesellschaft für erstrebenswert erachtete.

Erfreuliche Entwicklungen

Nicht nur die statische Evidenz spricht für Friedmans Hypothese: Politisch freie und wirtschaftlich unfreie Länder blieben es historisch nicht lange. Entweder waren sie nach einiger Zeit nicht mehr demokratisch oder nicht mehr wirtschaftlich unfrei. So waren im Jahre 1980 noch zwölf Länder politisch frei und wirtschaftlich unfrei und verletzten somit die Friedman-Hypothese. Bereits 1990 galt das nur noch für ein Land (Barbados). Zehn der Länder bewegten sich in Richtung offenerer Märkte, während nur ein Land sich aus dem Quadranten bewegte, indem es politisch unfreier wurde: Venezuela.

Demokratie und Marktwirtschaft: Zwei Seiten derselben Medaille

Demokratie und wirtschaftliche Unfreiheit sind nicht miteinander zu vereinen. Demokratie und eine offene Marktwirtschaft hingegen sind nicht nur miteinander kompatibel, sie stärken sich gegenseitig. Beide sind Mechanismen zur Machtbeschränkung. Zum einen beschneiden sie den Einfluss direkter Konkurrenten. Der Wettbewerb unter Parteien und Politikern wirkt einer Konzentration politischer Macht entgegen. Privates Eigentum an Produktionsfaktoren und die freie dezentrale Entscheidung über die Verwendung von Ressourcen im Wettbewerb miteinander stehender Haushalte und Unternehmen beschränkt die wirtschaftliche Macht einzelner Marktteilnehmer. Zum anderen beschränken Vertreter der politischen und wirtschafltichen Sphäre sich gegenseitig. Die private Kontrolle über Produktionsfaktoren limitiert den Missbrauch derselben durch politische Amtsinhaber, während der rechtliche Rahmen wirtschaftlicher Aktivität durch die Politik gesetzt wird.

Demokraten für Marktwirtschaft

Demokratie ist ein Erfolgsmodel. Sie ist ein politisches Modell, welches allerdings ohne eine offene Marktwirtschaft dauerhaft nicht stabil ist. Überzeugte Demokraten sollten sich für mehr Marktwirtschaft einsetzten. Jüngst sollte uns der Weg Venezuelas eine Warnung sein. Noch vor zehn Jahren wurden die von Hugo Chávez umgesetzten wirtschaftlichen Repressionen auch von deutschen Politikern gelobt. Schwächt eine demokratische Gesellschaft ihre marktwirtschaftliche Ordnung zu sehr, bringt sie die eigene Demokratie in Gefahr – mit ungewissem Ausgang.

Zuerst erschienen bei IREF.

Von Fabian Kurz, Student der Volkswirtschaftslehre, ehemaliger Praktikant bei Prometheus.

Für viele Menschen sind Krankenhäuser Kernaufgabe staatlicher Fürsorge. Doch vergleicht man staatliche und private Kliniken, schwinden die Argumente für staatliche Einrichtungen. Bei gleicher Qualität kosten private Krankenhäuser weniger und zahlen gleichzeitig mehr Steuern.

Die Privatisierung staatlicher Einrichtungen stößt oft auf Widerstand. Insbesondere wenn es um die Gesundheitsversorgung geht, scheinen die Privatisierungsvorbehalte massiv zu sein. Bei einer Umfrage von Forsa im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes gaben 72 % der Befragten an, dass Krankenhäuser vom Staat bereitgestellt werden sollten. Immerhin 23 % der Befragten gaben an, dass Krankenhäuser ebenso gut von privaten Trägern betrieben werden könnten. Nur 4 % sprachen sich dafür aus, Krankenhäuser zu privatisieren. Diese Ergebnisse sind erstaunlich, da private Krankenhäuser weit verbreitet sind und ihre Qualität nicht schlechter ist als die staatlicher Einrichtungen.

Mehr private als staatliche Krankenhäuser

Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass es 2016 in Deutschland 707 private Krankenhäuser gab. Der Anteil lag damit bei 36 %. Nur 29 % aller Krankenhäuser sind in staatlichem Besitz. Hinzu kommen freigemeinnützige Krankenhäuser von meist kirchlichen Trägern, die knapp 35 % der Krankenhäuser ausmachen.

Insgesamt ist damit nur etwa jedes dritte deutsche Krankenhaus in staatlicher Hand. Seit den 90er Jahren hat sich der Anteil der privaten Krankenhäuser fast verdoppelt.

Obwohl die staatlichen Krankenhäuser weniger als ein Drittel aller Krankenhäuser ausmachen, ist dort fast die Hälfte aller Krankenhausbetten zu finden. Staatliche Krankenhäuser sind im Vergleich zu privaten Krankenhäusern im Durchschnitt deutlich größer.

Stärkere Anreize für Private

Die Finanzierung privater Krankenhäuser wird im Gegensatz zur Finanzierung staatlicher Einrichtungen freiwillig von Privatpersonen bereitgestellt. Im Gegenzug haben Anteilseigner eines privaten Krankenhauses ein Anrecht auf das Residuum, welches nach Abzug der Kosten übrigbleibt: den Gewinn. Daher haben sie einen stärkeren Anreiz, sowohl qualitätssteigernde als auch kostensenkende Innovationen voranzutreiben.

Bei staatlichen Krankenhäusern gibt es keine Eigentümer, die von möglichen Gewinnen direkt profitieren. Daher haben Politiker, leitende Angestellte und Beamte einen schwächeren Anreiz, auf eine effizientere Verwendung von Ressourcen hinzuwirken.

Politiker scheuen Veränderung

Zudem scheuen sich Kommunalpolitiker, schmerzhafte Anpassungen in den kommunalen Krankenhäusern vorzunehmen, da sie um ihre Wiederwahl fürchten müssen. Aus ähnlichen Gründen könnten Kommunalpolitiker einen Anreiz haben, zu große Krankenhäuser in ihrer Kommune zu betreiben. Die verhältnismäßig hohen Bettenzahlen in staatlichen Krankenhäusern widersprechen dieser These zumindest nicht.

Schlechte private Kliniken überleben nicht

Wenn private Krankenhäuser gut gemanagt werden, erwirtschaften sie Gewinne, während nicht erfolgreich geführte Einrichtungen auf Dauer vom Markt verschwinden. Dies bedeutet nicht, dass die Krankenhäuser zwangsläufig schließen, sondern dass andere Betreiber die Chance bekommen, aus den Fehlern ihrer Vorgänger zu lernen. Bei staatlichen Krankenhäusern ist dies eher nicht der Fall. Schlecht geführte Häuser werden mit dem Geld der Steuerzahler tendenziell weiter betrieben und fortwährend schlecht gemanagt.

Private investieren mehr

Gutes Management zeigt sich unter anderem daran, inwieweit Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen. Private Krankenhäuser nutzen einen größeren Teil ihrer Erlöse für Investitionen, um auch in Zukunft ihren Patienten attraktive Leistungen anbieten zu können. Das RWI Essen hat für das Jahr 2013 ausgerechnet, dass lediglich 7 % der privaten Allgemeinkrankenhäuser nicht investitionsfähig waren. Bei staatlichen Krankenhäusern traf dieser ernüchternde Befund auf 62 % der Häuser zu.

Weniger öffentliche Förderung, mehr gezahlte Steuern

Das RWI hat weiterhin ausgerechnet, dass private Krankenhäuser deutlich weniger staatliche Fördermittel in Anspruch nehmen. Private Krankenhäuser zahlen zudem deutlich mehr Steuern. So entlasten sie in doppelter Hinsicht die öffentlichen Haushalte.

Pflege in privaten und staatlichen Krankenhäusern ähnlich

Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die privaten Klinikbetreiber relativ zu staatlichen Trägern an der Pflege sparen, um Gewinne zu erwirtschaften. Erhältliche Kennzahlen – Vollkräfte in der Pflege in Relation zu Belegungstagen, Vollkräfte in der Pflege in Relation zu Casemix-Punkten und Vollkräfte in der Pflege in Relation zur Anzahl der Fälle – zeigen keine gravierenden Unterschiede zwischen der Situation der Pflege in privaten und staatlichen Kliniken. In privaten und gemeinnützigen Allgemeinkrankenhäusern ist der Anteil des Pflegepersonals (umgerechnet in Vollzeitkräfte) am Gesamtpersonal mit jeweils 39 % gar am höchsten. In staatlichen Allgemeinkrankenhäusern beträgt der Pflegeanteil nur 34 %.

Die Qualität stimmt

Eine weitere Sorge der Privatisierungsgegner ist, dass unter dem Kostendruck die Qualität der Behandlung leidet. Dies scheint nicht der Fall zu sein. So ist die risikoadjustierte Rate der postoperativen Wundinfektion in privaten Krankenhäusern niedriger als in staatlichen und freigemeinnützigen Krankenhäusern. Nach Berechnungen des RWI sind auch bei anderen Indikatoren – beispielsweise der risikoadjustierten Rate an Todesfällen – private Kliniken nicht schlechter als staatliche.

Einer vom RWI ausgewerteten Umfrage der Techniker Krankenkasse zufolge gibt es außerdem keine Unterschiede bei der Zufriedenheit der Patienten von privaten und staatlichen Krankenhäusern.

Verbliebene staatliche Krankenhäuser privatisieren

Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten sehr gute Erfahrungen mit privaten Krankenhausträgern gemacht. Sie bieten keine schlechtere Qualität für die Patienten – tendenziell sogar bessere. Sie nutzen weniger staatliche Fördermittel, zahlen mehr Steuern und investieren kräftig.

Die Privatisierung der verbleibenden staatlichen Krankenhäuser wäre keine Revolution, sondern eine auf positiven Erfahrungen beruhende konsequente Fortschreibung der Entwicklung der letzten Jahrzehnte.

Zuerst erschienen bei IREF.

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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus.

Die Regierungen der letzten Jahre haben zahlreiche Gesetze erlassen, um Deutschland aus ihrer Sicht umweltfreundlicher und vor allem sozial gerechter zu machen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Zeche von Mietpreisbremse, PKW-Maut und EEG zahlen überproportional die einkommensschwächeren Haushalte.

Staatliche Regulierungen sollen Verhaltensänderungen bewirken, Risiken reduzieren oder zwischen Marktteilnehmern umverteilen. Insbesondere Regulierungen, die nicht allgemeiner Natur sind wie beispielsweise die Buchführungspflicht, sondern ausgewählte Güter oder Märkte betreffen, wirken jedoch regressiv. Sie verursachen also bei Menschen mit niedrigem Einkommen relativ höhere Kosten als bei Menschen mit hohem Einkommen. Drei jüngere Beispiele regulativer Eingriffe mit regressiver Wirkung sind das Erneuerbare-Energien-Gesetz, die Pkw-Maut und die Mietpreisbremse. Der regressive Charakter vieler spezifischer Regulierungen gibt weiteren Anlass, eine zurückhaltendere Rolle des Staates im Marktprozess zu befürworten.

Spezifische Regulierungen und ihre Ziele

Güterspezifische Regulierung kann verschiedenen Zielen dienen: Sie kann darauf ausgerichtet sein, Marktversagen zu korrigieren, gesellschaftlich unerwünschte Verhaltensweisen zu sanktionieren, Risikoexponiertheit zu mindern oder Ressourcen an Bedürftige umzuverteilen. Schwer zu rechtfertigen sind hingegen Regulierungen, die weniger Wohlhabende relativ zu ihrem Einkommen stärker belasten als Wohlhabende. Das erklärte Ziel moderner Sozialstaaten ist es, Einkommen anzugleichen, statt sie zu spreizen.

Weshalb kommt es dennoch zu regressiv wirkender Regulierung? In einigen Fällen ist die regressive Wirkung vermutlich schlicht eine unintendierte Nebenfolge, in anderen Fällen ein bewusst durch einflussreiche Interessengruppen angestrebtes Ergebnis. Die Präferenzen wohlhabender Wähler werden im politischen Prozess überproportional berücksichtigt: Sie gehen öfter wählen, betreiben erfolgreicher Lobbyarbeit und politische Entscheidungsträger sind selbst oft wohlhabend und neigen dazu, die Interessen von ihnen ähnlichen Menschen stärker zu gewichten. Regulierungen mit unintendierten Nebenfolgen werden daher mit einer höheren Wahrscheinlichkeit abgewendet oder angepasst, wenn sie Wohlhabende relativ stärker belasten. Ob intendiert oder nicht, regressive Effekte sind zu erwarten.

Regulierungen der Großen Koalition

Beispiele für marktspezifische Regulierungen, die weniger Wohlhabende relativ stärker belasten, liefern jüngste Maßnahmen der Großen Koalition. In der aktuellen Legislaturperiode wurden rund 500 neue Gesetze verabschiedet. Zu den wichtigsten Eingriffen in spezifische Märkte gehören die Mietpreisbremse, die Pkw-Maut und eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Wenngleich sich Vertreter der Regierungskoalition damit brüsten, die Interessen der weniger Wohlhabenden zu vertreten, haben die genannten Regulierungen regressive Wirkungen.

Beispiel 1: Mietpreisbremse

Die 2015 in Kraft getretene Mietpreisbremse soll die in Mietverträgen vereinbarte Miethöhe auf maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete deckeln. Sie verfolgt damit ein Umverteilungsziel – von Vermietern zu Mietern. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass die Preisbremse von vielen Mietern bewusst ignoriert wird, doch in dem Maße, in dem sie greift, wirkt sie regressiv.

Als mehr oder weniger flexible zusätzliche Preisobergrenze schwächt die Mietpreisbremse die Reaktion der Angebotsseite auf den Mietanstieg ab. Steigen wie seit einigen Jahren vor allem in Ballungsgebieten die Mieten an, reduziert die Mietpreisbremse den Umfang der aufgrund des Mietanstiegs neu gebauten Wohnungen. Anstatt vornehmlich zu mietsenkenden Mengenanpassungen durch Angebotsausweitungen, kommt es mittelfristig zu einem stärkeren Preisdruck. Preisanstiegen schiebt die Mietpreisbremse jedoch einen Riegel vor. Der Preis kann also die angebotene und nachgefragte Menge an Wohnungen nicht ausgleichen.

Halten sich die Marktteilnehmer an die Regeln der Mietpreisbremse, übersteigt die Nachfrage das Angebot und viele Wohnungssuchende verbringen viele Stunden in Treppenhäusern. Dass unter vielen Bewerbern um eine Wohnung gerade diejenigen mit relativ niedrigen Einkommen zum Zuge kommen, ist unwahrscheinlich. Greift die Mietpreisbremse und werden ihre Regeln beachtet, leiden also weniger Wohlhabende unter der schleppenden Ausweitung des Wohnungsangebots, während Wohlhabende relativ günstige Wohnungen beziehen können.

Führt die Mietpreisbremse dazu, dass auch lanfgristig weniger Wohnungen angeboten werden, leiden unter höheren Mieten sowohl Wohlhabende als auch weniger Wohlhabende. Aber die weniger Wohlhabenden trifft es stärker, geben sie doch einen größeren Teil ihres Einkommens fürs Wohnen aus.

Beispiel 2: Erneuerbare-Energien-Gesetz

Das Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) geht auf das Jahr 2000 zurück, wurde von der derzeitigen Regierungskoalition aber zwei Revisionen unterzogen und marginal marktkonformer ausgestaltet. Es dient dem erklärten Ziel, die Risiken des Klimawandels durch geringeren CO2-Ausstoss zu mindern und hat keine offizielle Umverteilungsfunktion. Dennoch ist die regressive Verteilungswirkung des EEG wohlbekannt.

Im Rahmen des EEG wird die private Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energieträgern subventioniert. Davon profitieren Menschen, die in förderwürdige Energiequellen investieren oder Stakeholder entsprechender Unternehmen sind – das sind tendenziell Wohlhabende. Finanziert wird die Subvention über eine von allen entrichtete Umlage auf den Strompreis, der bei Geringverdienern einen größeren Anteil der Ausgaben ausmacht als bei Wohlhabenden. Auch der nun eingeleitete Übergang von fixen Einspeisevergütungen zu Ausschreibungen beseitigt den regressiven Charakter des EEG nicht.

Die regressive Wirkung des EEG kommt auch zum Tragen, wenn dessen tatsächliche Bedeutung für den Klimaschutz bewertet wird. Im Rahmen des EU-Emissionshandels werden in Deutschland erfolgende CO2-Einsparungen durch höhere Emissionen in anderen Ländern kompensiert – eine direkte klimapolitische Wirkung hat das EEG also nicht. Das Klimawandelrisiko senkt es nur insofern, als es den Ausbau erneuerbarer Energien bis hin zur Marktreife beschleunigt und mittelfristig auch zur Verbreitung dieser auch in anderen Ländern beiträgt. Eine derart teure Maßnahme zur Risikoreduktion mag den Präferenzen wohlhabender Wähler entsprechen, würde durch weniger Wohlhabende privat aber kaum nachgefragt.

Beispiel 3: Pkw-Maut

Die vor einigen Monaten in Kraft getretene Pkw-Maut auf deutschen Fernstraßen hat viele Ökonomen enttäuscht: Statt kilometergenaue, nutzungsabhängige Gebühren zu erheben, wird lediglich die Zugangsberechtigung in Form einer Vignette bepreist. Zwar müssen ausländische Fahrer in Zukunft stärker für durch sie verursachte Kosten aufkommen und Menschen, die Fernstraßen nie nutzen, werden entlastet.

Doch innerhalb der Gruppe inländischer Fernstraßennutzer profitieren Vielfahrer auf Kosten von Wenigfahrern. Menschen mit höherem Einkommen sind im Schnitt mobiler und nutzen Autos häufiger. Würden Fernstraßen über an das tatsächliche Nutzerverhalten gekoppelte Gebühren finanziert, etwa mittels Mautstation oder GPS-Ortung, so könnte die faktische Subvention von Vielfahrern mit tendenziell höherem Einkommen durch Wenigfahrer mit niedrigerem Einkommen vermieden werden.

Unerwünschte Umverteilung vermeiden

Die Große Koalition der Jahre 2013-2017 hat wie ihre Vorgängerregierungen viele Gesetze mit dem Anspruch auf den Weg gebracht, Ressourcen an Bedürftige umzuverteilen. Doch regressiv wirkende Gütermarktregulierungen wie die Mietpreisbremse, die Pkw-Maut und das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz konterkarieren dieses Ziel.

Über regressive Verteilungswirkungen marktspezifischer Regulierungen wird selten diskutiert, doch sind sie weder überraschendes Ergebnis des demokratischen Prozesses, noch bilden sie ein zu vernachlässigendes Randphänomen. Unerwünschte Verteilungswirkungen regulativer Eingriffe sollten stärker berücksichtigt werden und der Regulierungsrahmen sollte marktkonformer sowie verteilungsneutraler gestaltet werden.

Zuerst erschienen bei IREF.

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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus.

Subventionen verzerren das Anreizsystem des Marktes und sollten deshalb so gering wie möglich gehalten werden. Doch wenn aus politischer Sicht kein Weg um Subventionen führt, sollten es eher selektive Steuersenkungen statt Finanzhilfen sein. Allgemeine Steuersenkungen bleiben jedoch der höchste Trumpf.

Privatpersonen und Unternehmen kamen 2015 in den Genuss von rund 170 Milliarden Euro an Subventionen. Etwas mehr als ein Drittel der Subventionen erfolgte dabei in Form selektiver Steuervergünstigungen. Hinsichtlich ihrer Wohlfahrtswirkungen sind diese ambivalent: Anders als die in der Regel schädlich wirkenden direkten Finanzhilfen können selektive Steuervergünstigungen langfristig zum Abbau eines überbordenden Staatshaushalts sowie der Steuerquote beitragen. Obwohl sie ebenso wie direkte Finanzhilfen Privilegiencharakter haben, sind Steuervergünstigungen daher Finanzhilfen vorzuziehen. Wann immer möglich, sollten jedoch allgemeine Steuersenkungen erwogen werden, die anders als selektive Vergünstigungen keine Allokationsverzerrung hervorrufen.

Subventionsstaat Deutschland

Der deutsche Staat subventioniert zahlreiche Wirtschaftssektoren und gesellschaftliche Gruppen. Laut Subventionsbericht der Bundesregierung machten Subventionen 2016 etwa 0,7 % des BIP aus. Diese Zahl dürfte allerdings zu niedrig gegriffen sein. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft kommt in seinem neuesten unabhängigen Subventionsbericht, der einen breiteren Subventionsbegriff verwendet, für das Jahr 2015 auf rund 6 % des BIP – das sind fast 170 Milliarden Euro.

Etwa 64 % der Subventionen werden in Form von direkten Finanzhilfen ausgeschüttet. Die restlichen 36 % erfolgen als selektive Steuervergünstigungen, in deren Genuss privilegierte Unternehmen und Privatpersonen gelangen.

Subventionen: So gering wie möglich halten

In der sozialen Marktwirtschaft sollten Subventionen grundsätzlich so gering wie möglich ausfallen, da sie stets mit Anreizverzerrungen verbunden sind, die Verhaltensänderungen hervorrufen und so die gesellschaftliche Wohlfahrt schmälern können. Gerechtfertigt sind sie nur dann, wenn ihre Kosten durch positive Konsequenzen mehr als aufgewogen werden – etwa durch die Verwirklichung wichtiger verteilungspolitischer Ziele oder um Marktversagen zu korrigieren.

Direkte Finanzhilfen werden häufig anders bewertet als selektive Steuererleichterungen. Unter Liberalen ist die von Milton Friedman formulierte Vorstellung verbreitet, dass „Steuersenkungen immer und unter allen Umständen wünschenswert“ sind. Viele Kommentatoren auf der linken Seite des politischen Spektrums halten selektive Steuervergünstigungen dagegen – anders als ebenfalls selektiv wirkende direkte Finanzhilfen – für ein grundsätzliches Problem.

Finanzhilfen und Steuererleichterungen: Wirkung auf den Staatshaushalt unterschiedlich

Die unterschiedliche Bewertung beider Subventionsformen mag verwundern, wirken diese aus ökonomischer Sicht in erster Annäherung doch gleich. Will der Staat Ressourcen von einer Gruppe zu einer anderen Gruppe umverteilen, so ist es zunächst irrelevant, ob die Subvention in Form einer direkten Finanzhilfe oder einer selektiven Steuervergünstigung erfolgt. In beiden Fällen wird einer speziellen Gruppe ein geldwertes Privileg verschafft, das durch eine höhere Belastung anderer Gruppen – über höhere Steuern und Schulden und/oder niedrigere Transfers – finanziert werden muss. Beide Formen der Subvention können darüber hinaus allokationsverzerrend wirken, wenn sie etwa lediglich Spezialinteressen bedienen.

Es ist jedoch zu erwarten, dass sich die präferierte Form der Subvention langfristig unterschiedlich auf den Staatshaushalt auswirkt. Zusätzliche direkte Finanzhilfen gehen in der Regel nicht mit Ausgabensenkungen gleicher Höhe an anderer Stelle einher und lassen tendenziell die Staatsausgaben sowie die Steuerlast wachsen. Zusätzliche selektive Steuervergünstigungen hingegen gehen in der Regel nicht mit zusätzlichen Steuereinnahmen gleicher Höhe an anderer Stelle einher und tragen so tendenziell zur Senkung der Staatsausgaben sowie der Steuerlast bei.

Allgemeine Steuersenkungen sind vorzuziehen

Niedrigere Steuereinnahmen sind begrüßenswert, denn sie gehen mit mehr direkter Kontrolle einzelner Mitgliedern der Gesellschaft über die Verwendung realer Ressourcen einher. Angesichts ihres Privilegiencharakters und der potenziell allokationsverzerrenden Wirkung sind selektive Steuervergünstigungen allerdings nur bedingt als Mittel zur Senkung der Steuerquote geeignet. Vorzuziehen wären stets allgemeine, gleichmäßig verteilte Steuersenkungen mit allokationsentzerrender Wirkung.

Beispiele Erbschaftsteuer und Pendlerpauschale

Die Erbschaftsteuer illustriert die ambivalente Rolle selektiver Steuervergünstigungen. Umfangreiche Ausnahmeregelungen für sogenannte Familienunternehmen verschaffen diesen ein Privileg und senken das Steueraufkommen und damit die Ausgaben des Staates. Die Ausnahmeregelungen bewirken darüber hinaus, dass Investments in Familienunternehmen relativ zu Investments in Nicht-Familienunternehmen, etwa Aktiengesellschaften in Streubesitz, attraktiver werden – eine Anreizverzerrung, die durch eine allgemeine Senkung der Erbschaftsteuer verringert werden könnte.

Auch die sogenannte Pendlerpauschale stellt eine selektive Steuervergünstigung dar. Für viele Arbeitnehmer ist sie ein Instrument zur Reduzierung der Steuerlast. Sie ist direkten Finanzhilfen zur Subvention des Berufsverkehrs vorzuziehen. Hinsichtlich der Wohn- und Arbeitsplatzwahl induziert sie jedoch Fehlanreize, die sich in auf Autobahnen verbrachter Lebenszeit, höherem Ressourcenverbrauch und der Notwendigkeit von Infrastruktur in entlegenen Wohnorten äußern. Würde die Pendlerpauschale durch eine aufkommensneutrale Einkommensteuersenkung ersetzt, könnten diese Fehlanreize vermieden werden.

Direkte Finanzhilfen abbauen

Allgemeine Steuersenkungen sind der Königsweg zur Senkung der Steuerquote, da sie im Gegensatz zu selektiven Steuererleichterungen eindeutig allokationsentzerrend wirken und einzelnen Gruppen keine Privilegien verschaffen. Doch auch selektive Vergünstigungen können einen Beitrag zum Abbau eines überbordenden Staatshaushalts leisten. Wo eine Abschaffung bestehender direkter Finanzhilfen nicht erzielt werden kann, ist folglich eine Umwandlung in entsprechende selektive Steuererleichterungen wünschenswert.

Zuerst erschienen bei IREF.

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Von Frank Schäffler.

Buchrezension: „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“ von Dr. Rainer Zitelmann, 1. Aufl. 2018, FinanzBuch Verlag

Kapitalismuskritische Argumentationen sind in Deutschland zweifelsohne die Regel und nicht die Ausnahme geworden. Dabei dienen Schlagworte wie „Neoliberalismus“ oftmals als billige Sündenböcke. Mit seinem Buch „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“ leistet Rainer Zitelmann einen wichtigen Beitrag zur Begriffsentwirrung des verschrienen Kapitalismus. Der Historiker demonstriert eindrücklich und verständlich, dass viele zu Recht beklagte Missstände nicht etwa mit der freien Marktwirtschaft, sondern vielmehr mit staatlichen Interventionen – mögen sie auch noch so gut intendiert sein – zu begründen sind.

Zitelmann nimmt den Leser mit auf eine spannende wirtschaftshistorische Zeitreise durch fünf Kontinente, diskutiert praktische Beispiele und erklärt die kausalen Zusammenhänge plausibel und packend zugleich.

Warum ist der Kapitalismus das bessere Rezept gegen Armut als die gegenwärtig nutzlose und kontraproduktive Entwicklungshilfe?
Weshalb geht es den Chilenen wesentlich besser als den Venezolanern?
Was hat eigentlich die Eurorettungspolitik mit Kapitalismus zu tun?
Wie kapitalistisch sind die USA wirklich?

Konkrete Beispiele und klare Einordnungen ermöglichen es dem Leser vergangene und gegenwärtige Probleme und Krisen des Wirtschaftens zu verstehen.
Zitelmann schreibt, was wir aus der Geschichte lernen sollten: Mehr Marktwirtschaft wagen! Sie ist der einzige Weg zum Wohlstand.

In einer Zeit, in der der Ruf der Marktwirtschaft immerzu schlechter wird, bedarf es einer Erinnerung an die fortschrittliche Reformpolitik, um die Weichen in Zukunft wieder richtig zu stellen.

Die Ziele der Kapitalismuskritiker sind oftmals dieselben wie die der Freunde befreiter Märkte. Doch das historisch bewährte Rezept der Marktwirtschaft ist unpopulär: Mutige Reformer wie Ronald Reagan, Margaret Thatcher oder Gerhard Schröder haben bei vielen Wählern für Unverständnis oder Wut gesorgt, langfristig betrachtet waren sie jedoch diejenigen, die wirtschaftlichen Aufschwung durch Deregulierung, Privatisierung, massive Steuersenkungen, Flexibilisierungen und Einsparungen im öffentlichen Sektor ermöglichten.
Bundeskanzlerin Merkel erntet in Deutschland gegenwärtig lediglich die Saat, die Gerhard Schröder mit seiner Reformpolitik säte.

Weitaus beliebter beim Wahlvolk sind die vielen kleinen Wahlgeschenke, die faktisch nichts anderes als billige Taschenspielertricks sind: Wir Politiker nehmen Euch das Geld, um es Euch anschließend in Form von wohlklingenden Programmen und Paketen gnädig wieder zu überlassen, nachdem das Geld der Steuerzahler durch den bürokratischen Wasserkopf geflossen ist.
Fernab vom politischen Klein-Klein, fernab vom Befriedigen einzelner Gruppen – seien es bestimmte Unternehmen, Verbände oder Gewerkschaften – braucht es wieder den Blick auf das große Ganze der politischen Rahmenbedingungen.
Rainer Zitelmanns ordnungspolitische Antwort ist angesichts dieser regulatorischen und freiheitsschädlichen Kleinkriege folgerichtig: Mehr Kapitalismus wagen!