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Photo: YangChen(TW) from Flickr (CC BY 2.0)

Etwas unbemerkt findet in diesem Jahr ein runder Geburtstag statt. Der Club of Rome wird 50 Jahre alt. Wahrscheinlich hatten und haben nur wenige Denkfabriken auf dieser Welt dessen Wirkungsmacht. Die geistigen Kinder sitzen heute in Parlamenten und Regierungen. Sie prägen die politische und gesellschaftliche Agenda. In Dax-Konzernen, in Verbänden und Medien. Ihr parlamentarischer Arm sind in Deutschland die Grünen.

Wer die Texte des Club of Rome und die Programme der Grünen liest, stellt viele Gemeinsamkeiten fest. So schreiben die Grünen in ihrem Wahlprogramm, im Geiste des Club of Rome, wie folgt über die Marktwirtschaft: “Seit Langem ist klar, dass die industrielle Wirtschaftsweise nicht nur Wohlstand schafft, sondern auch systematisch unsere gemeinsamen Lebensgrundlagen zerstört. Materielles Wachstum steigert nicht in jedem Fall die Lebensqualität. Die sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft ist die existenzielle Aufgabe unserer Zeit. Denn heute verschwendet unsere Art zu wirtschaften noch wertvolle Ressourcen, heizt unser Klima auf und bedroht weltweit unser Trinkwasser, unsere Luft und unsere Böden. In unserem eigenen Menschheitsinteresse müssen wir das dringend ändern. Und es ist möglich. Wir können unser Leben verbessern, ohne immer weiter materiell wachsen zu müssen.“

Das ist der gleiche Duktus, den auch der Club of Rome in seinem bekanntesten Werk „Die Grenzen des Wachstums“ 1972 formulierte. Darin heißt es: “Unsere Erde ist nicht unendlich. Je mehr sich die menschliche Aktivität den Grenzen der irdischen Kapazität nähert, umso sichtbarer und unlösbarer werden die Schwierigkeiten. Die menschliche Gesellschaft hat noch nicht gelernt, diese Schwierigkeiten zu erkennen und sie zu beherrschen. Das offensichtliche Ziel des Weltsystems ist gegenwärtig, immer noch mehr Menschen zu erzeugen und sie mit noch mehr Nahrungs- und Gebrauchsgütern, mit reiner Luft und Wasser zu versorgen. Wir haben gezeigt, daß die Gesellschaft bei weiterer Verfolgung dieses Ziels über kurz oder lang gegen eine der vielen endgültigen Grenzen für das Wachstum auf der Erde stoßen wird.“

Beide Akteure atmen den gleichen fortschrittsfeindlichen Geist. 50 Jahre nach der Gründung des Club of Rome haben die Grünen dessen fatales Erbe angetreten. Dabei ist diese Fortschrittsskepsis nicht neu. Sie erinnert sehr stark an die Bevölkerungstheorie des Ökonomen Thomas Malthus, der im 18. und frühen 19. Jahrhundert die These vertrat, dass das Wachstum der Bevölkerung schneller vonstattengeht, als die Nahrungsmittelproduktion. Er schloss daraus, dass die Bevölkerung immer mehr an Hunger leidet, wenn das Bevölkerungswachstum nicht gedrosselt würde. Es hat sich als völlige Irrlehre herausgestellt, obwohl viele damals seine These schlüssig fanden. Damals lebten auf der Welt rund 1 Milliarde Menschen. Heute sind es 7,5 Milliarden. Anfang des 18. Jahrhunderts lebten 84 Prozent der Menschen in absoluter Armut. Heute sind es 8,5 Prozent. Prognosen gehen davon aus, dass sich diese Zahl bis 2030 weiter halbiert. Eigentlich ist die Prognose von Thomas Malthus genau umgekehrt eingetreten. Auf der Welt gelingt es immer mehr, Menschen aus der absoluten Armut zu führen, obwohl die Bevölkerungszahl massiv ansteigt. Die Grenzen des Wachstums finden eben nicht durch die Knappheit von Ressourcen statt, sondern werden diese immer effizienter eingesetzt. Der Grund ist unser marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem, das Kapital zielgenauer einzusetzen versteht, als es ein staatlich gelenktes Wirtschaftssystem kann. Wie der Ökonom Ludwig von Mises betonte, setzen staatlich gelenkte Wirtschaftssysteme den Preismechanismus außer Kraft, der so entscheidend ist, um Produkte und Dienstleistungen an der richtigen Stelle, in der richtigen Menge und zur richtigen Zeit bereitzustellen. Für den Anbau von Getreide braucht es also nicht immer mehr Böden, sondern bessere und effizientere Anbaumethoden welche zu einer Steigerung der Erträge führen.

Der Club of Rome wollte die Bevölkerungsentwicklung in der Gedankenwelt von Thomas Malthus einmauern, um die Bevölkerung ernähren zu können und den Planeten vor dem sicheren Untergang zu retten. Wer sich heute das Buch von damals zur Hand nimmt, kann nur den Kopf schütteln. Keine der Prognosen des Club of Rome stimmt. Im Buch prognostiziert der Club ein Bruttosozialprodukt pro Kopf im Jahr 2000 für Brasilien von 440 US-Dollar. Heute sind es 9821 US-Dollar, also das 22-fache. In China sollten es im Jahr 2000 100 US-Dollar sein. Tatsächlich sind es heute 10.087 US-Dollar. Und selbst in Entwicklungsländern wie Nigeria erreichte das BIP nicht 60 US-Dollar in 2000, sondern wenige Jahre später liegt es bei 1968 US-Dollar. Selbst wenn die Inflation berücksichtigt würde, läge der Club of Rome völlig falsch. Der Grund ist, dass die Skeptiker die Dynamik des marktwirtschaftlichen Systems völlig unterschätzt haben. Sie ist die Grundlage für den Wohlstand der Menschen gestern, heute und morgen. Das sollten sich auch die heutigen Kinder und Enkelkinder des Club of Rome zu Herzen nehmen.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

Photo: Max Langelott from Unsplash (CC 0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Fabian Kurz, Student der Volkswirtschaftslehre, ehemaliger Praktikant bei Prometheus. 

Deutsche Städte stehen angesichts seit Jahren steigender Mieten in der Kritik – allen voran Berlin. Der Vorwurf: Das Wohnungsangebot wird nicht stark genug ausgeweitet, um den Mietanstieg einzudämmen. Ein Blick auf Zahlen aus den zehn größten Städten erlaubt einen Vergleich zwischen den Städten. Der offenbart: es ist nicht alles schlecht in Berlin.

Vor zehn Jahren wurden in Deutschland so wenige Wohnungen fertiggestellt wie seit Kriegsende nicht mehr. 2008 wurden nur 143.000 Wohnungen vollendet. Seitdem ging es mit den Fertigstellungen deutlich aufwärts. 2017 waren es 275.000 Wohnungen. Trotzdem stehen deutsche Städte angesichts seit Jahren steigender Mieten in der Kritik – allen voran Berlin. Der Vorwurf: Das Wohnungsangebot wird nicht stark genug ausgeweitet, um den Mietanstieg einzudämmen. Ein Blick auf Zahlen aus den zehn größten Städten lässt kein Urteil zu, ob insgesamt „zu wenig“ gebaut wird. Er erlaubt jedoch einen Vergleich zwischen den Städten. Der offenbart unter anderem, dass die Anzahl pro 1.000 Einwohner fertiggestellter Wohnungen in Berlin nicht unterdurchschnittlich niedrig ist. Es ist also nicht alles schlecht in Berlin.

Seit 2010: Höhere Mieten, höhere Kaufpreise, mehr Wohnungsbau

Insbesondere seit 2010 stiegen in Deutschland Mieten und Kaufpreise für Wohnungen und Häuser – vor allem in den Städten. Die lockere Geldpolitik der EZB, die gute Konjunktur, die Migration vom Land in die Stadt sowie der Zuzug von EU- und nicht-EU-Ausländern trugen dazu bei. Der Anstieg wäre noch höher ausgefallen, wäre über die letzten Jahre das Angebot an Wohnungen nicht erheblich ausgeweitet worden.

Fertigstellungen von Wohnungen 2017: Berlin Mittelmaß

Den Städten wird dennoch vorgeworfen, dem Anstieg der Mieten nicht angemessen durch die Ausweisung zusätzlichen Baulands und der Erteilung von Baugenehmigungen zu begegnen. Unter den zehn größten deutschen Städten wird vor allem Berlin und hier ganz besonders die seit Dezember 2016 amtierende Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (Die Linke), für eine zu geringe Bautätigkeit kritisiert.

Berlin stand allerdings 2017 mit 15.669 Fertigstellungen bezüglich der Fertigstellungen pro 1.000 Einwohner im Vergleich zu den übrigen großen Städten nicht sonderlich schlecht da.

Nur in Frankfurt (6,9), München (5,4) und Düsseldorf (4,4) wurden pro 1.000 Einwohner mehr Wohnungen fertiggestellt als in Berlin (4,2). Hamburg (4,2) und Berlin waren in etwa gleich auf und ließen Stuttgart (3,5) und Leipzig (2,8) hinter sich.

Es lässt sich festhalten, dass unter den zehn größten Städten pro 1.000 Einwohnern nur in Frankfurt, München und Düsseldorf bei wesentlich höheren Neuvertragsmieten mehr Wohnungen gebaut wurden als in Berlin.

Baugenehmigungen 2017: Berlin in der Spitzengruppe

Ein ähnliches Bild zeichnen die Baugenehmigungen für Wohnungen 2017. Absolut waren es in Berlin 24.743.

Pro 1.000 Einwohner liegen München (8,8) und Frankfurt (7,3) an der Spitze und auch hier ist Berlin (6,7) im Vergleich zu Städten wie Hamburg (6,6), Düsseldorf (5,9) und Stuttgart (2,4) nicht abgeschlagen. Die Anzahl der 2017 erteilten Baugenehmigungen lässt darauf schließen, dass auch 2018 und 2019 die Wohnungsfertigstellungen pro 1.000 Einwohner in Berlin nicht dramatisch geringer ausfallen werden als in Hamburg oder Stuttgart.

Bauaktivität in Berlin: Weder Top noch Flop

Würden in Berlin und Hamburg pro 1.000 Einwohner jährlich so viele Wohnungen fertiggestellt wie in München und Frankfurt oder wie im Hamburger Umland und Vororten Berlins wie Potsdam, fiele der Mietanstieg in beiden Städten niedriger aus. In beiden Städten sollten die politisch Verantwortlichen folglich schneller und umfangreicher Bauland ausweisen und freizügiger Baugenehmigungen erteilen.

Der Vorwurf, in Berlin werde der Wohnungsbau politisch besonders erschwert, wird durch den hier vorgenommenen Vergleich allerdings nicht gestützt. Vielmehr scheinen mit München und Frankfurt zwei der größten Städte wünschenswerterweise besonders wohnungsbaufreundliche Politik zu betreiben, wohingegen Berlin diesbezüglich dasteht wie eine gewöhnliche deutsche Großstadt – aber eben auch nicht schlechter.

Erstmals erschienen bei IREF.

Photo: Andrew Martin from Pixabay (CC 0).

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues.

Der Süden Italiens ist nicht nur geprägt durch eine höhere Arbeitslosenrate und niedrigere Einkommen als das nördliche Italien, sondern auch durch eine schlechtere medizinische Versorgung. Patienten in Süditalien reagieren darauf und begeben sich für Operationen relativ häufig in den Norden, der so zum Nettoexporteur medizinischer Dienstleistungen geworden ist. In ihrem IREF Working Paper untersuchen Paolo Berta, Carla Guerriero und Rosella Levaggi am Beispiel der Lombardei, wie sich die Mobilität der Patienten auf das Verhalten von Krankenhäusern auswirkt.

Ihre Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Patienten von außerhalb der Lombardei in privaten und staatlichen Krankenhäusern in der Lombardei besser versorgt werden als Einwohner der Lombardei. Dennoch profitieren vom Wettbewerb der Krankenhäuser um die auswärtigen Patienten auch die lombardischen Patienten. In Krankenhäusern mit hohem Anteil auswärtiger Patienten fallen die Mortalitätsraten niedriger aus – nicht nur für auswärtige Patienten. Das spricht laut den Autoren für positive Spillovereffekte von auswärtigen auf einheimische Patienten in der Lombardei, die ohne den Wettbewerb um die auswärtigen Patienten nicht entstünden.

Medizinische Versorgung in Italien: Nord-Süd-Gefälle

Die Lebenserwartung bei Geburt ist unter den OECD Ländern nur in Japan und der Schweiz höher als in Italien. Dabei gibt es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. In der nördlichen Region Trento-Südtirol sind es gemäß den Autoren 83,5 Jahre, während es in der südlichen Region Kampanien nur 80,5 Jahre sind. Dazu passend gibt es in den südlichen Regionen weniger Betten zur intensivmedizinischen Betreuung und Patienten warten länger auf kardiologische Untersuchungen. Unter diesen Vorzeichen überrascht es nicht, dass sich häufiger Patienten aus dem Süden für Behandlungen in die nördlichen Regionen begeben als umgekehrt.

Auswärtige Patienten in der Lombardei

Die Autoren nutzen in ihrem Papier Daten aus der nördlichen Region Lombardei, der bevölkerungsreichsten Region Italiens. 2016 wurden dort in den Krankenhäusern etwa 1,7 Millionen Patienten behandelt. Etwa 115.000 kamen aus anderen Regionen.

Für ihre Untersuchung verwenden die Autoren Daten aus den Jahren 2010 bis 2014, um das Verhalten von staatlichen Krankenhäusern, privaten gewinnorientierten Krankenhäusern und privaten Krankenhäsuern ohne Gewinnerzielungsabsicht gegenüber einheimischen und auswärtigen Patienten zu analysieren.

Zunächst lässt sich festhalten, dass der Anteil auswärtiger Patienten bei den privaten Krankenhäusern mit 18 Prozent deutlich höher ausfällt als mit jeweils 6 Prozent bei den privaten und staatlichen Einrichtungen ohne Gewinnerzielungsabsicht. Für die Behandlung auswärtiger Patienten werden die Krankenhäsuer über ihr jährliches Planungsbudget, das sich am Vorjahresumsatz orientiert, hinaus bezahlt. Das macht auswärtige Patienten vor allem für private Krankenhäuser attraktiv, die sich einer harten Budgetrestriktion ausgesetzt sehen, weil sie nicht auf finanzielle Unterstützung durch den Staat hoffen können.

Auswärtige Patienten ohne Nachteile für Einheimische bevorzugt

Auswärtige Patienten sind durchschnittlich etwas jünger und haben ernstere Leiden als einheimische Patienten. Zudem finden die Autoren, dass sie besser und schneller behandelt werden. Sie bleiben unter anderem länger auf Station – ein Maß für die Intensität der Betreuung – und müssen weniger lange auf eine Behandlung warten.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob einheimische Patienten unter der bevorzugten Behandlung auswärtiger Patienten leiden. Dafür finden die Autoren keine Hinweise. Im Gegenteil: Die Wiedereinweisungsraten und Mortalitätsraten 30 Tage nach einem Eingriff fallen für lombardische Patienten umso niedriger aus, je höher der Anteil auswärtiger Patienten eines Krankenhauses ist – unabhängig von der Eigentümerstruktur der Krankenhäuser. Die Ausnahme stellt dabei eine konstante Mortalitätsrate 30 Tage nach der Geburt bei steigendem Anteil auswärtiger Patienten bei privaten Krankenhäusern ohne Gewinnerzielungsabsicht dar.

Wünschenswerte Folgen des Wettbewerbs um Patienten

Die Autoren weisen darauf hin, dass es für ihre Ergebnisse zwei mögliche – sich potentiell ergänzende – Erklärungen gibt. Erstens, bessere Krankenhäuser ziehen mehr auswärtige Patientienten an. Zweitens, Krankhäuser, die zusätzlichen Umsatz machen wollen, verbessern ihre Leistungen, um auswärtige Patienten anzulocken und liefern als Nebeneffekt auch an einheimische Patienten Leistungen besserer Qualität.

Das lombardische Beispiel illustriert, dass der Wettbewerb zwischen Anbietern auch auf dem Markt für Gesundheitsdienstleistungen aus Sicht der Kunden wünschenswerte Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Ist die Qualität der Leistungen exogen und hängt nicht vom Wettbewerb ab, bringt der Wettbewerb zwischen privaten und staatlichen Krankenhäusern weder positive noch negative Effekte mit sich.

Ist die Qualität der Leistungen jedoch endogen und hängt vom Wettbewerb ab, sprechen die Ergebnisse deutlich dafür, dass der Wettbewerb zwischen Krankenhäusern um auswärtige Patienten positive Konsequenzen hat – sowohl für einheimische als auch für auswärtige Patienten. In diesem Sinne interpretieren auch die Autoren des Papiers ihre Ergebnisse.

 

Zuerst veröffentlicht bei IREF.

Photo: jason saul from Flickr (CC BY_ND 2.0)

Stehen wir in Deutschland vor einer Bankenhochzeit von Deutscher Bank und Commerzbank? Zumindest Finanzminister Olaf Scholz hat das kürzlich indirekt begrüßt. Auf einer Bankentagung in Frankfurt beklagte er, es sei ein Problem für eine große Volkswirtschaft, dass die hiesigen Banken „nicht die notwendige Größe haben, um die Unternehmen zu begleiten“.

Das Argument des Finanzministers ist nicht ganz neu. Vor 10 Jahren hatte bereits sein Vorgänger im Amt, Peer Steinbrück, ins gleiche Horn getrötet. Den damaligen Zusammenschluss aus Dresdner Bank und Commerzbank begrüßte er als Stärkung des Finanzplatzes Deutschland. Endlich würde neben der Deutschen Bank ein zweites, international wettbewerbsfähiges Haus entstehen. Für 9,8 Milliarden Euro übernahm die Commerzbank die Dresdner Bank von der Allianz. Das war am 1. September 2008. 14 Tage später ging Lehman Brothers pleite. Danach war alles anders. Bereits am 2. November musste Peer Steinbrück mit einer Stillen Einlage des Bundes über 8,2 Milliarden Euro und einem Garantierahmen von 15 Milliarden Euro das fusionierte Bankhaus retten. Am 7. Januar 2009 stieg der Bund durch eine Kapitalerhöhung von 1,772 Milliarden Euro zum größten Einzelaktionär der Commerzbank auf. Darüber hinaus wurde eine weitere Stille Einlage von 8,228 Milliarden Euro gewährt. Allein an Kapital stellte der Steuerzahler der Commerzbank damit 18,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Nach diversen weiteren Kapitalerhöhungen hält der Bund heute noch 15,6 Prozent der Commerzbank. Für die Aktien zahlte der Bund bislang insgesamt 5,1 Milliarden Euro. Heute beträgt die Beteiligung gerade mal noch etwas mehr als 1,6 Milliarden Euro. Insgesamt war die Fusion nicht nur für die Aktionäre ein Desaster. Sie verloren seit 2008 90 Prozent des Aktienwertes. Auch für die Mitarbeiter war die Fusion ein schwerer Schlag. 2008 ging man bei der Fusion noch von einer Mitarbeiterzahl von 67.000 aus. Heute hat die Commerzbank weniger als 49.000 Mitarbeiter. Den bilanziellen Verlust von 4,5 Milliarden Euro im Jahr 2009 hat die Commerzbank durch ihr operatives Geschäft bis heute nicht kompensiert – nach 10 Jahren.

Jetzt wird wieder fantasiert. Eine Fusion aus Commerzbank und Deutscher Bank würde verhindern, dass eine französische Bank die Deutsche Bank übernehmen könnte. Der neue europäische Geist der Bundesregierung scheint sich zumindest in Bezug auf den Bankensektor etwas zurückzuhalten. Mit einer rein deutschen Fusion könnte mit einer Bilanzsumme von 1,9 Billionen  Euro die drittgrößte Bank in Europa entstehen. Doch Größe ist nicht alles. Im letzten Jahr hat die Deutsche Bank noch einen Verlust von 737 Millionen Euro gemacht, und auch der Gewinn bei der Commerzbank von 156 Millionen Euro lässt diese sicherlich keine Luftsprünge machen. Nur zum Vergleich: 2008 hatte die Deutsche Bank alleine eine Bilanzsumme von 2,2 Billionen Euro und konnte ein Jahr zuvor noch ein Gesamtergebnis von 5,1 Milliarden Euro vorweisen.

Eine politisch getriebene Fusion, das zeigt das Beispiel Dresdner Bank und Commerzbank, ist falsch. Die Regierung sollte lieber die Finger davon lassen. In Regierungskreisen kann man sich nicht auf der einen Seite über „too big to fail“ beklagen, aber auf der anderen Seite die Fusion eines noch größeren Instituts anstoßen.

Wenn das Argument stichhaltig wäre, dass die deutsche Wirtschaft ein größeres Institut im eigenen Land bräuchte, dann sind diese Unternehmen aufgerufen, selbst etwas zu tun. Nicht der Staat ist hier gefragt, sondern privates Engagement. Der Anteil des Bundes an der Commerzbank würde Finanzminister Scholz lieber heute als morgen abgeben. Und auch bei der Deutsche Bank können jederzeit Aktienpakete erworben werden.

Die Finanzindustrie ist in den letzten 10 Jahren nicht sicherer geworden. Zwar wurden viele neue Regeln geschaffen. Vieles steht auf dem Papier. Neue Aufsichtsinstitutionen wurden geschaffen. Die Eigenkapitalanforderungen hat man auch erhöht. Doch erkauft wurde dies bislang mit einer Nullzinspolitik der EZB, einem Zusammenbruch des Interbankenhandels, einem höheren Verschuldungsgrad der Staaten, Banken, Unternehmen und privaten Haushalten. Den Härtetest haben diese neuen Regeln bislang nicht erlebt. Vielleicht ist der Steuerzahler irgendwann dankbar, dass eine Fusion aus Commerzbank und Deutscher Bank nicht zustande kam. Wer weiß …

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

Photo: Yanapi Senaud from Unsplash (CC 0)

In einer Marktwirtschaft entscheidet allein der Konsument, was er kaufen will oder nicht kaufen will. Die Anbieter orientieren sich an den Wünschen des Käufers. Die, die es besser als ihre Wettbewerber machen, kommen voran, die, die es schlechter machen, bleiben auf der Strecke. In der staatlichen Kommandowirtschaft entscheidet eine Behörde oder Regierung über das, was angeboten wird. In der Woche, in der dieses Land den Tag der Deutschen Einheit feiert, darf man daran erinnern: Was in der Zeit vor 1989 im östlichen Teil dieses Landes angeboten wurde, war vorbestimmt. Die Produzenten richteten sich nicht nach den Wünschen der Konsumenten, sondern nach den Vorgaben des Regimes. Die Folge war eine Fehllenkung der Produktion an den Wünschen der Konsumenten vorbei. Weder die Qualität noch die Quantität wurden zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung gestellt. Der Grund war: der Sozialismus funktioniert nicht, weil er keine Preissignale kennt. Anbieter und Konsumenten leben aneinander vorbei. Das Regime konnte die Präferenzen des Einzelnen nicht kennen, und plante an der Wirklichkeit vorbei. Das Ende kennen wir.

Heute verlieren die Marktwirtschaft und ihre Orientierung am Konsumenten leider ebenfalls zunehmend an Bedeutung. Das liegt daran, dass diejenigen, die wahrscheinlich auf der Strecke bleiben, das Prinzip der Marktwirtschaft umgehen wollen. Sie nehmen auf die Regulierer und den Gesetzgeber Einfluss. Sie führen dabei wohlklingende Argumente an. Oft sind es die Arbeitsplätze, der Jugendschutz oder die Steuerzahlungen des vermeintlich Benachteiligten. Argumente wie diese gibt es viele. Sie sind aber meist vorgeschoben.

Jüngstes Beispiel ist die neue Richtlinie für TV und Videos, die das Parlament der Europäischen Union in dieser Woche verabschiedet hat. Darin verpflichtet das Parlament die Anbieter von Video-on-demand und Video-sharing-Plattformen wie Netflix, YouTube und Facebook dazu, dass mindestens 30 Prozent ihrer Inhalte in Europa produziert werden müssen. Das erinnert ein wenig an die Forderung, die meist in der nachrichtenarmen Sommerzeit aufgestellt wird, eine Schlagerquote bei Radiosendern in Deutschland einzuführen. Der Unterschied ist jedoch, dass letzteres meist ein Sommer-Gag ist, aber ersteres bald Rechtskraft erlangt. Lediglich der Ministerrat muss noch zustimmen.

Dass dies am Interesse der Kunden und Käufer vorbeigeht, zeigt auch die Begründung der zuständigen Berichterstatterin im EU-Parlament Sabine Verheyen. Sie sagte zur Verabschiedung der Richtlinie: „Dies wird der Kreativindustrie im audiovisuellen Bereich großen Auftrieb verleihen“. Es geht also nicht um die Wünsche der Kunden, sondern um die „Kreativindustrie“. Nach dem Motto: Wenn die Pferde nicht richtig saufen, müssen sie zur richtigen Tränke geführt werden. Diese Form von Industriepolitik ist eine perfide Form des Protektionismus, die in vielen Bereichen Schule macht. Sie ist auch eine Form des Nationalismus, eines europäischen Nationalismus, der hier zum Ausdruck kommt. Mit Eingriffen in die Selbstbestimmung des Einzelnen, will man die Industrie im eigenen Land oder einzelne Berufsgruppen bevorteilen, weil diese nicht leistungsfähig genug sind. Man glaubt, eine höhere Instanz könne das besser entscheiden als der Einzelne.

In so einem Umfeld kann dann Donald Trump auch ein Abkommen mit Mexico und Kanada erzwingen, in dem er dem jeweilig anderen Land und dessen Unternehmen vorschreibt, wie hoch der Anteil der Autoteile sein muss, der in den USA produziert werden muss. Das NAFTA-Nachfolgeabkommen USMCA sieht hierfür eine Quote von 75 Prozent vor. Zusätzlich müssen die Autos zu 40 Prozent aus Teilen bestehen, die von Arbeitern mit einem Mindeststundenlohn von 16 US-Dollar zusammen- bzw. eingebaut wurden. Erschwinglicher werden so die PKWs in den USA sicherlich nicht. Am Ende werden sich Geringverdiener weniger Auto leisten können oder ihre Ersatzbeschaffung hinausschieben. Soll noch jemand sagen, Trump hätte Kanada angeboten, sämtliche Zölle und Handelsschranken abzubauen. Das neue Abkommen spricht da eine völlig andere Sprache.

Wir leben aktuell in einer weltweiten Protektionismus-Spirale, deren Antreiber nicht nur Donald Trump ist, sondern wo auch die Europäische Union vorne mit dabei ist. Das ist nicht nur eine Gefahr für den weltweiten Handel, sondern letztlich für den Wohlstand aller. Konsumenten überall auf der Welt können nicht die Güter und Dienstleistungen erwerben, die sie persönlich für vorteilhaft ansehen, sondern sie müssen erst die EU, Donald Trump oder die eigene Regierung fragen. Freiheitlich ist das nicht. Es bedarf eigentlich eines breiten Widerstandes gegen diese Entwicklung. Doch alle schauen zu, ducken sich weg, als sei das alles Gottgegeben und ein unaufhaltsamer Trend. Wo ist der Aufschrei der Bürger, der Konsumenten, der Arbeitslosen, der Geringverdiener, der Autokäufer und der Netflix-Nutzer? Wo nur?