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Photo: Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0) 

Henning Lindhoff ist Redakteur beim Institut für Vermögensentwicklung IFVE.

Die Welt hat sich grundlegend verändert. Heute sind wir in der Lage, Erfahrungen zu machen, ohne dazu mehr Besitz anhäufen zu müssen. Dies gilt für immer mehr Branchen und Lebensbereiche. Copy. Paste. Share. Like. Was sind Waren noch wert, die in Windeseile im Netz verteilt werden können?

Zugang statt Eigentum

Es ist noch gar nicht allzu lange her, da war es noch notwendig, große Mengen an CDs, DVDs, Schallplatten, VHS-Kassetten, Zeitschriften und anderen Medien innerhalb der eigenen vier Wände zu lagern, wollte man in einer besinnlichen Stunde einmal eine kleines Stück Unterhaltung oder Bildung genießen. In diesen Zeiten war es in manchen Kreisen auch nahezu Pflicht, zumindest eine große Schrankwand voller Bücher zu pflegen, wollte man gegenüber seinen Freunden und Bekannten wenigstens ein klein wenig smart wirken.

Diese Zeiten sind nicht lange her. Nur wenige Jahre hat es gebraucht, diese Sammlungen aus Papier, Vinyl und allerlei anderen Kunststoffen obsolet werden zu lassen. Heute brauchen wir sie nicht mehr, um jederzeit an jedem beliebigen Ort, mittels ein paar kleiner Klicks oder Wischgesten, an genau die Inhalte zu gelangen, von denen wir vor einigen Jahren noch geträumt haben. Wir können nahezu jeden Film sehen, der jemals gedreht wurde, jedes Musikstück hören, das jemals aufgenommen wurde und jeden Satz lesen, den je ein Schriftsteller auf Papier gebannt hat. Und das an jedem beliebigen Ort der Welt. Eine mobile Datenverbindung und genügend Spannung auf dem Akku des genutzten Gerätes vorausgesetzt.Die technologische Entwicklung hat uns die Lage versetzt, mehr Erfahrungen zu machen ohne dabei auch mehr besitzen zu müssen.

Es ist nichts einzuwenden gegen irgendeine Form des Eigentums. Ganz im Gegenteil. Dem Hipster soll nicht seine Schallplattensammlung genommen werden, dem Germanistikprofessor nicht seine Prosasammlung. Ohne Frage hält eine gut gepflegte Sammlung liebgewonnener Stücke Erbaulicheres bereit als ein liebloser Haufen herbeikonsumierter Schnellschüsse. Doch die Medien sind heute nur Vorreiter. Sie ebnen uns den Weg in eine Zukunft des Zugangs.

Ist  das Eigentum nur noch graue Vergangenheit?

Keinesfalls. Das Gegenteil ist wahr. Dank des Zugangs zu einer unendlich scheinenden Welt immaterieller, digitaler Güter erhalten die Dinge, die wir physisch besitzen, einen gleichsam höheren Wert. Sie werden uns bewusster, aussagekräftiger, sinnvoller. Möglich macht dies die digitale Technologie. Nicht mehr länger müssen wir horten, um Wert schöpfen zu können.

Doch in ökonomischer Hinsicht wirft eine solche Welt, in der Zugang das Eigentum  ablöst, einige Fragen auf:

Wie unterscheiden sich die digitalen von den physischen Waren?

Inwiefern kann der Eigentumsbegriff bei digitalen Waren noch greifen?

Was ist der wahre Wert einer digitalen Ware?

Und entfalten die tradierten Produzenten-Nutzer-Beziehungen ihr Wirkung auch in der Welt aus Bits und Bytes?

Und greift der Eigentumsbegriff überhaupt noch bei digitalen Waren?

Digitale Waren sind heute in allererster Linie geistige Waren. Es sind Ideen, Gedanken, Theorien, Texte, Musikstücke, Filme. In unserer Gegenwart, die in immer kürzeren Abständen disruptiven technologischen Revolutionen unterzogen wird, verschieben sich Rollen und Beziehungen zwischen den Marktakteuren. Die digitalen Möglichkeiten zur Kommunikation machen eine zentrale Rechteverwaltung, die den Zugang zu solchen geistigen Waren reglementiert, überflüssig. Jeder in Bits und Bytes gefasster Gedanke kann in Windesweile vervielfältigt und geteilt werden. Copy, Paste, Like und Share.

Das Digital Rights Management (DRM) ist dagegen ein verzweifelter, juristisch getriebener Versuch, die Kontrolle über den Fluss digitaler Waren zu konservieren. Aber womöglich ein letzter. Denn auf der anderen Seite bilden sich immer wieder immer neue Projekte mit dem Ziel, den Warenverkehr im Netz auszubauen. Kostengünstige Flatrates für Musik, Filme und Bücher ermöglichen den Zugang zu digitalen Waren, ohne dass sich Nutzer über Eigentumsrechte überhaupt Gedanken machen.

Waren vor fast 20 Jahren illegale Plattformen wie Napster die Vorreiter, spielen heute auch Big Player längst mit. Das Problem der illegalen Nutzung von Inhalten hat sich dank der massentauglichen Adaption durch Amazon, Apple, Google und Co nahezu von selbst erledigt. Ohne den regulativen Eingriff der Politik.

Daten sind anders als Dinge

Um nun zu ergründen, wie ein Urheberrecht auch im digitale Zeitalter seine Wirkung entfalten kann und sollte, lohnt in genauer Blick auf das Wesen der Daten als Ware.

Geistige Tätigkeit basiert seit Menschengedenken auf der Vorleistung unserer Vorfahren. Wir stehen auf den Schultern von Titanen. In ähnlicher Weise formulierte bereits im Jahr 1120 der Philosoph Bernhard von Chartres diese Erkenntnis.

Jede Adaption einer alten Idee wird gleichsam der Zukunft übereignet. Meme pflanzen sich fort, werden weitergetragen, ausgebaut, angepasst, dekonstruiert und neu zusammengesetzt. Wer könnte sich wirklich gegen diese Entwicklung wehren? Sie ist Kern des zivilisatorischen Wachstums.

Physische Güter lassen sich im Gegensatz zu Ideen nicht ohne weiteres teilen. Sie werden dabei beschädigt oder gar zerstört, zumindest aber immer kleiner und leichter. Physische Güter eignen sich daher sehr gut zum Besitzen und Tauschen.

Daten und Ideen allerdings werden nicht weniger, wenn man sie teilt. Sie werden dabei auch nicht zerstört. Ganz im Gegenteil. Daten und Ideen werden im Prozess des Teilens wertvoller. Denn in diesem Prozess werden sie hinterfragt, ergänzt und zu neuen weitergehenden Gedanken und Plänen ausgebaut.

Eine beliebig große Menge an Menschen kann von einer digitalen Ware gleichzeitig Gebrauch machen. Im Gegensatz dazu sind physische Güter knapp: Die Benutzung eines physischen Gutes schließt andere von der Nutzung aus. Digitale Waren sind also im Gegensatz zu physischen Gütern nichtrivalisierend.

Dies hat auch Auswirkungen auf die viel größere Welt der physischen Güter. Um lebensnotwendige Waren herzustellen braucht es heute viel weniger Arbeitszeit als früher noch, dafür aber sind ihre Produzenten abhängiger von Informationen. Im Wettbewerb gewinnt heute derjenige, der sich besser informiert und schneller an neue Erkenntnisse anpasst – seien es Kundenwünsche, Produktionsmethoden oder Rohstoffpreise. Im Gegensatz zu früher ist die Produktion physischer Waren nicht mehr so sehr von physischer Arbeit abhängig als von geistiger Arbeit – von Ideen, Daten und ihren Netzen. Nicht mehr Maschinen, Menschen und Rohstoffe sind entscheidend für den Erfolg eines Produkts – alle drei sind dank der Globalisierung an nahezu jedem Ort zu vergleichbaren Konditionen erhältlich – sondern die guten Ideen, die besseren Daten und die effizientieren Netzwerke.

Dabei ist der Unterschied zwischen einem Produkt und seiner Idee ein elementarer. Das Produkt, beispielsweise ein Tisch, kann eindeutig einem Eigentümer zugeordnet werden. Beanspruchten zwei Menschen das Eigentum an einem Tisch, dann würde dies letztlich in einem zweigeteilten und deshalb unbrauchbarem Tisch münden. Die Idee jedoch, die dem Tisch jedoch zugrunde liegt, kann kopiert und verbreitet werden, ohne dass ihre Qualität, Integrität und ihr Nutzwert einen Schaden erleidet. Physisch fehlt keinem Menschen etwas, wenn seine Idee von einem seiner Mitmenschen gleichzeitig genutzt wird.

Was ist die Leistung bei der digitalen Ware und wie wird sie entlohnt?

Aus diesen Überlegungen ergibt sich ein großes Problem: Ein kreativer Mensch, der eine solche digitale Ware produziert, eine wissenschaftliche Erkenntnis , ein Buch, ein neues Verfahren, eine Technologie, hat im Vorfeld viel investiert, vor allem Zeit und Geld. Sobald er seine digitale Ware der Welt jedoch preisgibt, ist es seinen Mitmenschen ohne großen Aufwand möglich, diese zu speichern, zu kopieren und zu verbreiten. Der Erschaffer hat also zunächst kaum eine Möglichkeit, Vorteile aus seinem Schaffensprozess zu ziehen. Im Vergleich zu seinen möglichen Mitbewerbern hat er die Kosten getragen und kann demzufolge keinen konkurrenzfähigen Preis verlangen.

Es klingt hart und will verdaut werden: Unter den natürlichen Wettbewerbs- und den aktuellen technischen Bedingungen bewegt sich der Wert einer digitalen Ware in Richtung Null – zumindest nach ihrer Veröffentlichung.

Damit ist der gordische Knoten geschnürt, den es gilt im digitalen Zeitalter wieder zu lösen.

Warum sollte sich der potentielle Erschaffer einer digitalen Ware überhaupt ans Werk machen? Warum sollte er Zeit, Geld und Kraft investieren, wenn er sich später kaum Hoffnungen auf eine angemessene Rendite machen kann, weil seine Ware aus Bits und Bytes in Windeseile über das ganze Netz verbreitet werden kann?

Dies ist eine elementare Frage, auf die der Markt eine Lösung finden muss. Die aktuelle Diskussion um Urheberrechte, geistiges Eigentum und digitale Waren wird dominiert von Einwürfen und Vorschlägen, die die Ausweitung juristischer Regelungen oder Einführung von Ausgleichsleistungen des Sozialstaats (siehe die Diskussion um das Bedingungslose Grundeinkommen) vorsehen.

Die Frage, auf die die Zukunft eine Antwort finden wird, lautet:

Ist der Markt auch selbst dazu in der Lage, einen Wert für digitale Waren abzubilden, mit dem Produzenten wie auch Nutzer, Verwerter und Konsumenten sinnvoll wirtschaften können?

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Schon vor 250 Jahren sahen sich freiheitliche Ideen mit dem Vorwurf konfrontiert, den Egoismus zu befördern und unsolidarisch zu sein. Gerade Adam Smith wurde oft zum Kronzeugen dieses Zerrbilds gemacht. Dabei eignet er sich dafür wahrhaft nicht.

Die Schotten: optimistisch und pragmatisch

Wann der „Vater der Wirtschaftswissenschaften“ genau geboren wurde, lässt sich nicht mehr feststellen. Doch heute vor 194 Jahren ließ ihn seine Mutter, die zwei Monate zuvor ihren Ehemann verloren hatte, im schottischen Kirkcaldy taufen. Smith wurde in eine Welt hinein geboren, die sich im raschen Umbruch befand, gewissermaßen die erste Globalisierung der Neuzeit. Technische Neuerungen und der steigende Welthandel, Verstädterung und verhältnismäßige friedliche Zeiten führten zu einem Wohlstandsboom in Europa. Mit am stärksten profitierte davon Großbritannien mit seiner zunehmenden Zahl an Handelsniederlassungen und Kolonien. Mit der „Glorious Revolution“ von 1688 war dort auch eine politische Stabilität verankert, die damals ihresgleichen suchte.

In dieser Zeit, die nicht mehr nur den Mächtigen und Reichen Hoffnung schenkte, sondern jedermann, entwickelte sich auch die Idee der Aufklärung, deren vornehmste, wenn auch nicht bekannteste Variante sich in Schottland finden ließ. Der kulturelle Kontext, in dem Smith und seine Mitstreiter ihre Ideen formulierten, war eine aufstrebende Gesellschaft. Schottland begann gerade aufzuholen und blickte mit Abenteuerlust und Zuversicht in die Zukunft. Zugleich standen die Menschen im Land noch mit beiden Beinen auf dem Boden und hatten einen Sinn für das Praktische. Den Satz „alles Leben ist Problemlösen“, den der Philosoph Karl Popper einmal formulierte, hätten die Schotten des 18. Jahrhunderts wohl sofort unterschrieben.

Der Erzkapitalist als Moralapostel

Es ist also nicht sehr verwunderlich, dass Adam Smith „Eine Untersuchung über das Wesen und die Ursachen des Wohlstands der Nationen“ verfasste. Wie war es dazu gekommen, dass sich die Situation für ihn so sehr verbessert hatte im Vergleich zu seinen Eltern oder Großeltern? Wie konnte man diese Entwicklung aufrechterhalten und befördern? Mit der Beantwortung dieser Fragen legte Smith den Grundstein für die Wirtschaftswissenschaften von heute: Er beschrieb das Phänomen der Arbeitsteilung. Er legte dar, wie Tausch- und Kaufgeschäfte beiden Seiten nutzen. Er warnte vor der Gefahr von Protektionismus, zu viel Regulierung und zu hohen Steuern. Und er begründete, warum ein Staat sich auf seine Kernaufgaben beschränken sollte, wenn er der Wohlstandsmehrung nicht im Weg stehen will.

Meistens wird Smith auf dieses eine Werk beschränkt – gerne auch in der verkürzten Version des Titels „Der Wohlstand der Nationen“. Das wirkt dann in der Tat ein bisschen wie das neueste Buch von Carsten Maschmeyer. Berühmt wurde Smith aber gar nicht mit diesem Buch, sondern mit seinem ersten großen Hauptwerk „Die Theorie der ethischen Gefühle“. Wie sein Lehrer Frances Hutcheson war Smith Philosoph geworden und hatte ausgiebig danach gefragt, was der Ursprung unseres moralischen Verhaltens ist. Hutcheson ging von einem moralischen Sinn in uns aus, einer Art Gewissen. David Hume führte es darauf zurück, dass es uns nutzt, wenn wir uns moralisch verhalten. Smith wählte eine dritte Erklärung, die er in seinem Buch ausführlich darlegt: Für ihn lag der Ursprung in unserer Fähigkeit und Neigung zur Sympathie.

Der Mensch ist wie ein Wolf – ein Rudelwesen!

Eine ganz zentrale Rolle spielte bei Smith wie auch bei dem nur wenige Tage nach ihm geborenen Philosophen Adam Ferguson die Vorstellung, dass wir Menschen soziale Wesen sind. Dass wir also auf Gemeinschaft und insbesondere Kooperation ausgelegt sind. Die von ihm beschriebenen Phänomene wie Arbeitsteilung und Tausch sind Ausdruck dieser urmenschlichen Neigung, Probleme gemeinsam zu lösen. Wir achten auf unsere Mitmenschen, wir reagieren auf ihre Gefühle wie auch auf die Dinge, die ihnen passieren. Wir freuen uns und leiden mit ihnen, wir teilen ihre Sorgen und ihre Hoffnungen. Smith schrieb einst, dass der Bäcker sein Brot nicht produziert, weil er den Kunden so gern hat. Doch diese Beschreibung des Eigeninteresses ist eben nur die eine Hälfte seiner Theorie über menschliches Verhalten. Die andere lautet, dass derselbe Bäcker auf die Probleme seiner Kunden nicht nur deshalb mit Mitgefühl reagiert, weil er befürchtet, einen Geschäftspartner zu verlieren, sondern weil er ein genuines Interesse an ihnen als Personen hat.

Die realistische und zugleich optimistische Perspektive macht die schottische Aufklärung so besonders. Dagegen neigte die französische Aufklärung immer wieder dazu, in grenzenlosem Optimismus den Menschen zu überschätzen, während viele konservative Denker ihr mangelndes Vertrauen in die Fähigkeiten des Menschen gerne als Realismus ausgegeben haben. Die Schotten wussten um die Grenzen des Menschen, aber sie blickten voller Zuversicht auf seine Entwicklungsfähigkeit. Seit den Tagen Adam Smiths und seiner Freunde ist klar: die freiheitliche Einstellung, der Liberalismus, ist diejenige Weltanschauung, die das positivste Bild vom Menschen hat. Sie glauben an das Gute im Menschen und an seine Fähigkeit, die Welt für sich und andere immer besser zu machen.

Das letzte Wort sei dem Jubilar überlassen, der zu Beginn seiner „Theorie der ethischen Gefühle“ so treffend fomulierte:

Wie liebenswert erscheint derjenige, dessen mitfühlendes Herz gleichsam widerhallt von all den Empfindungen jener Personen, mit denen er verkehrt, der bekümmert ist über ihre Bedrängnisse, der die ihnen zugefügten Kränkungen selbst übelnimmt, und der Freude empfindet über ihr Glück. … Und so kommt es, dass, viel für andere und wenig für uns selbst zu fühlen, unseren egoistischen Neigungen im Zaune zu halten und unseren wohlwollenden die Zügel schießen zu lassen, die Vollkommenheit der menschlichen Natur ausmacht, und allein in der Menschheit jene Harmonie der Empfindungen und Affekte hervorbringen kann, in der ihre ganze Würde und Schicklichkeit gelegen ist.

Photo: Metro Centric from Flickr. (CC BY 2.0)

Es gibt viele Wege, wie man mit dem Thema der Ladenöffnung am Sonntag umgehen kann. Ein Weg ist der, den die großen Kaufhausketten Karstadt,Kaufhof und KaDeWe eingeschlagen haben. In einem öffentlichen Aufruf appellierten die Kaufhausriesen an die Politik, die Voraussetzungen für eine Freigabe der Öffnung an Sonntagen zu schaffen. Die Konkurrenz im Netz würde an Sonntagen 20 bis 30 Prozent ihrer Umsätze machen. Das könnten die Kaufhäuser nicht ignorieren. Doch eine rechtliche Änderung ist nicht ganz einfach.

Seit der Föderalismus-Reform 2006 sind Ladenschlussgesetze zwar Ländersache, aber die Ladenöffnung an Sonntagen wird immer noch begrenzt durch Artikel 140 Grundgesetz. Diese Norm verweist auf die Weimarer Verfassung von 1919, wo die Sonntage „als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ geschützt wurden. Zahlreiche Klagen waren bisher mit Verweis auf Artikel 140 erfolgreich. So wurde ein Vorstoß des Landes Berlin, bei dem an allen Adventssonntagen der Verkauf zwischen 13 und 18 Uhr erlauben sollte, vom Bundesverfassungsgericht mit Verweis auf Art. 140 GG gekippt.

Da mutet der Vorstoß einiger Grünen besonders grotesk an, die den Spieß jetzt einfach umdrehen wollen. Die niedersächsischen Grünen, die sich gerade auf den Landtagswahlkampf im nächsten Jahr vorbereiten, wollen die Möglichkeiten von Online-Shopping und Callcentern an Sonntagen einschränken. Laut deren Landes-Chef Stefan Körner gehe es den Grünen um gleiche Wettbewerbsbedingungen für Einzelhandel und Online-Vertrieb. Es soll allen gleich schlecht gehen. Nach Veggie-Day, Folien-Spargel-Verbot und Autofasten kommt jetzt der Heide-Protektionismus. Kein Online-Shoppen an Sonntagen in der Lüneburger Heide und Umgebung. Hermann Löns, die Heide brennt!

Da sind sie wieder, die Nanny-State-Grünen, die unsere Gewohnheiten steuern und lenken wollen. Nicht der Einzelne soll entscheiden, wann er einkaufen will, ob online oder in der Innenstadt, sondern Regierungen, Parlamente und Politiker sollen diese Entscheidung treffen. Das moralisierende und rückwärtsgewandte Spießbürgertum trägt einmal wieder einen Sieg davon in der Partei, die sich gerne als Erbe der emanzipatorischen 68er und der Friedlichen Revolution von 1989 inszeniert.

Noch vor 30 Jahren wurde ideologische Schlachten in ganz Deutschland geschlagen, ob die Ladenöffnungszeiten in Deutschland über 18.30 Uhr an Werktagen und 14 Uhr an Samstagen ausgeweitet werden dürfen. Die damalige DGB-Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen sah den Untergang des Abendlandes kommen, und führte einen ideologischen Straßenkampf um den Erhalt dieser Öffnungszeiten. Zehntausende gingen für den Erhalt der Unfreiheit auf die Straße. Während Krankenhauspersonal, Arbeitnehmer in Gaststätten und in anderen Dienstleistungsberufen längst anderes gewohnt waren (und nicht zuletzt deshalb auf eine Flexibilisierung hoffte), hielt die Gewerkschaft dogmatisch an ihren Privilegien fest. Unterstützung erhielten sie von vielen Einzelhändlern, die die Konkurrenz fürchteten. Der Tante-Emma-Laden war das Symbol der Einkaufskultur, die unterzugehen schien.

Wer heute in Berlin und anderen Großstädten abends und nachts noch schnell das Nötigste einkaufen will, findet inzwischen eine Vielzahl dieser Tante-Emma-Läden wieder. Sie sprießen wie Pilze aus dem Boden. Auf dem Land haben sich die Tankstellen zu kleinen Supermärkten entwickelt. Bald 100 Jahre nach Inkrafttreten des Weimarer Verfassungsartikels sollte eigentlich dessen Ende endlich eingeleitet werden. Das Internet macht nicht an der Lüneburger Heide, Niedersachsen oder Deutschland halt, sondern verändert auch den Einzelhandel und seine Vertriebswege fundamental. Wer davor die Augen verschließt und meint, wir könnten uns hinter einem starren Arbeitsrecht, Landesöffnungsgesetzen oder Weimarer Verfassungsartikeln verstecken, wird erleben, dass die Menschen am Ende mit den Füßen abstimmen. Davon werden weder der Einzelhandel, noch der Online-Handel in Deutschland profitieren, sondern lediglich neue Geschäftsmodelle andernorts entstehen. Dann können die Grünen zwar beruhigt „Hermann Löns, die Heide brennt“ beim Autofasten singen, die Freiheit selbst über das eigene Leben zu entscheiden, ist aber für die Bürger wieder ein Stückchen kleiner geworden.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

Photo: joiseyshowaa from Flickr (CC BY-SA 2.0)

Von Dr. Hubertus Porschen, Vorsitzender des Verbandes “Die Jungen Unternehmer“, CEO der App-Arena GmbH.

Der Begriff Populismus schwirrt fast täglich durch die Medien. Gerade in Wahljahren könnte man meinen, jeder Politiker sei Populist. Dieses oder jenes sei „populistisch“, heißt es dann vom anderen Lager. Ein klarer Vorwurf. Ursprünglich beschreibt Populismus aber nichts anderes als „Volksnähe“. Das ist an sich nichts Schlechtes. Im Gegenteil, es ist ein elementarer Bestandteil unserer Demokratie. Populismus gibt auf schwierige Fragen einfache Antworten. Diese durchdringen das Thema selten, sie geben uns jedoch Hinweise. So können wir ableiten, in welche Richtung die Reise gehen soll und welche politische Idee unserer eigenen am nächsten kommt. Voraussetzung dafür ist, dass man kritisch hinterfragt und sich bemüht, negative Konsequenzen in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.

Populismus heute

Durch permanente Reizüberflutung und Informationsüberschuss in der modernen Welt sind wir dankbar für einfache und appetitliche Häppchen seitens der Politik. Die Versuchung ist groß und so kommt das Nachdenken und Hinterfragen leider oft zu kurz. Das ist die eigentliche Gefahr des Populismus. Die Konsequenzen sind besorgniserregend. So setzen wir leichtsinnig mal eben die Grundwerte und größten Errungenschaften unserer Gesellschaft aufs Spiel: Freiheit und Wohlstand. Ich möchte hier einmal zwei vermeintliche Antworten beleuchten, die besonders im Trend liegen.

Aktuelle Beispiele

Anti-Freihandel: Der US-amerikanische Präsident Donald Trump, die Befürworter-Partei des Brexit UKIP und auch TTIP- und Freihandelsgegner stehen für eine national ausgerichtete Handelspolitik. Sie betreiben oder planen wirtschaftlichen Protektionismus, also handelspolitische Maßnahmen zum Schutz der inländischen Wirtschaft gegen ausländische Konkurrenz. Wenn man nur eine Sekunde darüber nachdenkt, könnte einem recht schnell klar sein, dass ein solcher Ansatz in einer globalisierten und vernetzten Welt nur zum Schlechten führen kann. Kurzfristig lohnt es sich vielleicht, doch schon auf mittlere Sicht fehlen Innovationen und auch der internationale Wettbewerb. Das Wachstum von Unternehmen ist durch den ausschließlich inländischen Handel streng limitiert. Auch andere Länder fangen an sich abzuschotten. So wird jeder Export durch hohe Transaktionskosten unattraktiv. Geschichte würde sich wiederholen. Schon die Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren zeigte auf, wozu Protektionismus führt. Die Weltwirtschaft schrumpfte um ein Drittel. Eine erst mal in Gang gesetzte Protektionismusspirale würde unseren Wohlstand in Armut umkehren und Fortschritt extrem bremsen. Die Leidtragenden wären die kommenden Generationen.

Die angeblich fehlende Gerechtigkeit: Die SPD geht dieses Jahr mit dem Thema soziale Gerechtigkeit auf Stimmenfang. Sie zeichnet öffentlich ein dunkles Bild des Allgemeinwohls, beispielsweise mit dem Armuts- und Reichtumsbericht. Man könnte denken, Deutschland sei ein Entwicklungsland. Hier werden systematisch die extremen Fälle – sehr arme oder superreiche Bürger – in den Fokus gestellt. So wird wirksam davon abgelenkt, dass der Großteil der Deutschen von ihrem Einkommen ordentlich leben können, ihre Miete bezahlen, ihre Kinder zur Uni schicken und regelmäßig in den Urlaub fahren. Belegt wird das durch steigende Reallöhne, die geringe Arbeitslosigkeit und Rentenerhöhungen. Die Gesellschaft wird durch gegenteilige Äußerungen weiter gespalten anstatt zusammengeführt. Wir leben in einem der wohlhabendsten Länder der Erde mit guten sozialen Absicherungen. Weitere enorme Umverteilungspläne würden zu Lasten der Jungen gehen und dabei weiterhin die „echten“ Armen – beispielsweise Alleinerziehende – außer Acht lassen.

Aufmerksamkeit mit allen Mitteln

Die ursprüngliche Definition von Populismus ist nichts Schlechtes, der moderne Gebrauch ist es jedoch schon. Themen mit Aufreger-Potenzial werden schamlos ausgenutzt, um im medialen Dschungel Stimmen und Aufmerksamkeit zu gewinnen. Es werden Scheinlösungen für Pseudoprobleme angeboten und das Schlimmste ist: Wir fallen darauf rein! Wir sollten wieder anfangen uns – auch wenn sie nicht so emotional scheinen – wichtigen Themen, wie dem demographischen Wandel, einer Neuausrichtung Europas, oder Bildungsreformen zu widmen. Die bleiben derweil auf der Strecke. Der Populismus-Trend muss aufgehalten werden. Wir brauchen dringen wieder einen nüchterneren Blick auf die Dinge und statt heißer Herzen wieder kühle Köpfe.


Dr. Hubertus Porschen ist ehrenamtlicher Bundesvorsitzender des Wirtschaftsverbands DIE JUNGEN UNTERNEHMER, Gründer und Geschäftsführer der App-Arena GmbH in Köln sowie promovierter Volkswirt. Im Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl initiiert der Verband die Kampagne „Germany´s next Bundeskanzler/in“. Hier soll die Stimme der jungen Generation gefunden werden, die die Interessen der Erst- und Zweitwähler am besten vertritt. Die Kampagne soll junge Wähler für Politik begeistern.

Von Frank Schäffler und Clemens Schneider.

Mit diesem Text starten wir unsere Kampagne für Freihandel. Mehr Informationen finden Sie auf unserer Kampagnen-Website unter http://freetrade.world/de/

1.  Freihandel: der Motor einer humaneren Welt

Präsident Trump macht Freihandel für den Verlust von Arbeitsplätzen verantwortlich. Ein breites Bündnis linksgerichteter Organisationen in Europa sieht mit dem Freihandel alle Verbraucherschutz-Standards kollabieren. Das sind Ablenkungsmanöver zum Schutz von Privilegien einiger weniger. Dass es uns heute weltweit, in Europa und Deutschland so gut geht wie noch nie in der Geschichte, ist wesentlich ein Verdienst der zunehmenden Liberalisierung des Welthandels.

2. Freihandel schafft Frieden

Je intensiver Völker und Staaten über den Handel miteinander verbunden sind, umso unwahrscheinlicher wird es, dass sie miteinander Krieg führen. Der Handel steigert die gegenseitige Abhängigkeit. Durch die wirtschaftliche Verflechtung entsteht in der Bevölkerung immer mehr Widerstand gegen Konflikt und Krieg. Keiner hat ein Interesse daran, aufgrund politischer Aggressionen seine Waren nicht mehr verkaufen oder andere Waren nicht mehr zu günstigen Preisen erwerben zu können. Propaganda gegen den Feind verfängt nicht mehr, wenn man ihn kennt und mit ihm in Geschäftsbeziehungen steht. Immer mehr Handel zwischen den Staaten treibt den Preis für Krieg beständig in die Höhe. Zugleich erhöht sich der Wohlstand durch Handel viel schneller und nachhaltiger als durch Eroberung.

3. Freihandel ist fairer Handel

Handelsbeschränkungen in Form von Zöllen, aber auch von Standards und Regulierungen, verschaffen einigen wenigen Einheimischen Vorteile gegenüber Fremden. Gerade die Gruppen, die am besten organisiert sind, nutzen ihren politischen Einfluss, um sich vor der Konkurrenz jenseits der Grenze zu schützen. Es sind oft Großkonzerne und Großgewerkschaften, die sich durch protektionistische Politik diese Privilegien sichern. Dagegen ermöglicht Freihandel jedem Anbieter und jedem Konsumenten Zugang zum Markt. Er verhindert Diskriminierung und ermöglicht jedem Marktteilnehmer eine Chance, unabhängig von seiner Herkunft, seinem Geschlecht, seiner Meinung oder seiner gesellschaftlichen Stellung.

4. Freihandel hilft den Schwachen

Eine der Gründergestalten der Sozialen Marktwirtschaft, Franz Böhm, bezeichnete den Wettbewerb einmal als „das genialste Entmachtungsinstrument der Geschichte“. Diese Beobachtung gilt auch für den Freihandel. Wer reich ist, kann sich auch höhere Preise leisten. Von Handelsbeschränkungen sind am stärksten die Geringverdiener, die mittelständischen Unternehmen, die einfachen Bürger betroffen. Sie müssen die höheren Preise bezahlen und finanzieren durch ihre Steuern die Subventionen für die wenigen Privilegierten mit. Alle müssen zurückstecken, damit einige wenige einen Vorteil haben. Dahingegen ist Freihandel vor allem für die Starken eine Gefährdung, weil er den Schwachen eine Chance zum Aufholen bietet – im eigenen Land und auf der ganzen Welt. Wer Marktmacht brechen will, muss über Freihandel den Wettbewerbsdruck erhöhen.

5. Freihandel stärkt das Individuum

Freihandelsgegner argumentieren, man müsse „unsere Industrie“ schützen oder „unsere Standards“ durchsetzen. Dahinter steckt das antiquierte Denkschema von „wir gegen die“, der Kollektivismus und Nationalismus, der die Welt so oft ins Unglück gestürzt hat. Der Freihandel dagegen ist blind gegenüber Nationen, einzelnen Wirtschaftszweigen oder irgendeinem anderen Kollektiv. Vor ihm zählt nur die kleineste Einheit im Wirtschaftsleben: das Individuum. Wo er herrscht, muss sich kein Individuum einem größeren Wir unterordnen. Der Freihandel lässt zu, dass die einzelnen Vertragsparteien entscheiden, welche Waren und Dienstleistungen sie kaufen und verkaufen. Freihandel ist eine kosmopolitische Idee. Es überrascht nicht, dass in der gegenwärtigen Renaissance nationalistischer Ideen der Freihandel stark in die Defensive gerät, war er doch immer ein Motor der Entnationalisierung.

6. Freihandel ist die beste Entwicklungshilfe

Inzwischen hat sich fast überall die Erkenntnis durchgesetzt, dass es weder hilft, die Machthaber und Bürokratien in Entwicklungsländern durch finanzielle Unterstützung zu stützen, noch einheimische Märkte durch eine Flut von Hilfsgütern zu zerstören. Die größte Chance für die ärmeren Länder dieser Welt liegt darin, dass wir ihnen unsere Märkte öffnen. Dass seit 1990 der Anteil der Weltbevölkerung, die in extremer Armut lebt, von 37 auf unter 10 Prozent zurückgegangen ist, liegt wesentlich an der seit dieser Zeit vorangeschrittenen weltweiten Liberalisierung des Handels. Seit 2001 bzw. 2009 hat die EU zwar ihre Märkte bereits für die etwa 50 ärmsten Länder der Welt komplett geöffnet. Doch es gibt noch eine Vielzahl von Hürden, die Produzenten und Händler aus diesen Ländern überwinden müssen. Regulierungen und Standards, die Monat für Monat mehr werden, machen es für sie zum Teil unmöglich, ihre Produkte hierzulande anzubieten. Auch das gehört zum Freihandel: der Abbau von Schranken, die dadurch entstehen, dass kleine Gruppen ihre Vorstellungen über Gesetze und Regulierungen anderen aufdrängen.

7. Freihandel ermöglicht mehr Teilhabe

Ludwig Erhard bezeichnete den Versuch, den Handel einzuschränken, als „puren Egoismus“. Freihandel schafft eine Vielzahl von Gelegenheiten für Menschen, die bisher von der Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand und Fortschritt ausgeschlossen waren, auch von diesen Vorteilen zu profitieren. Für die einen werden Produkte und Dienstleistungen günstiger, weil es ein breiteres Angebot und mehr Konkurrenz gibt. Für die anderen ergeben sich neue Gelegenheiten, Geld zu verdienen, indem sie sich neue Märkte erschließen. Dadurch werden auch Ressourcen freigesetzt, die anderswo eingesetzt werden können: Hierzulande kann vielleicht einer für eine nachhaltige Investition sparen, während in einem Entwicklungsland jemand die finanziellen Möglichkeiten bekommt, die Bildung seiner Kinder zu finanzieren. Wohlstand und Fortschritt sind dann nicht mehr ein Privileg kleiner Gruppen, sondern für alle da.

8. Freihandel fördert Wohlstand

Indem Barrieren abgeschafft werden, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, Arbeitskraft, Talent und Ressourcen zu kombinieren. Je leichter es wird, auch über Grenzen hinweg mit anderen zu kooperieren, umso schneller können Innovationen entstehen. Es entstehen mehr und bessere Produkte zu geringeren Preisen. Es erschließen sich neue Absatzmärkte und so entstehen auch neue Arbeitsplätze. Dabei steigt nicht nur die Quantität der Produkte, sondern auch die Qualität. Gerade im Blick auf Anliegen wie menschenwürdige Arbeitsbedingungen und umweltschonende Produktionsmethoden besteht inzwischen ein hoher Anspruch in vielen entwickelten Staaten. Wenn westliche Märkte auch Anbietern aus Entwicklungsländern offenstehen, wächst der Druck auf sie, diesen Vorstellungen zu entsprechen. Besser und zielgenauer als jedes Programm internationaler Organisationen kann der Druck der Konsumenten zu einer Verbesserung der Arbeits- und Umweltbedingungen in Entwicklungsländern beitragen.

9. Freihandel ist ein Prozess des Fortschritts

Der Abbau von Handelsschranken war immer ein steiniger Weg. Das erste Freihandelsabkommen wurde 1860 auf Anregung von Richard Cobden zwischen England und Frankreich formuliert. Es schaffte nicht alle Zölle und Handelsbeschränkungen auf einen Schlag ab, sondern reduzierte diese sukzessive. Auch heute geht es nicht um alles oder nichts, sondern um ein permanentes Reduzieren von Handelshemmnissen. Dabei muss man natürlich manchmal Kompromisse machen. Auch Handelsabkommen und WTO-Vereinbarungen haben mancherlei Schwachstellen. Aber jeder Schritt zu einem freieren Handel ist wichtig. Und unsere demokratischen Institutionen erlauben uns ja zum Glück auch, aus Fehlern zu lernen, so dass wir immer bessere Abkommen schließen können. Die Geschichte der Globalisierung zeigt: diese vielen kleinen Schritte in die richtige Richtung sind Teil eines Fortschritts, der am Ende allen zugutekommt.

10. Auf die Straße für den Freihandel!

Im 19. Jahrhundert gab es, zunächst in Großbritannien, dann auch in ganz Europa, eine Massenbewegung für den Freihandel. Gerade die einfachen Leute, die Arbeiter und kleinen Unternehmer gingen auf die Straße, um gegen Zölle und Handelshemmnisse zu protestieren. Wer heute die Macht kleiner Interessengruppen einschränken will; wer den Armen hierzulande und in aller Welt neue Chancen ermöglichen will; wer etwas gegen Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Konflikte tun will – der muss auch heute wieder für den Freihandel auf die Straße gehen. Ein Ende der Abschottungspolitik, nicht nur durch Zölle und Subventionen, sondern auch durch Regulierungen und Standards, kann diese Welt ein Stück besser machen. Es wären Meilensteine auf dem Weg zu jener Welt, die sich Richard Cobden vor 170 Jahren erträumte, als er den Anhängern seiner Freihandelsbewegung zurief: „Ich sehe, dass das Freihandelsprinzip die moralische Welt bestimmen wird wie das Gravitationsprinzip unser Universum: indem es Menschen einander nahebringt; indem es den Gegensatz der Rassen, Bekenntnisse und Sprachen beseitigt; indem es uns in ewigem Frieden aneinander bindet …, wenn die Menschheit erst eine Familie geworden ist und Mensch mit Mensch aus freien Stücken die Früchte seiner Arbeit brüderlich austauscht.“