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Photo: Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Dr. Andreas Hoffmann, Institut für Wirtschaftspolitik Universität Leipzig.

Anstatt die Entwicklung der Geschäftstätigkeit und die durch die Rückendeckung des Staates ermöglichten Gewinne der KfW der vergangen Jahre zu preisen, sollte der Fokus auf den fragwürdigen Einfluss der KfW auf die Verteilung von Ressourcen und die dadurch entstehenden Risiken für die Steuerzahler gelenkt werden.

Während private Banken des Euro-Währungsgebiets weiterhin ums Überleben kämpfen und in den vergangenen Jahren ihre Bilanzsummen reduzierten, genießen staatlich-gelenkte Förderbanken einen Aufschwung. Öffentliche, zum Teil außerhalb des regulatorischen Rahmens agierende Förderbanken wie die deutsche KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) oder das spanische ICO (Instituto de Crédito Oficial) haben ihre Aktivitäten jüngst deutlich ausgebaut. Das ist besorgniserregend, weil die durch implizite staatliche Sicherheitsgarantien gestützten Förderbanken dazu neigen, zu viele und dabei auch noch die falschen Projekte zu finanzieren.

KfW: Förderbank so groß wie die Commerzbank

Die deutsche KfW, für die Zuteilung von Marshall-Plan-Geldern nach dem 2. Weltkrieg gegründet, rangiert in Bezug auf ihre Bilanzsumme inzwischen Kopf an Kopf mit der Commerzbank – der zweitgrößten privaten Bank Deutschlands. Vor 10 Jahren war die Bilanzsumme der zweitgrößten privaten Bank in Deutschland noch fast doppelt so groß wie die der KfW. Diese war 2007 lediglich die neuntgrößte Bank Deutschlands.

 

 

Mitunter euphorisch wird von den jüngsten hohen Gewinnen der KfW in für Banken schwierigen Zeiten berichtet. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Länder des Euro-Währungsgebiets wie z. B. Portugal (2014), die zuvor keine solchen öffentlichen Förderbanken hatten, in den letzten Jahren welche gründeten, um das scheinbare Erfolgsmodell KfW zu kopieren.

Hehre Ziele, besorgniserregende Entwicklung

Hehre politische Ziele stehen hinter der Förderbank-Idee: Staatliche Förderbanken sollen Unternehmen finanzieren, die von privaten Banken keine Kredite bekommen, aber höchstwahrscheinlich profitabel sind bzw. einen positiven Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der Länder oder anderer Länder liefern. Staatliche Förderbanken sollen folglich sowohl identifizierte Fälle von Marktversagen beheben, indem sie für ausgewählte Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt verbessern, als auch Industrien unterstützen, die zwar derzeit noch nicht profitabel sind, aber in Zukunft zur Prosperität aller beitragen können.

Trotz der edlen Ziele der Förderbanken ist ihr Wachstum in den vergangenen Jahren aus mehreren Gründen besorgniserregend.

KfW: Zu viele Projekte

Erstens, explizite und implizite Garantien des deutschen Staates geben der KfW gegenüber ihren privaten Konkurrenten einen Wettbewerbsvorteil. Die staatliche Bank kann sich durch die Garantien günstiger mit Eigen- und Fremdkapital eindecken und ihren Kunden so Leistungen zu niedrigen Preisen anbieten, ohne Verluste zu schreiben. Die relative Attraktivität der Angebote der KfW tragen anscheinend dazu bei, dass Kunden von privaten Banken abwandern, auch in Fällen, in denen recht offensichtlich kein Marktversagen korrigiert wird. So ist beispielsweise das Exportfinanzierungsgeschäft der Ipex, einer Tochter der KfW, sehr profitabel. Zu den Kunden der Ipex gehören wohlbekannte Unternehmen wie BMW oder United Airlines, die weder in Märkten aktiv sind, die sich offensichtlich durch Marktversagen auszeichnen, noch Schwierigkeiten haben dürften, für profitabel anmutende Projekte Finanzierungen von privaten Anbietern zu erhalten.

Einerseits wird durch derartiges Geschäftsgebaren der KfW der Wettbewerb im Bankensektor durch den Staat zum Nachteil der übrigen Marktteilnehmer verzerrt. Andererseits besteht die Gefahr, dass durch die günstigen Konditionen der KfW vermehrt Projekte finanziert werden, deren erwartete Rendite für private Banken zu niedrig wäre, um die Finanzierungsrisiken einzugehen. So werden Ressourcen nicht bestmöglich eingesetzt.

KfW: Die falschen Projekte

Zweitens, ergeben sich Lenkungseffekte durch die Kreditvergabemethoden der KfW. Zum Teil ist das gewollt. Die KfW soll Unternehmen in Industrien unterstützen, die von privaten Anbietern keine ausreichende Finanzierung erhalten. Mithilfe von KfW-Programmen werden jedoch auch Unternehmen aus Branchen subventioniert, die nicht in das Anforderungsprofil förderungswürdiger Projekte zu passen scheinen (beispielsweise Wohnungsbau).

Die KfW nimmt so nicht nur Einfluss auf die Allokation von Ressourcen auf verschiedene Industriebereiche, sondern beeinflusst auch die Zusammensetzung der von privaten Banken gehaltenen Kreditportfolios. Konzentrieren sich die von Banken gehaltenen Kreditausfallrisiken aufgrund der Förderprogramme der KfW auf ausgewählte Branchen, sind sie möglicherweise in industriespezifischen Krisenzeiten weniger robust, als sie es in Abwesenheit der KfW Interventionen wären.

Durch die Aktivitäten der KfW werden also tendenziell nicht nur zu viele Kredite vergeben, sondern zu viele Projekte in einigen ausgewählten Industrien finanziert.

KfW: Fehlurteile unvermeidbar

Drittens, die hehren Ziele der KfW sind zu ambitioniert. Auch dem gutmütigsten sozialen Planer ist es unmöglich, fehlerfrei Fälle von Marktversagen und Zukunftsindustrien zu identifizieren. Selbst wenn die KfW versuchte, sich strikt auf ihren Auftrag zu beschränken, wäre sie aufgrund des unweigerlich unvollständigen Wissens ihrer Entscheidungsträger zum Scheitern verurteilt.

Wird zusätzlich in Betracht gezogen, dass die jeweilige Agenda der tonangebenden Politiker das Verhalten der KfW beeinflusst, schwindet das Vertrauen in die Fähigkeit der KfW, Marktversagen zu korrigieren und Zukunftsindustrien zu fördern, weiter. Die politisch beeinflussten Fehlurteile der KfW können so im Ernstfall hohe wiederkehrende Subventionen nach sich ziehen oder schmerzhafte Reallokationen von Ressourcen erfordern.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Da die Bilanzsumme der Förderbank in den letzten Jahren bereits erheblich ausgeweitet wurde, ist es wahrscheinlich, dass im Namen der Finanzierung vermeintlicher Zukunftsinvestitionen und der Behebung von Marktversagen erhebliche Risiken in den Bilanzen der öffentlichen Banken akkumuliert wurden, die bis dato im Bundeshaushalt keine Rückstellungen nach sich zogen. Anstatt die Entwicklung der Geschäftstätigkeit und die durch die Rückendeckung des Staates ermöglichten Gewinne der KfW der vergangen Jahre zu preisen, sollte deshalb der Fokus auf den fragwürdigen Einfluss der KfW auf die Verteilung von Ressourcen und die dadurch entstehenden Risiken für die Steuerzahler gelenkt werden.

Erstmals erschienen bei IREF.

Photo: rickpilot_2000 from Flickr (CC BY 2.0)

Wenn sich die Deutsche Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht mit der Blockchain-Technologie (Distributed-Ledger-Technologie) beschäftigt, die hinter der digitalen Währung Bitcoin und anderer steckt, dann ist das schon fast eine Sensation. Bislang war alles um die private Währung Bitcoin herum den Bundesbankern höchst suspekt. Mal warnten sie vor Totalverlust, mal vor der hohen Volatilität und ein anderes Mal vor der mangelnden staatlichen Aufsicht.

Gerade hat Estland die Idee einer staatlichen Kryptowährung „Estcoin“ vorgeschlagen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat wohl auch deshalb vor dieser Entwicklung gewarnt: Eine durch Zentralbanken herausgegebene digitale Währung hätte ein viel größeres Potential für einen Bankrun als das heutige analoge Geld. Weidmann argumentierte, dass sich eine Bank gegen den Abzug digitalen Geldes nicht schützen könne, und daher das Finanzsystem viel stärker gefährdet sei. Das ist eine bemerkenswerte Aussage, denn der Notenbank-Chef offenbart damit eigentlich die Schwäche des eigenen staatlichen Geldsystems. Es ist durch die Geldproduktion aus dem Nichts erst so anfällig geworden. Erst dadurch, dass Banken Kredite und damit neues Geld aus dem Nichts produzieren können, ist es anfällig für Bankruns. Denn dieses Geld ist als Bargeld nicht ausreichend vorhanden. Weniger als 10 Prozent der Geldmenge ist Bargeld, der Rest ist Giralgeld, das auf den Konten herumliegt oder im Geldkreislauf digital unterwegs ist.

Wollen alle Kunden einer Bank zur gleichen Zeit an ihr Geld und sich dieses als Bargeld auszahlen lassen, macht die Bank „Ferien“ und schließt die Schalter auf unbestimmte Zeit. In Argentinien, Griechenland und Zypern war das gerade Fall. Daher ist die Sorge Weidmanns durchaus berechtigt. Weidmann bewegt sich jedoch gedanklich in seinem geschlossenen System und verlässt dieses geistige Gefängnis nicht.

Auch im Monatsbericht der Bundesbank wird lediglich darüber nachgedacht, wie eine digitale staatliche Währung oder die Verwendung der Blockchain-Technologie zu Vorteilen für das staatliche Geldsystem führen kann. Im Bericht heißt es dazu: „Bislang ist nicht erkennbar, dass der Einsatz der Digital-Ledger-Technologie im Zahlungsverkehr in einem einheitlichen Währungsraum im Vergleich zu etablierten Abwicklungssystemen Effizienzgewinne erzielen kann.“ Das ist natürlich viel zu kurz gesprungen. Denn es geht nicht darum, im Rahmen eines Großversuches allen ein neues, besseres Zahlungs- oder Wertpapierabwicklungssystem überzustülpen, sondern einen Wettbewerb der Systeme zuzulassen. Denn diese „Effizienzgewinne“ des derzeitigen Systems werden mit einem enormen Aufwand erkauft. Allein für die Überwachung der Banken sind im weltweiten Regulierungsprozess direkt über 110.000 Angestellte beschäftigt. Schätzungen gehen davon aus, dass das Sechsfache davon zusätzlich bei Zuarbeitern in anderen Wirtschaftszweigen (IT, Wirtschaftsprüfer, etc.) hinzukommt (Bernd Lüthje: „Basel Vier. Das Ende des Basel-Regimes“, 2013).

Doch eines zeigt der Bundesbank-Bericht sehr deutlich. Die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie im Finanzsektor sind durch die hohen Regulierungshürden begrenzt. Letztlich haben die Bundesbank und die EZB überall den Daumen drauf. Ohne sie läuft nichts. Die Wahrscheinlichkeit, dass Beamte in Frankfurt die Anwendung der Blockchain-Technologie bei Banken und Versicherungen zulassen, ist so wahrscheinlich, wie dass Martin Schulz Bundeskanzler wird.

Daher werden die Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain-Technologie sicherlich nicht zuvorderst im Bankensektor stattfinden, sondern in Wirtschaftsbereichen, die weniger stark reguliert werden. Hier wird sich die Digital-Leger-Technologie viel eher durchsetzen und Anwendungsmöglichkeiten finden. Doch eines sollte auch der Deutschen Bundesbank klar sein: In einer offenen Welt lassen sich Entwicklungen dieser Art nicht aufhalten. Man kann sie im eigenen Land hemmen, sanktionieren oder zu verhindern versuchen, letztlich finden sie dann andernorts statt. Politik kann die Gesetze des Marktes verzögern, aber nicht dauerhaft ausschalten.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

Photo: John Phillips from Wikimedia Commons (CC BY 2.0)

Von Ralph Bärligea, Bankenberater, Hochschuldozent und Gesellschafter eines IT-Start-ups.

Die letzten Tage ging es heiß her: Die chinesische Regierung verbietet den Börsenhandel mit Kryptowährungen. Mit BTCChina schließt eine der größten Börsen für Kryptowährungen. Der Kurs eines Bitcoins lässt von seinem Allzeithoch von rund 4.900 US-Dollar um mehr als ein Drittel nach auf rund 3.050 US-Dollar. Auch die Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen zusammengenommen, hat von ihrem Höchststand bei rund 172 Milliarden US-Dollar auf rund 107 Milliarden US-Dollar in gleicher Weise nachgelassen. Dazu kommen Aussagen wie kürzlich auch vom Chef der US-Großbank JP Morgan Jamie Dimon, der Bitcoin sei Betrug, ein Schneeballsystem und schlimmer als die Tulpenzwiebelblase. Es ist darum angebracht, sich mit den Hintergründen des jüngsten Kurseinbruches und den Vorwürfen gegen Kryptowährungen sachlich auseinanderzusetzen, um den Bedenkenträgern Antworten auf ihre Fragen zu geben. Die fünf häufigsten Bedenken gegen Kryptowährungen sind nämlich schlicht falsch, wie der folgende Beitrag zeigt.

Kryptowährungen sind unabhängig von zentralen Handelsbörsen

Als ich vor zwei Wochen bei einer Podiumsdiskussion mit Dirk Schrade von der Deutschen Bundesbank sprach, äußerte sich dieser moderater, aber ähnlich skeptisch wie JP Morgan Chef Dimon. Er führte außerdem an, dass Kryptowährungen ebenso wie jede andere Währung auf eine Infrastruktur klassischer Finanzintermediäre, wie Wallet-Anbieter und Börsenplätze, angewiesen seien und insofern gar keine Vorteile gegenüber klassischen Währungen böten.

Wenn man sich den Kurseinsturz in Folge des Börsenverbots in China ansieht, scheint Dirk Schrade damit nicht Unrecht zu haben. Dennoch stimmt seine Aussage nicht ganz. Kryptowährungen funktionieren grundsätzlich dezentral und natürlich lässt sich auch der Handel mit ihnen dezentral organisieren. Zentrale Börsenplätze wie BTCChina stellen eine Brücken-Technologie des alten Internets 1.0 und 2.0 dar, die das gewohnte Nutzungsverhalten der Internet-User bedienen und so Kryptowährungen zu mehr Verbreitung verhelfen. Mittel bis langfristig werden solche Börsen in Web und Industrie 4.0 allerdings überflüssig, da auch zur Abwicklung des Handels dezentrale Blockchain-Technologien zur Verfügung stehen, die kostengünstiger und sicherer sind. Denn Handel lässt sich über Smart Contracs auf der Blockchain auch ganz ohne zentrale Börsenbetreiber organisieren, womit Kosten für und Vertrauen in solcher Betreiber gar nicht mehr erforderlich sind. Der Vorwurf, Kryptowährungen seien auf klassische Finanzintermediäre angewiesen, ist als ob man den ersten Automobilkonzernen vorgeworfen hätte, dass sie die Teile zum Bau ihrer Autos, immer noch mit Pferdefuhrwerken antransportieren. Tatsächlich gab es solche Meinungen, zum Beispiel sagte Kaiser Wilhelm der Zweite (1859 – 1941), „Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“ Wer heute glaubt, Kryptowährungen seien eine vorübergehende Erscheinung, denkt ähnlich, denn ihre Vorteile liegen zu klar auf der Hand. An dieser Stelle sei auf eine hervorragende Zusammenfassung von Dr. Robert Bosch verwiesen, der die ökonomische und technische Funktionsweise der Blockchain-Technologie in der WELT erklärt.

Kryptowährungen haben mit Schneeball- und Betrugssystemen nichts gemeinsam

Ein Schneeballsystem ist per Definition ein System, aus dem Auszahlungen an bestehende Teilnehmer nur durch Auszahlungen aus der Substanz und Einzahlungen neuer Teilnehmer finanziert werden. Gewinne können die Einleger also nur machen, wenn immer neue Einzahlungen hinzukommen und das System immer mehr Teilnehmer erhält. Da aber die Anzahl möglicher Teilnehmer naturgemäß begrenzt ist, muss ein solches System früher oder später zusammenbrechen. Für diejenigen, die als Letzte in ein solches System einsteigen, winkt der Totalverlust. Anders sieht es bei Kryptowährungen aus, bei welchen es sich um eigenständige digitale Einheiten handelt, die über die ihnen zu Grunde liegende Blockchain-Technologie fälschungssicher einem Eigentümer, bzw. Wallet-Inhaber zugeordnet werden. Diese digitalen Einheiten existieren autonom und in einer durch den jeweiligen Algorithmus der Kryptowährung klar definierten Menge: Meistens, wie beim Bitcoin, und anders als beispielsweise bei allen staatlichen Währungen, mit einer vorab klar definierten Obergrenze. In das System einer Kryptowährung, werden keine Einzahlungen getätigt, es existiert selbständig digital, unabhängig von der Anzahl der Nutzer oder seinem Wert. Wie prinzipiell auch bei klassischen Währungen in Barform, gibt es bei der Kryptowährung, die man einfach wie einen Gegenstand besitzt, kein Verlustrisiko, es sei denn, man verliert sie, oder sie wird gestohlen. Lediglich für die Kaufkraft, also den Wert der Kryptowährungen gegenüber anderen Gütern gibt es Risiken. Dieses Risiko gilt aber für alle anderen Geldarten ebenso.

Kryptowährungen unterliegen denselben ökonomischen Regeln wie staatliche Währungen

Die digitalen Einheiten der Kryptowährungen werden wegen ihrem Nutzen als Geld und Anlageobjekt nachgefragt und haben, wie klassische Währungen auch, einen Marktwert. Wie wir wissen, erhöhen die staatlichen Zentralbanken ihr Geldangebot durch das Drucken neuen Geldes digital oder in Papierform ständig und beeinflussen damit auch den Marktwert der jeweiligen Währung. Die Geldmenge von beispielsweise Bitcoin jedoch ist begrenzt, in diesem Fall auf 21 Millionen. Das Zentralbankgeld der Staaten, ob in digitaler Form als Zentralbankguthaben der Banken, oder in Form von Scheinen und Münzen, ist ebenso eine rein virtuelle Einheit und durch nichts gedeckt, außer dem Glauben, sich auch in Zukunft noch etwas für das Geld kaufen zu können, bzw. dem Vertrauen, dass es in naher Zukunft keine echte Alternative geben wird. Dieses Geld wird zentral kontrolliert, was es manipulationsanfällig macht. Die Schaffung immer größerer Geldmengen, sowie bei der Rettung von großen Banken und insolventen Staaten durch Zentralbankgeld machen das Ausmaß der Eingriffe deutlich. Finanziert werden diese Eingriffe durch die Geldverwender, deren Geld- und Sparguthaben dadurch an Wert verlieren.

Verschuldete Staaten und Banken hingegen sind auf immer mehr und neues „billiges“ Geld, also neue Einzahlungen der Zentralbank in das System angewiesen. Tatsächlich wächst die Geldmenge bei staatlichen Währungen wie dem Euro sogar exponentiell. Seit der Euro-Einführung hat sich die Geldmenge in der Euro-Zone beispielsweise schon verdreifacht. Es ist kaum vorstellbar, dass sich solche Währungen dauerhaft auf dem Markt durchsetzen können, sofern es ausreichend Alternativen gibt. Darum nehmen sowohl die Zentralbanken als Betreiber als auch Staaten und Banken als Profiteure staatlicher Währungen Kryptowährungen als Konkurrenten sehr ernst. Denn je mehr Kryptowährungen sich durchsetzen, desto schwächer wird der Einfluss der Zentralbanken auf die Wirtschaft und die Verteilung von Geld. Derzeit ist das global vorherrschende Tauschmittel noch immer das Gold, welches darum nicht ohne Grund und mit großem Respekt von Zentralbanken als Rückversicherung für ihre Vormachtstellung am Geldmarkt gehalten wird. Der wohl bekannteste Zentralbankchef der Welt Alan Greenspan meint hierzu „Gold ist eine Währung – Es ist noch immer die wichtigste Währung, an die keine andere Währung herankommt – inklusive des Dollars.“

Kryptowährungen haben einen fundamentalen Wert in ihrer Rolle als Zahlungsmittel

Eine verbreitete Annahme ist, dass Kryptowährungen lediglich als Spekulationsobjekt dienen und gar nicht oder kaum als Geld zur tatsächlichen Abwicklung von Zahlungsvorgängen zum Bezahlen von Gütern und Dienstleistungen genutzt werden. Dann gibt es noch die Aussage, dass die meisten Transaktionen auf den bloßen Handel mit Kryptowährungen zurückzuführen sind oder, und jetzt wird es fast absurd, sogar auf nicht menschlichen Handel allein durch Roboter. Zunächst einmal will ich klarstellen, dass Bitcoin gefolgt von Etherium bereits die führenden Währungen sind, um andere Kyptowährungen und auch sogenannte Kryptoassets zu kaufen. Kryptoassets sind vergleichbar mit Aktien, mit der Ausnahme, dass sie nicht über den klassischen Aktienmarkt, sondern über die Blockchain-Technologie emittiert werden. Ohne diese beiden genannten Kryptowährungen ist es nahezu unmöglich Kryptoassets oder bestimmte Kryptowährungen mit Spezial- oder Nischenfunktionen zu kaufen. Allein dadurch sind diese beiden führenden Kryptowährungen schon unumgänglich. In der Welt der Kryptowährungen und Kryptoassets sind Bitcoin und Etherium längst allgemein akzeptiertes und alltäglich praktiziertes Zahlungsmittel. Auch die Preise anderer Kryptowährungen und Krypotassets werden in dieser Welt in Bitcoin oder Etherium angegeben. Diese beiden Währungen erfüllen also in diesem Bereich nicht nur die Zahlungsmittel-, sondern auch die sich aus ihr ableitende Recheneinheitsfunktion des Geldes. Natürlicherweise wird daher auch Kasse in diesen Währungen gehalten, womit die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes durch sie erfüllt wird. Darüber hinaus beobachten wir, dass immer mehr Händler des alltäglichen Bedarfs den Bitcoin als Währung akzeptieren, darunter Kneipen, Online-Händler und seit kurzem eine japanische Fluglinie. Die Gründe, warum sich Kryptowährungen hervorragend als Geld eigenen sind folgende:

  1. Anders als Gold und ebenso wie staatliche Währungen haben sie keine physisch relevante Größe, lassen sich also leicht und kostengünstig transferieren und lagern.
  2. Analog zu Gold aber im Gegensatz zu staatlichen Währungen sind sie in ihrer Menge limitiert und nicht zentral kontrolliert, wodurch die Inflationsrisiken erheblich sinken.
  3. Anders als bei staatlichen Währungen sind Kryptowährungen für das Überweisen von Geld auf kein Bankensystem angewiesen, womit Administrationskosten und Bonitätsrisiken gegenüber Banken entfallen. Aus den genannten Eigenschaften ergibt sich der fundamentale Wert der Kryptowährungen als Geld.

Kryptowährungen sind grundsätzlich unabhängig von Staaten und Regulierung

Staatliche Entscheidungen wie die Chinas, den Börsenhandel mit Kryptowährungen zu verbieten, haben kurzfristig einen Einfluss auf die Akzeptanz und den Wert der Kryptowährungen. Mittel- bis langfristig müssen sie diesen jedoch verlieren. Als in seiner Anfangsphase der Bitcoin noch Wertschwankungen von über 90 Prozent unterlag nahmen die Staaten keine größere Notiz von ihm. Ob der Wert des Bitcoins in nur wenigen Monaten von beispielsweise 22,59 US-Dollar am 6. Juni 2011 auf nur 2,26 US-Dollar am 14 November 2011 viel, hat nominal betrachtet bei einem derzeitigen Kurs von mittlerweile wieder rund 4.000,00 US-Dollar kaum noch irgendeine Bedeutung. Dass der Kurs kurz vor und nach einer so gravierenden Entscheidung wie dem Börsenverbot auf dem nahezu wichtigsten Markt in China binnen zwei Wochen nur um rund ein Drittel nachgelassen hat, zeigt im Vergleich zur viel schwankungsreicheren gesamten Kurshistorie des Bitcoins, wie untergeordnet der Einfluss staatlicher Interventionen auf Kryptowährungen ist und wieviel wichtiger die fortwährend bestehenden Marktmechanismen sind. Sieht man sich die Kursschwankungen des Bitcoins an, kann man feststellen, dass sie mit seiner zunehmenden Verbreitung immer weiter abnehmen. Dies liegt daran, dass sich durch die zunehmende Verbreitung, Angebot und Nachfrage immer mehr normalisieren.

Plötzliche Wertschwankungen von bis zu 50 oder gar 60 Prozent kommen darüber hinaus auch beim Goldpreis oder auf dem Aktienmarkt vor, während bei staatlichen Währungen historisch betrachtet mehrfach sogar der Totalverlust eintrat. Erst kürzlich hat sich der Butterpreis quasi über Nacht verdoppelt. Solche Wertschwankungen sind also nichts Ungewöhnliches. Staaten, die sich den Vorteilen neuer Technologien, wie den Kryptowährungen versperren, werden auf Dauer wettbewerbliche Nachteile erfahren. Insgesamt haben Staaten auf die Frage, ob sich Kryptowährungen als Technologie durchsetzen werden, genauso wenig Einfluss wie auf die Durchsetzungskraft anderer Technologien, wie etwa der Eisenbahn, dem Flugzeug, dem Computer, der Elektrizität und vieler mehr. Staaten treten häufig als Konsumenten dieser Technologien auf und haben im globalen Wirtschaftsgeflecht einen schwereren Stand, wenn sie nicht in der Lage oder gewillt sind, diese zu nutzen und ein innovationsfreundliches Umfeld zur Schaffung neuer Technologien zuzulassen. Längst hat beispielsweise das viel kleinere Japan China beim Bitcoin-Handel überholt.

Was das richtige Geld ist, ist also keine ideologische Frage, sondern hängt vom praktischen Nutzen ab, also von der Frage, welcher Stoff die Geldfunktionen Tauschmittel, Wertaufbewahrung und Recheneinheit am besten erfüllt. Hier bieten Kryptowährungen klare Vorteile gegenüber staatlichen Währungen, aber eben auch Klassikern wie Gold und Silber. Und es liegt auf der Hand, dass weder Gold, noch Silber und ganz bestimmt auch nicht das Zentralbankgeld der Staaten auf veralteten IT-Systemen, Papierscheinen oder Metallmünzen das Geld der Zukunft im digitalen Zeitalter sein können. Die Zukunft gehört den Kryptowährungen.

Photo: simpleinsomnia from Flickr (CC BY 2.0)

Von Beat Kappeler, freier Journalist (Neue Zürcher Zeitung, Le Temps, Schweizer Monat u. a.).

Der Euroraum hat 33 Mitgliedstaaten, und 14 davon liegen in Westafrika. Deren Exporte sind dadurch schwer behindert, die Importe zu billig, die Industrie kommt deshalb nicht auf und Millionen Junger fliehen ans Mittelmeer. Wie kommt das?

Die ehemaligen französischen Kolonien gehörten immer zur Währungszone des CFA-Franc, der fest an die französische Währung gebunden war. Als Frankreich dem Euro 1999 beitrat, kamen diese 14 westafrikanischen Staaten mit, und dies ohne Parlamentsbeschlüsse oder Volksabstimmungen. Der „nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakt“ Nr. 98/683/EG in Brüssel hielt den Beitritt Westafrikas fest.

Seither sind also die ärmsten Länder der Welt im Euro festgesetzt – und die Folgen sind noch viel dramatischer als für die sonst auch strukturschwachen Mitglieder Griechenland und Portugal. Denn die Mechanik bleibt für alle die gleiche – diese Länder können nicht abwerten, wenn sie wenig konkurrenzfähig sind. Eine Anpassung muss über die „interne Abwertung“ erfolgen, also durch den dauernden Druck auf Preise, Löhne, Staatsausgaben. Ohne Exportchancen, aber mit weit offenen Grenzen für die zu billigen Importe Europas werden Arbeitsplätze vernichtet, es entstehen kaum neue. Dazu wirkt der feste Wechselkurs auch auf die Kapitalströme – die Oberschicht Westafrikas kann ihr Geld zum für sie günstigen, hohen Kurs nach Paris oder Frankfurt senden und dort anlegen. Was Wunder, wenn die jungen Menschen fliehen und diesen verfälschten Handelsströmen und der Ausblutung durch Geldflucht sozusagen nachreisen müssen.

Die betroffenen Länder sind beispielsweise Mali, Kamerun, Niger, Kongo-Brazzaville, Senegal, Togo, der Tschad, die Zentralafrikanische Republik. Es flohen 3 von 14 Millionen aus Mali, Hunderttausende aus Senegal. Sie drängen übers Mittelmeer nach Europa.

Niemand in Europa, vor allem nicht in Frankreich, will diese Wahrheiten sehen. Kanzlerin Merkel auch nicht. Sie hat im Oktober 2016 Niger und Mali besucht, spendete Trost, aber wenig Geld. Ein Marshallplan sei nicht zu haben. Es gehe um mehr als kurzfristige Bekämpfung der Fluchtursachen. Die sofortige und wirksamste Lösung, der Austritt aus dem Euro, wurde aber nicht erwogen.

In der tristen Begleitmusik zur Merkel-Reise fiel manchen Entwicklungsexperten Deutschlands nur ein, man müsse „eine neue Beziehung“ mit Westafrika ansteuern, oder es gelte, „die Entwicklungszusammenarbeit zu überdenken“. Das sind Schablonen und Versatzstücke, welche das Denken gleich schon mal ersetzen, und dies seit je. Kanzlerin Merkel selbst bot den besuchten Ländern „Migrationspartnerschaften“ an. Dies bedeutet aber nur, dass man das Elend der dortigen Jungen gemeinsam bewirtschaftet, ohne die Ursache zu ändern. Dass nur schon aufgrund der empörenden Währungsanbindung diese Länder sich noch viel schlechter stellen als Griechenland und Portugal, dass sie im Gegensatz dazu nicht auf Dutzende von Hilfsmilliarden hoffen können, dass niemand im Leisesten an eine Paritätsänderung ihrer Währungen denkt, zeigt eine geistlose „Analyse“ der Entwicklungsbedingungen. Kritiker stehen nicht an, dies als ausgesprochenen Kolonialismus zu bezeichnen. Frankreich, und seit der Schaffung des Euro alle europäischen Lieferantenländer, haben sich dort die Märkte gesichert, brauchen keine Billigkonkurrenz zu fürchten und halten die dortigen Eliten dank deren Kapitalexporten nach Paris gefügig. Der europäische Einfluss, bis zu gelegentlichen militärischen Eingriffen Frankreichs, hält sich da einen gefälligen Hinterhof.

Den Kontrast zum Armenhaus Westafrika bieten die aufstrebenden Länder Asiens. Sie behielten ihre eigenen Währungen und stellten sie in den Dienst ihres wirtschaftlichen Fortkommens. So wertete Thailand den Baht seit 1998 um 40% ab, die Philippinen den Peso um 20%. Südkorea wertete bei einer Krise seinen Won gegenüber dem Euro, also gegenüber Senegal, Zentralafrika oder Kamerun, von 2005 bis 2009 mal kurz um 60% ab, ließ ihn seither wieder auf den alten Kurs steigen. Jetzt ist Südkorea reich, hat seine Exportmärkte halten können. Außerdem schränkten die asiatischen Länder die Transfers der Währung ins Ausland zu Beginn der Entwicklung stark ein. Deren Oberschichten mussten ihre Gelder zuhause investieren.

Offizielle Stellen und falsche Freunde der „Entwicklung“ argumentieren mit „Stabilität“, wenn sie auf die Euro-Anbindung des CFA-Franc angesprochen werden. Doch was heißt Stabilität, wenn sich ganze Länder um ihre jungen Generationen entleeren, wenn Desindustrialisierung stattfindet? Andere Experten finden, viele andere Umstände behinderten Westafrikas Entwicklung. Es sind solche Hindernisse vorhanden, in großer Zahl – aber wie sollen sie überwunden werden, wenn die Währung schon grundlegende Expansionschancen unterbindet?

In eigener Sache pflegen die Westeuropäer eine ausgeprägte Wehleidigkeit bei Währungsproblemen. Jedes Mal, wenn der Dollar um ein paar Prozentchen zum Euro fällt, fordern die Franzosen von der Zentralbank sofort Maßnahmen, und die deutsche Börse fällt, weil ein paar Exporte leiden könnten. Dass der noble Euro dies den armen Westafrikanern seit einer Generation zumutet, kommt nicht in den Sinn. Kamerun war bis 1918 deutsche Kolonie, heute steckt es mit dem hochproduktiven Deutschland in der gleichen Währungsunion, ohne sich regen zu können. Das ist Unsinn, das ist der Euro als obligate Währung Westafrikas, das ist ein Verbrechen.

Erstmals erschienen beim Austrian Institute.

Photo: Nicolas Alejandro from flickr.com (CC BY 2.0)

 

Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek hatte 1976 in seinem Buch „Die Entnationalisierung des Geldes“ vorgeschlagen, Geld wie jedes andere Gut zu behandeln und dem privaten Wettbewerb auszusetzen. Das erfordert, dass der Staat andere Währungen nicht diskriminiert, indem er sein eigenes Geld nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel definiert und mit einem Annahmezwang verbindet. Wäre dies der Fall, dann würde das gute, also das knappe und werthaltige, Geld das schlechte, nämlich das staatliche und inflationäre, verdrängen oder zur Solidität zwingen. Denn niemand will dauerhaft schlechtes Geld behalten. Hayek glaubte, dass dadurch ein evolutorischer Übergang zu gutem Geld möglich sei, der sonst nur durch schwere ökonomische Verwerfungen gelingen kann. Denn jede klassische Währungsreform hat schwerwiegende Folgen für die Geldhalter, insbesondere dann, wenn die alte Währung am Ende ist.

Daher sind mir Vorschläge aus Deutschland wie die Rückkehr zur D-Mark, die Spaltung in Nord- und Süd-Euro und andere konstruktivistische Vorschläge immer suspekt gewesen. Niemand kann garantieren, dass die Staaten, die sich dann für einen Nord-Euro entschieden haben, künftig und für alle Zeit die Fiskalregeln einhalten, die Notenbank dann endlich eine solide Geldpolitik betreibt und der Währungsraum nicht wieder auseinandertriftet. Vielleicht kommt man dann lediglich von der Traufe in den Regen. Aber warum nicht gleich ein System einführen, in dem es noch trockener wird?

Die Zeit mancher Ideen kommt spät

Viel entscheidender sind derzeit jedoch die Übergangsprobleme, die bei den verschiedenen Lösungsvorschlägen meist keine Rolle spielen. Sie sollten jedoch in den Blick gerückt werden. Nicht nur die Frage der Target-Salden in den Zahlungsbilanzen der Notenbanken sind hier entscheidend, sondern auch die Forderungen von heimischen Bürgern und Unternehmen gegenüber Bürgern und Unternehmen im übrigen Euro-Raum. Sie müssten auf einen Schlag abgeschrieben und wertberichtigt werden, was viele wirtschaftlich nicht überleben würden.

Wie sehr die Idee des Währungswettbewerbs inzwischen den Mainstream erreicht hat, zeigt die Jahrestagung des „Vereins für Socialpolitik“, die gerade in Wien zu Ende gegangen ist. Die älteste, renommierteste und größte Vereinigung von Volkswirten im deutschsprachigen Raum, die 1873 gegründet wurde, beschäftigte sich in Wien mit „Alternativen Geld- und Finanzarchitekturen“. Von Bitcoin über Vollgeld bis zu free banking ist alles dabei. Das ist besonders bemerkenswert, da sich im „Verein für Socialpolitik“ historisch gesehen die Widersacher zur Österreichischen Schule der Nationalkökonomie sammelten, deren bekannteste Vertreter Carl Menger, Eugen von Böhm-Bawerk, Ludwig von Mises und eben Friedrich August von Hayek sind, und die allesamt aus Wien stammten oder dort lebten. Diese bezeichneten damals die Mitglieder im „Verein für Socialpolitik“ als Kathedersozialisten, weil sie einen Mittelweg zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft propagierten.

Die Wurzel des Übels ist ungedeckte Kreditausweitung

Der Begründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie Carl Menger war es, der 1883 den Methodenstreit mit Gustav von Schmoller, dem langjährigen Vorsitzenden des Vereins für Socialpolitik, führte. Schmoller vertrat die Auffassung, dass die Ökonomie quasi wie in der Naturwissenschaft durch die Beobachtung von Vorgängen zu einem Ergebnis kommen könne. Menger hielt das für falsch und behielt letztlich recht. Dennoch prägte Schmoller mit der „Historischen Schule“ über viele Jahrzehnte die Volkswirtschaftslehre und die entsprechenden Lehrstühle im deutschsprachigen Raum Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts – und vielleicht noch heute.

Wenn sich jetzt der Verein für Socialpolitik in Wien trifft und über Geldwettbewerb, Privatwährungen und eine neue Geldordnung diskutiert, ist das eine späte Hommage an Carl Menger und Friedrich August von Hayek. Es zeigt, dass die Konzepte der Österreicher im Mainstream angekommen sind. Das ist gut, denn auch das Gros der heimischen Volkswirte hat die Krise 2007/2008 nicht vorhergesehen. Deren Antworten auf die Überschuldungskrise von Staaten und Banken in Europa und den USA gehen meist über eine intensivere Regulierung, höhere Eigenkapital-Anforderungen für Banken und mehr Zentralismus nicht hinaus. Doch an die Wurzel des Übels trauen sich nur wenige: Es ist die ungedeckte Kreditausweitung und die dadurch verursachte Geldschöpfung aus dem Nichts, die Blasen an den Aktien- und Immobilienmärkten erzeugen, die sich korrigieren, sobald die Investoren sich daraus zurückziehen, weil sie nicht mehr an deren Vollendung glauben. Panik und das Platzen der Kreditblase sind die Folge. Schon eine leichte Zinsänderung der Notenbanken kann das auslösen.

Wettbewerb als Entdeckungsverfahren

Wie es anders geht, hat Hayek dargelegt. Sein Modell startet nicht einen neuen Großversuch, sondern ermöglicht ein Entdeckungsverfahren im Kleinen. Einzelne gehen einen neuen Weg auf eigenes Risiko. Scheitern sie, dann verschwinden sie vom Markt. Haben sie Erfolg, dann finden sie Unterstützer, Nutzer und Nachahmer. Selbst staatliche Notenbanken werden dadurch gezwungen, gutes Geld zu produzieren, die Geldmenge also nicht übermäßig auszuweiten. Ansonsten steigen die Zinsen für die Nutzer des staatlichen Geldes, weil die Nachfrage danach sinkt und Alternativen genutzt werden. Nimmt die Regierung Kredit in dieser staatlichen Währung auf, muss sie so lange mehr Zinsen bezahlen, bis sie wieder eine seriöse Finanzpolitik macht. Ein Aufschieben der Anpassung kann nicht passieren, der Markt bestraft unsolides Handel sofort und entschlossen. Das hilft am Ende allen: Den Regierungen, die für solide Finanzen belohnt werden, und den Bürgern, die nicht mehr Gefangene eines währungspolitischen Großversuches sind.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.