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Photo: Marco from Flickr (CC BY 2.0)

Eigentlich ist die mögliche Regierungsbildung in Italien gar nicht so schlecht. Nicht, weil man die Rezepte der Lega und Fünf-Sterne-Bewegung gut finden muss. Sondern weil sie Klarheit schafft. Bislang waren die Fiskalpolitik einiger Mitgliedsstaaten und die EZB-Geldpolitik eine ziemlich verlogene Veranstaltung. Die Südschiene im Euro-Club kümmerte sich nicht um die Fiskalregeln und die EZB finanzierte diesen Schlendrian durch ein Anleihenkaufprogramm in Billionenhöhe. Auf Dauer konnte und kann das nicht gut gehen. Wer als Staat mehr Geld ausgibt als er einnimmt, während gleichzeitig im eigenen Land relative Wirtschaftskraft verloren geht, kann nicht erwarten, dass er dauerhaft keine Zinsen bezahlen muss. Das erhöhte Risiko eines Zahlungsausfalls muss sich in der Höhe des Zinses widerspiegeln.

Doch das Gegenteil ist der Fall. 1989 hatte Italien eine Verschuldung von 500 Milliarden Euro und die Anleihen Italiens rentierten mit 14 Prozent. Seitdem steigt die Verschuldung  und die Rendite der Anleihen nimmt kontinuierlich ab. Inzwischen liegt die Verschuldung bei 2.300 Milliarden Euro und die Rendite liegt bei rund 2 Prozent. Die Situation Italiens ist wahrlich besorgniserregend. Die Industrieproduktion hat seit 2007 fast um ein Viertel abgenommen. Der Output der Automobilindustrie ist auf dem Niveau der frühen 1960er Jahre. 1989 wurden in Italien noch fast 2 Millionen Autos gefertigt. Heute sind es nicht einmal mehr 800.000. Daher steigen auch die Target-Verbindlichkeiten gegenüber anderen Notenbanken der Eurozone auf derzeit 442 Mrd. Euro. Italien lebt seit vielen Jahrzehnten auf Pump. Finanziert wurde dies bereits vor dem Euro durch die Notenpresse. Italien wertete die Lira früher alle Jahre einfach ab. Heute wird die Verschuldung des Landes weiter über die Notenpresse finanziert. Für 337 Milliarden Euro hat die italienische Notenbank Staatspapiere des eigenen Landes gekauft. Das ist ein Drittel der gesamten Notenbankbilanz.

Mit diesem Kurs wird es schwierig, Italien im Euro zu halten. Unabhängig davon, ob dies überhaupt wünschenswert ist, muss man sich die Frage stellen, wie ein geordnetes Ausstiegsszenario aussehen könnte. Hier haben die römischen Koalitionäre selbst eine Idee ins Spiel gebracht. So genannte Mini BOTs, also kurzfristige Kredit- oder Schuldscheine. Sie sollen an Gläubiger zur Begleichung ihrer Forderungen ausgegeben werden. Die Scheine sollen mit einem Nennwert von 1 bis 500 versehen werden und es sollen Verbindlichkeiten bis zu 25.000 Euro bezahlt werden können. Sie werden nicht verzinst und haben kein Verfallsdatum. Der Weg von den Mini-BOTs zu einer Parallelwährung ist dann nicht mehr weit.

Angenommen, der italienische Staat würde nicht nur Bleistifte für die Beamten damit bezahlen, sondern auch Renten und Sozialhilfe mit den Mini-BOTs auszahlen, dann würde sich automatisch ein Markt für Mini-BOTs entwickeln. Denn Rentner müssten weiterhin für Lebensmittel, Kleidung und Wohnung aufkommen. In diesem Fall hätte die Verkäufer wohl keine andere Möglichkeit als diese Schuldscheine zu akzeptieren. Daraus würde sich ein Marktpreis für Mini-BOTs entwickeln und die Mini-BOTs wären handelbar und damit eine Parallelwährung zum Euro. Sicherlich keine offizielle Währung nach den Statuten der EZB und der Europäischen Verträge, aber eine faktische. Wahrscheinlich würden die BOTs sogar den Euro im alltäglichen Geschäft verdrängen. Denn hier gilt das so genannte Greshamsche Gesetz, das vereinfacht ausgedrückt besagt, dass das schlechte Geld das gute Geld verdrängt. Wenn es die Erwartung der Geldhalter ist, dass das eine Geld weniger werthaltig ist als das andere, versucht man ersteres möglichst schnell wieder loszuwerden. Das werthaltige Geld behält man, hortet es oder bringt es ins Ausland. So werden sich wahrscheinlich in diesem Fall Mini-BOTs und Euro entwickeln. Denn es ist ja nicht zu erwarten, dass Italien plötzlich zur fiskalischen Disziplin übergeht, sondern im Gegenteil eine neue Verschuldungsspirale durch die Mini-BOTs einleitet. Mini-BOTs sind daher das schlechte Geld, das man schnell wieder loswerden will, und der Euro wird gehortet. Wer hätte das gedacht, dass der Euro jemals die Chance hat, zu gutem Geld zu werden?

Die Schwierigkeit dieses Prozesses ist der geordnete Übergang. Es gibt hier zahlreiche Schwierigkeiten zu überwinden. Rechtlich sehen die Europäischen Verträge keine Möglichkeit einer Parallelwährung vor. Über kurz oder lang müßte Italien wohl den Euro verlassen, oder den italienischen Banken müsste der Zugang zur EZB versperrt werden und die italienische Notenbank aus dem EZB-System ausscheiden. Dann stellt sich die Frage der Target-Verbindlichkeiten und der Schuldentragfähigkeit Italiens erneut. Die Schulden Italiens sind überwiegend in Euro, daher würde eine schwache neue Währung die Bedienung der Euro-Schulden relativ erhöhen. Das alles würde die Finanzmärkte nicht unbeeindruckt lassen und Griechenland, Zypern, Portugal und Spanien erneut in den Fokus rücken. Es gibt also keine einfachen Lösungen zur Bewältigung der Euro-Schuldenkrise. Doch eines ist klar: ein „Weiter so“ produziert noch viele Lega Nords und Fünf-Sterne-Bewegungen in Europa und das sichere Ende des europäischen Einigungsprozesses.

Erstmals erschienen auf Tichys Einblick.

Photo: Roberto Latxaga from Flickr (CC BY 2.0)

Dieser Aufruf wurde initiiert von unserem Kuratoriumsvorsitzenden Prof. Dr. Thomas Mayer (Flossbach von Storch Research Institut), Prof. Dr. Dirk Meyer (Helmut-Schmidt-Universität), Prof. Dr. Gunther Schnabl (Universität Leipzig) und Prof. Dr. Roland Vaubel (Universität Mannheim). Unterzeichnet haben ihn inzwischen 156 Wirtschafts-Professoren.

Wir – 156 Wirtschaftsprofessoren – warnen davor, die europäische Währungs- und Bankenunion noch weiter zu einer Haftungsunion auszubauen. Die in der Berliner Koalitionsvereinbarung erwähnten Vorschläge des französischen Präsidenten Macron und des EU-Kommissionschefs Juncker bergen hohe Risiken für die europäischen Bürger.

  1. Wenn der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) wie geplant als Rückversicherung für die Sanierung von Banken (Backstop) eingesetzt wird, sinkt für Banken und Aufsichtsbehörden der Anreiz, faule Kredite zu bereinigen. Das geht zu Lasten des Wachstums und der Finanzstabilität.
  2. Wenn der ESM wie geplant als „Europäischer Währungsfonds“ (EWF) in EU-Recht überführt wird, gerät er unter den Einfluss von Ländern, die der Eurozone nicht angehören. Da einzelne Länder bei dringlichen Entscheidungen des EWF das Vetorecht verlieren sollen, könnten Gläubigerländer überstimmt werden. So würde zum Beispiel der Deutsche Bundestag sein Kontrollrecht verlieren.
  3. Wenn die Einlagensicherung für Bankguthaben wie geplant vergemeinschaftet wird, werden auch die Kosten der Fehler sozialisiert, die Banken und Regierungen in der Vergangenheit begangen haben.
  4. Der geplante europäische Investitionsfonds zur gesamtwirtschaftlichen Stabilisierung und der geplante Fonds zur Unterstützung struktureller Reformen dürften zu weiteren Transfers und Krediten an Euroländer führen, die es in der Vergangenheit versäumt haben, die notwendigen Reformmaßnahmen zu ergreifen. Es wäre falsch, Fehlverhalten zu belohnen. Über das Interbankzahlungssystem TARGET2 hat Deutschland bereits Verbindlichkeiten der EZB in Höhe von mehr als 900 Milliarden Euro akzeptiert, die nicht verzinst werden und nicht zurückgezahlt werden müssen.
  5. Ein Europäischer Finanzminister mit Fiskalkapazität würde als Gesprächspartner der EZB dazu beitragen, dass die Geldpolitik noch stärker politisiert wird. Die sehr umfangreichen Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (2550 Milliarden Euro bis September 2018) kommen schon jetzt einer Staatsfinanzierung über die Zentralbank gleich.

Das Haftungsprinzip ist ein Grundpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft. Die Haftungsunion unterminiert das Wachstum und gefährdet den Wohlstand in ganz Europa. Dies zeigt sich bereits jetzt in einem sinkenden Lohnniveau für immer mehr, meist junge Menschen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, sich auf die Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft zurückzubesinnen.

Es gilt, Strukturreformen voranzubringen, statt neue Kreditlinien und Anreize für wirtschaftliches Fehlverhalten zu schaffen. Die Privilegierung der Staatsanleihen in der Risikovorsorge der Banken ist abzuschaffen. Die Eurozone braucht ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten und ein geordnetes Austrittsverfahren. Die Kapitalmarktunion sollte vollendet werden – auch weil internationale Kapitalbewegungen asymmetrische Schocks kompensieren. Bei der EZB sollten Haftung und Stimmrechte miteinander verbunden werden. Die TARGET-Salden sind regelmäßig zu begleichen.  Die Ankäufe von Staatsanleihen sollten ein schnelles Ende finden.

 

Alle Unterzeichner

Hanjo Allinger, Rainer Alt, Peter Altmiks, Niels Angermüller, Gerhard Arminger, Philipp Bagus, Hartwig Bartling, Christian Bauer, Alexander Baumeister, Dirk Baur, Hanno Beck, Peter Bernholz, Norbert Berthold, Dirk Bethmann, Ulrich Blum, Christoph Braunschweig, Gerrit Brösel, Martin-Peter Büch, Walter Buhr, Rolf Caesar, Ronald Clapham, Erich Dauenhauer, Frank Daumann, Dietrich Dickertmann, Leef Dierks, Gerd Diethelm, Alexander Dilger, Juergen B. Donges, Norbert Eickhof, Alexander Eisenkopf, Mathias Erlei, Rolf Eschenburg, Stefan Felder, Robert Fenge, Cay Folkers, Siegfried Franke, Jan Franke-Viebach, Michael Frenkel, Andreas Freytag, Wilfried Fuhrmann, Werner Gaab, Gerhard Gehrig, Thomas Glauben, Frank Gogoll, Robert Göötz, Christiane Goodfellow, Rüdiger Grascht, Alfred Greiner, Heinz Grossekettler, Andrea Gubitz, Gerd Habermann, Hendrik Hagedorn, Gerd Hansen, Rolf Hasse, Klaus-Dirk Henke, Henner Hentze, Thomas Hering, Bernhard Herz, Stefan Hoderlein, Stephan Hornig, Guido Hülsmann, Jost Jacoby, Hans-Joachim Jarchow, Thomas Jost, Markus C. Kerber, Henning Klodt, Michael Knittel, Leonard Knoll, Andreas Knorr, Manfred Königstein, Ulrich Koester, Stefan Kooths, Walter Krämer, Dietmar Krafft, Rainer Künzel, Britta Kuhn, Werner Lachmann, Enno Langfeldt, Andreas Löhr, Tim Lohse, Helga Luckenbach, Reinar Lüdeke, Dominik Maltritz, Gerald Mann, Thomas Mayer, Dirk Meyer, Joachim Mitschke, Renate Ohr, Michael Olbrich, Werner Pascha, Hans-Georg Petersen, Wolfgang Pfaffenberger, Ingo Pies, Werner Plumpe, Mattias Polborn, Thorsten Polleit, Niklas Potrafke, Bernd Raffelhüschen, Bernd-Thomas Ramb, Richard Reichel, Hayo Reimers, Stefan Reitz, Rudolf Richter, Wolfram F. Richter, Gerhard Rösl, Roland Rollberg, Alexander Ruddies, Gerhard Rübel, Dirk Sauerland, Karlhans Sauernheimer, Andreas Schäfer, Stefan Schäfer, Wolf Schäfer, Malcolm Schauf, Bernd Scherer, Jörg Schimmelpfennig, Ingo Schmidt, Dieter Schmidtchen, Michael Schmitz, Gunther Schnabl, Jan Schnellenbach, Bruno Schönfelder, Siegfried Schoppe, Jürgen Schröder, Christian Schubert, Alfred Schüller, Peter M. Schulze, Thomas Schuster, Christian Seidl, Hans-Werner Sinn, Fritz Söllner, Peter Spahn, Jürgen Stark, Wolfgang Ströbele, Stefan Tangermann, H. Jörg Thieme, Stefan Traub, Dieter Tscheulin, Ulrich van Suntum, Roland Vaubel, Stefan Voigt, Hermann von Laer, Hans-Jürgen Vosgerau, Adolf Wagner, Heike Walterscheid, Gerhard Wegner, Rafael Weißbach, Heinz-Dieter Wenzel, Max Wewel, Hans Wielens, Otto Wiese, Rainer Willeke, Manfred Willms, Dietrich Winterhager, Michael Wohlgemuth, Hans-Werner Wohltmann, Achim Zink.

Von IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues

Der europäische Agrarprotektionismus ist teuer und schädlich. Mit 55,7 Mrd. € machen die Subventionen mehr als ein Drittel des EU-Haushaltes aus. Durch die toxische Kombination aus Protektionismus und Finanzhilfen kommt es zu Marktverzerrungen, die die Preise in der EU überhöhen und den Landwirten in Entwicklungsländern massiv schaden.

Nur wenige Politikbereiche der Europäischen Union werden stärker diskutiert und kritisiert als die Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP), insbesondere hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Weltmarkt für landwirtschaftliche Erzeugnisse. In der EU produzierende Landwirte erhalten jedes Jahr Subventionen im Wert von etwa 55 Milliarden Euro. Erklärtes Ziel der Subventionspolitik ist es, die landwirtschaftliche Produktion auf einem stabilen Niveau zu halten, den Bauern ein angemessenes Einkommen zu sichern und für eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft in allen Mitgliedsstaaten zu sorgen.

Tatsächlich führen die kostspieligen Subventionen – die 38 % des EU-Budgets ausmachen – zu einem Überangebot europäischer Landwirtschaftsprodukte und schaden darüber hinaus Bauern in Entwicklungsländern. Ein klarer Nutzen für die europäischen Volkswirtschaften ist nicht ersichtlich, doch die subventionsbedingten Marktverzerrungen verursachen erhebliche Kosten. Die Gemeinsame Agrarpolitik gehört schon seit langem aufs Abstellgleis.

Doppelter Protektionismus zum Schaden der Verbraucher

Die GAP wirkt doppelt protektionistisch – einmal aufgrund der Einfuhrzölle für Nicht-EU-Erzeugnisse und zum anderen verursachen die Subventionen negative Externalitäten auf Märkten außerhalb der EU. Einfuhrzölle verschaffen den in der EU ansässigen Produzenten einen Vorteil gegenüber effizienteren, günstigeren Produzenten aus der restlichen Welt. Die Subventionierung europäischer Landwirte führt zu einem Überangebot, das anschließend außerhalb der EU abgesetzt wird und dort die Preise unter das Marktgleichgewicht drückt. Offensichtlich verzerrt die GAP nicht nur den europäischen Agrarmarkt zulasten der Konsumenten und Steuerzahler, sondern schadet darüber hinaus ausländischen Landwirten.

Aufgrund des EU-Agrarprotektionismus wird der heimische Markt durch europäische Produzenten dominiert. Kristian Niemitz vom britischen Institute of Economic Affairs hat berechnet, dass die Preise von Agrarerzeugnissen für die europäischen Verbraucher 17 % über dem Weltmarktpreis liegen. Da einkommensschwache Haushalte durchschnittlich einen größeren Anteil ihres Einkommens für Agrarerzeugnisse ausgeben als wohlhabende Haushalte, trifft sie die durch die EU Agrarpolitik verursachten höheren Preise besonders hart.

Überangebot schadet Entwicklungsländern

Insbesondere für Länder der Dritten Welt hat der europäische Agrarprotektionismus negative Folgen. Europäische Produzenten stoßen ihr Überangebot in der Dritten Welt ab und treiben so dort die Preise in den Keller. Die EU-Agrarsubventionen nehmen Bauern aus der Dritten Welt somit die Geschäftsgrundlage.

Dass Agrarsubventionen ein Überangebot hervorrufen, überrascht nicht. Da ein großer Teil des Einkommens europäischer Landwirte aus EU-Töpfen kommt, können diese weitaus mehr produzieren, als Konsumenten ihnen zum Marktpreis abkaufen würden. Zwar sind die in den 80ern berüchtigten „Weinseen und Butterberge“ heute weitgehend abgeschmolzen. Aber das liegt nicht an einer verbrauchergerechteren Produktionsweise. Stattdessen wird das Überangebot entweder an öffentliche Institutionen verteilt, etwa als kostenlos bereitgestellte Milch in öffentlichen Schulen, schlicht vernichtet, oder in Drittländern zu „Dumpingpreisen“ – ermöglicht erst durch die Subventionen – verkauft.

Einfuhrzölle schotten europäischen Markt ab

Zudem verhindern Einfuhrzölle, dass Erzeuger aus Entwicklungsländern den europäischen Markt erreichen und verschärfen deren Probleme weiter. Während die EU-Mitgliedsstaaten im gemeinsamen Binnenmarkt freien Handel praktizieren, können Erzeugnisse aus allen anderen Staaten Einfuhrzöllen unterworfen werden. Bauern aus der Dritten Welt leiden also nicht nur im eigenen Markt unter der subventionierten europäischen Konkurrenz, sondern erfahren auch im europäischen Markt erhebliche Nachteile. Die GAP behindert die Entwicklung des Landwirtschaftssektors in der Dritten Welt und hemmt so deren wirtschaftliche Entwicklung insgesamt.

Neuseeland zeigt: Protektionismus ist nicht nötig

Subventionen und Einfuhrzölle sind nicht alternativlos. Ein Beispiel für einen gut funktionierenden, marktwirtschaftlichen Agrarsektor ist Neuseeland. Neuseeländische Landwirte haben ein gutes Auskommen, ohne dass der Staat ihnen mit Subventionen und Zöllen unter die Arme greifen muss. Neuseelands Landwirtschaft ist effizient, diversifiziert und profitabel und die Produktivität des Agrarsektors wächst dort sogar schneller als die allgemeine Wirtschaftsleistung. Die Abschaffung von Agrarsubventionen hat nicht nur Produktivitätssteigerungen hervorgerufen, sondern dortige Landwirte zu ganz neuen Aktivitäten angeregt – die nun florierende neuseeländische Weinindustrie gab es zu Subventionszeiten kaum.

Freier Markt statt Subventionen und Zölle

Die Agrarpolitik der EU schadet europäischen Konsumenten und Steuerzahlern sowie ausländischen Produzenten und behindert die wirtschaftliche Entwicklung in ärmeren Regionen. Kurzfristig profitieren in der EU ansässige Produzenten vom künstlich geschaffenen Wettbewerbsvorteil auf europäischen und ausländischen Märkten. Das neuseeländische Beispiel lässt jedoch vermuten, dass selbst die Profiteure des Status Quo, die europäischen Landwirte, nach einer Deregulierung des Agrarsektors langfristig nicht schlechter gestellt würden.

Es spricht wenig dafür, dass die GAP durch Reformen marktgerechter ausgestaltet werden kann. Alteingesessene Interessengruppen, etwa Bauernverbände, haben erheblichen Einfluss auf derartige Reformvorhaben. Frühere Reformbemühungen haben kaum Besserung herbeigeführt. Es ist daher an der Zeit, den Agrarprotektionismus grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. Schafft die Gemeinsame Agrarpolitik ab – lasst Menschen frei auf offenen Markt für Agrarprodukte wirken!

Zuerst erschienen bei IREF (deutsch/englisch).

Photo: Zsolt Palatinus from flickr (PDM 1.0)

Der Europa-Tag in der vergangenen Woche wird in Erinnerung an den so genannten Schuman-Plan begangen. Schulklassen landauf, landab diskutieren mit den örtlichen Bundestagsabgeordneten über die Zukunft der EU und Europas. Es braucht immer Anlässe, um nach vorne zu schauen. Sehr wenig wird aber bei dieser Gelegenheit über die Entstehungsgeschichte berichtet. Das ist bedauerlich, denn daraus könnte man viel für die Zukunft lernen.

Am 9. Mai 1950 präsentierte der damalige französische Außenminister Robert Schuman einen Plan für die Zusammenlegung der französischen und deutschen Kohle- und Stahlindustrie, der letztlich in der „Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ mündete. Die sogenannte Montanunion gilt heute als eine der Geburtsstunden der Europäischen Gemeinschaft und der heutigen Europäischen Union.

Es war ein industriepolitisches Projekt erster Güte, das gleichzeitig die außenpolitischen Interessen Frankreichs berücksichtigen sollte. Deutschland sollte an den Westen gebunden werden, und die französische Regierung wollte die eigene Stahlindustrie durch den billigen Import von Koks und Kohle aus Deutschland puschen. Der Spiegel berichtete 1951 von einer Rede Schumans vor Gewerkschaftern in Metz wo er sagte, allein „um den französischen Stahlexport zu erleichtern“, habe Frankreich „diese Mission übernommen“.

Die europäische Einigung ging anschließend zwar weiter, der ursprünglich Plan Schumans scheiterte jedoch kläglich. Weder hat Deutschland heute noch billige heimische Steinkohle, noch hat Frankreich eine florierende Stahlindustrie. Die deutsche Steinkohleförderung war spätestens zu Beginn der 1970er Jahre nicht mehr wettbewerbsfähig und musste ab 1975 durch den so genannten „Kohlepfennig“ subventioniert werden. Das Bundesverfassungsgericht untersagte diese Sonderabgabe auf den Strompreis und er wurde nach 20 Jahren 1995 wieder abgeschafft. Die Kohleindustrie wurde anschließend aus dem Staatshaushalt weiter subventioniert. Bis 2002 fielen so Subventionen von 80 bis 100 Mrd. Euro an. Vielleicht ist das Schicksal des „Kohlepfennigs“ ja ein gutes Vorbild für den so genannten „Solidaritätszuschlag“. Zeit wäre es!

Im Verlauf ging es der französischen Seite nicht viel besser. Frankreich hat heute faktisch keine nennenswerte Stahlindustrie mehr. Unter den 50 größten Stahlunternehmen der Welt kommt kein einziges aus unserem Nachbarland. Mit 14,4 Millionen Tonnen Stahl produzieren französische Unternehmen gerade einmal 9 Prozent der Produktion in der EU. Zum Vergleich: chinesische Stahlhersteller produzieren über 800 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr.

Abschottung hat diesen Prozess nicht aufgehalten. Seit geraumer Zeit müssen chinesische Hersteller zwar bis zu 72 Prozent Importzölle auf Stahlprodukte bezahlen. Dazu teilt die EU-Kommission mit: „Die EU-Kommission schützt mit den Strafzöllen die europäischen Stahlhersteller vor unfairen Handelspraktiken und schafft faire Wettbewerbsbedingungen in der Stahlbranche. Der Stahlsektor leidet unter einer weltweiten Überkapazität.“

Letztlich geht es also um den Schutz der heimischen Industrie. Sie sollen höhere Preise am Markt realisieren können, damit Arbeitsplätze gesichert werden. Umgekehrt heißt das aber auch, dass die Kunden mehr ausgeben müssen, als sie eigentlich müssten. Und weitergesponnen, bedeutet dies, dass europäische Kunden mehr Geld für die Produkte bezahlen müssen als ohne diese Zölle. Letztlich trägt also der Endverbraucher in Europa die Last der Zölle, ohne dass die jeweilige Industrie vom weltweiten Wandel in der Stahlindustrie nennenswert profitieren würde.

Der Grund ist ganz einfach. Keine EU-Kommission, keine Regierung und auch kein Politiker haben das Wissen, wirtschaftliche Entwicklung voraussagen zu können. Im Gegenteil. Versuchen sie es dennoch, richten sie mehr Schaden als Nutzen an. Sie haften nicht für ihr Handeln, sondern andere tun dies für sie. Die 80 bis 100 Milliarden Euro, die bis Anfang der 2000er Jahre in die Kohlesubventionierung geflossen sind, haben den Strukturwandel an Rhein und Ruhr nicht befördert, sondern behindert. Strukturen wurden aufrechterhalten, Neues konnte sich nicht ausreichend entfalten und eine allgemeine Subventionsmentalität machte sich überall breit. Deshalb ist die Unterbindung des Wettbewerbs durch staatliche Planungsphantasien immer falsch. Sie kommen zwar mit wohlfühlenden Worten wie „fair“, „gerecht“ oder „nachhaltig“ daher, letztlich sind das aber alles, wie Hayek es bezeichnen würde, „Wieselwörter“, die man nicht greifen kann, sondern einem aus der Hand entgleiten, sobald man sie fassen will. Mit Friedrich August von Hayek muss man diesen Apologeten staatlicher Planungsgläubigkeit daher zurufen: „Es ist die Hauptaufgabe des Wettbewerbs zu zeigen, welche Pläne falsch sind.“ Wenn europäische Politiker immer wieder die Axt an diesen Wettbewerb legen, gefährden sie dessen Blüten und Früchte. Die reiche Ernte des Wettbewerbs können Europas Bürger nur ernten, wenn der Baum gehegt und gepflegt wird.

Erstmals veröffentlicht bei Tichys Einblick.

Photo: Anthony Quintana from flickr (CC BY 2.0)

André Kostolany war eine Börsenlegende. Er war in den 1980er und 1990er Dauergast in den abendlichen Talkshows, wo er in einfachen Sätzen die Börsenwelt erklärte, und die Menschen von der Aktie als Altersvorsorge überzeugen wollte. Seine Weisheiten werden heute noch viel zitiert. Eine davon lautet: „Ein Anleger soll in ein solides, internationales Aktiendepot investieren, dann Schlaftabletten nehmen und schlafen, und wenn er nach fünf oder sechs Jahren aufwacht, wird er meist eine angenehme Überraschung erleben.“ Sein kongenialer Partner war Gottfried Heller, mit dem er 1971 die FIDUKA, eine unabhängige Vermögensverwaltung in München, gründete, die bis heute zu den Großen der Branche gehört. Heller, ein überzeugter Anhänger der Marktwirtschaft im Erhardschen Sinne, hat jetzt ein Buch vorgelegt, das die Idee Kostolanys aufgreift und heutigen Lesern zugänglich macht. Nicht mehr und nicht weniger als „Die Revolution der Geldanlage“ schwebt ihm dabei vor. Dabei ist das Buch nicht ein typisches Anlegerbuch, sondern es ist autobiographisch, politisch und visionär. Das unterscheidet es von vielen anderen auf dem Büchermarkt. Wahrscheinlich gibt es kaum jemanden in Deutschland, der so viele Erfahrungen als Investor gesammelt hat. Daher ist schon alleine der Rückblick auf ein erfolgreiches Leben als Vermögensverwalter lesenswert.

Was Gottfried Heller umtreibt, ist der Umstand, dass die Deutschen ihr Geld falsch anlegen, damit Chancen für die Zukunft verspielen und so vielfach Altersarmut droht. Diese Ängste haben historische und politische Gründe. Die historischen Währungsreformen 1923 und 1948 haben sich tief in das kollektive Gedächtnis der Deutschen eingeprägt. Über diese Ängste schreibt er ein ganzes Kapitel. Die Angst vor Inflation, vor dem Verlust mit Lebensversicherungen und von der dauerhaften Nullzinspolitik der EZB. Nicht alles wischt er als unbegründet einfach weg. Denn die Währungsunion in Europa ist tatsächlich ein Sprengsatz für den Kontinent. Der Euro habe die Europäische Union in zwei Lager gespalten. Durchhalteparolen im Merkelschen Sinne hält er für gefährlich.

Er schlägt vor, eine flexible Währungsunion zu bilden, die einen geregelten Austritt, aber auch einen Wiedereintritt erlaubt. Speziell für Griechenland hält er den Austritt für erforderlich, damit das Land außerhalb des Euros seine neue Währung abwerten und selbstbestimmte Reformen durchführen kann. Die Glaubwürdigkeit der EZB sieht er schwer beschädigt. Der Ankauf von Staatsanleihen in Billionenhöhe ist für ihn eine Staatsfinanzierung durch die Hintertür. Er schlägt eine Stimmgewichtung nach der Größe der Haftung der einzelnen Notenbanken vor. Ob das hilft, wenn alle im Glashaus sitzen?

Die Revolution der Geldanlage sieht er in den ETFs (exchange-traded funds), also börsengehandelten Fonds. Sie ermöglichen es inzwischen auch Kleinanlegern, in breitgestreute Portefeuilles und Indizes zu investieren. Was früher nur großen Vermögensverwaltern oder Fonds möglich war, ist heute mit geringen Beträgen und geringen Kosten jedem Anleger möglich. Er ist geradezu begeistert von dieser Anlagekategorie. „Wenn es um Einfachheit, niedrige Kosten und eine solide Performance geht, sind ETFs unschlagbar.“ Inzwischen gibt es über 1.000 ETFs, die an deutschen Börsen gehandelt werden. Alleine mit 15 ETFs könnten so 8.000 bis 10.000 Einzeltitel abgebildet werden.

Der Regierung liest der Grandseigneur der deutschen Vermögensverwalter die Leviten. Die einseitige Förderung der Riester-Rente hält er für grundfalsch. Er zitiert Horst Seehofer, der 2016 die Riester-Rente für gescheitert erklärt hat. Ähnlich wie Rürup-Renten und die vielen Pensionskassen leiden diese Instrumente an der übermäßigen Anlage in Zinspapieren und an der Verrentungspflicht am Ende ihrer Laufzeit. Dies mache die Produkte unrentabel und teuer. Zahlreiche Länder machen es da wesentlich besser. Als Beispiel nennt er die USA, wo in die so genannten 401(k)-Pläne bis zu 15 Prozent des Jahreseinkommens steuerfrei auch in Aktien- und gemischte Fonds investiert werden können.

Letztlich plädiert Gottfried Heller in seinem Buch für mehr Freiheit des Einzelnen. Der Staat solle die Menschen nicht an die Hand nehmen, sondern jedem einzelnen die Chance für ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Das ist das eigentliche Bekenntnis dieses sehr lesenswerten Buches. Daher zitiert er auch die Philosophie Erhards: „Jeder ist seines Glückes Schmied. Es herrscht die individuelle Freiheit und dies umso mehr, je weniger sich der Staat anmaßt, den einzelnen Staatsbürger zu gängeln oder sich zu seinem Schutzherren aufspielen zu wollen.“

Gottfried Heller: Die Revolution der Geldanlage – Wie Sie mit einfachen Methoden erfolgreich investieren, FinanzbuchVerlag, München, 2018.