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Photo: Tom Thai from Flickr (CC BY 2.0)

Eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young hat gerade die beruflichen Pläne von Studenten abgefragt. 32 Prozent der befragten Studenten wollen nach ihrem Studium in den Öffentlichen Dienst wechseln. Lediglich 9,9 Prozent wollen sich selbstständig machen. Wahrscheinlich drückt nichts den aktuellen Gemütszustand junger Menschen in diesem Lande besser aus als diese beiden Zahlen. Der Staatsdienst ist sicher und auskömmlich, die Selbstständigkeit gilt als risikobehaftet und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weniger gut geeignet. Wenn man bedenkt, dass unter der Bedingung von Mehrfachnennungen auch noch 23 Prozent der Studenten gerne in Kultureinrichtungen arbeiten würden, die ja ebenfalls meist staatlich finanziert sind, und weitere 18 Prozent in die staatlich finanzierte Wissenschaft, dann wird einem angst und bange.

Denn für die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft ist das ein Alarmsignal. Die Funktionsfähigkeit des Öffentliche Dienstes ist für das Vorankommen einer Gesellschaft und ihres Wohlstandes wahrscheinlich nicht völlig zu vernachlässigen. Man muss dazu nur nach Griechenland schauen, um das hiesige Funktionieren einer Bürokratie auch ein wenig schätzen zu lernen. Dennoch sollten sich in einer offenen Gesellschaft, die zwangsläufig auf einer marktwirtschaftlichen Ordnung beruht, die besten Kräfte selbstständig machen, ihre Ideen umsetzen und nicht nur ihre Energie im Verwalten des Staates vergeuden.

Zum Wohlstand des Einzelnen und einer Gesellschaft insgesamt bedarf es einer Wertschöpfung. Wohlstand entsteht nur, wenn Unternehmer Produkte oder Dienstleistungen besser machen als bisher. Das nennt man dann Wachstum. Es muss also etwas produziert und hergestellt werden, das am Markt Käufer findet. Der öffentliche Dienst ist natürlich auch Innovation. Doch diese Innovation konzentriert sich in der Regel auf neue Vorschriften, Verordnungen und Bürokratie. Sie lähmen den Fortschritt der echten Innovationen in einer freien Marktwirtschaft.

Wahrscheinlich ist das Kind erstmal in den Brunnen gefallen. Die Entwicklung und die Präferenzen der Studenten von heute sind das Ergebnis der falschen Bildungsanstrengungen von gestern. Woher sollen die Studenten die Faszination der Marktwirtschaft und des darin agierenden Unternehmers kennen, wenn in Erdkundebüchern lieber über „Fair Trade“ zur Armutsbekämpfung anstatt über Freihandel und seine wohlstandsfördernde Wirkung zu lesen ist. Dieser moderne Ablasshandel, der moralisierend jedem Käufer ein schlechtes Gewissen einredet, ist inzwischen in die obersten Etagen der Politik vorgedrungen. Wenn selbst der amtierende Wirtschaftsminister sich zum Beispiel für weniger Freihandel ausspricht, nichts Anderes ist seine Ablehnung von TTIP, dann ist er selbst das fleischgewordene Produkt des Bildungsversagens der 1970er Jahre. Er hat das verinnerlicht, was er damals im Erdkundeunterricht eingebläut bekam, dass die Wirtschaft ein Nullsummenspiel sei. So wie es ein Schulbuch für Gesellschaftslehre, Geschichte und Erdkunde an Haupt- und Gesamtschulen (Terra Band 9/10), wahrscheinlich auch schon zu seiner Schulzeit formuliert hat: „Dem Zuviel an Nahrungsmitteln in den Industriestaaten steht ein Mangel in vielen Entwicklungsländern, vor allem in Afrika, gegenüber.“ Ergo, man muss es nur besser verteilen.

Sigmar Gabriel werden wir wohl nicht mehr bekehren können, da bleibt Hopfen und Malz verloren. Doch die Schüler von heute, könnten die Unternehmer von morgen sein. Sie könnten ein neuer Werner Siemens, ein Robert Bosch oder ein Ferdinand Porsche sein. Es ist schon etwas her, aber es gab auch Zeiten in diesem Land, wo Unternehmerpersönlichkeiten mit ihren Ideen Unternehmen mit Weltgeltung geschaffen haben. Es ist nicht selbstverständlich, dass diese Unternehmer heute aus Amerika kommen und Bill Gates, Marc Zuckerberg oder Elon Musk heißen.

Es sind lange Entwicklungsströme, die eine Gesellschaft zum Guten oder Schlechten verändern und es sind wenige, die diesen Prozess beeinflussen. In erster Linie hat dies natürlich mit dem Elternhaus zu tun, aber auch mit einer frühen schulischen Prägung. Wie wahrscheinlich ist es, wenn der größte Teil der heutigen Studenten den öffentlichen Dienst präferiert, dass diese dann als spätere Lehrer, Pädagogen oder Erzieher ihren Anvertrauten die Vorzüge der internationalen Arbeitsteilung, das Bild eines erfolgreichen Unternehmers oder des mündigen Konsumenten vermitteln? Wahrscheinlich werden sie eher die Unternehmer als vermeintliche Ausbeuter und Steuerhinterzieher darstellen und den einzelnen Bürger als willenlosen Konsumenten, der von Werbung und Verlockungen so vernebelt ist, dass er ohne staatliche Hilfe im Dschungel der Marktwirtschaft nicht mehr zurechtkommt.

Die Darstellung von Marktwirtschaft und Unternehmertum in Schulbüchern ist daher eine fundamentale Aufgabe, die nicht unterschätzt werden darf. Es gibt so eindrucksvolle Texte und Beispiel dafür, wie es gehen könnte. Einer dieser Texte ist der bereits 1958 von Leonard Read verfasste „Ich, der Bleistift“. Darin wird anhand der Produktion eines Bleistiftes anschaulich gezeigt, dass niemand das umfassende Wissen haben kann, wie ein Bleistift hergestellt wird. Dafür braucht es das Wissen ganz vieler. Die einen kennen sich mit dem Holz, seiner Be- und Verarbeitung aus. Die anderen kennen sich mit dem Abbau und der Verarbeitung von Graphit aus.

Wiederum andere wissen, wie der Radiergummi und die Metallfassung hergestellt werden und wieder andere haben das Know-how, wie dies alles zu einem Bleistift zusammengefügt wird. In jedem Teilbereich der Herstellung gibt es wieder unzählige Beteiligte, die ihr Wissen zur Verfügung stellen: vom Transportunternehmer über die Buchhalterin bis zum Kaffeebauern. Dies alles kann nur arbeitsteilig erfolgen, indem sich einzelne Unternehmer spezialisieren. Es kann umgekehrt nicht zentral geplant werden, weil keine Zentralbehörde das umfassende Wissen haben kann, wie ein Bleistift hergestellt, in welchen Mengen, an welchem Ort und zu welchem Preis er zur Verfügung stehen soll. Gerade hat das Berliner Prometheus-Institut dazu das Planspiel „Unsere Wirtschaft – Verständlich erklärt an einem Tag“ herausgebracht, das jungen Menschen dies spielerisch nahe bringt.

Wenn es die Beamten in den Kultusbürokratien nicht hinbekommen, müssen wir es eben selbst tun. Ganz im Sinne von Wilhelm von Humboldt: „Gleichförmige Ursachen haben gleichförmige Wirkungen: je mehr also der Staat mitwirkt, desto ähnlicher ist nicht bloß alles Wirkende, sondern auch alles Gewirkte.“

Erstmals veröffentlicht bei Tichys Einblick.

Photo: Open Knowledge Foundation from Flickr (CC BY 2.0)

Wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, hat nicht unbedingt etwas mit unverständlichen Zahlen- und Buchstaben-Salaten zu tun. Für eine funktionierende Demokratie und Marktwirtschaft sind freilich Grundkenntnisse über Ökonomie unerlässlich.

Wirtschaft ist nicht nur etwas für Spezialisten

„Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen“, klagte vor anderthalb Jahren eine Schülerin auf Twitter und löste damit eine Diskussionslawine aus. Machen wir unsere Kinder in unserem Bildungssystem lebenstauglich genug? Brauchen wir mehr Wirtschaftsunterricht in der Schule? Und ganz speziell: Muss nicht vielleicht im Unterricht eine detaillierte und umfassende Vorbereitung auf die Herausforderungen der modernen Welt gewährleistet werden (Stichwort: „Steuern, Miete oder Versicherungen“)?

Gerade diese praktischen Fragen sind eigentlich mit einer Nachfrage bei den Eltern oder Freunden und im Zweifel fast immer mit einer Google-Suche zu lösen. Viel wichtiger und grundlegender als Steuererklärung und Mietvertrag sind aber eigentlich Grundkenntnisse darüber, wie der Markt funktioniert. Ist das nicht eher etwas für die Spezialisten, könnte man einwenden, für die Zeitungsleser und Politiker? Reicht es für den Normalbürger denn nicht, wenn er die Klippen des täglichen Lebens in Bürokratie und Geschäftswelt umschiffen kann? Nein, sicher nicht!

Wirtschaft: menschliches Handeln schlechthin

Beim Mietvertrag übers Ohr gehauen zu werden, kann sehr weh tun. Wochen mit der Steuererklärung zuzubringen, kann viele Nerven kosten. Die falsche Versicherung abgeschlossen zu haben, kann mitunter sogar ruinös sein. Sich in all diesen Fragen zu informieren und zu bilden, ist sehr wichtig. Aber es ist auch naheliegend. Gerade weil man unmittelbar von einer fehlerhaften Kaufvereinbarung betroffen sein kann, sehen viele Menschen da genau hin. Sie verwenden aber meist viel weniger Sorgfalt auf die Beurteilung wirtschaftlicher und politischer Zusammenhänge. Entweder aus einer grundfalschen Bescheidenheit heraus, aus Frustration oder schlicht aus Desinteresse.

Wirtschaft – das ist nicht eine Domäne, die nur von Großfürsten der DAX-Konzerne und ihren entsprechenden politischen Gegenspielern beherrscht wird. Wirtschaft – das ist auch nicht nur das, was schlaue Wissenschaftler sich ausdenken und in immer komplexere Formeln packen bis sie endlich den Nobelpreis in Händen halten. Wirtschaft – das ist zunächst einmal, wie der Ökonom Ludwig von Mises es formulierte, „menschliches Handeln schlechthin“. Unser ganzes Leben ist bestimmt von Handlungen, die wir mit einem bestimmten, von uns selbst gewählten Ziel ausführen. Die Logiken von Tausch, Arbeitsteilung und Unternehmertum bestimmen letztlich alle Bereiche unseres Lebens. Der Ökonomie-Nobelpreisträger Gary Becker hat in seinen Forschungen diese Logiken sogar auf Bereiche ausgedehnt, die mit Wirtschaft im Verständnis der meisten Menschen gar nichts zu tun haben wie etwa Familienstrukturen, Rassendiskriminierung und Drogenabhängigkeit.

Bildung schützt gegen Parolen und leere Versprechungen

So berechtigt die hochkomplexen Forschungen der Ökonomen auch sind, so kann man doch schon auf einem wesentlich einfacheren Niveau wirtschaftliches Geschehen verstehen. Der Verfasser selbst hat seine ersten ökonomischen Einsichten als Achtjähriger bei Bergwanderungen mit seinem Vater gewonnen, der ihm am Beispiel des Bonbonfabrikanten Tausch und Arbeitsteilung erklärte. Zentral ist das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge vor allem aus zwei Gründen: Wirtschaftliches Handeln bestimmt und prägt unser ganzes Leben vom Kindergarten bis ins Altenheim. Wer es besser versteht, wird die Potentiale und Möglichkeiten, die sich ihm bieten, besser nutzen können. Und insbesondere ist es auch unverzichtbar, um als verantwortlicher Bürger in einem demokratischen Gemeinwesen Entscheidungen treffen zu können.

Populismus verfängt, weil viele Bürger darauf verzichten, sich in Bezug auf Wirtschaft zu bilden und zu informieren: Der Protektionismus von Trump und LePen genauso wie die Freihandels-Feindlichkeit von Attac und Campact. Aber auch schon im weniger extremen politischen Spektrum können nachhaltig schädliche Entscheidungen vor allem deswegen getroffen werden, weil die Einsicht in wirtschaftliche Zusammenhänge nicht weit genug verbreitet ist: von der Rettung Griechenlands in der Euro-Krise bis zur Mietpreisbremse. Wir brauchen für das Funktionieren unserer freiheitlichen Demokratie zwar nicht mehr promovierte Volkswirte. Aber wir brauchen Menschen, die einfach nur ihren gesunden Menschenverstand bewusst einsetzen, um keinen Parolen und leeren Versprechungen zum Opfer zu fallen.

Prometheus bietet Wirtschafts-Kurs für Schüler an

Es hat im Laufe der Geschichte der modernen freiheitlichen Demokratien immer wieder Menschen gegeben, die es geschafft haben, diese wirtschaftlichen Zusammenhänge allgemeinverständlich zu formulieren: Etwa Frédéric Bastiat im 19. Jahrhundert, Henry Hazlitt und Milton Friedman im 20. Jahrhundert und Johan Norberg in unserer Zeit. Zu diesen Vermittlern gehört auch Leonard Read, der Gründer der Foundation for Economic Education (FEE). Er verfasste 1958 die berühmte Kurzgeschichte „I, pencil“ – „Ich, der Bleistift“. Hier bekommt der Leser einen Einblick darein, wie ein Bleistift hergestellt wird, und vor allem, welches Ausmaß an Kooperation und Zusammenarbeit hinter einem so einfachen Gegenstand steckt.

Die Geschichte des Bleistifts greift auch der Kurs „Unsere Wirtschaft. Verständlich erklärt an einem Tag“ auf, der jungen Menschen auf spielerische Weise wirtschaftliches Grundverständnis nahebringen kann. Dieser Kurs wird von Prometheus ab heute zum kostenlosen Download zur Verfügung gestellt und ist der Beginn einer Serie, die wir unter „Prometheus Akademie“ anbieten werden. Konzipiert von Mitarbeitern der FEE haben wir den Kurs ins Deutsche übersetzt und entsprechend angepasst. Wir laden alle unsere Leser herzlich ein, sich den Kurs einmal anzusehen (sie finden ihn hier: https://prometheusinstitut.de/akademie/). Und besonders freuen wir uns natürlich, wenn Sie ihn weiterempfehlen an Lehrer und andere Personen, die sich in der Jugendarbeit engagieren!

Photo: Wikimedia Commons

Von Dr. Karolin Herrmann, Referentin für Haushaltspolitik und Haushaltsrecht beim Deutschen Steuerzahlerinstitut, Fackelträgerin von Prometheus.

Mein Frühstück beginnt oft mit einem Marmeladenbrötchen. Bei einem Blick auf meinen aktuellen Einkauf fällt mir auf, dass die Marmelade eigentlich keine Marmelade ist, sondern Konfitüre. Laut EG-Richtlinie 2001/113 ist nämlich streng zwischen Konfitüre, Konfitüre Extra, Gelee, Marmelade, Marmeladen-Gelee und Maronenkrem zu unterscheiden. Zu meinem Brötchen gibt es Kaffee. Mein Kaffee kommt aus der Maschine. Sie ist – in diesem Fall glücklicherweise – schon etwas älter. Hätte ich mir erst kürzlich eine Filter-Kaffeemaschine zugelegt, wäre diese mit einer automatischen Abschaltautomatik ausgestattet. Filterkaffeemaschinen mit Glaskanne dürfen seit 2015 nämlich nur noch eine gute halbe Stunde im Warmhaltemodus verharren.

Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg zur Arbeit. Ich stolpere über eine leere Zigarettenpackung. Beim Anblick des mit verstümmelten Gliedmaßen bebilderten Päckchens wird mir übel. Ich greife zur Wasserflasche. Der Health Claim „Wasser trägt zur Erhaltung normaler körperlicher und kognitiver Funktionen bei“, darf seit einiger Zeit nur verwendet werden, wenn der Verbraucher gleichzeitig darüber informiert wird, dass er täglich wenigstens zwei Liter davon trinken soll. Der Kaugummi danach darf übrigens nur dann mit dem Hinweis „Zuckerfreier Kaugummi trägt zur Neutralisierung der Säuren des Zahnbelags bei“ versehen sein, wenn dieser auch wirklich zuckerfrei ist.

Und schon vergeht mir die Lust. Ich fühle mich fremdbestimmt. Wem muss ich eigentlich entsprechen? Dem europäischen Leitbild eines gesundheitsbewussten und umweltbewussten Menschen, der regionale Produkte bevorzugt, wenig Alkohol trinkt und seine Kinder stillt?

Richtig gelesen! Die EU-Verordnung 609/2013 stellt Anforderungen an die Aufmachung von Säuglingsanfangsnahrung, damit sie Mütter bitteschön nicht „vom Stillen abhält“.  So darf Säuglingsmilch nicht durch Babyfotos gekennzeichnet sein, die den „Gebrauch dieser Nahrung idealisieren könnten“. Glaubt man in Brüssel tatsächlich, dass niedliche Babyfotos auf Milchpulverpackungen Frauen vom Stillen abhalten könnten? Besteht hier tatsächlich ein europäischer Handlungsbedarf? Fallen Frauen, die nicht stillen, aus dem europäischen Rahmen? Müssen sie sogar ein schlechtes Gewissen haben? Ich meine: keinesfalls!

Hier lohnt sich ein genauerer Blick. Die Idee des Nudging, des sanften Anstubsens in die richtige Richtung, wurde 2008 durch den Bestseller „Nudge“ von Thaler und Sunstein populär – mit dem Ziel, vermeintliche „Selbstkontrollprobleme“ zu reduzieren, ohne dabei die individuelle Entscheidungsfreiheit zu beeinträchtigen. Die schwächere Form des „Anstubsens“ kommt durch eine Verbreiterung der Informationsgrundlage zum Ausdruck. Ein Beispiel ist die EU-Verordnung Nr. 1379/2013: Danach ist die Fischereiwirtschaft dazu verpflichtet, dem Verbraucher anzuzeigen, welches Gerät beim Fischfang eingesetzt wird – etwa Waden-, Schlepp- oder Umschließungsnetze. Dafür wurden bestimmte Fischfanggeräte-Codes entwickelt. „PTM“ steht zum Beispiel für Pelagische Zweischiffschleppnetze. Dank solcher Codes kann der fachkundige Käufer auf das entsprechende Fanggerät schließen und daraus beispielsweise ableiten, wie hoch das Risiko eines unerwünschten Beifangs von Meeressäugern ist. Allerdings muss auch bei solchen Kennzeichnungspflichten immer die Frage nach der Kosten-Nutzen-Relation gestellt werden. Im Unterschied dazu würde man bei einer Lebensmittel-Ampel die Empfehlung für gesunde Ernährung geradezu auf dem Silbertablett serviert bekommen. Ob aber die Auswahl der Kriterien, nach denen jene Einteilung in rot, gelb und grün erfolgt, objektiv wäre und ob sie auf die gesundheitliche Konstitution des „Durchschnittsbürgers“ zuträfe, ist mehr als zweifelhaft.

Bei allen Versuchen zur Reglementierung meines und Ihres Alltags ist es wesentlich, zwischen Politik und Privatwirtschaft zu trennen: Grundsätzlich gibt es einen Unterschied, ob die Privatwirtschaft Akzente für Werbekampagnen setzt, um  Entscheidungen potenzieller Kunden zu beeinflussen, oder ob  Politiker uns zu steuern versuchen. Meines Erachtens spricht nichts dagegen, wenn Einzelhändler freiwillig entscheiden, süßwarenfreie Kassen anzubieten, wenn sie darin ihr Alleinstellungsmerkmal sehen. Ebenso ist nichts dagegen einzuwenden, wenn einzelne Mensen ihre Auslagen zugunsten rohkostreicher Ernährung sortieren oder Hersteller von Lebensmitteln einzelne Produktmerkmale hervorheben. Problematisch, weil unangenehm, wird es aber, wenn sich politische Entscheidungsträger  anmaßen, ihre Bürger in die einzige vermeintlich richtige Richtung „stubsen“ zu müssen – aktuell zu beobachten am Beispiel der europäischen Alkohol-Strategie 2016-2022:

Alkoholmissbrauch ist ein ernstes Thema – keine Frage. In der EU wird rund jeder vierte Todesfall bei jungen Männern zwischen 15 und 29 Jahren mit Alkohol in Verbindung gebracht. Daher hatte das Europäische Parlament die Europäische Kommission im Frühjahr vergangenen Jahres zur Ausarbeitung der „Alkoholstrategie 2016-2022“ aufgefordert. Ein ehrenwertes Projekt – doch nur auf den ersten Blick. Denn bei dieser EU-Strategie stellt sich die Frage der tatsächlichen Wirksamkeit – und damit, ob eine solche Initiative auf europäischer Ebene überhaupt angestoßen werden sollte. Innerhalb der EU konzentriert sich die Alkoholproduktion nämlich auf relativ wenige Mitgliedstaaten: Die Weinproduktion ist zu 77 Prozent auf Spanien, Italien und Frankreich konzentriert, mehr als die Hälfte der europäischen Bierproduktion entfällt auf Deutschland, Großbritannien, Polen und die Niederlande. Eine restriktive europäische Alkoholstrategie würde die einzelnen Mitgliedstaaten also unterschiedlich treffen. Obendrein lässt sich aus Negativeffekten alkoholischer Getränke ordnungspolitisch nur dann ein möglicher Handlungsbedarf ableiten, wenn soziale Kosten entstehen, die durch den Verursacher nicht internalisiert werden.

In diesem Zusammenhang ist auch die Diskussion über Warnhinweise neu entflammt. Das Konsumverhalten über Schockbilder zu beeinflussen, erscheint paternalistisch. Mündige Erwachsene müssen selbst entscheiden können, ob sie Alkohol konsumieren oder nicht. Zudem belegt eine Reihe empirischer Studien, dass zum Beispiel die Mehrheit der Raucher ihr Konsumverhalten nicht durch Warnhinweise ändert. Für mich stellt sich auch die Frage nach dem Kinderschutz, wenn Produkte mit derart angsteinflößenden Bildern gegenüber von Schokoriegeln und Überraschungseiern im Supermarkt angeboten und in Verkehr gebracht werden. Es ist richtig, dass die Industrie hier bereits reagiert hat – somit können die Hersteller von Zigarettenetuis auf eine Renaissance edler Umverpackungen hoffen.

Ich bin ein Fan des Subsidiaritätsgedankens. Der Staat soll nur dort eingreifen, wo der einzelne Bürger oder eine kleine Gruppe zur Lösung eines ganz bestimmten Problems nicht in der Lage ist. Das stärkt die Eigenverantwortung und trägt dem Prinzip der Selbsthilfe Rechnung. Ich sage dies, weil ich kein Misanthrop, sondern ein Menschenfreund bin. Und bei Problemen zähle ich auf Reflektion und Vernunft, den „Familienrat“ daheim und ernsthafte Ratschläge aus dem Freundeskreis. Vor allem aber glaube ich nicht daran, dass die Politik es durch „sanftes Anstubsen“ schafft, uns dem Idealmodell eines „Homo Oeconomicus“ näher zu bringen. Wir Bürger leben nicht in jeder Situation so, wie die Politik sich das wünscht. Wir wissen nicht, was wir tun? Von wegen! Ich jedenfalls freue mich auf mein Frühstück morgen.

Photo: Exosphere

Rad und Buchdruck, Auto und Internet – kaum eine der wichtigen Erfindungen der Menschheit entstand auf dem Reißbrett oder in einem Bürosessel. Erfindergeist braucht auch eine Unternehmernatur. Archimedes und Johannes Guttenberg, Rudolf Diesel und Margarete Steiff, Coco Chanel und Bill Gates – diese Menschen waren durch und durch innovativ. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen ihrer Tätigkeit als Unternehmer und ihrer Kreativität. Beides erfordert Flexibilität und Mut. Eine Idee weiterzudenken, nicht aufzuhören bei den Grenzen des momentan Denkbaren und Vorstellbaren – das sind wesentliche Eigenschaften, die Unternehmer und Erfinder ausmachen.

Ein Unternehmer ist oft dann besonders erfolgreich, wenn er seiner Zeit einen Schritt voraus ist. Alle anderen denken noch: „So einen Unsinn braucht kein Mensch“ oder „Diese Erfindung bedroht die Welt, in der wir uns gerade so gut eingerichtet haben“. Der Unternehmer erkennt hingegen das Potential, das im Unbekannten der Zukunft liegt, und wagt sich ins Dunkle vor, das die meisten anderen erschreckt.

In den letzten hundert Jahren waren diese dunklen Räume die Luftfahrt und der Minirock, Wolkenkratzer und die Mikrowelle. Heute sind es andere dunkle Räume, vor allem solche im Netz und in der digitalen Welt. Vor zehn Jahren waren etwa 7 Millionen Menschen auf Facebook – heute ist jeder fünfte Erdenbewohner dort aktiv. Es ist offensichtlich, dass auf diesen Gebieten noch unentdeckte Welten vor uns liegen, die unerschöpfliche Möglichkeiten an erfinderischer und unternehmerischer Initiative zu bieten haben.

Die Fähigkeiten, die man braucht, um in diesen Welten Erfolg zu haben, lernt man in den allerseltensten Fällen im BWL- oder Informatikstudium. Die meisten Ideen und Fähigkeiten findet man im Selbststudium, im Experimentieren und insbesondere auch im Austausch mit anderen. Diese Möglichkeiten bietet in hervorragender Weise das Programm Exosphere Academy 2016. Es ist, im besten Sinne, ein Programm für Aussteiger, die Aufsteiger werden wollen.

In acht intensiven Wochen lernen die Teilnehmer an dem Programm viel über sich selbst und ihre Stärken und Potentiale und wie sie diese ausbauen können. „Exosphere Academy“ ist mehr als ein akademisches Programm. Es ist ein Ort, an dem die Teilnehmer das entfalten können, was den Kern von Unternehmertum und Erfindergeist ausmacht: Kreativität in Kooperation. Weil Exosphere nicht eingebunden ist in ein sich selbst erhaltendes und genügendes System wie etwa die Fachhochschule, können die Teilnehmer dort den Ursprung dessen erfahren, was mit Universität gemeint war: Das lateinische „universitas“ beschrieb den Blick über den Tellerrand und die Suche, die sich nicht vom Vorgegebenen einschränken lässt.

Wir freuen uns, mit der „Prometheus Scholarship“ einer jungen Unternehmerpersönlichkeit die Gelegenheit zu geben, an diesem Programm teilnehmen zu können. Zusätzlich zum reduzierten Preis wird die Teilnehmerin oder der Teilnehmer ein individuelles Coaching Programm mit den beiden Gründern von Prometheus, Frank Schäffler und Clemens Schneider, absolvieren können. Starten Sie Ihre Unternehmerkarriere jetzt und bewerben Sie sich für die „Prometheus Scholarship“!

Die Prometheus Scholarship

Teilnahme an der Exosphere Academy 2016

Teilnahmegebühr ermäßigt um $ 1,000

Individuelles Coaching mit Frank Schäffler und Clemens Schneider

Weitere Informationen unter http://exosphe.re/application2016/

Photo: Universität Salzburg from Flickr (CC BY 2.0)

Umverteilung findet oft nicht von Reich zu Arm statt. Meist sind die Umverteilungsströme undurchsichtig und kommen am Ende doch nicht den Bedürftigen zugute. Zum Beispiel beim Thema Bildungsfinanzierung. Da lässt sich noch einiges ändern.

Akademiker sind teuer

Etwa 2,75 Millionen junge Menschen studieren derzeit in Deutschland. 1,35 Millionen befinden sich in der Ausbildung. Die Zukunftsaussichten beider Gruppen sind natürlich so unterschiedlich wie die Individuen selbst. Dennoch kann man relativ sicher sagen, dass die Mehrheit der Studierenden nicht hinter dem Steuer eines Taxis landen werden. Genauso wie die Mehrzahl der Auszubildenden wohl nicht in 25 Jahren selbständige Unternehmer mit saftigen Renditen sein werden. Akademiker, so eine OECD-Studie aus dem Jahr 2014, verdienen in Deutschland im Schnitt 74 Prozent mehr als Berufstätige, die weder Uni noch Fachhochschule oder Meisterschule besucht haben.

Akademiker verdienen aber nicht nur oft sehr ordentlich – sie kosten auch erstmal eine Zeit lang ordentlich Geld. Am billigsten sind, ausweislich des Statistischen Bundesamtes, übrigens Juristen, BWLer, Volkswirte und Sozialwissenschaftler, die pro Jahr mit etwa 3.600 Euro zu Buche schlagen. Verhältnismäßig günstig sind auch noch Sprach- und Kulturwissenschaftler (5.000 €), Ingenieure (6.580 €) oder Naturwissenschaftler und Mathematiker (8.670 €). Spitzenreiter sind mit großem Abstand die Humanmediziner, die Jahr für Jahr rund 31.000 € kosten. Das sind jetzt freilich nur die Kosten für das laufende Studium. Noch nicht mit eingerechnet sind zusätzliche Förderungen, Zuschüsse, Stipendien und Steuererleichterungen. Kurzum: Wir lassen uns Bildung etwas kosten.

Wir besuchen die Universität nicht, um der Gesellschaft zu nutzen

Bildung – so lassen uns Politiker und Meinungsmacher von Sonntagsrede zu Sonntagsrede immer wieder wissen –, Bildung ist eine Investition in die Zukunft. Stimmt ja auch irgendwie: der Ingenieur, der heute die Unibank drückt, wird morgen vielleicht den Automarkt revolutionieren. Die gut ausgebildete Juristin wird ihren Mitbürgern als Richterin oder Anwältin einen Dienst erweisen. Und der Kulturwissenschaftler wird als Literaturnobelpreisträger von morgen das deutschsprachige Kulturgut substantiell bereichern. Aber zunächst einmal investiert jeder Student nicht in die Zukunft eines Staatskollektivs, sondern in seine ganz eigene persönliche Zukunft.

Und es ist mitnichten verwerflich, dass er diese Investition nicht zuletzt auch im Blick auf bessere Verdienstmöglichkeiten tätigt (wobei Verdienst hier durchaus sehr viel mehr bedeuten kann als nur monetäres Einkommen – dazu gehören auch Reputation, Einfluss und persönliche Zufriedenheit). Der Student muss keineswegs beständig auch seinen möglichen gesellschaftlichen Nutzen im Auge haben. Der Haken an der Sache ist allerdings: er selbst investiert in der Regel wenig anderes als seine Zeit. Neben dem Semesterbeitrag entstehen meist keine finanziellen Kosten für ihn. Die werden nämlich umgelegt auf alle Steuerzahler.

Die Kindergärtnerin und die Patentanwältin

Das heißt konkret: Der Automechaniker-Azubi und dessen Mutter, die im Kindergarten arbeitet, finanzieren durch Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer, Energiesteuer und Co. das Studium für die künftige Patentanwältin oder den künftigen Chefarzt. Wenn man sich den Mechanismus einmal so bildlich vor Augen führt, wird besonders anschaulich, wie aberwitzig das derzeitige System eigentlich ist. Bei dieser Umverteilung (wie auch bei vielen anderen) handelt es sich mitnichten um eine Maßnahme, um die Härten des Lebens für schlechter Gestellte abzufedern. Vielmehr werden Menschen, die niemals das Verdienstniveau von Akademikern erreichen werden, dazu genötigt, deren Ausbildung mitzufinanzieren.

Eine kurze Zeit lang, zu Beginn der 2000er Jahre, gab es in einigen deutschen Bundesländern ja schon einmal Studiengebühren, wenn auch in einem erheblich harmloseren Umfang als das etwa in Großbritannien oder gar in den USA der Fall ist. Im Zuge der Debatten um deren baldige Abschaffung war ein häufig vorgebrachtes Argument, man halte mit Studiengebühren gerade diejenigen vom Studium ab, für die Hürden ohnehin schon ziemlich hoch sind. Vor allem Kinder aus Nicht-Akademiker-Familien, deren Eltern es sich nicht leisten können, diese Gebühren zu übernehmen oder vorzustrecken, seien somit benachteiligt. Der Einwand ist durchaus valide – der Schluss, das Studium wieder kostenlos zu machen, nicht.

Wer bestellt, sollte auch zahlen

Für einen Großteil der Studenten ist ihr Studium der Schlüssel zu einem späteren finanziellen Erfolg. Diesen Schlüssel sollten ihnen nicht andere zur Verfügung stellen müssen. Es gibt inzwischen zum Glück intelligentere Optionen zur Studienfinanzierung als einen Großkredit aufnehmen zu müssen. Die privaten Unis haben es vorgemacht: Seit 1995 hat die Universität Witten/Herdecke das Modell des „Umgekehrten Generationenvertrags“ – inzwischen wurde es auch von anderen privaten Universitäten und Hochschulen in Deutschland aufgegriffen. Studierende zahlen hier erst nach dem Studium, und zwar einen gewissen Prozentsatz ihres Einkommens.

In Großbritannien wurde auch zeitweise darüber debattiert, eine entsprechende Akademiker-Steuer einzuführen. Die nächste Steuer einzuführen, ist sicherlich keine gute Idee. Aber eine einkommensabhängige „Akademiker-Gebühr“, die auch ohne Umwege über den Steuersäckel direkt den Universitäten zufließt, wäre durchaus eine Erwägung wert. Mit der Kirchensteuer gibt es ja auch bereits ein bewährtes Verfahren, das man übernehmen könnte.

Das wäre übrigens auch eine gute Gelegenheit, um insgesamt darüber nachzudenken, wo man Steuern durch Beiträge ersetzen kann. Viel zu viele Bereiche in unserem Staat, gerade auf dem Gebiet der Infrastruktur im weiteren Sinne, werden unabhängig von ihrer Nutzung aus dem großen Steuertopf bezahlt. Das beste Mittel gegen eine Umverteilung, die beständig Ungerechtigkeiten produziert, ist es, denjenigen für eine Leistung zahlen zu lassen, der sie auch in Anspruch nimmt. Wer bestellt, sollte auch zahlen.