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Seit nunmehr sieben Jahren hat die Europäische Zentralbank in Frankfurt ihren Leitzins erst auf ein Prozent und seit drei Jahren auf null Prozent gesenkt. Bis Ende 2017 wird der EZB-Präsident Mario Draghi für 2200 Milliarden Euro Schulden von Staaten, Banken und Unternehmen aufgekauft haben. Um das bezahlen zu können, geht er nicht zur Bank um sein Erspartes abzuheben oder einen Kredit aufzunehmen, sondern in seinen Keller im EZB-Tower in Frankfurt. Dort ist genug. Es ist unbegrenzt vorhanden. Er kann es aus dem Nichts schaffen, indem er auf die Enter-Taste seines Computers drückt.

Durch seine Zinspolitik und seine Schuldenaufkaufprogramme schafft er die Basis für eine größere Geldmenge. Die Folge dieses größeren Geldvolumens ist die Erhöhung der Preise. Bei welchen Preisen die Erhöhung ihre Wirkung zeigt, ist nicht vorhersehbar. Wahrscheinlich ist, dass Unternehmenswerte und Immobilien diese erhöhte Liquidität aufnehmen. Zumindest die hohen Immobilienpreise in den Ballungszentren und die boomenden Aktienkurse an den wichtigsten Börsen drücken das aus. Doch auch bei den Konsumgütern ist die Erhöhung der Geldmenge inzwischen zu spüren. Im Januar lag die Inflationsrate offiziell bei 1,9 Prozent und damit ganz nah an der Zielmarke Mario Draghis von 2 Prozent.

Die Kollateralschäden dieser Politik werden immer deutlicher. Billige Zinsen helfen zwar dem Finanzminister, dem Kämmerer und dem privaten Häuslebauer, sie führen aber auf der anderen Seite zu erheblichen Nebenwirkungen. Bei den Sparern, die in diesem Szenario 2 Prozent pro Jahr verlieren, wenn sie ihr Geld zur Bank bringen, führt dies über zehn Jahre gerechnet, zu einem Verlust eines Fünftels ihres Vermögens. Für eine alternde Gesellschaft keine gute Nachricht.

Das ist nicht mehr nur ein Phänomen der Privatbanken. Selbst Sparkassen und Volksbanken gehen inzwischen dazu über, Negativzinsen für Einlagen zu erheben. Die Hamburger Sparkasse, die größte im Lande, hat damit angefangen. Die Volksbank in Stendal und die Raiffeisen-Bank in Gmund am Tegernsee geht ähnliche Wege. Beide Bankengruppen stehen vor erheblichen Veränderungen. Ihr Geschäftsmodell funktioniert im Niedrigzinsumfeld so nicht mehr. Sie verdienen im Einlagengeschäft nichts mehr und die Margen im Kreditgeschäft brechen ebenfalls weg.

Sie müssen daher schnell Kosten sparen, um die mangelnden Erlöse ausgleichen zu können. In meiner ostwestfälischen Heimat hat jetzt eine große Sparkasse angekündigt, die Hälfte ihrer Filialen zu schließen. In ländlichen Regionen stellt sich sehr schnell die Frage der Versorgung mit Bargeld und anderen Bankdienstleistungen, gerade auch für ältere Menschen.

Das ist kein neuer Trend. Das Internet verändert auch die Bankenwelt. Die Mehrheit der Kunden wickelt die Bankgeschäfte inzwischen bequem von Zuhause oder dem Arbeitsplatz ab. Aber die Geldpolitik der EZB beschleunigt diesen Trend zusätzlich. Während in den 1970er Jahren noch 800 selbstständige Sparkassen existierten, sind es jetzt noch gerade 400. Im Genossenschaftssektor sieht es ähnlich aus. Der Konsolidierungsdruck ist nur höher. Zwar haben die Volks- und Raiffeisenbanken inzwischen mit der DZ-Bank nur noch ein Zentralinstitut, aber es gibt immer noch rund 1000 selbstständige Genossenschaftsbanken vor Ort.

Hinzu kommt der zunehmende Regulierungsdruck gerade auf die Sparkassen und Volksbanken. Je kleiner ein Institut ist, desto schwieriger ist es, für dieses, den bürokratischen Aufwand abbilden zu können. Kleine Banken werden so in die Fusion getrieben. Ob größere Banken zwingend solider sind als kleinere, lässt sich seit der Finanzkrise erst recht bezweifeln. Gerade die großen Institute haben zu Beginn und im Verlauf der Finanzkrise die Regierungen und Steuerzahler erpresst. Die Commerzbank, viele Landesbanken und die Hypo Real Estate wollten in der Premierleague mitspielen. Dort winkten hohe Siegprämien. Deren Abstieg in die Regionalliga musste am Ende aber der Steuerzahler bezahlen. Die Lehre aus dieser Entwicklung ist, dass Regulierung stärker zwischen großen und kleinen Instituten differenzieren und Mario Draghi zu einer Geldpolitik zurückkehren muss, die den Wert des Geldes nicht weiter vernichtet.

Erstmals erschienen in der Fuldaer Zeitung am 11. Februar 2017.

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