Photo: Anna Hanks from Flickr (CC BY 2.0).

Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Kalle Kappner, Promotionsstudent an der Humboldt-Universität zu Berlin, Research Fellow bei IREF, Fackelträger von Prometheus.

Nachdem im vergangenen Jahr fünf weitere US-Staaten den medizinischen Gebrauch von Hanfprodukten liberalisiert haben, ist dieser nun in der Mehrheit der US-Staaten legal. Auch in Deutschland ist es jüngst zu Liberalisierungen gekommen. Zwar ist der erleichterte Zugang zu entsprechender Arznei für Patienten zu begrüßen. Doch viele Konsumenten profitieren davon nur in geringem Maße, da ihnen der Erwerb zu nicht-medizinischen Zwecken weiterhin verboten ist.

Zahlreiche Studien, die auf Erfahrungen mit der liberaleren Gesetzgebung in den Niederlanden, Portugal und einigen US-Staaten zurückgreifen, lassen die offiziell angeführten Argumente für die Prohibition unbegründet erscheinen. Weder führt die Liberalisierung weicher Drogen zu einer höheren Kriminalitätsrate, noch erhöht sie das Abhängigkeitsrisiko dramatisch.

Dagegen lässt die Liberalisierung von Hanfrauschmitteln Vorteile erwarten: Konsumenten könnten Rauschmittel entsprechend ihrer Präferenzen ohne Befürchtung rechtlicher Konsequenzen genießen. Ihre einvernehmlichen Transaktionen mit Produzenten würden nicht mehr auf dem Schwarzmarkt stattfinden. Freiwerdende Polizei- und Justizressourcen könnten dringenderen Zwecken zugeführt werden. Die Besteuerung des Hanfkonsums würde die Senkung schädlicherer Steuern ermöglichen.

Liberalisierung international auf dem Vormarsch

Immer mehr Länder ermöglichen den Gebrauch von Hanfprodukten zu medizinischen Zwecken, so auch Deutschland. Produktion, Handel und Besitz (nicht jedoch der Konsum) von Hanfrauschmitteln bleiben hierzulande allerdings weiterhin illegal. In der Praxis wird der Erwerb kleinerer Mengen zum Eigengebrauch nicht zwingend verfolgt, doch Anbau, Verarbeitung, Distribution und Erwerb führten 2015 zu rund 169.000 registrierten Delikten.

Die Niederlande und Portugal werden oft als Beispiele für eine liberalere Drogenpolitik angeführt. Zwar unterscheidet sich die dortige Rechtslage von der deutschen nicht dramatisch, doch weicht sie in relevanten Details ab. So ist in den Niederlanden der Verkauf, Erwerb und Konsum von Hanfprodukten im Rahmen sogenannter Coffeeshops für niederländische Staatsbürger legal. In Portugal werden Erwerb und Konsum nicht mehr strafverfolgt, wenngleich sie formal illegal bleiben und Hanfrauschmittel beschlagnahmt werden können.

 

 

In den USA, deren Bundesregierung seit Jahrzehnten einen fragwürdigen War on Drugs führt, erlauben mittlerweile sieben Bundesstaaten und D.C. den Vertrieb und Konsum kleinerer Mengen von Hanfrauschmitteln. Anders als in den Niederlanden und Portugal ist teilweise der Anbau geringfügiger Mengen gestattet, wenngleich die Möglichkeiten für die industrielle Produktion von und den Großhandel mit Hanfrauschmitteln für nicht-medizinische Zwecke stark limitiert bleiben. Einen ersten Schritt in Richtung legaler Produktion ging Uruguay in 2013. Seitdem dürfen Haushalte und Farmkooperativen dort größere Mengen Cannabis anpflanzen.

Kein höheres Konsumrisiko für Minderjährige

Gegner der Liberalisierung von Hanfrauschmitteln fürchten, dass ein größerer Teil der Bevölkerung, insbesondere Jugendliche, entsprechende Produkte konsumieren würde, sobald ihm der Zugang zu Drogen erleichtert wird. Eine höhere Konsumrate ist nicht per se problematisch, wenn sie aus freiwilligen Entscheidungen resultiert, doch ein höheres Konsumrisiko unter Minderjährigen wäre Anlass zur Besorgnis. Ein Survey-Artikel von 2016 berichtet, dass bisherige Studien keine Hinweise auf ein wachsendes Konsumrisiko unter Jugendlichen aufgrund liberalerer Drogengesetze liefern, wenngleich Hanfkonsum in legalisierenden Staaten als weniger riskant wahrgenommen wird.

Die meisten Studien basieren auf Erfahrungen mit der Legalisierung medizinischer Hanfprodukte. In der Praxis kann allerdings davon ausgegangen werden, dass erleichterter Zugang für Patienten auch zu erleichtertem Zugang für Menschen führt, die Hanfprodukte aus anderen Gründen konsumieren wollen. Studien, die sich explizit mit der Regulierung nicht-medizinischer Hanfprodukte beschäftigen, finden zwar, dass Konsumraten unter Jugendlichen in Staaten mit laxeren Drogengesetzes höher sind – sowohl in den USA als auch international –, doch einen kausalen Zusammenhang können sie nicht identifizieren.

Keine wachsende Kriminalität

Gegner der Legalisierung fürchten, dass Cannabiskonsumenten zu härteren Drogen abgleiten und damit die assoziierte Beschaffungskriminalität zunimmt. Befürworter erhoffen sich dagegen den Rückgang schwarzmarktbedingter Kriminalität. Bisherige Studien finden, dass Kriminalitätsraten tendenziell sinken, wenn Hanfprodukte für den medizinischen Gebrauch legalisiert werden. Geringfügig steigende Kriminalitätsraten resultierten dagegen aus der Anhebung der straffreien Menge für den Eigenbedarf in den USA, während entsprechende Reformen in Großbritannien keinen derartigen Effekt hatten.

Die medizinische Forschung ist bezüglich der Frage , welche Auswirkung liberalere Drogengesetze auf die staatlichen Gesundheitssysteme haben, bisher zu keinem Konsens gelangt. Bestehende Studien weisen darauf hin, dass intensiver und regelmäßiger Konsum die Arbeitsproduktivität senkt und mit häufigerem Auftritt bestimmter Krankheiten assoziiert ist. Umstritten sind die Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung. Drogenexperten schätzen Hanfrauschmittel regelmäßig als deutlich harmloser ein als die legale Droge Alkohol, für die legale Hanfrauschmittel Substitute sein können.

Legalisierung entlastet Steuerzahler

Angesichts der hohen Kosten, die für die Aufrechterhaltung der Prohibition und die Bekämpfung prohibitionsbedingter Schwarzmarktaktivitäten anfallen, verwundert nicht, dass Ökonomen deutliche Justizkosteneinsparungen durch die Legalisierung von Hanfrauschmitteln erwarten. Eine Schätzung für die USA geht von etwa 8,7 Mrd. Dollar jährlich aus – Ressourcen, die dringenderen Zwecken zugeführt werden könnten.

Darüber hinaus entgehen dem Fiskus durch die Prohibition bedeutende Einnahmen. Eine 2016 im American Economic Review erschienene Studie schätzt, dass der US-Staat jährlich zwischen 4 und 12 Mrd. Dollar einnehmen könnte, wenn er Hanfprodukte vollständig legalisierte und anschließend mit einem Satz von 25% besteuerte. Dies deckt sich mit einer weiteren Schätzung, die Mehreinnahmen von 8,7 Mrd. Dollar pro Jahr erwarten lässt. Höhere Konsumsteuern lassen sich nutzen, um schädlichere Steuern zu senken.

Aus Erfahrungen lernen

Deutschland würde durch eine Legalisierung von Hanfrauschmitteln kein Neuland betreten, denn die Erfahrungen anderer Länder lassen eine Einschätzung der Folgen zu. Die Erfahrungen Portugals deuten darauf hin, dass positive Begleiterscheinungen wie der Rückgang sexuell übertragbarer Krankheiten oder Todesfälle unter Drogeneinwirkung durch die Entkriminalisierung weicher Drogen zu realisieren sind, selbst wenn deren Produktion und Verkauf illegal bleiben.

Erfahrungen einiger US-Staaten lassen vermuten, dass die Legalisierung des Anbaus für den Eigenbedarf deutliche Preissenkungen und Qualitätssteigerungen bewirkt. Aufgrund von Skaleneffekten wären allerdings weitere Kosteneinsparungen durch die Legalisierung der kommerziellen Produktion zu erwarten. Heimische Produktion würde den derzeit stattfindenden Import aus anderen Ländern reduzieren.

Legalisierung in Deutschland überfällig

Für die oft angeführten negativen Folgen der Freigabe weicher Drogen mangelt es an Evidenz, während die Vorteile für freiwillig miteinander handelnde Konsumenten und Produzenten offenkundig sind. Kontroverser als die Entkriminalisierung des Erwerbs und Konsums ist die Liberalisierung der Anbau- und Vertriebsbedingungen. Gegen eine Übernahme der bereits in anderen Ländern praktizierten liberaleren Regeln für den Heimanbau und Verkauf spricht nichts und bei der Legalisierung der kommerziellen Produktion könnte Deutschland Vorreiter sein.

Erstmals erschienen bei IREF.

1 Antwort
  1. lobo
    lobo sagte:

    Sehr Guter Artikel! Objektiv und Sachlich. Wenn man auf der Grundlage im Bundestag diskutieren würde wäre es schon längst legal.

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