Photo: Paul Jerry from flickr (CC BY-ND 2.0)

„Not macht erfinderisch.“ So geht es auch dem einen oder anderen Gesetzgeber. Die Hamburger Bürgerschaft beispielsweise hat Anfang Oktober aus der Not, Asylbewerber unterbringen zu müssen, sogar eine Tugend machen wollen. Das Parlament der freien Hansestadt kreierte im „Gesetz für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ einen neuen Paragraphen. Dieser erlaubt dem Senat, unter bestimmten Voraussetzungen private Grundstücke und Gebäude zur Flüchtlingsunterbringung „sicherzustellen“. Sicherstellen meint enteignen. Der Enteignung sind in unserer Rechtsordnung verfassungsmäßige Grenzen gesetzt. Sie ist „nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig“ (Art. 14, Abs. 3, Satz 1 GG).

Auf den ersten Blick unterscheidet uns dies von einem Willkürstaat. Doch was ist das „Wohl der Allgemeinheit“, das „Gemeinwohl“ oder „öffentliches Interesse“? Kann es das überhaupt geben? Die Ideengeschichte ist voll von Definitionen und Interpretationen. Heute verstehen viele darunter die „positive“ Gewalt der Exekutive gegenüber dem Einzelnen. „Positiv“ meint: die Regierung definiert was dem Allgemeinwohl dient und setzt es im Zweifel mit Polizeigewalt durch.

Das ist gefährlich. Denn kein Regierung, kein Parlament und kein Beamter kann wissen, was Millionen Menschen für Ideen, Wünsche und Vorstellungen haben. Wer Wohnungen heute enteignet, weiß morgen nicht, welche Wirkungen dies auf Investoren in den Wohnungsbau, auf den Eigentümer selbst oder auf das räumliche Umfeld der Wohnung hat. Vielleicht führt es dazu, dass der private Wohnungsbau zum Erliegen kommt, weil die Investoren glauben, die Regierung würde auch sie enteignen – wer weiß? Das Gesetz würde dann nur auf den ersten Blick sein Ziel erreichen.

Die Durchsetzung des „Gemeinwohls“ durch Regierung und Parlament führt deshalb unweigerlich und zwangsläufig zu Fehlentscheidungen, Ungerechtigkeit und Despotie. Und es trägt die freie Gesellschaft zu Grabe. Denn die Existenz einer freien Gesellschaft setzt zwingend voraus, dass die Regierung und das Parlament sich eben nicht als allwissend begreifen und nicht Normen und Ziele vorgeben, die sie mit planwirtschaftlicher Akribie durchsetzen.

Es trägt die freie Gesellschaft zu Grabe, weil deren zwingende Voraussetzung die auf privatem Eigentum basierende marktwirtschaftliche Ordnung ist. Denn nur dort kann der Einzelne seine individuellen Ideen, Wünsche und Vorstellungen realisieren. Diese erfüllen sich nicht in jedem Fall, sondern es werden auch immer wieder Fehlentscheidungen getroffen. Doch diese Entscheidungen werden selbst verantwortet, andere lernen daraus und vermeiden diese Fehler. Diese Lernkurve durchleben der Staat und seine Handelnden nicht. Im Gegenteil: funktionieren die Maßnahmen nicht und erreichen sie das definiert Ziel nicht, dann wird noch eine Schippe draufgelegt, mehr Geld in die Hand genommen und noch mehr in individuelle Recht eingegriffen.

Wenn die Regierung die freiheitliche Ordnung durch einen immer stärkeren Eingriff in das Eigentum aushöhlt und am Ende nur noch eine leblose Hülle, ein leerer Pappkarton oder eine abgegraste Allmende übrig bleibt, dann ist am Ende niemand geholfen. Es hilft auch nicht den Asylbewerbern, wenn die Grundlage für den Wohlstand des Landes nur noch zombiehaft vorhanden ist.

Begriffe wie „Gemeinwohl“ oder „Wohl der Allgemeinheit“ können in einer freien Gesellschaft deshalb nie vom Ergebnis her definiert werden, sondern nur als abstrakte Ordnung, die sich eben gerade nicht an konkreten Zielen ausrichtet, sondern dem Einzelnen Chancen ermöglicht, aus seinen Fähigkeiten das Beste zu machen. Daraus ergibt sich die von Friedrich August von Hayek beschriebene spontane Ordnung. Deren Bedeutung liegt darin, „dass sie eine friedliche Zusammenarbeit zum wechselseitigen Nutzen der Menschen über den kleinen Kreis derjenigen hinaus ermöglicht, die dieselben konkreten Ziele verfolgen“.

Deshalb kommt in einer freien Gesellschaft der Regierung nicht die Kompetenz zu, Recht durch Zwang zu ersetzen, sondern nur, eine abstrakte und zweckunabhängige Ordnung zu schaffen. Innerhalb dieser Ordnung verfolgen Menschen ihre individuellen Lebenspläne, die mal erfolgreich und mal weniger erfolgreich sind. Diese freie Gesellschaft hat jedoch die Kraft und die Fähigkeit, sich zu entwickeln.

Die Flucht vor Krieg und Elend im Nahen Osten, Nordafrika oder Afghanistan ist auch eine Flucht aus geschlossenen und daher rückständigen Gesellschaften. Deren Methoden sollten wir in Deutschland nicht übernehmen.

7 Kommentare
  1. Carsten
    Carsten sagte:

    Seien wir doch einmal ehrlich, was unterscheidet die deutsche Politik und die EU von einer (beginnenden) Diktatur? Wir haben nicht wirklich eine Wahl, denn die Parteien unterscheiden sich nicht wirklich und wollen alle planwirtschaftlich handeln. Die Freiheit wird Schritt für Schritt eingeschränkt und die Deutungshoheit wird den linken Gruppen überlassen. Die Mainstream-Medien und der Staatsfunk senden regierungstreue Propaganda. Die drohende Abschaffung von Bargeld ist ein nächster Schritt in die Despotie. Totale Kontrolle steht in jeder Diktatur ganz oben und wir alle stehen immer mehr unter Kontrolle. Die Regierenden handeln permanent gegen Ihren Eid, sie handeln gerade nicht zu Wohle des deutschen Volkes sondern zum Wohle Anderer. Die Methoden die sie anwenden werden immer hemmungsloser, wenn man jetzt sieht wie der Weg für Enteignungen geebnet wird, dann stehen einem die Haare zu Berge. Es gibt keinen guten und wohlwollenden Staat, denn der Staat greift immer in Freiheit und Bürgerrechte ein und je schlechter die Zeiten, umso schlimmer die Eingriffe. Merke : Der Staat richtet sich immer gegen die Bürger, der Staat wird mit der Zeit immer totalitärer und wird immer mehr Mittel einsetzen müssen, um seine Bürger unter Kontrolle zu halten. Je mehr Menschen die Machenschaften des Staates durchschauen, umso mehr Aufwand wird betrieben diese Menschen unter Kontrolle zu halten, es folgt der Polizeistaat.

    Wie Jeremy Locke in seinem Buch „Das Ende des Bösen“ schon beschrieben hatte, ist die Demokratie die perfideste Art der Tyrannei, denn die Menschen glauben, sie könnten etwas ändern. Aber Wahlen können nichts ändern, es wechselt bloß der Despot. Mir wird schlecht wenn ich an die Zukunft Deutschlands und Europas denke, denn etwas Gutes wird nicht daraus erwachsen. Deutschland hat schon viele Diktaturen erlebt, jetzt erleben wir den Beginn einer Neuen. Man kann zu diesem Thema auch einmal „Die Vereinigten Staaten von Europa“ von Oliver Janich lesen, ein Augenöffner. Die einzige Hoffnung die noch bleibt sind die neuen Bundesländer, denn die Älteren Ostdeutschen haben die DDR-Diktatur miterlebt und reagieren viel sensibler auf den schleichenden Verlust unserer Freiheit als die westdeutsche Spaßgesellschaft. Daraus resultiert auch der massive Bürgerprotest der Pegida, der sofort reflexartig als rechtsextrem und außerländefeindlich abgetan wird. Daran erkennt man, dass es keine Diskussionskultur mehr gibt. Abweichende Meinungen werden immer in die rechte Ecke gestellt (das hat Der Spiegel sogar mit den Demonstranten gegen TTIP getan, obwohl die meisten Gegner aus der linken Ecke kommen) und die Meinungsfreiheit wird unterdrückt. Das macht mir Angst.

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    • Ralf Becker
      Ralf Becker sagte:

      Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs hat es ebenfalls Bestrebungen gegeben, die demokratische Ordnung aufzulösen. Das Wort dafür ist Faschismus.
      In der Prophetie Offenbarung 13, bei der meine Person eine etwas komische Übereinstimmung mit dem Thier „Lamm“ hat, ist davon die Rede, dass das Bargeld abgeschafft werden wird.

      Ich habe mir einige youbube-Videos zum Thema „Bargeld“ angesehen und der einstimmige Tenor war, dass das Bargeld nicht funktioniert.

      Und falls die Offenbarung des Johannes die Zukunft tatsächlich kennt, was wir zurzeit aus wissenschaftlicher Sicht noch nicht beurteilen können, würde es bereits in weniger als einem Jahr eine Weltregierung geben. Und die derzeitige Situation ist tatsächlich dermaßen angespannt, dass das Eintreten der Prophetie möglich ist.

      Insgesamt sieht man es bei unseren Politikern, dass die mit ihrem Latein am Ende sind.

      Ein bargeldloser Geldverkehr muss vorher genau überlegt sein, weil er sonst aus dem Ruder laufen würde. Das wäre dann sehr gefährlich.

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      • Carsten
        Carsten sagte:

        Das Bargeld darf niemals abgeschafft werden, denn dann wird immer jemand kommen, der eines Tages die Situation ausnutzt. Bargeld ist gedruckte Freiheit. Genauso verhält es sich mit Bitcoin, denn es gehört niemanden, kein Staat hat die Kontrolle. Bitcoin kann ich auf einem leicht transportieren und ist unabhängig von Staaten und Grenzen.

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        • Ralf Becker
          Ralf Becker sagte:

          Carsten,

          besonders wenn die Kanzlerin ohne jede Bürgerbeteiligung etwas einleitet, dann ist mir auch nicht ganz wohl dabei.

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  2. Ralf Becker
    Ralf Becker sagte:

    Die Politik muss von Anfang an mit offenen Karten spielen. Wenn es ohnehin klar ist, dass mit einer Enteignung zu rechnen sei, dann könnte man einen solchen Regierungsstil nicht beanstanden.
    Hier liegt aber eindeutig ein Vertrauensbruch vor.

    Der obige blog-Beitrag ist ein weiteres Beispiel für Demokratie-Versagen.
    In diesem Zusammenhang verweise ich auf meinen jetzt wieder geringfügig überarbeiteten ergänzenden Kommentar zum blog-Thema:
    „Je kleiner, desto feiner: die Demokratie“
    https://prometheusinstitut.de/je-kleiner-desto-feiner-die-demokratie/

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    • Carsten
      Carsten sagte:

      Ralf,

      Da für mich Politik immer eine Ansammlung von Psychopathen ist die gegen das Volk arbeiten, ist es nur logisch, dass Politik nie mit offenen Karten spielt. Die Situation mit den Flüchtlingen spitzt die Lage nur zu, ändert aber nichts daran, dass der Staat pleite ist und auch vor den Flüchtlingen schon Pleite war.

      Übrigens die Ursachen und Probleme der Flüchtlingskrise benennt Pastor Jakob Tscharnke von der evangelischen Freikirche in Riedlingen. Sehr interessante Predigt, das sage ich, obwohl ich wahrlich kein Kirchgänger bin.

      http://www.efk-riedlingen.de/predigtarchiv/7-12.2015/128/11.10.15%20J.Tscharntke%20Psalm60.4%20Wie%20gehen%20wir%20als%20Christen%20mit%20der%20Zuwanderunsproblematik%20um%20128KBit.mp3

      Zum Thema Demokratie halte ich es mit Jeremy Locke und seinem Buch „Das Ende des Bösen“, dort wird darauf verwiesen, dass die Demokratie die perfideste Art der Tyrannei ist, denn man glaubt man könne etwas ändern. Ist in der Vergangenheit nicht aufgefallen, dass es unerheblich ist, wer denn regiert, es ändert sich rein gar nichts. Diese Einigkeit aller im Bundestag vertretenen Parteien und auch der FDP ist in den letzte Jahren noch sehr viel deutlicher zutage getreten. Wenn man die heutige Politik mit ihren Denkverboten, der Propaganda, der Antifa-SA, der gleichgeschalteten Presse usw. vergleicht, stellt man fest, dass sich viele Parallelen zu 1938 finden lassen. Es entsteht ein faschistisches System in Deutschland und in der EU. Jede Demokratien endet irgendwann im Faschismus, wenn nicht die Menschen aktiv die Möglichkeit haben das Handeln der Regierenden unverzüglich zu korrigieren.

      Warum glauben die Menschen, dass sie immer jemanden brauchen der sie Beherrscht, der die Richtung vorgibt? Menschen können sich sehr gut selbst organisieren, Menschen sind soziale Wesen und Menschen lieben Gerechtigkeit. Diese Eigenschaften erlauben es den Menschen miteinander Entscheidungen zu treffen, ohne dass eine Regierung vonnöten ist. Selbstverständlich gibt es Ausnahmen, es gibt Psychopathen die Ausschließlich egoistisch vorgehen, die andere betrügen und um die Früchte ihrer Arbeit bringen – solche Leute finden sich ganz besonders in hohen politischen Positionen wieder. Also, die Demokratie ist also nicht der Weisheit letzter Schluss.

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      • Ralf Becker
        Ralf Becker sagte:

        Carsten,

        gar nicht so einfach.

        Eine Herrschaft durch die Obrigkeit wäre fatal. Und zu viel Freiheit des einzelnen kann es manchmal auch nicht sein.

        Habe irgendwo gelesen, dass es 1,7 Mio. leerstehende Wohnungen in Deutschland gibt.
        Gleichzeitig gibt es bei uns Flüchtlinge, die im Winter in Zelten schlafen müssen.

        Und nehmen wir es einmal an, dass unsere Regierung jetzt ganz einfach die entsprechenden Mittel aus Steuermitteln herausrückt, damit alle Flüchtlinge kostenlos irgendwo wohnen können.

        Was mich jedenfalls stört.
        a) Politiker im Bundestag kassieren 9.000,00 pro Monat
        b) Politiker lösen ihre Probleme viel zu bequem, indem sie Schulden (sprich – quasi neues Geld) produzieren. Das ist eine schleichende Enteignung aller Bürger.

        Im obigen Blog-Beitrag gehen Politiker schon zur richtigen Enteignung über.

        Insofern wäre es hilfreich, wenn die Politik einiges erst gar nicht anbrennen lässt.

        Letztlich ist es aber das Wählerrudel, das die schlechte Politik nicht abstraft.

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