Photo: blu-news.org from Flick (CC BY-SA 2.0)

Mindestlohn, Mietpreisbremse, Mütterrente, Tarifeinheitsgesetz: All diese Maßnahmen werden verkauft als Teil eines Kreuzzugs gegen die wachsende Ungleichheit. Tatsächlich sind sie reine Klientelpolitik und sichern nur Besitzstände.

Lobbyismus im sozialen Schafspelz

Lobbyismus hat zu Recht nicht den allerbesten Ruf, geht es doch darum, unter Umgehung des Wettbewerbs und zu Lasten der Allgemeinheit die eigenen Gewinne zu maximieren. Bei Lobbyismus denken die meisten an Banken und Pharmakonzerne, an die Hotelsteuer und die Glühbirne. Dabei finden wir das Phänomen etwa auch bei der Mietpreisbremse. Die schützt nämlich vor allem gut verdienende Bewohner schöner Altbauwohnungen in größeren Städten. Die junge Familie, die in ein neu gebautes Häuschen im Grünen ziehen möchte, muss hingegen gerade wegen der Mietpreisbremse mit noch höheren Kosten rechnen. Angepriesen wird das unter „bezahlbare Mieten“. Tatsächlich ist dieses Produkt aber nur für eine ausgewählte Gruppe zu haben, die ohnehin oft schon privilegiert ist.

Ein fast noch krasseres Beispiel für erfolgreichen Lobbyismus zu Lasten des Wettbewerbs ist das kürzlich vom Bundestag beschlossene Tarifeinheitsgesetz. Andrea Nahles beschwor die Gefahr, die bestehende Koalitionsfreiheit würde „die Arbeitnehmerseite entsolidarisieren und damit die Sozialpartnerschaft insgesamt schwächen. Deshalb stärken wir das Mehrheitsprinzip.“ Dass Arbeitnehmer frei ihre Interessenvertretung wählen, wird als ein Akt wider die Solidarität uminterpretiert. Dabei werden durch das Gesetz mitnichten Individuen gestärkt, sondern vielmehr nur die Besitzstände der großen Gewerkschaften gesichert. Diese Gewerkschaften benehmen sich nicht anders als die großen Konzerne, deren Lobbyisten in Behörden, Ministerien und Parlamenten in Berlin und Brüssel ein und aus gehen. Auch wenn sie gerne so tun, als seien sie der Gegenentwurf zu diesen bösen Konzernen.

Die Sache mit dem Kuchen

Diese Inkonsistenzen wiederholen sich dann auf einer noch viel größeren Ebene. Die Rachegötter der Ungleichheit sind nicht selten auch diejenigen, die vor den Gefahren der Globalisierung warnen, Freihandel pauschal als brandgefährlich einstufen und erbitterte Kritik an der „Wachstumsbesessenheit“ des Kapitalismus üben. Mit anderen Worten: diejenigen, die finden, dass ein Teil der Bevölkerung mehr vom Kuchen abbekommen sollte, sind zugleich auch diejenigen, die verhindern wollen, dass günstigere Kuchen ins Land kommen und dass mehr Kuchen gebacken werden. Sie wollen Armut beseitigen und schließen zugleich all jene Mittel aus, die das besonders effektiv tun. Wenn man Armen die Möglichkeiten nimmt, ihr Leben zu verbessern, bleibt eben nur noch die Möglichkeit, Reichen etwas wegzunehmen.

Die Globalisierung und der Rückzug sozialistischer Wirtschaftssysteme haben weltweit zu einem absolut atemberaubenden Anstieg des Lebensstandards geführt. Der Anteil der Menschen, die in absoluter Armut leben, also 1,25 Dollar oder weniger pro Tag zur Verfügung haben, ist in den Jahren 1990 bis 2010 von 36 auf 18 Prozent der Weltbevölkerung zurückgegangen. Gleichzeitig haben technische Neuerungen von Mobiltelefonen bis zu genetisch verbesserten Nahrungsmitteln das Leben von hunderten von Million Menschen in Entwicklungsländern substantiell verbessert. Einen Großteil dieser Entwicklung verdanken wir dem beständigen Wirtschaftswachstum und dem Abbau von Handelsschranken.

Globale Ungleichheit durch Abschottung

Dieser globale Blick lässt uns auch viel deutlicher die Absurdität der Ungleichheitsdebatte erkennen. Klar, es geht auch in unserem Land vielen Menschen substantiell schlechter als anderen. Aber diese Menschen haben eben sauberes Wasser, Zugang zu Bildung und können auf ein sehr fortschrittliches Gesundheitssystem zugreifen. Zudem genießen sie den Schutz des Rechtsstaats, haben die Möglichkeit zu wählen und sich frei zu äußern und haben prinzipiell Zugang zu einem gigantischen, die gesamte EU umfassenden Arbeitsmarkt. All das haben die Menschen in Burma, Venezuela und Sudan nicht.

Die tatsächliche Ungleichheit finden wir eben nicht innerhalb der hochindustrialisierten Länder, sondern weltweit. Quelle dieser Ungleichheit ist aber nicht etwa das Fehlen eines globalen Umverteilungsapparates. Das Ausmaß dieser Ungleichheit rührt vor allem daher, dass sich die Länder des Nordens und des Westens abschotten. Die Agrarpolitik, die Handelsbeschränkungen, die ausufernden Verbraucherschutznormen und die teilweise Abschottung der Arbeitsmärkte sind Schutzmaßnahmen der Besitzstandwahrenden. Sie zementieren weltweite Ungleichheit.

„Auf den Kapitalismus zu vertrauen bedeutet vor allem, an die Menschheit zu glauben.“

Das Ziel der Rachegötter der Ungleichheit ist nicht die Beseitigung von Armut, sondern die Beseitigung von Unterschieden. Die Globalisierung, der weltweite Anstieg des Wirtschaftswachstums und der technische Fortschritt haben hingegen in den letzten Jahrzehnten einen großen Teil der Weltbevölkerung aus der bittersten Armut geholt. Wenn wir sie nicht hemmen, ist da noch sehr viel Raum nach oben. Wenn es den Rittern wider die Ungleichheit nicht um die Beseitigung von Unterschieden ginge, sondern um die Beseitigung von Not und Armut, dann sollten sie sich dem Kapitalismus zuwenden …

Der schwedische Journalist Johan Norberg schrieb in seinem Buch „Verteidigung des Globalen Kapitalismus“:

„Genau genommen glaube ich weder an Kapitalismus noch an Globalisierung. Ich glaube eher an die Fähigkeit des Menschen, Großes zu erreichen, und an die Dynamik, die aus Begegnung und Austausch entsteht. Ich plädiere für mehr Freiheit und eine offenere Welt, weil so das Individuum und dessen Kreativität frei gesetzt werden. So wird die Dynamik in Gang gesetzt, die den menschlichen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und technischen Fortschritt hervorgebracht hat und auch weiter hervorbringen wird. Auf Kapitalismus zu vertrauen, bedeutet nicht, an Wachstum, Wirtschaft oder Effizienz zu glauben. So erstrebenswert sie sind – sie sind nur das Ergebnis des Kapitalismus. Auf den Kapitalismus zu vertrauen bedeutet vor allem, an die Menschheit zu glauben.“

3 Kommentare
  1. J.H.Schröters
    J.H.Schröters sagte:

    „Ich plädiere für mehr Freiheit und eine offenere Welt, weil so das Individuum und dessen Kreativität frei gesetzt werden. So wird die Dynamik in Gang gesetzt, die den menschlichen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und technischen Fortschritt hervorgebracht hat und auch weiter hervorbringen wird. Auf Kapitalismus zu vertrauen, bedeutet nicht, an Wachstum, Wirtschaft oder Effizienz zu glauben. So erstrebenswert sie sind – sie sind nur das Ergebnis des Kapitalismus. Auf den Kapitalismus zu vertrauen bedeutet vor allem, an die Menschheit zu glauben.“

    Ganz außerordentlich hervorragend auf den Punkt gebracht. Das ist der wahre
    Geist des Kapitalismus. Ganz ohne Ideologische Süßigkeiten mit denen der
    Sozialismus immer um die Ecke kommt um zu Ver-führen um anschließend seine Ein und Be-Schränkungen des Individuums mit höheren ideologischen Zielen zu
    rechtfertigen die nie erreicht werden können weil dem Individuum misstraut
    wird, folgerichtig für Individualität kein Platz ist. Es ist erstaunlich dass
    die Sozis zwar riesige Idealistische Luftschlösser bauen können. Den
    dialektischen Widerspruch der Verantwortungslosen Masse aber komplett bei ihren
    Überlegungen ausblenden können.
    Schöne Seite hier. Viel Glück und alles gute den letzten Galliern in DE.

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    • Ralf Becker
      Ralf Becker sagte:

      Der Kapitalismus ist jedenfalls ein System, bei dem die Reichen nur dann Personal einstellen, wenn sie dadurch selbst noch viel reicher werden. Die Reichen werden es jedenfalls zu verhindern versuchen, dass nicht wirtschaftsnahe Regierungen ihnen ihr Geld streitig machen können. Aber ist es Freiheit, wenn sich ausgerechnet die Reichen die Regierungen regelrecht einkaufen? Die Unternehmensgewinne werden dankend eingesteckt, während Unternehmens-, Bank-, oder Staatspleiten entweder die Gläubiger oder den Steuertopf belasten.

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  2. Ralf Becker
    Ralf Becker sagte:

    Es ist in der Tat richtig, dass die Ungleichheit eindeutig immer mehr zunimmt. Das ist sehr beunruhigend und Thomas Piktetty ist unbedingt recht zu geben.

    Vor allem linke Politiker erkennen es, dass das System ungerecht ist. Aber einfach nur umverteilen ist nicht hilfreich.
    Rechte Politiker hingegen setzen zu sehr auf Unternehmerfreundlichkeit. Das muss auch nicht sein.

    Eine Politik, die mit Fleißarbeit die Politik einfach nur entschlankt und verbessert, wird kaum angeboten, weil wir mit der Kanzlerin einen seltenen Stillstand haben.

    Jedenfalls mag ich es nicht, wenn Politiker unzählige Gesetze verabschieden, dann auch noch die Anwaltsgebührenordnung und zahlreiche andere Dinge bis ins kleinste Detail regeln. Ob aber Gerichtsentscheidungen korrekt sind, das interessiert nicht. Die Anwaltsrechnung ist in jedem Fall üppig.

    Ich habe sehr viele Stunden für 4,00 EUR pro Stunde Zeitungen ausgetragen. Dann hat mir beispielsweise RA Arno Schrader aus Herford einen leicht abwegigen Dreizeiler, der so gar nicht bestellt war eine Rechnung über 720,00 EUR geschickt.

    Jedenfalls habe ich seit einigen Jahren wegen der derzeitigen Politik immer öfter Wutanfälle. Solange Abgeordnete 9000 EUR im Monat kassieren, werde ich im Zweifel nur Parteien wählen, die ohnehin nicht ins Parlament kommen.

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