Photo: Danny Huizinga from Flickr (CC BY 2.0)

Die bizarre bis erschreckende Situation, in der sich die USA derzeit befinden, ist auch das Ergebnis überzogener Versprechen der Politik. Wenn Weltenrettung der Mindeststandard geworden ist, darf man sich nicht über Kandidaten wie Trump oder Sanders wundern.

„Wenn Du mich wählst, sorge ich dafür, dass Du ein glücklicher Mensch wirst.“

George W. Bush versprach seiner Nation nach dem Trauma des 11. September einen harten, mühsamen, im Ende aber siegreichen Kampf gegen den Terrorismus. Mit dem Irak-Krieg wurde der Agenda auch noch die Demokratisierung des Nahen und Mittleren Ostens hinzugefügt. Nachdem diese beiden Vorhaben einen ganz anderen Verlauf genommen hatten, als ihn sich der Präsident vorgestellt hatte, punktete sein Nachfolger Barak Obama mit der Verheißung, einen Wandel herbeizuführen und die Vereinigten Staaten wieder zu versöhnen. Gemeinsam ist beiden in so vielen Punkten antagonistischen Präsidenten, dass sie gewaltige Versprechen abgegeben haben. Ihr Anspruch war nicht, das ein oder andere Problem zu lösen. Ihr Anspruch war die Rettung der Welt.

Damit haben sie nicht nur bei weitem die Grenzen dessen überschritten, was Politik in einer Demokratie überhaupt zu leisten befähigt ist. Sie haben vor allem auch ein Anspruchsdenken der Wähler an die Politiker befördert, dessen Früchte nun im Vorwahlkampf zu begutachten sind. Politik, so das implizite Versprechen von Bush und Obama, würde sich nicht mehr nur darauf beschränken, Art und Maß der Steuern zu bestimmen, die Umverteilung zu organisieren und Möglichkeiten der Gewährung von innerer und äußerer Sicherheit auszuloten. Politik würde die Welt fundamental verändern und das Leben der Menschen nachhaltig verbessern. Auch wenn das explizit nie so formuliert wurde – das was bei vielen Wählern ankam, war die Verheißung: „Wenn Du mich wählst, sorge ich dafür, dass Du ein glücklicher Mensch wirst.“

Das veränderte Politik-Verständnis

Natürlich wurden diese so geschürten Erwartungen auf voller Linie enttäuscht. Die beiden Präsidenten verloren sich auch im Klein-Klein der Alltagspolitik, machten technische Fehler, schätzten Situationen falsch ein, mussten äußeren Zwängen gehorchen und wurden von der Öffentlichkeit und vom Parlament vor sich hergetrieben. Die Bilanz nach acht Jahren Bush war viel erfolgloses Militärengagement, ein exzessiver Überwachungsstaat und eine enorme Steigerung der Staatsverschuldung. Die Bilanz nach acht Jahren Obama wird, von einigen Ausnahmen abgesehen, auch nicht viel besser ausfallen. Zudem hat sich die Spaltung des Landes eher noch verschlimmert.

Die Enttäuschung über die nicht eingehaltenen Versprechen hat allerdings nicht dazu geführt, dass sich die amerikanischen Wähler jetzt wieder den Pragmatikern zugewandt hätten, also etwa grundsoliden, wenn auch etwas langweiligen Leuten wie dem Republikaner John Kasich oder dem Demokraten Martin O’Malley. Und das liegt daran, dass Politiker wie Bush und Obama mit ihren völlig überzogenen Weltrettungs-Plänen das Politik-Verständnis der Mehrheit verändert haben. Dass noch keine paradiesischen Zustände eingetreten sind, liegt dann im Verständnis vieler an der Person Bush oder an der Person Obama, nicht an der Unerfüllbarkeit von deren Versprechen. Ein anderer, so die Erwartung, werde das dann aber schon hinbekommen.

Streben nach Glück statt Glücksversprechen

Das Ergebnis ist, dass extreme Exponenten wie Trump und Sanders einen erschreckenden Zulauf haben. Die beiden sind in gewisser Weise groteske und überzeichnete Karikaturen der letzten Präsidenten: Trump in seiner Hemdsärmeligkeit als vulgäre Variante von Bush und Sanders in seiner Intellektuellen-Manier als kompromisslose Variante von Obama. Anstatt die Erwartungshaltung an die Politik wieder zurückzuschrauben, wurde sie noch einmal um etliche Windungen weitergeschraubt. Das ist der Fluch unerfüllbarer Versprechen. Der Fluch der Verheißung, die Welt retten zu können.

Gerade weil viele Trends aus den USA oft mit ein paar Jahren Verspätung in Europa ankommen, kann man nur inständig hoffen, dass der derzeitige Alptraum eine vorübergehende kurze Episode bleiben wird. Hoffentlich wacht die Mehrheit der Amerikaner bald erschrocken auf und wendet sich wieder jenem Verständnis von Politik zu, das ihre Gründerväter formuliert hatten und das sie zu ihrer jetzigen Größe geführt hat. Denn das „Streben nach Glück“, das als unveräußerliches Recht in der Unabhängigkeitserklärung festgeschrieben wurde, ist eben nicht ein Glücksversprechen, das von außen kommt. Es wird nicht versprochen, dass die Bürger glücklich gemacht werden, sondern dass sie die Möglichkeit haben, ihr eigenes Glück zu verfolgen. Weder Grenzzäune noch ein massiver Ausbau der sozialen Sicherungssysteme werden Amerika wieder zu alter Größe führen. Einzig der Einsatz, der Fleiß, der Unternehmergeist und der Optimismus jedes einzelnen Bürgers kann ein Land nach vorne bringen – ob in den USA oder in unserem Land.

1 Antwort
  1. Alfred Reimann
    Alfred Reimann sagte:

    Hallo Freunde der Freiheit, jetzt sollte man wissen, wie das Streben nach Glück in der Praxis funktionieren könnte. Die Weiterentwicklung der Subjektiven Wertlehre von Menger, formuliert im 1. Gossenschen Gesetz, haben wir um eine Motiv- u. Handlungstheorie ergänzt. Die Relevanz der Freiheit hier und jetzt, jetzt, jetzt,…..ist das entscheidende Argument für die Liberalen, wollen sie andere Menschen von ihren Ideen überzeugen. Auf http://www.wohlfuehloekonomie.de findet Ihr Anregungen.
    Viel Freude weiterhin wünscht Euch Alfred Reimann.

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