Dieses Interview erschien erstmals auf der Website der Wirtschaftswoche am 31.1.2019. Es wurde parallel zu einem Bericht über Kritik an NGOs geführt, der auch in der Print-Ausgabe vom 1.2.2019 erschienen ist. Das Interview führte Volker ter Haseborg.

Herr Schneider, Ihr Prometheus-Institut hat gerade eine Art NGO-Watch gestartet. Unter ngo.observer listen Sie auf, wieviel Geld etwa die Deutsche Umwelthilfe, der BUND oder Peta einnehmen und welche Kritik es an diesen Organisationen gibt. Warum tun Sie das?

NGOs genießen großes Vertrauen in der Bevölkerung, haben einen Nimbus als selbstlose und konstruktive Helfer. Allerdings haben wir eine Verschärfung des Diskurses in Deutschland festgestellt: Die Art und Weise, wie einige NGOs kommunizieren, ist nicht mehr angemessen.

Haben Sie Beispiele für diesen Vorwurf?

Bei einer Demo, organisiert von der linken NGO Campact, wurden Transparente mit der Aufschrift „Freihandel tötet“ hochgehalten, Campact hat das Freihandelsabkommen Ceta als „Angriff auf die Demokratie“ bezeichnet. Ein Mitarbeiter der Tierschutzorganisatgion Peta sprach sogar mal von einem „Al Quaida für Tiere“. Im Jahresbericht der Deutschen Umwelthilfe stand, Kanzlerin Merkel sei ferngesteuert von der deutschen Autoindustrie. Das ist Pegida-Rhetorik – nur von der anderen Seite.

Die Deutsche Umwelthilfe scheint so eine Art Lieblingsgegner zu sein. Warum?

Die DUH kritisiert den Staat – und bekommt gleichzeitig Geld von ihm. Sie hat zwischen 2011 und 2015 fast die Hälfte ihres Budgets aus Fördermitteln und durch das staatlicherseits gewährte Verbandsklagerecht erhalten. Und seit fünf Jahren übernimmt eine Tochter-GmbH der DUH bezahlte Aufträge im Dienst des Wirtschaftsministeriums beim Energiewende-Dialog. Der ehemalige Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Energie, Rainer Baake, war von 2006 bis 2012 DUH-Geschäftsführer. Das hat schon ein Geschmäckle. Er stellt sich die Frage, wie viel „N“ eigentlich noch in dieser NGO steckt.

Auch die Verbandsklagen, die die DUH anstrengt, kritisieren Sie.

Verstöße gegen Auflagen und Regulierungen sollten von staatlichen Stellen geahndet werden. Das ist eine der Kernaufgaben des Staates. Und wenn er da nicht mehr nachkommt, sollte man vielleicht darüber reden, ob es nicht zu viele gibt. Mit dem Verbandsklagerecht gliedert der Staat seine Aufsichtspflichten an NGOs aus und nennt das Mitwirkung. Eigentlich ungewöhnlich, wie beliebt dieses Instrument gerade bei den Organisationen ist, die sonst immer gegen Privatisierung sind, zumal diese Aktivitäten für die Verbände durchaus auch recht profitabel sind.

Welche Organisationen sind Ihnen noch aufgefallen?

Besonders spannend war für mich der Verein Sozialer Wettbewerb, der kaum öffentlich in Erscheinung tritt, aber massiv Einfluss nimmt. Der ist etwa dafür verantwortlich, dass man die Bezeichnungen Soja-Milch und Tofu-Käse nicht mehr verwenden darf. Aufschlussreich war auch zu sehen, wie Oxfam den Anteil staatlicher Finanzierung an seinem Budget von 6,3 Prozent im Jahr 2004 über 24,8 im Jahr 2012 auf 68,9 Prozent im Jahr 2017/18 hochgeschraubt hat.

Bislang haben Sie dreizehn Organisationen auf Ihrer Seite. War’s das?

Nein, die Liste soll stetig wachsen. Jeder ist aufgerufen, neues Material einzusenden. Das wird zunächst von uns sehr genau geprüft und dann veröffentlicht.

Warum haben Sie das Projekt nicht als Kollaborativ-Projekt bei Wikipedia gestartet?

Bei Wikipedia kann jeder etwas reinrühren, das ist nicht der richtige Platz. Wir wollen der Ort dieser Debatte sein. Dabei ist uns ganz wichtig, dass wir nur mit objektiven Fakten arbeiten und keinen Verschwörungstheorien Raum bieten, wie das zum Beispiel bei dem Projekt Lobbypedia geschieht.

Vom Prometheus-Institut, dessen Managing Director Sie sind, haben die wenigsten bislang gehört. Erklären Sie doch mal, was Sie so machen.

Wir sind ein Thinktank, wie man sie vor allem im angelsächsischen Raum kennt. Wir glauben: Politische Veränderung kommt dadurch zustande, das Politiker auf Druck von außen reagieren, auf die öffentliche Meinung, die von Medien und eben auch Think Tanks wesentlich geprägt wird. .Ein Beispiel dafür ist die sehr erfolgreiche Lobbyarbeit von Umweltverbänden auf dem Weg zur Energiewende. Wir wollen das gleiche für den liberalen Bereich machen. Es geht uns darum, Werte wie Freiheit, Selbstverantwortung, Unternehmergeist wieder stärker in unserer Gesellschaft zu verankern.

Wo wir gerade beim Thema Transparenz sind. Wie hoch ist eigentlich Ihr Budget?

Darüber schweigen wir. Nur so viel: Wir finanzieren uns fast ausschließlich durch Spenden von Privatleuten. Und zum Angeben taugen die Zahlen nicht.

Das Buch „Freihandel – für eine gerechtere Welt„, in der „Edition Prometheus“ beim Finanzbuch Verlag erschienen und herausgegeben von Frank Schäffler, Clemens Schneider, Florian A. Hartjen und Björn Urbansky, wurde am 22. Januar 2018 in der Landesvertretung von Schleswig-Holstein präsentiert. Das Buch wurde vorgestellt vom ehemaligen „Super-Minister“ und nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement, der auch einen Beitrag für das Buch verfasst hat, und von dem Bundestagsabgeordneten und Finanzpolitiker Dr. Gerhard Schick von den Grünen. Neben Vertretern von Medien und Verbänden waren auch weitere fünf Bundestagsabgeordnete von CDU, FDP und Grünen anwesend. In freunschaftlicher Atmosphäre wurden durchaus klare und kontroverse Argumente ausgetauscht. Einig waren sich alle Beteiligten, dass Protektionismus eine sehr große Gefahr ist – nicht nur für die Weltwirtschaft, sondern für die freie und offene Gesellschaft insgesamt. Einige Ausschnitte aus der Debatte können Sie in diesem Video sehen:

 

Frank Schäffler spricht mit der Welt über die Insolvenz von Air Berlin. Er spricht sich gegen die Gewährung einer Bürgschaft aus und argumentiert, dass die Insolvenz Folge einer natürlich Neuordnung auf dem Luftverkehrs-Markt sei.

Lesen Sie das gesamte Interview hier.

Prof. Jan Schnellenbach warnt vor manipulativen paternalistischen Interventionen der Regierung und Einschränkung der Autonomie

Der Ökonom Prof. Dr. Jan Schnellenbach (Universität Cottbus-Senftenberg) hat im Auftrag der Berliner Denkfabrik „Prometheus – Das Freiheitsinstitut“ eine Studie erstellt zu der Frage „Respektiert eine Politik des ‚weichen‘ Paternalismus die Autonomie individueller Konsumenten?“ (Studie zum Download) Zeitgleich mit der Veröffentlichung startet Prometheus die Kampagne „Ich brauch kein Kindermädchen“ (www.dontnudge.me), die sich kritisch mit Nudging und Paternalismus auseinandersetzt.

Der „weiche Paternalismus“, auch unter dem Begriff „Nudging“ bekannt, geht auf ein Konzept des Harvard-Professors Cass Sunstein zurück. An Stelle „harter“ Gesetze, Regulierungen und Verbote sollen mit Hilfe von Psychologie und Verhaltensökonomie erstellte „Anstubser“ den Bürger zum „richtigen“ Verhalten bewegen. Die Regierungen der USA und Großbritanniens nutzen dieses Instrument bereits seit über fünf Jahren. In Deutschland gibt es seit etwa einem Jahr im Bundeskanzleramt drei Experten für „wirksames Regieren“, deren Aufgabe die „Entwicklung alternativer Designs von politischen Vorhaben“ ist. Im deutschsprachigen Raum wird für dieses Konzept vor allem von Prof. Lucia Reisch geworben, der Vorsitzenden des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Bereits seit längerem haben sich viele politische Akteure vom Bild des mündigen Verbrauchers verabschiedet. (Heiko Maas am 10.03.2014 in der Süddeutschen Zeitung: „Der ‚mündige Verbraucher‘ ist dabei ein schönes Ideal, aber mit der Realität hat es wenig zu tun.“) Das im Februar bekanntgegebene „Nationale Programm für nachhaltigen Konsum“ ist im Geiste dieses Paradigmenwechsels in der Verbraucherpolitik konzipiert – ebenso wie die vor kurzem vom Landwirtschaftsministerium angekündigte Gründung eines „Bundeszentrums für Ernährung“ und die gestern lancierte „Offensive zur Steigerung der Energieeffizienz“ des Wirtschaftsministeriums.

Prof. Dr. Jan Schnellenbach ist Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Mikroökonomik, an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Davor hatte er Lehraufträge an den Universitäten Freiburg, Heidelberg, Hamburg und Marburg und war Geschäftsführer des Walter-Eucken-Instituts. Er hat zahlreiche Publikationen auf dem Gebiet der Verhaltensökonomie veröffentlicht.

Prometheus – Das Freiheitsinstitut ist eine Denkfabrik, die sich der Verbreitung freiheitlichen Denkens widmet. Sie ist im Jahr 2015 von dem ehemaligen FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler und von Clemens Schneider gegründet worden. Ihre ersten großen Kampagnen beschäftigten sich mit dem Rundfunkbeitrag („Zwangsbeitrag? Nein Danke“) und der Zukunft der Europäischen Union („Europa der Bürger“).

Zitate aus der Studie:

„In dieser Hinsicht ist es als sehr problematisch zu beurteilen, wenn … die Exekutive sich parlamentarisch eine generelle Ermächtigung zur Förderung oder Bekämpfung eines bestimmten Konsumverhaltens erteilen lässt, die Details einer wenig sichtbaren paternalistischen Politik dann aber rein administrativ ausgearbeitet werden.“

„Framing-Effekte können Autonomie einschränken, indem ihr gezielter Einsatz die Individuen so manipuliert, dass sie nicht auf der Grundlage ihrer eigenen Interessen und Motive handeln.“

„Die Behauptung, ‚weiche‘ paternalistische Entscheidungsarchitekturen erhielten die Entscheidungsfreiheit des Individuums, [ist] nicht allgemein zutreffend. Hierzu sind sowohl strenge Transparenzkriterien zu erfüllen, als auch der Appell an Gefühle und Instinkte der Betroffenen zu vermeiden und Informationen ausgewogen darzustellen. Nur sehr wenige der paternalistischen Mechanismen, die aktuell diskutiert werden, erfüllen all diese Kriterien.“

„Manipulative paternalistische Interventionen [sind] nicht nur auf der unmittelbaren Entscheidungsebene problematisch, sondern können darüber hinaus auch tiefergehende Auswirkungen auf die Veränderung individueller Präferenzen haben und auch auf diesem Wege die Autonomie der Individuen beeinträchtigen.“

Rückfragen gerne an info@prometheusinstitut.de oder telefonisch unter 030/23911073. Sollten Sie uns nicht erreichen, schreiben Sie uns bitte eine Email. Wir rufen Sie dann umgehend zurück.

Lesen Sie den ersten Jahresbericht von Prometheus und erfahren Sie, womit wir uns im vergangenen Jahr intensiver beschäftigt haben, welche Erfolge wir bereits hatten und mit wem wir diese Erfolge erarbeitet haben. Unseren Jahresbericht können Sie sich hier als pdf herunterladen.

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