Auf der Fernseh-Couch sind viele die besseren Trainer. Allerdings verändern sie nichts am Spielverlauf. Wenn es um die Sache der Freiheit geht, brauchen wir definitiv mehr Leute auf dem Spielfeld, die ihr Bestes geben. Viel zu lange haben wir uns auf die Rolle des Couch-Coaches beschränkt. Doch wie und wo können wir damit anfangen?

Der Einsatz auf dem Rasen macht glücklicher als auf der Couch

Es kann sehr gemütlich sein auf der Couch, wenn man sich eigentlich nicht mehr bewegen muss. Nicht wenige Freunde der Freiheit haben es sich dort wohlig eingerichtet. Ihr Weltbild besteht aus ihrem Blickfeld. Die Argumente, die ihnen zur Verfügung stehen, liegen allesamt auf dem Couchtisch parat. Steuern? Raub! Frauenquote? Einschränkung der Vertragsfreiheit! Schulpflicht? Freiheitsberaubung! Die Freunde von unserem Couch-Coach mögen da noch jubeln. Schon seine Freundin im anderen Zimmer verdreht die Augen. Und jeder Beobachter von außen würde ihn wahrscheinlich höchstens mit einem kurzen Stirnrunzeln beachten. Keiner bewundert den Couch-Coach. Aber sehr viele bewundern die Spieler auf dem Rasen. Denn die leisten etwas. Und durch ihre Leistung verändern sie unter Umständen entscheidend den Spielverlauf.

Die Situation für den Spieler ist erheblich ungemütlicher. Er muss sich anstrengen; sein Bestes geben; weiterkämpfen, auch wenn man gerade mit drei Toren zurückliegt. Er muss nach dem Torjubel sofort seine Anspannung zurückerlangen. Und er muss damit klar kommen, wenn die Fans ihn ausbuhen. Aber unabhängig davon, ob seine Mannschaft gerade gewinnt oder zurück liegt: er leistet etwas. Das ist auf die Dauer erheblich befriedigender als wenn man nur mit Besserwisserei vor dem Fernseher geglänzt hat. Und es macht auch glücklicher.

Müde geworden?

Seien wir ehrlich: Man könnte manchmal den Eindruck haben, dass die Sache der Freiheit sich müde gesiegt hat. Bei allem, über das man sich noch aufregen kann, ist doch der Freiheitsraum heute so groß wie noch nie in der Geschichte. Im Gegensatz zu unseren Vorfahren bei der 1848er Revolution haben wir nicht mehr mit einem repressiven System zu kämpfen. Im Gegensatz zu der Zeit vor 50 Jahren sehen sich Frauen, Ausländer oder Homosexuelle nicht mehr mit staatlichen Repressalien konfrontiert. Im Gegensatz zu vor gut 25 Jahren lebt nicht mehr ein gutes Fünftel der Bevölkerung Deutschlands in einer Diktatur. Bei allen berechtigten Klagen gegen Bürokratie und Steuern ist doch der Unterschied zu Weißrussland und Venezuela oder selbst Rumänien und Griechenland signifikant. Haben wir uns müde gesiegt?

In gewisser Weise ja. Der unmittelbare Druck, der auf uns und unsere Freiheit ausgeübt wird, ist nicht mehr so offensichtlich wie zu anderen Zeiten oder in anderen Gegenden der Welt. Dass die Kanzlerin inzwischen eine Nudging-Abteilung einrichten muss, spricht auch dafür, dass sich die Menschen in Deutschland unmittelbaren Druck nicht mehr gefallen lassen würden. Dabei sind die raffinierten neuen Methoden staatlichen Drucks wie Nudging natürlich eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Zumal da nicht mit offenem Visier gekämpft wird. Hier gibt es also durchaus noch etwas zu tun. Wer sich mit dem Status Quo zufrieden gibt, verliert aber auch noch etwas anderes aus dem Auge: die Entfaltungsmöglichkeiten der Zukunft.

Die Vorstellungskraft wieder in Gang setzen

Eine Frau, die im antiken Rom als Sklavin freigelassen wurde, hatte höchstwahrscheinlich den Eindruck, schon alles erreicht zu haben. Die wenigsten von ihnen dürften die Vorstellungskraft gehabt haben, sich eine Welt auszumalen, in der nicht nur alle Menschen frei sind, sondern Frauen auch noch in demokratischen Wahlen über die Staatsführung entscheiden dürfen oder gar heiraten dürfen, wen sie wollen. Genauso fehlt es uns oft an Vorstellungskraft, welche Freiheitsräume noch möglich sind. Es ist Zeit, dass die Freunde der Freiheit aus ihrer Müdigkeit erwachen und ihre Phantasie wieder in Gang bringen, um diese Freiheitsräume zu entdecken oder zu ersinnen.

Dafür braucht es Bessermacher statt Besserwisser. Die Couch-Coaches dieser Welt haben noch nie den Spielverlauf verändert – das waren immer die Spieler. Darum müssen wir wieder mehr Freunde der Freiheit haben, die sich ins Getümmel des Spielfelds stürzen. Wir brauchen mutige, tapfere und geduldige Champions.

Drei Tipps für die Spielstrategie

Den Gegner ernst nehmen
Der Couch-Coach kann natürlich problemlos den Gegner kleinreden – er muss ihn ja auch nicht besiegen. Die anderen pauschal als Ökofaschisten, Kriegstreiber oder Sozialisten zu bezeichnen, spielt ihnen eher in die Hände als dass es sie schwächt. Wer einen Gegner besiegen will, muss ihn ernst nehmen und muss sich davor hüten, ihn zu unterschätzen. In dem Zusammenhang ist es auch hilfreich, sich einmal darüber Gedanken zu machen, was man vom Gegner lernen kann. Wer es vorzieht, immer Recht zu behalten, endet nämlich ganz schnell bei massiver Selbstüberschätzung. Nur wer lernt, kann Fortschritte machen und sich verbessern.

Aktiven Spielaufbau betreiben
Wer Erfolg haben will, muss etwas leisten. Da reicht es nicht, einfach nur zu verhindern, dass Tore reinkommen. Offensiv zu spielen heißt in unserem Fall, nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln. Durch eigene Initiativen zeigen, dass man nicht nur wohlfeile Reden schwingt. Und vielleicht auch einmal über neue Spieltaktiken nachdenken. Dem überbordenden Wohlfahrtstaat zum Beispiel tritt man am besten entgegen, indem man selbst Hilfe organisiert. Es reicht nicht, immer nur zu behaupten, dass menschliche Solidarität an seine Stelle treten würde. Wir müssen es beweisen. Durch die Forderung nach weniger oder gar keinem Staat hat sich noch nichts bewegt. Der Staat muss Stück für Stück überflüssig gemacht werden. Das geschieht, indem wir private Hilfsinitiativen ins Leben rufen, Nachbarschaftshilfe organisieren oder Spenden sammeln für ein Flüchtlingslager im Libanon. Zeigen wir durch unser Handeln, dass Solidarität ohne Zwang besser und effizienter funktioniert.

Gewinnen wollen
Es kann in manchem Spielverlauf Augenblicke geben, in denen die Versuchung sehr groß ist, einfach aufzugeben. Wenn in der zweiten Halbzeit das dritte Tor gefallen ist und man selbst immer noch keins geschossen hat. Dann kann schon mal der Kampfesmut ganz verschwinden. Doch anders als auf dem Spielfeld müssen die Freunde der Freiheit nicht den Abpfiff fürchten. Denn die Spielzeit ist für uns nicht beschränkt. Darum darf man sich nicht irre machen lassen, wenn die Situation scheinbar aussichtlos ist. Wenn man den Eindruck hat, dass sich die Schlinge von Politik und Bürokratie immer enger zieht. Wir haben keinen Grund, die Schultern hängen zu lassen, denn wir können immer und immer wieder in die Verlängerung gehen. Wenn wir Geduld und Mut aufbringen, dann werden wir nicht nur manches Tor der Gegner verhindern können, sondern auch selber immer mehr Bälle in deren Tor versenken. Entscheidend ist einfach nur, dass wir uns von unserer Couch erheben und aufs Spielfeld stürmen!

Photo: Danilo Borges from Wikimedia

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