Photo: dmytrok from Flickr (CC BY-ND 2.0)

Banken sind Innovationswüsten. Seit der Erfindung des Sparschweines und des Geldautomaten gibt es wohl keine nennenswerten Neuerungen bei Sparkassen, Volksbanken und Privatbanken. Das mag vielleicht ein wenig hart klingen, aber es ist leider so. Das liegt nicht unbedingt an den Banken selbst, sondern an zwei Faktoren.

Erstens sind Banken überreguliert. Das Grundgesetz der Banken, das Kreditwesengesetz, versteht kein Mensch mehr. Und die, die es verstehen, sind auf der Payroll des Finanzsektors. Jedes Jahr kommen neue Regulierungen hinzu: Standards zur Kreditvergabe, zur Bilanzierung, zur Geldwäsche, zur Eigenmittelunterlegung und vieles andere mehr.

Diese Art der Regulierung und Überwachung durch den Gesetzgeber, der BaFin, der Bundesbank und der Europäischen Zentralbank soll eines verhindern: den Untergang einer Bank. Bernd Lüthje, ehemaliger Vorstand und Aufsichtsrat zahlreicher deutscher Kreditinstitute hat dies in seinem Buch „Basel IV – das Ende des Basel-Regimes“ eindrucksvoll dargelegt. Alles begann mit der Schließung der Herstatt-Bank in Köln am 26. Juni 1974. Die anschließende Staatshaftung für Fehlentscheidungen der Bankenaufsicht gegenüber Sparern dieser Bank veranlasste den Gesetzgeber, künftig die Haftung der Bankenaufsicht für deren Aufsichtsversagen per Gesetz auszuschließen. Gleichzeitig richteten die G10-Staaten bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel den „Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht“ ein, um gemeinsame Prinzipien der Finanzaufsicht zu entwickeln. Aus diesen „gemeinsamen Prinzipien“ ist inzwischen ein weltweiter Standardsetzer geworden, der entscheidende Mitverantwortung für die steigende Staatsverschuldung trägt.

Hätten die Regulierungsstandards Basel I, Basel II und jetzt auch Basel III nicht die Nullgewichtung der Bank beim Kauf von Staatsanleihen festgelegt, die Finanzierung der staatlichen Ausgabenpolitik über Schulden wäre nicht so einfach möglich gewesen. Keinem Parlament, Gericht oder Volk ist der Baseler Ausschuss Rechenschaft verpflichtet. Lüthje schätzt, dass inzwischen für den Baseler Regulierungsprozess weltweit 110.000 Menschen plus die sechsfache Anzahl von Zuarbeitern in anderen Wirtschaftszweigen (IT, Wirtschafsprüfer et cetera) tätig sind und einen Gesamtaufwand von 3,8 Milliarden Euro produzieren. Dennoch gab es weltweite Bankenschieflagen, deren Nettoverlust er auf insgesamt 11.860 Milliarden Euro (!) beziffert.

Zweitens fehlt den Banken das Innovations-Gen. Ihre Mitarbeiter verhalten sich vielfach wie die Beamten auf der Regulierungseite. Das hat seine Ursache. Jede neue Idee die eine Bank hat, muss von den Regulierern und Überwachern kontrolliert und genehmigt werden. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Beamter bei der BaFin, Bundesbank oder EZB beurteilen kann, ob eine Innovation förderlich für die Bank und wohlstandsschaffend für deren Kunden, einen ganzen Wirtschaftsbereich oder eine Gesellschaft ist, kann getrost als so realistisch eingeschätzt werden, wie der Versuch das Wetter von nächster Woche vorherzusagen.

Die Ursache für all dies liegt in der mangelnden Haftung der Bank, ihrer Eigentümer und Gläubiger. Denn die Haftung kennt der Bankensektor nur in den seltensten Fällen. Tritt sie ein, dann ist es leicht der Super-Gau im derzeitigen Geldsystem. Denn unser Geldsystem baut auf Schulden auf. Der Geldumlauf ist zu großen Teilen Giralgeld, das durch die Kreditvergabe der Banken erzeugt wird. Dieser Kreditvergabe steht kein Sparvorgang anderer entgegen, sondern Banken sind in der Lage aus dem Nichts neues Giralgeld zu produzieren. Nur der Regulierungsprozess der Bankenaufsicht bei BaFin, Bundesbank und EZB begrenzt deren Produktion neuen Geldes. Dieses auf immer neuen Schulden basierende Geld, sorgt für die Fragilität des gesamten Bankensektors und damit ganzer Volkswirtschaften.

Deshalb entwickeln sich Innovation außerhalb des Bankensektors. Google, Amazon und andere erschaffen eigene Zahlungssysteme. Auch das Cyber-Geld Bitcoin ist eine Erfindung außerhalb des Bankensektors. Deren Nutzer wollen nicht die Regulierungsbürokratie bezahlen und für das Versagen anderer haften müssen. Sie wollen ihr Innovations-Gen behalten, auch auf die Gefahr hin, falsch zu liegen und zu scheitern. Sie unterscheiden sich von den Banken klassischen Typs dadurch, dass sie in den Entdeckungsprozess der Marktwirtschaft vertrauen. Ohne diese Entdeckungen würden viele Innovationen nie bekannt werden oder ungenutzt herumliegen. Der beste Regulierer ist daher nicht der Politiker, der Bürokrat oder der Beamte, sondern der Markt.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

1 Antwort
  1. Gunter Grigo
    Gunter Grigo sagte:

    Die Deutsche Bank hat, wie viele andere Banken, bewiesen, dass sie aus der Krise nichts gelernt haben. Es wird schlimmer gezockt als vorher. Die verzweifelten Versuche der EZB und Währungshüter, sie mir frischem Geld dazu zu bringen wieder ihrer originären Aufgaben wahr zu nehmen haben sie sich erfolgreich verwehrt. Das Vertrauen im Markt schwindet bereits wieder, da sich bereits die nächste Krise abzeichnet – aber die „Opfer“ sind ja – wie gehabt – nicht bei den Verantwortlichen verortet. Diese Sicherheit ist der Grund für die fehlende Innovationen. Wir brauchen keine Innovationen – wir brauchen die Rückkehr zu einer Finanzwirtschaft, die der Marktwirtschaft dient und nicht nur sich selbst.

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